E_1929_Zeitung_Nr.082
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N°82<br />
II. Blatt<br />
BERN, 24. September <strong>1929</strong><br />
wsz<br />
II. Blatt<br />
BERN, 24. September <strong>1929</strong><br />
Praxis des Fahrers<br />
Mangelhafte Spannung der Ventilfeder als<br />
Störungsquelle.<br />
Nach längerer Betriebsdauer eines Motors<br />
pflegen sich Ventilstörungen einzustellen, deren<br />
Ursache ein Nachlassen der Ventilfederspannung<br />
ist. Jeder Federstahl, und sei es<br />
der beste, unterliegt mit der Zeit durch die<br />
enorme Beanspruchung einer gewissen Ermüdung,<br />
d. h., die ehemals «harte» Spannung<br />
ist «weich» geworden. Vor allem wird<br />
die Feder des Auspuffventils zu Störungen<br />
Anlass geben, denn die enorme Hitze der<br />
Explosionsgase pflanzt sich von dem Ventil<br />
auf die Feder fort. Bei luftgekühlten Motoren<br />
kommt es nicht selten vor, dass Auspuffventilfedern<br />
derart an Spannung verlieren,<br />
dass man sie als «ausgeglüht» bezeichnen,<br />
muss.,<br />
Besondere Verhältnisse bei Einlass- und<br />
Auslassventil.<br />
Die Federn der Einlassventile werden viel<br />
weniger zu Beanstandungen Anlass geben,<br />
da sie vor Hitze in bedeutend höherem<br />
Masse geschützt sind und ausserdem durch<br />
die einströmenden Frischgase erheblich gekühlt<br />
werden. Auch hinsichtlich der Ueberwindung<br />
von Reibungswiderständen ist die<br />
Einlassventilfeder gegenüber der des Auspuffventils<br />
besser gestellt. An jedem Auspuffventilschaft<br />
bilden sich mit der Zeit feine<br />
Risse infolge der dauernden Hitzeeinwirkung,<br />
ausserdem lagern sich in der Ventilführung<br />
Brennstoff- und Oelrückstände an, die<br />
zu einem gewissen Klemmen des Ventilschaftes<br />
führen. Dieses Klemmen muss die<br />
Ventilfeder überwinden. In jedem Fall wird<br />
nach längerer Betriebsdauer das Einlassventil<br />
ganz bedeutend leichter in der Ventilführung<br />
gehen als das Auslassventil. Eine einfache<br />
Prüfung der Ventilfedern, ob ihre<br />
Spannkraft noch genügend ist, und zwar<br />
ohne Demontage, besteht darin, dass man<br />
das Spiel derselben bei mittlerer Tourenzahl<br />
des Motors beobachtet. Schwingt eine oder<br />
die andere Feder ziemlich stark, so äst mit<br />
Sicherheit anzunehmen, dass diese über kurz<br />
oder lang ihr ordnungsgemässes Arbeiten<br />
einstellen wird. Man erkennt eine solche<br />
schwingende Feder daran, dass diese während<br />
des Arbeitens keine Konturen zeigt,<br />
also gewissermassen verschwommen aussieht.<br />
Bei richtigem Funktionieren kann man<br />
dagegen die mittleren Windungen einer arbeitenden<br />
Ventilfeder gut unterscheiden. In<br />
Zweifelfällen empfiehlt sich natürlich genaue<br />
Prüfung bei demontierter Feder. Von welcher<br />
weittragenden Bedeutung die richtige<br />
Spannung der Ventiliedern für das ordnungsgemässe<br />
Arbeiten des Motors ist, erhellt<br />
nachfolgende Ueberlegung :<br />
Arbeit der Venfilfeäer.<br />
Bei einer Umdrehungszahl des Motors von<br />
ca. 2500 pro Minute, die man für die heutige<br />
Zeit als durchaus normal bezeichnen muss,<br />
öffnet und schliesst sich das Ventil etwa<br />
20 mal in der Sekunde. Die tatsächliche Bewegung<br />
des Ventils dauert aber nur etwa<br />
ein Drittel dieser Zeit, also den sechzigsten<br />
Teil einer Sekunde. Das Ventil wird in dieser<br />
kurzen Zeitspanne geöffnet und durch die<br />
Ventilfeder wieder geschlossen. Während<br />
das Oeffnen und augenblickliche Offenhalten<br />
des Ventils durch den Steuernocken geschieht,<br />
muss das blitzartige Schliessen einzig und<br />
allein von der Ventilfeder besorgt werden.<br />
Di© Stärke der Feder ist nun so bemessen,<br />
dass sie unter allen Umständen in der zur<br />
Verfügung stehenden Zeit ein Schliessen des<br />
Ventils erreicht. Die kleinste Spannung der<br />
Feder muss genügen, das Ventil bei fast geschlossener<br />
Vergaserdrossel auf seinem Sitz<br />
zu halten, ohne davon durch den Unterdruck<br />
des abwärtsgehenden Kolbens entfernt<br />
zu werden. Um diesem Unterdrück im Zylinder<br />
zu begegnen, genügt im allgemeinen<br />
eine Federspannung von 0,75 kg pro cm 2<br />
Ventiltellergrösse.<br />
Die grösste Ventilfederspannung braucht<br />
nur so hoch zu sein, dass sie bei höchster<br />
Tourenzahl des Motors ein genügendes Plus<br />
über die Massenkräfte aufweist.<br />
Folgen erlahmter Federkraft.<br />
