E_1929_Zeitung_Nr.008
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HDa BE<br />
EDEEP<br />
WIE HMERIKÄNERINNEN<br />
LEBEN.<br />
Die Frau» die den Mann nicht sucht.<br />
Von Claude Anet.<br />
Das Leben, das die Amerikanerinnen führen,<br />
bildet den Gegenstand grössten Erstaunens<br />
für einen Franzosen. Ich spreche von<br />
dem Leben der Frauen in den Städten. Ich<br />
weiss nicht, wie es sich die Farmerinnen des<br />
Middle West einrichten, wenn mir auch einige<br />
Romane, die ernst genommen werden<br />
können, einige Aufklärung darüber brachten.<br />
Ich muss mein Thema einschränken. Eine<br />
Stenotypistin, ein Mannequin, eine Bankbeamtin<br />
oder eine Angestellte eines grossen<br />
Konfektionshauses führen fast dasselbe Leben<br />
hier in Paris wie dort. Nur haben sie<br />
drüben weniger Arbeitsstunden und werden<br />
besser bezahlt. Auch sind die hygienischen<br />
Verhältnisse in Amerika besser. Ich will aber<br />
nur von der Klasse der verheirateten Frauen<br />
sprechen, die dem Mittelstand angehören<br />
oder reich sind.<br />
Das erste, was einem in die Augen fällt,<br />
ist die Tatsache, dass die Männer und Frauen<br />
kein Vergnügen am Zusammensein zu finden<br />
scheinen. Sie fliehen einander. Der Mann<br />
hat seinen Sport: die Frau wieder ihre Beschäftigungen<br />
und Zerstreuungen. Er und<br />
sie treffen sich selten. Man gehe einmal durch<br />
die New Yorker Restaurants und man wird<br />
niemals Paare sehen. In Paris ist das anders.<br />
Aber in den Vereinigten Staaten gibt<br />
es zur Zeit des Lunch lauter Tische voller<br />
Frauen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass<br />
auch ihre Männer im selben Restaurant speisen,<br />
jedenfa'Is sitzen sie nie mit ihren<br />
Frauen an einem Tisch.<br />
Diese Frauen könnten den ganzen Tag<br />
nichts tun und zu Hause bleiben. Aber sie<br />
denken nicht daran: sie gehen früh am Vormittag<br />
weg und kommen erst abends zurück.<br />
Was sie machen? Nichts und alles.<br />
Sie verbrauchen ungeheuer viel Energie. Zu<br />
welchem Ende?<br />
Sie haben ihre Clubs, deren es eine Legion<br />
igibt. Man trifft sich dort, frühstückt,<br />
nimmt den Tee, plaudert, aber nicht von<br />
Kleidern und Herzenssachen — diese Frivolitäten<br />
werden dem alten Europa überlassen,<br />
— sondern von Politik, Geschäften, der<br />
Wohltätigkeit, der moralischen Erhebung,<br />
von Kunst und Literatur. Und dann gibt es<br />
die grossen Kaufhäuser, die bei der Schwierigkeit,<br />
in New York weiterzukommen, sehr<br />
flLPIDQX^IU<br />
viel Zeit in Anspruch nehmen. Und dann<br />
haben sie ja noch die Börse, wo auch die<br />
Frauen spekulieren. Und die Tees! Eines<br />
Tages sagte ich zu einer.reizenden Frau, die<br />
von Tee zu Tee lief: «Sie kommen ja nirgends<br />
zu einem Vergnügen; nicht eine halbe<br />
Stunde halten Sie es in der Gesellschaft einer<br />
einzelnen Person aus! Ueberall fühlen<br />
Sie sich schlecht und langweilen Sie sich.<br />
Sie fliehen sich selbst und da Sie sich überall<br />
wiederfinden, zittern Sie vor Angst. Sie kehren<br />
nach Hause zurück, damit Sie gerade<br />
Zeit haben, sich für das Diner in der Stadt<br />
umzuziehen, gerade rechtzeitig, um Ihren<br />
Gatten mit dem nötigen Takt fühlen zu lassen,<br />
dass Sie die Autorität in der Wirtschaft<br />
haben...»<br />
Diese Frauen widmen eine Stunde ihres<br />
Tages Vorträgen. Sie wollen lernen, ihre Intelligenz<br />
zu entwickeln, «improve their<br />
mind», wie man drüben sagt. Da gehen sie<br />
also einen Vortrag über die kommenden<br />
