E_1928_Zeitung_Nr.074
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6 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1928</strong> —No 74<br />
Wagenverkehr auf Berg-Poststrassen.<br />
Das eidgenössische Fostdepartement erlässt<br />
folgende Bekanntmachung:<br />
1. In den Kurven vieler Gebirgsstrassen<br />
können grössere Automobile in der Regel<br />
nicht oder nicht gefahrlos kreuzen. Wenn<br />
sich zwei Wagen in solchen unübersichtlichen<br />
Strassenbiegungen plötzlich begegnen,<br />
ist es das Sicherste, wenn sie sofort stoppen<br />
und die Kreuzung aus der Kurve heraus<br />
verlegen.<br />
Der Bundesratsbeschluss über den Wagenverkehr<br />
auf Berg-Poststrassen schreibt deshalb<br />
ausdrücklich vor:<br />
«In unübersichtlichen Strassenbiegungen ist<br />
so behutsam einzufahren, dass das Fahrzeug<br />
auch bei Tatfahrt auf einen Bremsweg von<br />
höchstens 6 m gestoppt werden kann. Dabei<br />
sind starke Lautzeichen zu geben und<br />
zu wiederholen, bis der Fahrer das dahinterliegende<br />
Strassenstück wieder überblickt.»<br />
2. Wenn der private Wagenlenker die<br />
Bergseite rechter Hand hat, so nimmt er erfahrungsgemäss<br />
die Kurve meist auf der innern<br />
Strassenseite, wodurch ihm aber die<br />
Sicht verkürzt wird. Um den von der andern<br />
Seite nahenden Wagen früher erblicken<br />
zu können und auch von ihm früher gesehen<br />
zu werden, sind die Postfahrer angewiesen,<br />
beim Einbiegen in unübersichtliche Kurven,<br />
in denen das Kreuzen unmöglich oder gefährlich<br />
ist, nicht die Bergseite, sondern die<br />
Strassenmitte zu halten und sofort zu stoppen,<br />
wenn in der Kurve plötzlich ein anderer<br />
Wagen vor ihnen auftaucht. Ebenso hat der<br />
andere Wagen sofort anzuhalten.<br />
Der Postautoführer wird hierauf den Umständen<br />
entsprechend anordnen, wo und wie<br />
das Kreuzungsmanöver zu vollziehen ist.<br />
3. Es wird neuerdings daran erinnert, dass<br />
die Bergseitsausweich-Vorschrift der Post<br />
nur auf folgenden Strecken gilt:<br />
Gletsch-Grimselhospiz, Gletsch-Realp, Olivone-Disentis,<br />
Orsieres-Champex, Sion-Les<br />
Hauderes, Sierre-Ayer, Chiasso-Muggio, Maroggia-Arogno,<br />
Magliaso-Astano, Tesserete-<br />
Bidogno, Tesserete-Bogno, Magadino-Indemini,<br />
Cavigliano-Spruga, Russo-Gresso, Peccia-Fusio,<br />
Gordola-Sonogno, Giubiasco-Carena,<br />
Lavorgo-Sobrio, Kerns-Melchthal, Ilanz-<br />
Vals, Araschger Rank-Tschiertschen, Küblis-<br />
St. Antönien, In den Kehren-Avers, Weinberg-Samnaun.<br />
Diese Strassen sind durch eine Rechecktafel<br />
mit entsprechender Inschrift, die unter<br />
der Dreiecktafel «Bergpoststrasse» angebracht<br />
ist, besonders gekennzeichnet.<br />
Auf allen andern Bergpoststrassen, wie<br />
z. B. Klausen, Simplon, weichen die Postautomobile<br />
bei Begegnungen nach Konkordat<br />
aus.<br />
Die Einstellung das Strassenbahnverkehrs<br />
in Wiesbaden. Wie der «Frankfurter <strong>Zeitung</strong>»<br />
gemeldet wird, hat der Magistrat der<br />
Stadt Wiesbaden die Offerte der Süddeutschen<br />
Eisenbahngesellschaft wegen Uebernahme<br />
der von ihr bis anhin betriebenen<br />
Strassenbahn in städtische Regie, endgültig<br />
abgelehnt. Somit ist die Einstellung des<br />
Strassenbahnverkehrs auf 1. April 1929 beschlossene<br />
Sache. Von zwei bereits von der<br />
Stadt betriebenen kleinen Strassenbahnlinien<br />
abgesehen, wird der gesamte Verkehr von<br />
Omnibussen übernommen werden. Die Stadtverwaltung<br />
hat bereits die Anordnungen getroffen,<br />
dass schon am 2. April des kommenden<br />
Jahres der Omnibusbetrieb mit fünf Minuten<br />
Wagenfolge einsetzen kann. Eine<br />
grosse Remise, für die Kraftwagen ist bereits<br />
im Bau und die Bestellung von 60 Autoomnibussen<br />
wurde vom Stadtrat ebenfalls genehmigt.<br />
Man ist in Deutschland allgemein<br />
gespannt, wie das Experiment eines strassenbahnlosen<br />
