E_1929_Zeitung_Nr.029
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Nicht ganz so einfach zu erreichen wie die<br />
oben erwähnten Ausflugspunkte ist unsere<br />
südliche Visitenstube, der Tessin. Tief verschneit<br />
sind noch die Alpenpässe; wer aber<br />
dennoch einen Tessineraufenthalt auf sein<br />
Programm nimmt, der fährt mit seinem Wagen<br />
bis Göschenen, verladet ihn dort für<br />
20 Minuten auf die Bahn, um ihn in Airolo<br />
wieder auszuladen und dann die Leventina<br />
hinunter und weiter entweder über den Ceneri<br />
oder an den Lago Maggiore nach Locarno<br />
oder Brissago zu fahren.<br />
Nicht vergessen sei auch als Ausflugsgebiet<br />
der Thunersee, für dessen Schönheit<br />
zu werben heute fast überflüssig erscheint,<br />
denn wer einmal im Sommer oder im Herbst<br />
.dort war, der wird auch nicht versäumen,<br />
eine Frühlingsfahrt dorthin zu unternehmen,<br />
besonders da es kaum etwas Dankbareres<br />
gibt als eine «Tour du Lac», die von Thun<br />
aus über Hilterfingen, Oberhofen, Gunten,<br />
Merligen, die Beatenbucht nach Interlaken<br />
führt und von dort entlang dem Südufer über<br />
Därligen, Leissigen, Spiez wieder nach Thun<br />
zurück. Darauf aufmerksam zu machen ist,<br />
dass das Berner Oberland an Ostern nur von<br />
Thun her zu erreichen ist, well der Brünig<br />
•noch nicht für den Automobilverkehr geöffnet<br />
ist.<br />
Mancher wird aber an Ostern gerade den<br />
bekannten und vielbesuchten Fremdengebieten<br />
stillere Gegenden unseres Landes vorziehen.<br />
Auch hier ist ja die Auswahl gross<br />
und die Wahl kann schwer werden. Immerhin<br />
seien aus der grossen Zahl einige wenige<br />
erwähnt. Da ist vor allem im aargauischen<br />
Seetal Schloss Brestenberg am Hallwilersee,<br />
das seine alte Anziehungskraft immer<br />
wieder bewährt. Von hier aus ist es<br />
nicht weit ins Napfgebiet, vorbei am Sempachersee,<br />
nach dem prächtig gelegenen<br />
Menzberg, und ob man von hier.aus nun in<br />
; der Richtung Zürich oder Bern seinen Penaten<br />
zufährt, man wähle den Weg über<br />
1 Langenthal, um dort die grosse Zürich-Bern«<br />
strasse zu erreichen.<br />
Auch in der Ostschweiz gibt es der Ausflugsziele<br />
eine Menge; man denke nur ans<br />
Appenzelleriand, an die Waldstatt, Teufen,<br />
Trogen, Heiden, Walzenhausen, um nur diese<br />
wenigen, bekannten Orte zu nennen. Lohnend<br />
ist sicher auch elfte Fahrt entlang dem<br />
Bodensee, sei es nun von Schaffhausen herkommend<br />
rheinaufwärts und über Kreuzlin*<br />
gen, Romanshorn nach Rorschach oder in<br />
umgekehrter Richtung vom st. gallischen<br />
Rheintal her bis. hinunter zum berühmten<br />
Rheinfall. ' "!;<br />
So ist, wie schon erwähnt, die AuswahJ<br />
gross und schwer wird der Entschluss werf<br />
'den, sich für das eine oder andere zu enti<br />
•scheiden. Sicher ist aber, dass alle, die him<br />
ausziehen, um das Schweizerland zu durchfahren,<br />
und sei es hier oder dort Station zu<br />
machen, doppelte Freude haben werden an<br />
ihren Feiertagen als diejenigen, die zu Hause<br />
sitzen bleiben; und jeder, der an Ostern<br />
hinauszieht in den Frühling, wird sich etwas<br />
Sonnenschein hinüberretten in den darauffolgenden<br />
einförmigen und oft sorgenvollen<br />
Alltag.<br />
Lr.<br />
Lastautoverkehr im Kanton Graubünden. Einer<br />
Anfrage des kantonalen Bau- und Forstdepartements<br />
wurde die Antwort zuteil, dass die Gemeinde<br />
Davos von der ihr in Art. 17 des kantonalen<br />
Stiassengesetzes betreffend Zulassung des Lastautomobils<br />
zustehenden Kompetenz nicht Gebrauch<br />
