E_1931_Zeitung_Nr.105
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N° 105 - <strong>1931</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Verkehr und Strassen im Ausland<br />
London beschränkt den Fuhrwerkverkehr.<br />
' Zur Bewältigung des Verkehrs in der bekannten<br />
Oxfordstrasse im Westen Londons,<br />
eine der verkehrsreichsten Adern des Londoner<br />
Strassennetzes, hat die dortige Verkehrspolizei<br />
eine neue Regelung ausgearbeitet<br />
und vor kurzem in die Praxis umgesetzt.<br />
Dadurch werden an die 20 Querstrassen als<br />
Einbahnstrassen bezeichnet, so dass meistens<br />
nur auf der Hauptverkehrsader ausgefahren,<br />
dagegen nur in wenigen Fällen von Querstrassen<br />
her eingefahren werden darf. Eine<br />
einschneidende Aenderung brachte aber vorab<br />
die Vorschrift, dass Pferdefuhrwerke und<br />
alle andern Fahrzeuge, welche weniger als<br />
8 Meilen pro Stunde zurücklegen, während<br />
den Tagesstunden mit Spitzenverkehr in der<br />
Oxfordstrasse überhaupt nicht mehr verkehren<br />
dürfen. Da sich diese Anordnung bereits<br />
als stark verkehrserleichternd erwiesen hat,<br />
soll sie auch bei der Neuregelung des Verkehrs<br />
in andern Hauptstrassen Anwendung<br />
finden. B.<br />
Die Entwicklung des Omnibusverkehrs in<br />
Amerika spiegelt sich am besten in einigen<br />
Zahlen wieder, die der amerikanischen<br />
Presse entnommen sind. Den Berichten zufolge<br />
dient der Omnibus bereits in 200<br />
Städten als einziges öffentliches Verkehrsmittel.<br />
Im Jahre 1930 nahm die Benützung<br />
der Omnibusse beträchtlich zu und wurden<br />
10 Millionen mehr Passagiere befördert als<br />
im Vorjahre. Bereits bestehen 56 Omnibusgesellschaften,<br />
von denen jede über ein Betriebskapital<br />
von über einer Million Dollar<br />
verfügt. Für den Ausbau von Stationsgebäulichkeiten,<br />
hauptsächlich Endstationen, wurden<br />
1930 insgesamt 13 Millionen Dollar ausgegeben.<br />
Elektrische Ueberlandbahnen haben zur<br />
Ergänzung und Erweiterung ihres Verkehres<br />
bis dato über 12,000 Omnibusse in Dienst genommen.<br />
Auch Eisenbahngesellschaften verfügen<br />
über einen Park von gegen 2000 Omnibussen<br />
und sind als Aktionäre an einer<br />
Reihe von Omnibusunternehmungen interessiert<br />
und beteiligt. In 400 Städten ist bereits<br />
der Omnibus oder der Trolleybus neben die<br />
Strassenbahn getreten und wird mit der Zeit<br />
die erstere vollständig ersetzen. Es werden<br />
täglich rund 1,5 Millionen Schulkinder in<br />
45,000 Omnibussen von der elterlichen Behanwn?<br />
narb der Srhnlp und<br />
befördert In den letzten 5 Jahren haben die<br />
sämtlichen Omnibusgesellschaften an die 110<br />
Millionen Dollar an Steuern an den Staat abgeliefert,<br />
der seinerseits die Mittel grösstenteils<br />
zur Finanzierung des Strassenbaues verwendete.<br />
Trotz des beträchtlichen Verkehrs sind<br />
Unfälle verhältnismässig selten. Erst auf je<br />
75,000 transportierte Personen fällt ein verletzter<br />
Passagier, wobei auch die unbedeutendsten<br />
Verletzungen bei der Berechnung<br />
in Berücksichtigung gezogen worden sind.<br />
B.<br />
Bedeutende französische Kredite für den<br />
Stcassenbau. Die französische Deputiertenkammer<br />
behandelte kürzlich den von Tardieu<br />
eingebrachten Gesetzesentwurf über den<br />
wirtschaftlichen Aufbau des Landes (loi sur<br />