Wahlen anhören oder über die Aufzucht der<br />
Schafe in Argenteuil, über die Leitung der<br />
Gefängnisse, die zeitgenössischen Autoren,<br />
die man kennen muss usw. Der Gegenstand<br />
des Vortrages ist nicht von Bedeutung für<br />
sie, wenn es nur den Eindruck verschafft,<br />
dass man etwas lernt. Schon morgens beginnen<br />
diese Vorträge beim Frühstück in den<br />
grossen Hotels. Aber das ist noch nicht genug.<br />
Das Neueste ist der Vortrag beim Lunch,<br />
der gewöhn'ich von irgendeinem Ehrengast<br />
in Form einer kurzen Ansprache an die zwei<br />
bis dreihundert Frauen, die anwesend sind,<br />
abgehalten wird.<br />
Etwas ist sehr lustig. In einem anderen<br />
Saal desselben Hotels hält ein anderer Ehrengast<br />
eine Ansprache an die anwesenden<br />
Männer. In welchem Saal wird nun weniger<br />
geraucht? Nun, man hat schon Männer gesehen,<br />
die so gescheit waren, das Rauchen<br />
aufzugeben; bei Frauen kommt so etwas nie<br />
vor. Ich habe so beim Lunch vielmal zu Männern<br />
und zu Frauen gesprochen und ihnen<br />
immer gesagt, wie sehr ich mich wundere,<br />
dass sie so eine Mauer zwischen einander<br />
aufgerichtet haben.<br />
Es muss nochmals hervorgehoben werden,<br />
dass die amerikanische Frau sehr gern lernen<br />
möchte. Wohl betreibt sie auch das nicht<br />
systematisch, aber sehr fleissig. Der Wunsch<br />
ist da und was an allgemeiner Kultur in diesem<br />
Lande vorhanden ist, findet man bei der<br />
Frau. Sie liest, hört Vorträge und bildet den<br />
Geschmack in Sachen des Geistes. Dafür<br />
muss man ihr dankbar sein. In dem Geschäftsfieber,<br />
von dem die Vereinigten Staaten<br />
geschüttelt werden, ist das etwas<br />
Menschliches und Uneigennütziges,<br />
DIE DETEKT1VIN.<br />
Der Warenhausdiebstahl ist ein Kapitel für<br />
sich. Kleinere Stibizzereien —• es handelt sich<br />
nie um grosse Coups — haben einen derartigen<br />
Umfang angenommen, dass sich die Warenhäuser<br />
veranlasst sahen, ein besonderes<br />
Ueberwachungspersonal einzustellen. Die<br />
Laufbahn einer solchen kleinen Detektivin,<br />
AUTOMOBTL-REVUE <strong>1929</strong> - N° 8<br />
Erna Drescher, wird in der deutschen Presse<br />
geschildert.<br />
Eines Tages steht die kleine Verkäuferin<br />
Erna Drescher vor dem gefürchteten Personalchef<br />
des grossen Warenhauses und richtet<br />
das Ersuchen an ihn, sie als Detektivin zu beschäftigen.<br />
Ein Blick des Gewaltigen über die<br />
schmächtige Figur und — Hinauswurf! Noch<br />
zweimal lässt sich Erna Drescher hinauswerfen,<br />
bis der Personalchef verzweifelt der kleinen<br />
hartnäckigen Person nachgibt.<br />
Lauerndes und vergebliches Umherirren im<br />
Labyrinth der tausend Gänge. Endlich der<br />
erste Fall. Eine Frau mit einem Kind auf<br />
dem Arm stopft plötzlich Spitzenreste zwischen<br />
Arm und Kind. Erna Drescher wird so<br />
blass, als ob sie selbst gestohlen hätte. Jedenfalls<br />
der erste Erfolg. Lehrzeiten folgen.<br />
Frisch Ertappte haben nicht das geringste<br />
von der gestohlenen Ware mehr bei sich,<br />
wenn sie glücklich in den Untersuchungsraum<br />
gebracht wurden, lachen höhnisch die kleine<br />
Detektivin aus. Neue verwirrende Situationen<br />
entstehen. Ein junges, putzsüchtiges Ding<br />
stiehlt Bänder, Reste, Schleier. Zur Rede gestellt,<br />
würgt es Bänder und Schleier hinunter.<br />
Erna Drescher greift nach dem verschwindenden<br />
oorpus delicti und — wird in den Finger<br />
gebissen.<br />
Dann die Gewerbsmässigen! Sie gehen im<br />
Gegensatz zu den «Gelegentlichen» nie allein,<br />
