E_1929_Zeitung_Nr.082
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82 - <strong>1929</strong> AUTOMOBIL-REVUE 17<br />
T. A. 353. Westafrika—Schweiz. Für Reisen<br />
auf dem. europäischen Kontinent benötigen Sie:<br />
1. cia Triptyk oder Grenzpassierscheinheft für<br />
diejenigen Länder, die Sie zu bereisen wünschen;<br />
2. das Nationalitätenschild, in Ihrem Fallo also<br />
das offizielle Schild der Goldküste;<br />
3. den internationalen Fahrausweis;<br />
4. den gewöhnlichen Reisepass.<br />
Die Schwierigkeit besteht nun allerdings darin,<br />
wie Sie das Triptyk erhalten sollen. Soviel wir hier<br />
erfahren können, gibt es an der Goldküste keinen<br />
eigenen Automobilclub, der einem der grossen internationalen<br />
Automobilverbände angeschlossen<br />
ist, durch die allein man Triptyks und Grenzpassiorscheinhefte<br />
erhalten kann. Da aber die<br />
Goldkü'ste englische Kolonie ist, müssen Sie versuchen,<br />
Mitglied der «Automobile Association»<br />
(A. A.) oder des «Royal Automobile Club» zu<br />
werden. Hat keiner der beiden Clubs eine Vertretung<br />
an der Goldküste, so wenden Sie sich direkt<br />
am besten nach London, wo diese beiden Clubs<br />
ihren Verwaltungssitz haben. Von dort aus wird<br />
man Ihnen, wenn die Möglichkeit überhaupt besteht,<br />
sicherlich Triptyk und Grenzpassierscheinheft<br />
verschaffen.<br />
Den internationalen Fahrausweis bekommen Sie<br />
an der Goldküste bei der gleichen amtlichen Stelle,<br />
die Ihnen die dortige Fahrbewilligung ausgestellt<br />
hat.<br />
Wenn Sie die sämtlichen oben angeführten Papiere<br />
und Ausweist) besitzen, können Sie auch länger<br />
als drei Monate in Europa herumreisen, denn<br />
z. B. in der Schweiz allein können Sie während<br />
drei Monaten fahren, ohne die geringste Gebühr<br />
oder Steuer entrichten zu müssen. L.<br />
T. A. 354. Peloponnes. Die Strassen in Griechenland<br />
entsprechen allerdings nicht ganz dem,<br />
was wir unter AutomoMlstrassen in Zentraleuropa<br />
verstehen Erstens gibt es überhaupt nur sehr<br />
wenige Strassonzüge, die für das Automobil in<br />
Frage kommen, und auch diese sind zum Teil in<br />
einem pitoyablen Zustand. Relativ die besten Strassen<br />
finden Sie noch in Athen und seiner Umgebung;<br />
aber auch hier hat es solche Schlaglöcher<br />
in den Strassen und sie sind so schlecht unterhalten,<br />
dass Automobilfahren zum mindesten keinen<br />
Genuss bedeutet.<br />
Selbstverständlich kann man per Auto von<br />
Athen durch den ganzen Peloponnes über Korinth,<br />
Tripolis nach Kalamata, oder über Sparta nach<br />
Gythion fahren es; gibt auch Reisegesellschaften,<br />
die Automobilfahrten dorthin organisieren. Aber<br />
auch hier ist Vorsicht beim Reisen per Auto am<br />
Platze. Wohl sind die StrasWn in ihrer Anlage<br />
vorzüglich, ihr Unterhalt aber ist zum grössten<br />
Teil trostlos. Mehr als 20 km in der Stunde legen<br />
Sie nie zurück. Kaum sind Sie einige 100 m gefahren,<br />
geht ein breiter, 'langer Riss quer durch die<br />
Strasse, und wie Sie in den Bergen auf einem<br />
