E_1930_Zeitung_Nr.074
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N» 74 - <strong>1930</strong> AUTOMOBIL-REVUE 15<br />
Notizen<br />
Bussenpraxis im Kanton Zürich. Von den<br />
Bussen, die die Statthalterämter des Kantons<br />
Zürich im vergangenen Jahre verhängt haben,<br />
betrafen, wie aus dem Jahresbericht der<br />
Poilizeidirektion hervorgeht, der grösste Teil<br />
Uebertretungen der Vorschriften für Motorfahrzeuge.<br />
(Von den 3498 im Bezirke Zürich<br />
eingezogenen Bussen zum Beispiel, stammten<br />
nicht weniger als 2264 aus dem Fahrverkehr.)<br />
Es tönt beinahe etwas ironisch, wenn die<br />
Polizeidirektion in ihwwn Berichte vom Verhängen<br />
von Bussen wie von einer ihr höchst<br />
peinlichen Pflicht, von «Bussen ausfällen<br />
müssen» schreibt, wo sich schon manche<br />
Gemeinde aus Strafmandaten ihr Rathaus<br />
gebaut hat. Immerhin muss zugegeben werden,<br />
dass die Polizei — im grossen und gan-<br />
Drittes Zürcher Blumenfest<br />
(30-/31. August.)<br />
In der Gestalt einer schlanken, jugendlichen<br />
Blondine, die am überfüllten Blumenball<br />
ihr entzückendes Biedermeierkleid<br />
mit angeborener Grazie zu tragen<br />
wusste, hat Zürich eine würdige Blumenkönigin<br />
erwählt. Als sie sich dann am<br />
Sonntag auf ihrem kahlen Throne inmitten<br />
all der flammenden Blütenpracht dem<br />
Volke zeigte, dem sie allein die Würde<br />
verdankte, fand man es doch der Mühe<br />
wert, ein wenig Beifall zu spenden. Allerdings<br />
noch immer mit Eeserve — denn<br />
ein Blumenfest, wenn es auch deutlich<br />
alle Spuren einer steil aufwärtsstrebenden<br />
künstlerischen Note aufweist, scheint für<br />
Zürich doch eine «ernste Angelegenheit»<br />
zu sein. Einzig die Sonne lachte, verschwendete<br />
ihre Lichterpracht an die zarten<br />
Wunderschöpfungen der Mutter Erde,<br />
so dass sie noch einmal aufleuchteten,<br />
dankbar ihre Hälschen reckten und nickten<br />
zu den 140 000 Menschenkindern, die<br />
aus Nah und Fern gekommen waren, um<br />
dem dritten Zürcher Blumenfest beizuwohnen.<br />
Dem Preiskollegium musste es<br />
diesmal besonders schwer gefallen sein,<br />
das Urteil zu fällen und — wie es immer<br />
geht — haben sie auch diesmal nicht alle<br />
Meinungen befriedigen können. Der Ge-<br />
zen — sich weit weniger als früher von fiskalischen<br />
Interessen leiten lässt und überstalt<br />
und Farbe sprechen zu lassen und<br />
danke, die Blume möglichst in ihrer Gehaupt<br />
ein faireres und weniger autofeindliches<br />
Vorgehen zeigt. Wir sehen dies schon kung des gewählten Motivs zu verwenden,<br />
sie nur zu wirkungsvoller Ausschrnük-<br />
daraus, dass einige Statthalterämter (wie das hat ganz erfreuliche Bilder gezeigt, die<br />
von Horgen z. B. und das von Meilen) in den Veranstaltern uneingeschränktes Lob<br />
ihren Berichten betonen, dass es in vielen eintragen müssen.<br />
Fällen viel zweckmässiger sei, statt immer Neben den vielen entzückenden Kindergruppen,<br />
die sich unter und mit der Flora<br />
Bussen zu verhängen, die Fahrbewilligung<br />
auf kürzere oder längere Zeit zu entziehen. stets den sichersten Platz zu erobern wissen,<br />