l'oiitillage national). Vergangene Woche<br />
wurde der Abschnitt «Strassen» behandelt,<br />
wobei folgende Kredite in Aussicht genommen<br />
wurden: 480 Millionen für den Ausbau<br />
des nationalen Strassennetzes samt dazu gehörigen<br />
Radfahrwegen. Der Kredit wurde<br />
nach -kurzer. Diskussion mit grosser Mehrheit<br />
bewilligt. B.<br />
Mehreinnahmen des tschechoslowakischen<br />
Strassenfonds. Der in der Tschechoslowakei<br />
nach dem Muster anderer Länder geschaffene<br />
Fonds für Strassenbauten hat während<br />
der abgelaufenen 9 Monate <strong>1931</strong> eine Oesamteinnahme<br />
von über 140 Mill. Tschechokronen<br />
zu verzeichnen und steht damit um<br />
nahezu 39 Mill. höher als in dem gleichen<br />
Zeitraum des Vorjahres. Der grössere Teil<br />
dieser Mehreinnahmen ist auf die Verbrauchssteuer<br />
für Mineralöle zurückzuführen.<br />
H.B.<br />
Stahlpflasterung in Prag. Auf Ersuchen<br />
einer dortigen Brückenbaufirma hat das<br />
technische Präsidium der Stadtverwaltung<br />
von Prag diesem Unternehmen eine beschränkte<br />
Strassenfläche vor dem Masarvk<br />
bahnhof, also an einer stark frequentierten<br />
Stelle, zur versuchsweisen Durchführung<br />
einer Stahlpflasterung zur Verfügung gestellt<br />
Die Pflasterung wird mit Stahlpanzerplatten<br />
auf Betonunterlage ausgeführt werden. Die<br />
betreffende Firma hat sich verpflichtet,<br />
die Arbeiten auf eigene Kosten zu besorgen,<br />
und, falls sich die neue Pflasteningsart<br />
nicht bewähren sollte» die Strasse wieder in<br />
ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.<br />
Ausserdem übernimmt sie die Versicherung<br />
aller eventuellen Schäden und Unfälle, die<br />
durch die neue Pflasterung verursacht werden<br />
sollten.<br />
Bi.<br />
Die Glasstrasse im Betrieb. Die im Frühjahr<br />
auf der Strecke Nitra-Leutschau (Levoca)<br />
begonnene Glasstrasse, die erste dieser<br />
Art in der Tschechoslowakei, ist vor einiger<br />
Zeit beendet worden. Bei deren Bau wurde<br />
zum erstenmal das sogenannte Silberbyt, eine<br />
slowakische Erfindung, verwendet, das ein<br />
Gemisch aus Zement und Glasstaub darstellt.<br />
Die Strasse ist bereits seit einigen Monaten<br />
in einzelnen Abschnitten befahren worden.<br />
Nach den bisherigen Erfahrungen scheint sie<br />
sich zu bewähren, indem sie, besonders in<br />
den Sommermonaten, grössere Dauerhaftigkeit<br />
als andere Belagsarten gezeigt haben<br />
soll.<br />
Bi.<br />
des der Strassen garantieren, so werden<br />
Strassenpflaster aus Kautschuk. Die niederländisch-englische<br />
Petroleumgesellschaft<br />
morgen — nach der erfolgten Zerstörung der<br />
Strassen — um der gesamten Wirtschaft<br />
soll ein Verfahren gefunden haben, nach welchem<br />
Strassen mit einer Mischung von Kautschuk<br />
und Asphalt gepflastert werden können.<br />
Diese Methode soll sich bereits so gut<br />
bewährt haben, dass sich die Gesellschaft<br />
mit erheblichen GummimenKen eingedeckt<br />
hat. Da alle Versuche, dem notleidenden<br />
Kautschuk auf diesem Wege einen neuen Absatzmarkt<br />
zu eröffnen, bis heute fehlgeschlagen<br />
haben, misst man dem Verfahren erosse<br />
Bedeutung bei.<br />
Wy.<br />
Strassen in Not. In einer Resolution, welche<br />
die Vertreter der Unternehmer- und Arbeiterorganisationen<br />
des deutschen Strassenbaugewerbes<br />