Gletscher breite Spalten nicht mehr überspringen<br />
können, sondern sie kreuz und quer umgehen müssen,<br />
so müssen Sie im Peloponnes mit dem Auto<br />
die-LScher und Spalten in und neben der Strasse<br />
umfahren.<br />
Wenn Sie doch einen 1 Wagen mitnehmen wollen,<br />
dann nur einen starken und ausdauernden, ein<br />
anderer hält die Strapazen grösserer Touren in<br />
Griechenland auf die Länge nicht aus. K. B. in Z.<br />
Touren<br />
T.,J;,- i^t^Mo5JMU. ; J5b.-wpJlJ•..die•,•HQglicWceit..^^esteht,<br />
von Basel aus nach Moskau per Auto zu<br />
-fahren? Kann mir jemand sagen, was für Formalitäten<br />
vorerst erfüllt werden müssen, und dann :<br />
gibt es überhaupt Automobilstrassen, die von Warschau<br />
aus unbedenklich bis Moskau befahren werden<br />
können? Wieviel Kilometer rund beträgt die<br />
Strecke Basel-Warschau-Moskau und welchem Iünerar<br />
würde man am besten folgen? K. M. in R.<br />
T. F. 356. Zara. Auf welcher Route gelange ich<br />
am besten von Lugano nach Zara, dem italienischen<br />
Hafen an der Adria? Brauche ich das italienische<br />
und das jugoslavische Triptyk, um dorthin<br />
zu gelangen? Wieviel Tage muss ich für diese Fahrt<br />
ungefähr rechnen und wie sind die Strassenverhältnisse<br />
längs der Adria? W. B. in B.<br />
T. F. 357. Aachen. Ich muss diesen Herbst in<br />
geschäftlicher Angelegenheit nach Aachen und<br />
weiss nicht, was für eine Route ich dafür wählen<br />
soll. Soll ich von Basel durch Frankreich Luxemburg<br />
und Belgien dorthin, oder soll ich die Rheinroute<br />
zur Hinreise wählen, oder liesse sich vielleicht<br />
die ganze Fahrt mit einer Rundreise verbinden,<br />
die durchs Rheinland nach Köln, Aachen, Lüttich<br />
und über Luxemburg zurück nach Basel führt?<br />
In wieviel Tagen liesse sich eine solche Fahrt ungefähr<br />
zurücklegen und was für Formalitäten sind<br />
dafür zu erfüllen? H. W. in M.<br />
Bunte Chronik<br />
Die fruchtbare Hitze.<br />
Regt die sommerliche Hitze das künstlerische<br />
Schaffen an? Auf die Umfrage einer<br />
französischen Literaturzeitschrift über dieses<br />
Thema hat die Mehrzahl der befragten<br />
Autoren im bejahenden Sinne geantwortet.<br />
Uebereinstimmend laufen die Antworten dahin,<br />
dass überhaupt die meteorologischen<br />
Einflüsse von wesentlicher Bedeutung für<br />
das künstlerische Schaffen sind. Die Romanschriftstellerin<br />
Rachilde geht sogar so weit,<br />
zu behaupten, dass sie, mit der Niederschrift<br />
eines Romans beschäftigt, jeweils das Wetter<br />
der nächsten 24 Stunden mit absoluter<br />
Sicherheit voraussagen könne.<br />
Hitze als Anstifter zu Gewalttaten.<br />
Auch einem oberflächlichen <strong>Zeitung</strong>sleser<br />
muss aufgefallen sein, dass in der letzten<br />
Zeit die Nachrichten von Morden und anderen<br />
Gewalttaten sehr stark zugenommen<br />
haben. Man könnte gleichsam von einer<br />
Epidemie solcher Verbrechen sprechen. Aber<br />
diese Erscheinung ist gar nicht so zufällig<br />
wie sie scheint. Wir haben in ihr nichts anderes<br />
als den Beweis dafür, dass die Hitze<br />