Stadtverkehrs ausfallen wird.<br />
Sicherlich nicht zu gunsten des Tramways !<br />
Z.<br />
Für die Verkehrssicherheit. Dazu wird uns geschrieben:<br />
Man kann heute kaum mehr eine <strong>Zeitung</strong><br />
zur Hand nehmen, in der nicht von Verkehrs-Vorschriften,<br />
Verkehrs-Erleichterungen und in noch<br />
grösserm Masse von Verkehrs-Unfällen die Rede ist.<br />
Letztere durch die erstem auf ein Minimum zu<br />
reduzieren ist das löbliche Bestreben von Polizeiund<br />
andern einschlägigen Behörden. Die Beobachtunng<br />
jedoch, die der Schreiber dies auf seiner<br />
letzten Fahrt nach Zürich machte, liess in ihm die<br />
Frage offen, ob den städtischen und kantonalen<br />
Bauorganen nicht ein Mann des Verkehrs beigegeben<br />
werden könnte, damit auch hier die richtige<br />
Richtung eingehalten wird.<br />
Die Automobil- und städtischen Ausfallstrassen<br />
die einem möglichst stossfreien Verkehr dienen sollen,<br />
scheinen heute dazu da zu sein, dass die Architekten<br />
und Bauherren ihre Projekte möglichst<br />
nahe an diese heranlegen; ein typisches Beispiel dafür<br />
bietet sich heute an der Ueberlandstrasse im<br />
Schwamendinger Ried, wo schon in den nächsten<br />
Wochen die weite Uebersicht in der grossen Kurve<br />
gegen die Aubrücke durch ein neues Haus versperrt<br />
sein wird. Viel krasser tritt dies noch auf dem<br />
Milchbuck in Erscheinung, wenn der geplante Eckbau<br />
Scha-ffhauserstrasse-lrchelstrasse zur Tatsache<br />
werden soll. Meine Erkundigungen haben leider ergeben,<br />
dass der hier von einem zürcherischen Architekten<br />
projektierte Bau bereits genehmigt worden<br />
sei. Kann dies im fortschrittlich gesinnten Zürich<br />
tatsächlich möglich sein? Es wäre dies geradezu<br />
ein Hohn auf alle im Interesse der Verkehrserleichterung<br />
getroffenen Massnahmen. In andern<br />
Städten werden Häuser — manchmal fast neue —<br />
«Was machen Sie in folgendem Gefahrfalle: Sie<br />
fahren einen steilen Berg hinunter, Hand- und<br />
Fussbremse funktionieren nicht und an einer Seitengasse<br />
begegnen Ihnen in rasendem Tempo von<br />
links und rechts zwei Autos?»<br />
«Ich gebe meinen Wagen in Reparatur,» antwortete<br />
Paul seelenruhig.<br />
abgerissen, um eine bessere Verkehrsübersicht zu<br />
erhalten. Auf dem Milchbuck, wo jetzt ein Neubau<br />
nach dem andern aus dem Boden wächst und der<br />
heute schon einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt<br />
darstellt, scheint man nicht im mindesten an die<br />
Zukunft zu denken. Nachdem die Neue Beckenhofstrasse<br />
als Hauptausfallstrasse gegen Wintcrthur<br />
und Schaff hausen sich jetzt in so tadelloser<br />
Weise präsentiert, sollte auch ihre Fortsetzung in<br />
entsprechend grosszügiger Weise gehandhabt werden.<br />
Der aus der Stadt heraufkommende Fahrer,<br />
der auf dem Milchbuck mit Aufpassen auf Tram<br />
und andere Fahrzeuge genug zu tun hat, soll sich<br />
hier zudem vergewissern können, ob die Irchelstrasse<br />
frei ist und ob ihm nicht von dieser Seite<br />
her Unheil droht, auch wenn er geradeaus in Richtung<br />
Oerlikon fährt. Bald wird er jenes nicht mehr<br />
können. Die Unfallchronik wird einst die Richtigkeit<br />
dieser Darlegung erhärten. Für den aus der<br />
Ircheistrasse nach der Stadt einlenkenden Fahrer<br />
wird es noch schlimmer werden, indem ihm auch<br />
die Uebersicht auf die wichtige Tramkreuzung und<br />
-Haltestelle genommen wird, was keineswegs zur<br />
Erleichterung des dortigen Verkehrs beiträgt.<br />
Noch ist es Zeit, Abhilfe zu schaffen, denn mit<br />
den Bauarbeiten ist noch nicht begonnen worden.<br />
Der Ersteller wird dem Schreiber dies erwidern,<br />
dass in erster Linie das architektonische Gesamtbild<br />
jener Häusergruppe gewahrt werden, d. h. dass<br />
dort unbedingt ein Eckhaus hingestellt werden müsse-<br />
Von seinem Standpunkt aus ist dies nicht zu<br />