gemacht hat und dass demnach der Traktorenverkehr<br />
anders als für landwirtschaftliche Zwecke<br />
im eigenen Betrieb und für Strassenzwecke nicht<br />
zugelassen sei.<br />
ry.<br />
Weisst du, Paul, als ich noch ein kleines dummes Mädchen war, glaubte ich am Ostermorgen<br />
lauter Hasen zu seheo . . .<br />
Der „reiche" Bund.<br />
Herr Bundesrat Musy darf zufrieden sein.<br />
Die eidgenössische Verwaltungsrechnung für<br />
das Jahr 1928 schliesst mit einem Einnahmenüberschuss<br />
von 23 Millionen Franken ab.<br />
Also geht es doch vorwärts und ist Aussicht<br />
vorhanden, dass unser Schuldenberg nach<br />
und nach abgetragen werden kann. Allerdings<br />
ist sofort beizufügen, dass der grösste Teil<br />
dieser 23 Millionen zur Deckung ausserordentlicher<br />
Ausgaben des Jahres 1928 zu dienen<br />
hat. Es sind da zu erwähnen die 10 Millionen<br />
Franken Jahresquote an die Bundesbahnen<br />
für die Elektrifikation, ebenso die<br />
bei der endgültigen Regelung der Rechnung<br />
mit den Bundesbahnen allfällig zu zahlende<br />
Summe, die ebenfalls In die Millionen geht.<br />
Der Rest ist zur Stärkung der besonderen Reserve<br />
bestimmt, welche die Durchführung<br />
des Tilgungsplanes der Staatsschlud sicherzustellen<br />
und nötigenfalls wesentliche unvorhergesehene<br />
Kosten zu decken hat.<br />
Herr Bundesrat Musy wird froh sein.<br />
Stempelsteuern, Couponsteuern, eine erkleckliche<br />
Zollbelastung sichern ihm die nötigen<br />
Finanzen und gewähren unserem hohen Par*<br />
lamente die Freiheit, die Millionen manchmal<br />
ziemlich unbesehen in den gewaltig am<br />
gewachsenen Verwaltungsapparat zu stecken.<br />
Wie aber, wenn diese ausserordentlichen<br />
Einnahmen, die nur durch eine aufwärtssteH<br />
gende Wirtschaftskonjunktur sichergestellt<br />
werden, wieder versiegen würden? Es ist zweifellos<br />
Tatsache, dass unsere WirtschaftmitüW<br />
direktenSteuern zustark-belasteMst unddas&<br />
die Sanierung; unserer Bundesfinanzen jsöii<br />
die Deckung der ausserordentlich- grossen<br />
Staatskosten zu Lasten unserer Volkswirt*<br />
schaff gehen, die damit in ihrer Entfaltung<br />
sicherlich gehindert wird.. .;'.;,<br />
Greifen wir ein Beispiel heraus. Im Jahre<br />
Am Ostertagisf alles leicht und frei,<br />
Die Welt erlöst, gesühnt find auferstanden,<br />
Gereinigt jeder, was er sonst auch sei.<br />
An diesem Tag, nach' langen Winters kalten<br />
Banden<br />
Erhebt die Erde sich zum sommerlichen Feste,<br />
Und wir, die Menschen, ihre flüchtigen Gäste,<br />
Wir blicken wieder aufwärts, weit in Zukunft,<br />
Welt und Zeit,<br />
Und wohl auch nach der Ewigkeit...<br />
ÄUTOMOBTL-REVUE <strong>1929</strong> -<br />
Auf der Osterfahrt . . .<br />
1928 hat der Bund nicht weniger als rund<br />
50 Millionen Franken aus der Zollbelastung<br />
der Strassenfahrzeuge gezogen. Seine Bundeseinnahmen<br />
sind vom Jahre 1925 bis 1928<br />
auf den Strassenfahrzeugen um 25,8 auf<br />
48,1 Millionen Franken gestiegen, durchschnittlich<br />
pro Jahr somit um 7,5 Millionen<br />
Franken. Ziehen wir von dieser Summe den<br />
an die Kantone zugeteilten Benzinzollviertel<br />
ab, so verbleiben ihm justament die 23 Millionen<br />
Franken, die er in seiner Verwaltungsrechnüng<br />
als Einnahmenüberschuss verbuchen<br />
kann. Dieses Geld, das zum grössten<br />
Teil wohl aus Zolleinnahmen von Strassenfahrzeugen<br />
herrührt, wird zum beträchtlichen<br />
Teil den Bundesbahnen für ihre Elektrifikation<br />
und ihre Sanierung zugewendet. Diese<br />
Tatsache allein sollte für die Bahnen genügen,<br />
den Kampf gegen das Automobil einzustellen.<br />