fassten, wird u. a, folgendes<br />
ausgeführt : « Blieb der Strassenbau schon in<br />
den Jahren des wirtschaftlichen Gleichgewichts<br />
weit hinter den Anforderungen des<br />
Kraftwagenverkehrs zurück, so wirkt sich<br />
jetzt die Finanz- und Wirtschaftskrise für<br />
den Strassenbau zur völligen Katastrophe<br />
aus. Schon seit zwei Jahren sind die Strassenbaubetriebe<br />
und deren Arbeiter nur zu 50<br />
Prozent beschäftigt gewesen. Jetzt, wo die<br />
Krise ihrem Gipfel zustrebt, liegen 80 Prozent<br />
der Strassenbaubetriebe völlig still.<br />
Nicht nur für die betroffenen Unternehmer<br />
und Arbeiter bringt diese Drosselung des<br />
Strassenbaues, die mit einem völligen Abstoppen<br />
jeder Tätigkeit gleichzusetzen ist,<br />
die grössten Nachteile und Nöte, sondern in<br />
nobh grösserem Masse erleidet dadurch die<br />
gesamte Wirtschaft ungeheure Verluste.<br />
Hunderte von Millionen Rm. wurden seit<br />
dem 'Jahre 1924 für die Verbesserung der<br />
durch Krieg und Inflation völlig zerstörten<br />
deutschen Strassen ausgegeben. Man schätzt,<br />
dass seit der Inflation 4 Milliarden Rm. in<br />
deutschen Strassen investiert sind. Diese<br />
Werte müssen erhalten bleiben.<br />
Durch die Drosselung des Strassenbaugewerbes<br />
aber besteht die riesige Gefahr, dass<br />
mangels Pflege und Unterhaltung der im letzten<br />
Jahrzehnt gebauten Strassen, diese durch<br />
den unverminderten Kraftwagenverkehr völlig<br />
zerstört v/erden. Auch in Notzeiten dürfen<br />
Strassen — die Instrumente des Verkehrs<br />
— in ihrem Bestand nicht vernachlässigt<br />
werden. Die Folge dieser gewaltsamen Eingriffe<br />
in den Strassenbau ist, dass die Unterlassungen<br />
von heute, morgen in doppelter<br />
und dreifacher Höhe bezahlt werden müssen.<br />
Wenn die geringen Mittel nicht aufgebracht<br />
werden, die heute die Sicherung des Bestan-<br />
willen doppelt und dreifach höhere Summen<br />
ausgegeben werden müssen, um das Zerstörte<br />
wieder herzustellen.<br />
Zehntausendc von Arbeitskräften können<br />
zur Bewältigung der Aufgaben des deutschen<br />
Strassenbaues Arbeit erhalten. Das Gutachten<br />
der Brauns-Kommission wies mit Nachdruck<br />
auf die Unterbringung eines grossen<br />
Teiles der Arbeitslosen im Strassenbau hin.<br />
Jetzt aber steht das Strassenbaugewerbe vor<br />
dem völligen Zusammenbruch. Mittel und<br />
Wege sind genug gewiesen worden, den seit<br />
zwei Jahren dahinvegetierenden Strassenbau<br />
zu heben. Die Erträgnisse der Kraftfahrzeug-,<br />
und Betriebsstoffsteuern sind vor allen Dingen<br />
in grösserem Masse den Zwecken des<br />
Strassenbaues zuzuführen. Trotz der entgegenstehenden<br />
Schwierigkeiten muss die einheitliche<br />
Aufnahme grosser Strassenbauanleihen.<br />
die durch Teile des Ertrages der Kraftfahrzeuß'Steuer<br />
zu verzinsen und zu amortisieren<br />
sind, angestrebt werden. Die Verwendung<br />
heimischer Baustoffe muss in diesen<br />
Notzeiten das Gegebene sein.»<br />
Verantwortliche Redaktion<br />
Dr. A. BOch!<br />
W. Mafhys. — H. Labhart.<br />
Telephon der Redaktion: Bollwerk 39.84 ("Hallwag),<br />
Ausserhalb der Geschäftszeit- Bollwerk 32.95.<br />
Redaktion für die Ostschweiz: Dr. A. Büchi.<br />
— Sprechstunden nach Verein harune mit der Geschäftsstelle<br />
Zürich (Löwenstr 51. Telephon 39.743).<br />
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