bestreiten; mit etwas gutem Willen Hesse sich aber<br />
wohl noch eine andere Lösung finden, trotzdem sie<br />
kaum mehr so ideal ausfallen wird, als wenn man<br />
von Anfang an bei der Projektierung der angrenzenden<br />
Bauten auf diesen Verkehrsknotenpunkt gebührend<br />
Rücksicht genommen hätte. E.D.<br />
Höflichkeit bei Automobilfahrprüfungen. Eine<br />
Dame schreibt uns: Selbst, wenn es nicht just «Saffa-<br />
Zeit», die Zeit der Frauen wäre, würde ich Sie bitten,<br />
diesen Zeilen in Ihrem Blatte Raum zu gewähren.<br />
Es handelt sich nämlich um die Art und Weise,<br />
wie die Automobil-Fahrprüfungen von einem bestimmten<br />
Experten, in Bern, gehandhabt werden^<br />
Schon oft, leider sehr oft, wurde darüber gesprochen<br />
und geklagt darüber. Speziell den zukünftigen<br />
«Ghauffeusen» gegenüber, verhält sich dieser Herr<br />
äusserst ablehnend, das ist bescheiden ausgedrückt,<br />
denn man versicherte mir, dass man seine Art füglich<br />
als grob und unhöflich bezeichnen könne.<br />
Ist das notwendig, oder überhaupt nur a.ngängig?<br />
frage ich Sie. Waltet dieser Herr schliesslich nicht<br />
nur seines Amtes? Besorgt er nicht nur eine Arbeit,<br />
wie es jeder andere tut, und dazu eine, die reichlich<br />
bezahlt ist? Wenn ich bezahle, wünsche ich, mit Zuvorkommenheit,<br />
zum mindesten aber mit Höflichkeit,<br />
behandelt zu werden, ja, ich bestehe darauf! Wie<br />
aber, wenn nun ein solcher vom Staate, an diese<br />
Stelle gesetzter Mann, den Prüfling (Mann oder<br />
Frau!) anranzt und anknurrt? Er wallte seines Am-i<br />
tes, wie ihm vorgeschrieben, und braucht dabei die<br />
Höflichkeit keineswegs ausser acht zu lassen! So<br />
gut, wie ich von einem Eisenbahnschaffner, Tramangestellten<br />
etc., etc., das Recht habe, Höflichkeit zu<br />
fordern, gilt es auch „für hier noch in erhöhtem<br />
Masse! — Und es sollte mir nicht passieren, wie es<br />
bei vielen schon geschah, dass sie vor lauter angeknurrt<br />
und angeschnautzt werden, direkt eingeschüchtert<br />
wurden und überhaupt nichts mehr konnten!<br />
Weit eher würde ich den Herrn auffordern,<br />
etwas artiger zu sein!! Ich bin überzeugt, dass viele<br />
so denken, wie ich, und es wundert mich bloss, dass<br />
man das- bis jetzt so hingehen liess. — Warum.<br />
doch? Schweizerische Gutmütigkeit? All zu grosser<br />
Respekt vor dem heiligen Bureaukratus, der bekanntlich<br />
in der Bundeshauptstadt noch besser als anderswo<br />
gedeiht! Haben wir ja gar nicht nötig! Ich<br />
glaube, in Amerika wäre dieser Herr keine 8 Tage<br />
alt geworden auf seinem Posten! Machen wir uns<br />
den amerikanischen Spruch zu eigen «keep-smiling».<br />
Wenn ich dann die Fahrprüfung mache, hat's der<br />
«Gestrenge» vielleicht auch schon gelernt, und anstatt<br />
finster zu grollen bei jedem schüchternen<br />
Kratzen des Schalthebels — lächelt er freundlich!<br />
Vielleicht aber habe ich das Glück und komme zu seinem<br />
Kollegen, der, wie man mir versicherte — es<br />
schon können soll! —<br />
Fallenbefrieb in Zizers. In Zizers ist man wieder<br />
am Werke, Einnahmen aus den Automobilbussen<br />
zu schöpfen. Es ist ja allgemein bekannt,<br />
dass man in Zizers mit grösster Vorsicht fahren<br />
muss, aber es kommt dennoch vor, dass Automobilisten<br />
bei allem guten Willen und bei aller Vorsicht<br />
straffällig werden, weil der Kontrollposten<br />
seines Amtes im allerbesten Sinne für die Gemeinde<br />
waltet. Eine Strecke von 100 Meter dient dem<br />
Manne zur Kontrollierung der Geschwindigkeiten.<br />
Es ist heute sattsam bekannt, dass eine so kleine<br />
Strecke für die Einmannkontrolle ganz unzulänglich<br />
ist und wenn, wie das in letzter Zeit passiert<br />
ist, Geschwindigkeiten von 25 km herausgerechnet<br />
und bestraft wurden, so grenzt das an spitzfindige,<br />
bösartige Schikane. Man hüte sich vor Zizers. -r.<br />
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