Ferner ist auch im kommenden Jahr mit<br />
einer weiteren Steigerung der Einnahmen<br />
aus Zöllen auf Strassenfahrzeuge zu rechnen,<br />
und so dürfte bereits im Jahre <strong>1929</strong> mit<br />
einer runden Einnahme von 56 Millionen<br />
Franken zu rechnen sein. Von diesem Betrage<br />
wird der Bund im Maximum 8 Millionen<br />
Franken den Kantonen zurückzuvergüten haben.<br />
Es werden ihm somit 48 Millionen Franken<br />
oder genau ein Siebentel der im Budget<br />
von <strong>1929</strong> aufgestellten Einnahmensumme verbleiben.<br />
Eine Gegenleistung des Bundes findet<br />
nicht statt. Deshalb die Frage: Ist wirk'<br />
lieh nur der Strassenfahrzeugbesitzer dazu<br />
da, um die durch den Krieg deputierten Finanzen<br />
des Bundes zu sanieren,, und muss es<br />
wirklich so sein, dass der MotorfahrzeagbesUzer,<br />
der durch' die kantonalen Steuern<br />
bereits stärk genug belastet ist, noch indirekt<br />
.'zur- Sanierung der Bundesbahnmisere herangezogen<br />
werden muss?<br />
Die Strassenverkehrs - Initiative kommt<br />
wahrlich ; nicht von ungefähr. Es sind nicht<br />
Ostern.<br />
Wir sind voll Hoffnung und voll gutem<br />
Glauben,<br />
Wir feiern alte Bräuche und durchtränken sie<br />
mit neuem Leben.<br />
Und mit der Erde, die sich jetzt gewaltig regt,<br />
Entfaltet sich in uns auch neues Streben,<br />
Erstehen Träume, Wünsche — vieles was uns<br />
tief bewegt...<br />
Das ist der Ostertag, mit seinem zukunftsfrohen<br />
Weben,<br />
Der immer wieder uns in seinen Zauber schlägt.<br />
Ko.<br />
überspannte Forderungen, die sie erreichen<br />
möchte, sie verlangt einzig neben einer vernünftigen<br />
eidgenössischen Strassenverkehrsregelung<br />
die Beseitigung der gegenwärtig<br />
einseitigen Belastung der Motorfahrzeugbesitzer<br />
und dementsprechend eine gerechtere<br />
Heranziehung des Bundes an den Unterhalt<br />
des schweizerischen Strassennetzes. K.<br />
Zu einer kleinen Anfrage.<br />
No 29<br />
In Nummer 28 der «Automobil-Revue» sind<br />
wir auf die kleine Anfrage von Nationalrat<br />
Vallotton zu sprechen gekommen, welche den<br />
Automobilimfall betrifft, zwischen dem Gesandten<br />
von Uruguay, Herrn de Castro, und<br />
Herrn Fürsprecher Tenger aus Bern stattgefunden<br />
hatte und der vom ersteren in fahrlässigerWeise<br />
verschuldet worden war. Nach dem<br />
Geschäftsbericht des Politischen Departements<br />
konnte vom betreffenden Missionschef<br />
erreicht werden, dass der Streitfall einem<br />
Schiedsgerichte unterbreitet werden<br />
konnte, bei dem der Fall nun hängig ist.<br />
Infolge der Exterritorialität ausländischer<br />
Gesandten blieb dem Bundesrat jedenfalls<br />
kein anderer Weg offen. Dagegen sollte der<br />
Bundesrat doch Mittel und Wege prüfen, um<br />
das Obligatorium der Haftpflichtversicherung<br />
auch für ausländische Gesandte erreichen<br />
zu können. Das wäre das Minimum, was man<br />
von diesen Herren verlangen darf. t.<br />
Italien<br />
erschllesst Touristikgebiete.<br />
In dem jetzt italienischen Abbazia hat<br />
kürzlich die Konferenz für Organisation und<br />
Entwicklung der Verkehrsmittel des grossen<br />
internationalen Tourismus getagt. Man<br />
war darüber einig, dass nur der Automobildienst<br />
helfen könne, den Kranz von landschaftlichen<br />
Schönheiten und historischen<br />
Merkwürdigkeiten, der sich von Ventimiglia<br />
den Alpen entlang bis nach dem Luganer- und<br />
Comersee und bis nach dem Tirol und Dalmatien<br />
erstreckt, dem grossen Tourismus in<br />
vollem Masse zu erschliessen. So ist denn<br />
in den Gegenden, die dem « Circolo ferroviario»<br />