die gewalttätigen Instinkte im Menschen verstärkt<br />
und gewisse Hemmungen lockert.<br />
Aehnliche Erfahrungen werden in jedem<br />
heissen Sommer gemacht. In den Tropen ist<br />
eine- durch Hitze verursachte Wahnsinnsart,<br />
der Tropenkoller, ja seit langem bekannt<br />
und gefürchtet.<br />
Irgendwelche Anzeichen von Hitzeeinwirkung<br />
auf das Gemüt zeigen sich auch im. Alltagsleben<br />
bei den meisten Menschen. Allgemein<br />
ist man bei grosser Hitze leicht reizbar.-<br />
Leute, die -vorher denkbar harmlos waren;<br />
verfallen oft plötzlich in heftiges Diskutieren,<br />
und Streitigkeiten werden beim kleinsten<br />
Anlass vom Zaun gerissen. Von der<br />
Schlägerei bis zum Totschlag ist dann nur<br />
mehr ein kleiner Weg.<br />
Von ärztlicher Seite wird empfohlen, diesen<br />
gefährlichen Hitzeeinflüssen durch häufige<br />
kalte Bäder und Waschungen entgegenzuwirken,<br />
at.<br />
Man muss doch leben...<br />
In einem kleinen Badeort an der normannischen<br />
Küste — so erzählt die Comoedia —<br />
lebt ein Mann namens Landry, der am Vormittag<br />
sein Brot als Muschelverkäufer yerdient,<br />
während er des Nachmittags als öffentlicher<br />
Ausrufer mit der Trommel herumzieht.<br />
Vor einigen Tagen hatte er den ganzen<br />
Vormittag den Parisern, die am Strande ihre<br />
Ferienmusse genossen, Miesmuscheln verkauft<br />
und seine Ware angepriesen. Am Nachmittag<br />
erschien er am Strand in seiner Uniform<br />
und verkündete unter Trommelwirbeln<br />
die neueste Verordnung der Stadtbehörde:<br />
«Die Herren und Damen werden gebeten,<br />
keine Miesmuscheln zu essen, weil dadurch<br />
Vergiftungserscheinungen hervorgerufen werden<br />
können.»<br />
Mehrere seiner Kunden vernahmen diese<br />
Bekanntmachung mit Verwunderung und<br />
hielten mit Vorwürfen nicht zurück. Der gute<br />
Mann antwortete mit unerschütterlicher Ruhe:<br />
«Bei den schlechten Zeiten muss man sein<br />
Brot verdienen, wie es eben geht, und auch<br />
zwei Berufe versehen. Glücklich diejenigen,<br />
die zwei Berufe haben, die nicht zueinander<br />
im Gegensatz stehen!»<br />
Das rätselhafte Auto.<br />
Ein verhextes Teufelsauto, wie es sonst<br />
nur in Filmen und Detektivgeschichten vorzukommen<br />
pflegt, hat einige Wochen London<br />
und Umgebung unsicher gemacht. Der Wagen<br />
wurde von einer unbekannten und der<br />
Polizei bis heute verborgen gebliebenen Bande<br />
zu verwegenen Diebstählen und Einbrüchen,<br />
vorzüglich in Juweliergeschäfte, benutzt.<br />
Es war eine Maschine, die spielend<br />
ihre 120 Kilometer machte und schneller als<br />
das beste Polizeiauto Londons war, so dass<br />
die Einbrecher zwar oft verfolgt, aber nie<br />
gefasst werden konnten. Ausserdem besass<br />
der Wagen aber verschiedene sinnreiche<br />
Vorrichtungen, durch die mit wenigen Handgriffen<br />
sein äusseres Aussehen verändert<br />
werden konnte. Selbstverständlich hat der<br />
Wagen auch sehr oft die Farbe gewechselt.<br />
Das Raffinierteste an ihm aber war ein Mechanismus,<br />
der es dem Führer durch den<br />
