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E_1929_Zeitung_Nr.095

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II. Blatt<br />

BERN, 5. November <strong>1929</strong><br />

N°95<br />

II. Blatt<br />

BERN. 5. November <strong>1929</strong><br />

Fortschritte der Technik<br />

Verbesserung mechanischer Bremsen möglich?<br />

Bei einem bedeutenden Prozentsatz moderner<br />

Wagen lässt die Wirkung der Bremsen<br />

zu wünschen übrig. Der vom Fahrer aufzuwendende<br />

Pedaldruck ist im Verhältnis zum<br />

erzielten Bremseffekt häufig viel zu hoch. Sa<br />

paradox es auch erscheinen mag, trifft das<br />

doch hauptsächlich seit der Einführung der<br />

Vierradbremsen zu. Wohl lässt sich mit Vierradbremsen<br />

der Bremsweg auf die Hälfte<br />

des Bremsweges von Hinterradbremsen vermindern.<br />

Soll aber eine solche Bremswirkung<br />

erzeugt werden, so muss der aufzuwendende<br />

Pedaldruck nicht nur doppelt so gross, sondern,<br />

wo keine Servoapparate Anwendung<br />

finden, meist noch ganz bedeutend grösser<br />

sein. Das Verhältnis vom «Aufwand» zur<br />

»Wirkung» hat sich also bei der Vierradbremse<br />

ungünstig verschoben, der «Wirkungsgrad<br />

» hat sich verschlechtert.<br />

Sohematischer Aufbau des neuen<br />

Bremssystema<br />

Zu viel Gestänge.<br />

Schuld an dieser Verschlechterung des<br />

Wirkungsgrades ist allgemein die grössere<br />

Kompliziertheit der Vierradbremse. Allein<br />

schon die Zahl der Gelenke und anderer<br />

Reibstellen ist bei ihr verdoppelt. Weiter hat<br />

der Fahrer die Kraft von doppelt so viel<br />

Rückstellfedern zu überwinden als bei der<br />

Zweiradbremse. Was aber ganz besonders<br />

ungünstig ins Gewicht fällt, das ist die Länge<br />

und Vielseitigkeit des notwendigen Gestänges<br />

und die Nachgiebigkeit, die dadurch zustandekommt.<br />

Am ungünstigsten "verhalten<br />

sich in dieser Hinsicht Vierradbremsen, bei<br />

denen alle vier Bremsen gegeneinander ausbalanciert<br />

sind. Die Ausbalancierung erfolgt<br />

hier meist durch Hebel und Torsionswellen.<br />

Gerade diese Elemente sind es jedoch, die<br />

trotz reichlicher Dimensionierung nur allzu<br />

leicht durchfedern.<br />

Nun versucht zwar die Nachgiebigkeit<br />

weder Reibung, noch nimmt sie sonstwie<br />

Kraft weg. Störend tritt sie aber in Erscheinung,<br />

weil sie den Pedal weg unliebsam vergrössert.<br />

Und da man mit dem Pedalweg aus<br />

naheliegenden Gründen nicht über ein gewisses<br />

Maximum herausgehen kann, zwingt sie<br />

\fiYx\\m<br />

den Konstrukteur zur Anwendung eines verhältnismässig<br />

kleinen Hebel-Uebersetzungsverhältnisses<br />

zwischen dem Bremspedal und<br />

den Bremsbacken. Indirekt kommt es also<br />

doch darauf hinaus, dass der Fahrer grössere<br />

Kräfte aufwenden muss, um die erwünschte<br />

Bremswirkung zu erzielen.<br />

Zu wenig abstufbare Bremswirkung.<br />

Man findet heute eine ganze Anzahl Wagen,<br />

bei denen ein Viertel bis ein Drittel des nutzbaren<br />

Pedalweges nur zum Ausgleich der<br />

Gestänge-Elastizität notwendig ist. Rechnet<br />

man noch einen Viertelpedalweg für den Leergang<br />

zur Ueberwindung des Spielraumes<br />

zwischen den Bremsbacken und Bremstrommeln<br />

hinzu, so bleibt schliesslich nur mehr<br />

der halbe Pedalweg oder-noch weniger übrig,<br />

mit dem man wirklich bremsen kann. Dass<br />

dann aber mit diesem kleinen Weg die Abstufbarkeit<br />

der Bremswirkung nur mehr beschränkt<br />

ist, liegt auf der Hand.<br />

Neue Gelenke.<br />

Ein englischer Konstrukteur hat nun auf interessante<br />

Weise versucht, alle die erwähnten<br />