von Turin unterstehen, ein dichtes Netz<br />
von Autoverbindungen geschaffen worden,<br />
zum Teil auch internationalen Charakters,<br />
so in den Gegenden des Montblanc, des Kleinen<br />
St. Bernhard, des Mont Cenis, des Colle<br />
di Tenda. Im « Circolo ferroviario » von Mailand<br />
hat man gesorgt für stabile Autoverbindungen<br />
mit den oberitalienischen Seen, mit<br />
den Kurorten Salsomaggiore und San Pellegri'no;<br />
ferner wurde die ibmbardische Ebene<br />
verbunden mit einem neuen und schnellen<br />
Dienst über das Stilfser Joch, die Pässe. Tonale<br />
und Gavia. Andere Linien, z. T. international,<br />
umkreisen den Luganersee. Im «Circolo<br />
ferroviario» Brescia wurde nicht minder<br />
energisch für die Verbindungen mit dem Gardasee<br />
gesorgt, dem Trentino und Bozen. In<br />
der Venezia Giulia arbeitet man für die Erschliessung<br />
der Naturwunder der Postumiahöhlen<br />
sowie der Kurorte Abbazia, Grado und<br />
Brionischen Inseln, und dann nicht zuletzt<br />
zugunsten des patriotischen italienischen Publikums<br />
für den bequemen Besuch der durch<br />
den Krieg berühmt gewordenen Gegenden<br />
des Karsts. So wird man von Triest täglich<br />
auf einer permanenten Autolinie alle denkwürdigen<br />
Orte des Kriegsschauplatzes des<br />
Karsts besuchen können. Die Konferenz hat<br />
sich, wie auch die letztjährige von Cortina<br />
d'Ampezzo, nur mit den Gegenden Norditaliens<br />
befasst. Das nächste Jahr sollen aber<br />
Mittel- und Süditalien auch an die Reihe<br />
kommen. h.<br />
Vermutung, die sich alsobald bestätigte, als die Feststellung ins Wanken, dass sie in<br />
sie feststellte, dass ein lederner Automantel ihrem Knopfloch ein Schlüsselblümchen trug.<br />
an der Wand hing. Die Bedientenseele Eine Blume und Scheidungskummer? das<br />
brachte endlich den Tee, die Mohrenköpfe harmonierte nicht zusammen. Oder täuschte<br />
und den Schlagrahm, denen Georgette in der er sich nur? Er betrachtete sie genauer. EH<br />
Folge eine rührende Aufmerksamkeit widmete,<br />
obwohl sie keinen Hunger hatte. Schnitt unleugbar mädchenhaft, aber der Hut<br />
gentlich war ihr Jackettkleid in Farbe und<br />
Der Herr mit den blonden Haaren beschäftigte<br />
sich, über seine erkaltete Tasse Hut wird eine Mutter ihrer Tochter nie<br />
war wieder ganz Emanzipation. So einen<br />
gebeugt, nicht minder eifrig mit seiner Nachbarin.<br />
Er hatte ihre Ankunft im Auto beob-<br />
der Stirne waren entschieden frech. Mund<br />
erlauben. Die dunkelbraunen Haarsträhnen in<br />
achtet und als freudigen Unterbruch seiner und Naschen betonten den Gesamteindruck<br />
Selbstbetrachtungen begrüsst. (Auch er war, selbstgefälliger Nonchalence. Auf alle Fälle<br />
o Doppelspiel des Schicksals, der Stadt überdrüssig,<br />
kreuz und quer über Land gefah-<br />
*<br />
hatte sie ganz entzückende Beine...<br />
ren.) «Sie ist nicht schön, aber sie ist sehr Der blonde Herr räusperte sich, drückte<br />
hübsch,» dachte er mit, wie ihm schien, unbeirrbarer<br />
Loigik, um hinzuzufügen: «Vielderte<br />
mit dem lässigen Schritt des heutigen<br />
den Stuhl knarrend an die Wand und schlenleicht<br />
ist sie es doch, wenn sie lächelt». Gentleman durch die kleinen Tischchen auf<br />
Worauf er sich den Kopf nach dem tiefsinnigen<br />
Grunde zermarterte, weshalb sie es felte. Vor ihrem Platze blieb er stehen,<br />
die Ecke zu, in der sie ihre Schlagsahne löf-<br />
nicht tat. Er entschied endlich auf unglückliche<br />
Liebe. (Warum könnte eine Dame denn an ihr vorbei und schien sich lange Zeit über<br />
zwängte sich mit einem flüchtigen Pardon<br />
sonst über die Ostertage die Einsamkeit aufsuchen?)<br />