einiger prächtiger Pferdewagen, ei-<br />
Das Statthalteramt Meilen gibt ebenfalls zu,<br />
dass ein nicht unerheblicher Teil der Unglücksfälle<br />
der Sorglosigkeit zuzuschreiben schreitenden Elephant Mandjula vom<br />
ner Reitergruppe und dem würdig daher-<br />
seien, mit der immer noch viele Fussgänger Zürcher Zoo, waren es hauptsächlich Autos,<br />
die sich unter der Last ihrer Blumen-<br />
und auch Velofahrer die Strasse überqueren.<br />
l pracht wohlverdienten Beifall errangen.<br />
Eine einheitliche impressionistische Idee,<br />
«Neues Schauen» (Gruppe A), wurde zur<br />
sinnfälligen Ausgestaltung der von der<br />
Beratungsstelle , angeregten Eichtlinien;<br />
die selbstgewählten Motive (in der grossen<br />
Gruppe B vereinigt) zeigten mit viel<br />
Liebe und erlesenem Geschmack ausgestattete<br />
Fahrzeuge, deren Einzelnennung<br />
den Rahmen dieses Berichtes zu sprengen<br />
droht. Doch soll etwa des «Rosenzaubers»,<br />
der «Fahrt ins Glück», des «Züriböggs»,<br />
des «Schaumweins» und des «Junggesellen-Geburtstagstraums»<br />
(mit ihrer in<br />
Blumen gebetteten süssen Weiblichkeit)<br />
"und noch vieler Blumenpracht nicht vergessen<br />
werden, gleich ob sie ein Hanomag,<br />
Ford oder ein flinker Sechs- oder Achtzylinder<br />
in ungewohnt gedrosselter Fahrt<br />
zu tragen hatte. Selbst den Wagen der<br />
Gesehäftsfirmen (Gruppe C) muss diesmal<br />
einheitlich nachgesagt werden, dass sie<br />
ihre Reklame in sinnfällig-vornehmer Art<br />
dem Festgedanken unterzuordnen wussten<br />
und dazu beitrugen, das Niveau der Veranstaltung<br />
zu heben. Mit einer aus Reifen<br />
gebildeten, mächtigen Schlange, wies<br />
Goodrich auf seine Produkte hin, die<br />
Blumenfirma Sauber warb mit einem<br />
prächtigen «Hahn im Korbe» eindrucksvoll<br />
und bescheiden, das kleine Elmer-<br />
Citro-Flugzeug zeigte «die aufstrebende<br />
Marke», anmutige Beine strampelten aus<br />
einer «Blumen-Fontaine» kräftig für den<br />
Balux-Strumpf und Eglisau führte den<br />
unvermeidlichen «Springenden Hirsch»<br />
vor. Zehntausende Augen verfolgten den<br />
unter einem blasslila Dahliendach daherfahrenden<br />
Chevrolet (Uto-Garage-Automobil<br />
A.-G., Zürich), der lockende Hauptgewinn<br />
der Programmverlosung (Los Nr.<br />
48682!), und die in Linie und Karosserie,<br />
unter prächtig abgestimmten Blumenarrangements<br />
auffallenden drei Opel-<br />
Wagen der Titan A.-G., die den Schluss<br />
des langen Corsos bildeten.<br />
Wenn auch der finanzielle Erfolg des<br />
dritten Blumenfestes nicht ganz dem vorjährigen<br />
entspricht, so war doch sein<br />
künstlerischer Erfolg unbestritten. Die<br />
Erfahrungen der vorhergegangenen Jahre<br />
wurden mit Geschick verwertet und schon<br />
darum wäre eine kräftigere Unterstützung<br />
des Publikums für diese Idee im<br />
weitesten Masse zu wünschen. Dass 60<br />
Extrazüge und ungezählte hundert Autos<br />
am Samstag und Sonntag nach Zürich<br />
strömten, ist gewiss ein erfreuliches Zeichen<br />
für die Werbekraft der Blume, tb.<br />
Aus der Rangliste seien nur hervorgehoben<br />
:<br />
Gruppe A.