haben stets zwei oder drei Komplicen bei sich,<br />
die «decken». Unter ihnen gibt es wieder<br />
Spezialisten für Kunstgegenstände, auch für<br />
$&n Sie, rrnnmlLch.<br />
vorteMhjaÜ bei<br />
BPHNHOFSTR<br />
62<br />
Modernes Ständchen.<br />
Bücher. Mannigfaltig sind die «technischen<br />
Hilfsmittel ». Da gibt es raffiniert verborgene<br />
Taschen unter Kleidern und Mänteln — denn<br />
dieses Handwerk wird fast ausschliesslich<br />
von Frauen ausgeübt —, es gibt Löcher in<br />
den Taschen zum Hindurchgreifen und Handtaschen<br />
mit losem Boden, die harmlos auf die<br />
Ware gestellt werden.<br />
Dies alles und vieles mehr musste Erna<br />
Drescher lernen, bevor sie die gefürchtete<br />
Spezialistin wurde. Heute beschäftigt sie<br />
selbst sieben Angestellte, mit denen sie eine<br />
Anzahl bekannter Warenhäuser bewacht<br />
Manchmal wird Erna Drescher von ihren Gewerbsmässigen<br />
zum Kaffee eingeladen, kleine<br />
Bestechungsversuche am untauglichen Objekt.<br />
Manchmal wird auch «geratscht». ,<br />
Nach zehnjähriger Arbeitszeit gibt es keine<br />
Ueberraschungen mehr. « Aus zwanzig Leuten,<br />
die das Warenhaus betreten, erkenne ich<br />
unfehlbar den, der sich mit Diebstahlsabsichten<br />
trägt,» versichert Erna Drescher.<br />
«Und wie bilden Sie Ihre Angestellten<br />
aus? » Sie wehrt ab. « Ausbildung? Detektiv<br />
lässt sich nicht lernen, das muss angeboren<br />
sein. »<br />
«Die künstliche Sonne!» Wir alle, ob wir<br />
nun das Land in geschäftlicher Tätigkeit,<br />
oder zur Abwechslung und Erholung mit unseren<br />
Wagen bereisen, freuen uns immer,<br />
wenn Frau Sonne uns begleitet. Im wohltuenden<br />
Sonnenlicht wird an einem geeigneten<br />
Plätzchen ausgeruht, ein Picknick verzehrt,<br />
gebadet oder gespielt und die heilsame Belebung<br />
von Körper und Geist lässt uns den<br />
Wert dieser Naturerscheinung gebührend<br />
schätzen und würdigen. Je mehr man sich<br />
aber an die Sonne und ihre günstigen Einflüsse<br />
gewöhnt, um so weniger mag mau die<br />
entbehren. Bei ungünstigen Wetterperioden,<br />
wenn die Arbeit oder gar Krankheit uns an<br />
das Haus bannt, dann wäre ein Sonnenstrahl<br />
doppelt willkommen und wertvoll. Seit langem'<br />
hat die Technik auch in diesem Gebiet<br />
nach einem Ausweg gesucht und nun ist es<br />
endlich derWissenschaft gelungen, eine regelrechte<br />
künstliche Sonne herzustellen! Der<br />
neue Vitalux - Ultrastrahlen-Heilapparat sen-<br />
| det die gleichen Strahlen aus wie die Sonne,<br />
• also Ultraviolett- und Ultrarot- und Licht-<br />
I strahlen, d. h. chemische und Wärme- und<br />
Lichtwirkung. Oder in andern Worten gesagt:<br />
die neue «künstliche Sonne» emittiert qualitativ<br />
die gleichen Strahlenarten und quanti-<br />
| tativ dieselben Strahlenintensitäten wie die<br />
j natürliche Sonne ; dadurch ist es jetzt jedermann<br />
ermöglicht; zu jeder beliebigen Zeit zu<br />
Hause die Wohltat eines wirklichen Sonnenbades<br />
zu geniessen! Was dies bedeutet, lässt<br />
sich leicht vorstellen: der neue Ultrastrahlen-<br />
. apparat ist von grösster Wichtigkeit für Ge-<br />
! sunde und Kranke, für gross und klein, denn<br />
dadurch, dass er sämtliche Wellen des Sonnenspektrums<br />
aussendet, sind seine Wir-<br />
| kungen überaus mannigfaltig ; Gesunde erzielen<br />
starke Steigerung des Wohlbefindens<br />
und der Energie, Kranke erreichen Linderung<br />
•oder Heilung bei Beschwerden zahlreicher<br />
Art, wie Rheuma, Gicht, Neuralgien, Tuberkulose,<br />
Katarrhe, Entzündungen usw.<br />
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