Seine Vermutung schien sich darin nicht einigen zu können. Das Rascheln im<br />
die Wahl einer <strong>Zeitung</strong> am <strong>Zeitung</strong>sständer<br />
zu bestätigen, dass ihre Wimpern wie tiefe Rücken Georgettes dauerte solange, bis sie<br />
Schatten über den Augen lagen und ein überdrüssiger<br />
Zug ihre kühn geschminkten Lippen vösen Wenden ihres Kopfes sich nach ihm<br />
mit einem höchst verwunderten, höchst ner-<br />
umspielte. «Scheidung,» dachte er, «sie umsah. «Blaue Augen», stellte der blonde<br />
trägt keinen Ring mehr. Die Schuld kann nur Herr fest. «Blaue Augen zu dunklem Haar,<br />
an ihm liegen. Nun ist sie mit seinem Auto sehr grosse, sehr fragend blaue Augen.<br />
auf und davon. Geschieht ihm recht.» Der Quatsch mit der Scheidung. Schlüsselblume,<br />
Turm seiner weisen Schlüsse geriet durch das stimmt schon eher.» Mokant, sehr mokant<br />
pfeifend umbummelte er ihr Tischlein,<br />
entschuldigte sich wegen der Störung und<br />
hatte ein vielsagendes Lächeln, das indessen<br />
unter einem Blitz aus den blauen Augen<br />
erstarb. Ernüchtert schlich er sich in seine<br />
Ecke. ,.<br />
Georgette spitzte nach Bubenart den<br />
Mund. Dem hatte sie heimgeleuchtet! Herrlich!<br />
Im übrigen fand sie, dass er sehr energische<br />
Gesichtszüge habe. Wohl Sportsmann?<br />
Auf alle Fälle nicht so ein blasser Fadling<br />
mit blasierten Tanzmanieren. Sie hasste das<br />
Tanzen. Nicht an sich, sondern der sinnlosen<br />
Plappereien der Partner wegen. Ob der in<br />
der Ecke dort auch von der Saaldekoration<br />
quatschen würde... ? Schien auch ein Mann<br />
von Geschmack, trug ja eine ganz fabelhafte<br />
Krawatte. Und dann, seine Haare glänzten<br />
nicht wie frisch geteerter Asphalt, sondern<br />
wellten und wirbelten mutwillig über der<br />
gebräunten Stirne. «Sicher ist er ein glänzender<br />
Fahrer», dachte sie und konnta sich<br />
der Vorstellung nicht enthalte«, neben dem<br />
blonden Herrn dahinzufahren. Natürlich würde<br />
sie lenken! Alle Himmel, hatte sie jetzt<br />
nicht sein Lächeln erwidert? Zu dumm! Nun<br />
kam er wieder daher mit seiner <strong>Zeitung</strong>.<br />
Wenn er' sie jetzt anredete, konnte sie nicht<br />
mehr gut...<br />
«Auch der Langeweile geflohen?»<br />
Georgette fühlte, wie ihr alles Blut zu<br />
Kopfe stieg. Sie versuchte überlegen zu<br />
nicken. (Schliesslich, was ist dabei! Warum<br />
hatten ihre Freundinnen sie allein gelassen!),<br />
«Sie fahren nach Bern zurück?»<br />
Georgette nickte abermals.<br />
«Kennen Sie den Weg über den Belpberg?*<br />
«Ja!»<br />
«Schade.»<br />
«Schade?»<br />
Seine weissen Zähne blitzten. «Ich hätte<br />
Sie gerne geführt, wissen Sie.»<br />
«Ach so.» Sie senkte den Kopf und schloss<br />
die Augen. Blitzschnell tauchte ihr einsames<br />
Zimmer vor ihr auf. Der lange trostlose<br />
Abend und morgen war noch ein freier Tag!<br />
Warum hatten die Freundinnen...<br />
Sie fuhren über den Belpberg. Sie soupierten<br />
in einem stillen Restaurant. Sie vereinbarten<br />
eine Autofahrt für den Ostermontag.<br />
Sie nahmen nur den blauen Sportwagen. Aber<br />
nicht sie sass hinter dem Volant, sondern er.<br />
Und Georgette fand es ganz in der Ordnung.<br />
Sie hat sich überhaupt geändert in jenen<br />
beiden Ostertagen. Ihre Freundinnen behaup»<br />
ten es wenigstens...<br />
Georgette ist sehr glücklich. Und wenn<br />
sie noch nicht gestorben ist Das ist<br />
ihre Geschichte. Eine sehr belanglose Ge-j<br />
schichte. Aber für Georgette bedeutete sie<br />
den Wendepunkt in ihrem Leben. Und sie<br />
hat ihn nie bereut. Felix Vitati.