Werden nun diese Forderungen infolge<br />
Erlahmens der Federkraft nicht erfüllt, so<br />
machen sich die Folgen durch Kraftverlust<br />
und unregelmässigen Gang des Motors unliebsam<br />
bemerkbar. Es kommt nicht darauf<br />
an, dass die Feder das Ventil überhaupt noch<br />
schliesst, sondern ob sie es schnell genug<br />
schliesst. Die Regelung des Ventils erfolgt<br />
ja durch den Steuernocken und die<br />
Feder übernimmt lediglich die Funktion des<br />
Ventilschliessens, und zwar hat das so<br />
schnell zu geschehen, als es der Nocken gestattet.<br />
Die Feder mit normaler Spannung sorgt<br />
dafür, dass der Ventilstössel stets mit dem<br />
Steuernocken in Kontakt bleibt, trotzdem die<br />
Ventilbewegung ungleichmässig ist. Etwa<br />
bis zur halben Hubhöhe erhält das Ventil<br />
durch den Nocken eine Beschleunigung. Sodann<br />
macht sich der Einfluss der Federkraft<br />
bemerkbar, die die Beschleunigung abbremst.<br />
Vorteilhaft ist es nun, die Beschleunigung des<br />
Ventils so zu verzögern, als die Spannung<br />
der Feder zunimmt. Im ersten Teil der<br />
Schliessperiode steht das Ventil ebenfalls nur<br />
unter der Einwirkung der Federkraft, dann<br />
auch unter dem Einfluss des Steuernockens.<br />
Die Ventilfeder muss also stark genug sein,<br />
sowohl das Ventil als auch den Stössel, gegebenenfalls<br />
Kipphebel usw., die zusammengenommen<br />
ein beachtliches Gewicht haben,<br />
in Bewegung zu setzen. Weiterhin muss die<br />
Federkraft dafür ausreichen, die Ventilsteuerungsteile<br />
gemäss der Motordrehzahl zu beschleunigen<br />
und das Ventil bei hoher oder<br />
niedriger Umdrehungszahl präzise zu betätigen.<br />
Ist die Feder nun zu schwach, so kann<br />
der Stössel und somit auch das Ventil dem<br />
Steuernocken nicht folgen. Es wird deshalb<br />
stets zu spät schliessen. Beim Einlassventil<br />
wird dadurch ein Teil der angesaugten<br />
Frischgase wieder aus dem Zylinder in den<br />
Ansaugkanal zurückgedrückt. Die Zylinderfüllung<br />
wird dadurch sehr gering und ein<br />
starker Abfall in der Leistung des Motors<br />
die Folge sein. Beim Auspuffventil ist es<br />
noch unangenehmer. Der Kolben saugt<br />
nämlich infolge zu späten Schliessens des<br />
Auspuffventils heisse Explosionsgase und<br />
glühende Kohleteilchen während des Ansaugtaktes<br />
in den Zylinder zurück. Damit wird<br />
das mit angesaugte Frischgas verschlechtert,<br />
und oft die so überaus schädliche Selbstzündung<br />
herbeigeführt. ,<br />
Motorarbeit bei schwachen Ventilfedern.<br />
Durch eine zu schwache Feder werden<br />
Steuernocken, Stössel und Ventil bedeutend<br />
stärker beansprucht als wenn die Feder<br />
normale Spannung besitzt. Dies mag zuerst<br />
unlogisch erscheinen, doch wird eine kurze<br />
Erklärung die Richtigkeit beweisen. Wir haben<br />
oben gelesen, dass der Stössel bei normaler<br />
Federspannung des Ventils stets mit<br />
dem umlaufenden Nocken in Berührung<br />
bleibt. Bei schwacher Feder kann das Ventil<br />
und der Stössel der Nockenbewegung<br />
nicht schnell genug folgen. Die Anfangsgeschwindigkeit,<br />
das Ventil zu schliessen-,<br />
ist zu gering und der Nocken ist dem Stössel<br />
vorgeeilt. Ehe die Feder das Ventil ganz<br />
geschlossen hat und zu einer momentanen<br />
Ruhe gelangt ist, hat der Nocken seine Drehung<br />
bereits beendet und erteilt dem noch<br />
in Bewegung befindlichen Ventilmechanismus<br />
bereits wieder Kraft in entgegengesetzter<br />
Richtung. Es trifft also nicht ein in Ruhe<br />
befindlicher Stössel und unter kleinster Federspannung<br />
stehendes Ventil auf die Nokkenflanke,<br />
sondern der Nocken hat den Stoss<br />
des unter grösserer Federspannung in entgegenlaufender<br />
Bewegung befindlichen Stössels<br />
und Ventils auszuhalten und dem Steuerungsmechanismus<br />
wieder die entgegengesetzte<br />
Richtung zu erteilen. Bei höherer<br />
Tourenzahl können die auftretenden Kräfte<br />
so gross werden, dass ein Bruch in der Ventilsteuerung<br />
eintritt. Wenngleich die Qualität<br />
der 'Ventilfedern in heutiger Zeit kaum<br />
etwas zu wünschen übrig lässt und Ermüdungserscheinungen<br />
erst nach langer Betriebsdauer<br />
aufzutreten pflegen, so ist es<br />
doch immerhin ratsam, von Zeit zu Zeit die<br />
Ventilfedern auf ihr© richtige Spannung hin<br />
zu prüfen, um vor unliebsamen Ueberraschungen<br />
geschützt zu sein. E. F.<br />
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WEIN B EKGSTRASSE 11