Nachteile des Vierradbrems-Apparates zu<br />

beseitigen. Um die Reibung im Uebertragungsmechanismus<br />

zu verringern, verwendet<br />

er an Stelle von Bolzen- und Zapfengelenken<br />

wo irgend möglich Schneiden- und Pfannenlager.<br />

Bei dieser Verbindungsart wälzen sich<br />

die beweglichen Teile nur mehr aufeinander<br />

ab, eine Gleitarbeit kommt fast vollkommen<br />

in Wegfall. Die neuen Gelenke sind zudem<br />

fast unempfindlich gegen Staub, Schmutz und<br />

Wasser und benötigen praktisch keine<br />

Schmierung. Alle diese Eigenschaften stehen<br />

in schroffem Gegensatz zu denen der bisherigen<br />

Gestänge-Verbindungsarten und Lagerungen.<br />

Neue Bremsnocken.<br />

Entsprechend der Verminderung der Gestängereibung<br />

Hess sich dann auch die Stärke<br />

der Rückstellfedern schon bedeutend vermindern.<br />

Eine weitere Entspannung der Federn<br />

gestattete die neuartige, ebenfalls mit stark<br />

verminderter Reibung wirkende Betätigungsart<br />

der Bremsbacken. Die Bremsbacken werden<br />

nämlich nicht mehr, wie heute meist<br />

üblich, durch eine doppelte Nocke auseinandergespreizt,<br />

sondern durch einen Keil, unter<br />

Vermittlung zweier geschliffener Rollen.<br />

Zugbänder statt Stangen.<br />

Endlich hat der Konstrukteur die Nachgiebigkeit<br />

der Uebertragungsorgane dadurch<br />

fast vollständig zu beseitigen vermocht» dass<br />

er die Kräfte fast ausschliesslich nur durch<br />

Zugelemente übertragen Hess. Auch dort, wo<br />

man bisher immer Querwellen anwandte, benützt<br />

er Zugbänder aus Stahl. Schon gefühlsmässig<br />

kann man leicht abschätzen, dass<br />

die Nachgiebigkeit eines solchen Zugbandes<br />

viel kleiner sein wird als die einer noch so<br />

stark bemessenen Welle. Zur Umleitung einer<br />

Einer der Verteiler, die sowohl zur Winkelübertragung<br />

wie zum Ausgleich der Bremszüge dienen<br />

Längsbewegung in eine Querbewegung dienen<br />

eine Art Winkelhebel, die der Erfinder<br />

«Verteiler» nennt. Sie sind sehr kompakt<br />

und steif ausgeführt und weisen ebenfalls<br />

Schneidenlager auf, können also auch als unnachgiebig<br />

betrachtet werden.<br />

Des neue Bremssystem.<br />

In der beistehenden, dem englischen « Motor»<br />

entnommenen ersten Skizze ist das<br />

ganze Bremssystem schematisch dargestellt.<br />

Das Bremspedal P hat seinen Drehpunkt bei<br />

C. Vj und V 2 sind die Spreizmechanismen<br />

der Vorderradbremsen, H x und H 2 die der<br />

Hinterradbremsbacken. Dv ist der an der<br />

Vorderradachse befestigte, Dh der an der<br />

Hinterachse befestigte «Verteiler». Die<br />

Vorder- und Hinterradbremsen sind gegeneinander<br />

ausbalanciert. Diese Ausbalancierung<br />

kommt dadurch zustande, dass sich die<br />

Zwischenwelle w an ihrem rechten Ende in<br />

einem horizontalen Schlitz frei bewegen kann.<br />

Das linke Ende der Welle ist nach vorn mit<br />

einem Spitzenlager abgestützt. Je nachdem<br />

man nun das untere Ende des Pedals mehr<br />

links oder mehr rechts am Hebel angreifen<br />

lässt, wozu ein Anschlagbolzen entsprechend<br />

des neuen Cord-Automobils mit Vorderradantrieb genügte, um das<br />

Interesse der ganzen Äutomobilwelt zu erwecken.<br />

Die führenden Konstrukteure und die gesamte Fachpresse beurteilen<br />

diese totale Neuerung in bezug auf überraschende Sicherheit<br />

und unerreicht leichte Steuerung in jeder Geschwindigkeit als<br />

grösste Errungenschaft im ÄutomobiL-Bau.<br />

H. Gacwyller, Zürich<br />

Cord-Auburn -Vertretung<br />

Telephon Hottingen 78.75 G31*clgG MÜlllßbcICll<br />

Ecke Mühlebach-Holbeinstr.

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