"blosseh Druck auf einen Knopf ermöglichte,<br />
während der Fahrt mehreremal die Zeichen<br />
und die Nummer zu ändern. Bei einer solchen<br />
Verwandlungsfähigkeit ist es nicht zu. verwundern,<br />
dass eines Tages die Polizei sogar<br />
sich soweit täuschen Hess, dass sie ahnungslos<br />
das Einbrecherauto mietete, um dieses<br />
selbst zu verfolgen. Ein Hereinfall, durch den<br />
sie sich natürlich reichlich lächerlich gemacht<br />
hat. Die Einbrecher blieben unentdeckt, aber<br />
r oderne öch/rme<br />
in groiserf>u)u/ahl<br />
das Auto fand man eines Nachts verlassen<br />
auf einer Strasse. Die Herren können es offenbar<br />
nicht mehr gebrauchen und sie waren<br />
so liebenswürdig, es zur Verfügung zu stellen.<br />
Arme Polizei!<br />
Durch Zwiebelschälen reich geworden.<br />
Kürzlich starb in London, 70 Jahre alt,<br />
ein Mann namens Peter Tyler. Er hinterliess<br />
ein Vermögen von 7000 Pfund Sterling, das<br />
sind etwa 150,000-Fr. Das wäre nun keine<br />
Seltenheit gewesen, aber Tyler hatte sein©<br />
Schätze nur durch das Schälen von Zwiebeln<br />
angehäuft. Er kaufte Zwiebeln mit der Schal©<br />
auf, schält© sie und dann verkaufte er sie<br />
wieder mit einem kleinen Nutzen. Seine<br />
Kundinnen, die Hausfrauen, waren augenscheinlich<br />
willens, die Differenz zu zahlen<br />
und dafür ihre Tränendrüsen zu schonen.<br />
Tyler und seine Frau schälten zuerst allein.<br />
Aber das Geschäft dehnte sich aus und<br />
musste dementsprechend erweitert werden.<br />
Tyler stellte zahlreiche Hilfskräfte ein, die<br />
mit ihm schälten und weinten. Der geschäftstüchtige<br />
Unternehmer konnte weder lesen<br />
noch schreiben, aber er genoss den Ruf,<br />
dass er seine Zwiebeln gut kannte.<br />
Zehntausendmal gestorben.<br />
Schauspieler sterben ziemlich oft im Leben,<br />
manchmal dreissigmal im Monat. Sie<br />
sterben bei den unglaublichsten Gelegenheiten,<br />
teils durch Erschiessen, teils durch<br />
Erdolchen oder Vergiften. Manchmal auch<br />
durch eigene Hand, immer aber sehr dramatisch.<br />
Und jedesmal erwachen sie, sobald der<br />
Vorhang gefallen ist, zu neuem Leben.<br />
Einer der berühmtesten Tragöden hat einmal<br />
behauptet, ihm sei nicht wohl, wenn er<br />
abends nicht richtig sterben könne. Darum<br />
nahm er jede Gelegenheit, seinen Geist aufzugeben,<br />
wahr. Wo es auf der Bühne zu einer<br />
Sterbeszene kam, war er der Verendende.<br />
Er war-ein Fachmann des Ablebens.<br />
In Frankreich hat sich ein Freund von Statistiken<br />
jetzt den Scherz erlaubt, herauszufinden,<br />
wie oft die selige Sara Bernhardt gestorben<br />
ist. Er kam bei vorsichtiger Schätzung auf<br />
die enorme Zahl von ca. zehntausend Bühnentoden.<br />
Sara Bernhardt hat bei den Rollen,<br />
die sie während ihrer Laufbahn verkörpert<br />
hat, mindestens zweitausendmal Selbstmord<br />
verübt. Dreitausendmal im ganzen ist sie erschossen<br />
worden. Nicht seltener hat man sie<br />
vergiftet. Sie dürfte es im Sterben zu einer<br />
Art Weltrekord gebracht haben.<br />
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