E_1935_Zeitung_Nr.028
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9<br />
ohne Vorkommen/.<br />
Luftspeicher<br />
mit ' — - ^<br />
fahrzeuadiesel<br />
Hl<br />
id. Dieselmotor<br />
Die Ecke III des Oberflächenverbrennungsmotors<br />
ist, wie gesagt, noch unerforscht.<br />
Und wir sehen an unserer Uebersicht, dass<br />
auch noch ein weites Gebiet zwischen Otto«<br />
und Dieselverbrennung mit verschiedenen<br />
Graden der Zerklüftung als unerforscht sich<br />
darstellt.<br />
Dies alles mag zunächst als blasse Theorie<br />
erscheinen, obwohl es der technischen<br />
Phantasie nicht schwer fallen dürfte, sich in<br />
der geschilderten Weise eine Art Heissluftmotor<br />
vorzustellen, bei welchem der Arbeitskolben<br />
die Verbrennungsluft durch Verdrängen<br />
in eine Art Oberflächenverbrennungsteil<br />
gleichsam energetisch auflädt.<br />
Wie aber aus der Theorie experimentell<br />
nachprüfbare Möglichkeiten entstehen, mögen<br />
die nächsten Bilder veranschaulichen.<br />
Abb. 3.<br />
Holzkohlenversuch im Vorkammerdiesel. ><br />
Vorstehendes Bild zeigt schematisch einen<br />
Versuch, den ich schon vor Jahren veröffentlicht<br />
habe und der leicht nachzuarbeiten<br />
ist: Bei einem Vorkammerdieselmotor wird<br />
die Brennstoffzufuhr abgestellt und die Vorkammer<br />
mit einigen Stücken Holzkohle angefüllt<br />
Betreibt man einen solchen Motor<br />
durch einen Elektromotor mit zwischengeschalteten<br />
Amperemeter,, dann nimmt nach<br />
.erreichtem Beharrungszustand der.Motor als<br />
Leerlaufarbeit eine bestimmte Anzahl Amperes<br />
auf. Diese Leerlauf arbeit dient u.. a.<br />
dazu, bei jedem Verdichtungshub die Luftr<br />
ladung auf Rotglut zu erhitzen und anteilig<br />
durch die Brenneröffnungen in die Vorkammer<br />
hineinzupressen.<br />
Rotglühende Luft und Holzkohle unter<br />
hohem Druck reagieren miteinander sehr<br />
rasch unter 'Bildung von Kohlensäure, Kohlenoxyd<br />
und Wärme. Die Wärme veranksst<br />
eine Drucksteigerung in der Vorkammer,<br />
welche — zumal der Arbeitskolben jenseits<br />
des Brenners schon wieder auszuweichen beginnt<br />
— das entstandene Generatorgas durch<br />
die Brenneröffnungen in die Luftladung hinauswirft<br />
und dort arbeitsleistend verbrennen<br />
lässt.<br />
Praktisch zeigt sich dies dadurch, dass<br />
das Amperemeter von der Leerlaufleistung<br />
zurückgeht und schliesslich sogar eine Arbeitsleistung<br />
des Motors anzeigt. Natürlich<br />
ist diese Arbeitsleistung von kurzer Dauer,<br />
weil sehr bald die Holzkohlenfüllung verbraucht<br />
ist.<br />
tur und dieser ist sein eigener; seine Meter<br />
sind hundertzwei Zentimeter lang'.»<br />
«Martin, es ist kein Wunder, dass sie so<br />
klug sind, wenn Sie doch einen Vater hatten,<br />
der solches sagen konnte.»<br />
«Und dabei war mein Vater niemals mehr<br />
für meinen Onkel als ein halb rührseliger<br />
Poet von einem Universitätsprofessor. Er war<br />
zu zart, als dass mein Onkel ihn hätte verstehen<br />
können.»<br />
«Wie Sie, Martin!»<br />
«Oh Gott, nein. Ich bin gegen ihn ein Dickhäuter<br />
und hartherzig. Ich werde nicht zerquetscht<br />
werden. Schmeissen Sie mich bei<br />
einer Tür hinaus, ich komme zur andern<br />
wieder herein. Ich wünsche mir einen redaktionellen<br />
Posten an einem Innesbrook-BIatt.<br />
Zum Teufel, den verlange ich. Aus bestimmten<br />
Gründen. Aus ganz persönlichen, intimen<br />
Gründen. Können Sie das verstehen, Orchid?»<br />
«Martin — wie kann ich?»<br />
Und dann errötete Martin und wich vom<br />
Thema ab. , > •<br />
«Nur seine Hartnäckigkeit ärgert mich so<br />
sehr, die Hartnäckigkeit, mit der der alte<br />
Mann behauptet, dass ich'das Recht, an ;<br />
einer »Innesbrook-<strong>Zeitung</strong> zu arbeiten, erst.<br />
erwerben müsse. Oh, dabei habe ich Leitartikel<br />
geschrieben, die genug Aufmerksamkeit<br />
erregten, dass sich Herausgeber ein<br />
bisschen um meine Dienste bewerben könnten.<br />
Es gibt Dutzende Leute bei seinen <strong>Zeitung</strong>en<br />
im ganzen Land, die dieses Recht<br />
nicht so sehr erworben haben wie ich, was<br />
immer dies auch hiesse.»<br />
Grundsätzlich zeigt uns aber dieser kindlich<br />
einfache Versuch zweierlei:<br />
1. Ist es möglich, durch oberflächengebundene<br />
chemische Vergasungs- oder Verbrennungsreaktion<br />
eine .motorische Leistung zu<br />
erreichen, — wie unvollkommen die Verwirklichung<br />
dieses Ziels in dem beschriebenen<br />
Versuch auch sei.<br />
2. Ist es möglich, statt wie beim Dieselverfahren<br />
bemessene Brennstoffmerigen in<br />
einem Ueberschuss von Luft zu verbrennen,<br />
oder wie beim Ottoverfahren Brennstoff<br />
und Luft in vorbestimmtem Verhältnis<br />
miteinander zur Reaktion zu bringen, —<br />
einen Ueberschuss von Brennstoff in<br />
durch das Raumverhältnis zwischen Verbrennungsraum<br />
und Vorkammer, sowie die<br />
Brennerbeschaffenheit bestimmten Mengenverhältnis<br />
zu Luft durch oberflächengebundene<br />
Vergasung und Verbrennung<br />
motorisch zu verbrennen. Insofern zeigt<br />
der Versuch also auch eine Abart von motorischer<br />
Oberflächenverbrennung.<br />
Hiernach erscheint die Verwirklichung<br />
reiner Oberflächenverbrennung geraäss<br />
nachstehender Abbildung<br />
Abb. 4.<br />
Oberflächenverbrennung in der Vorkammer.<br />
•<br />
Glühkopfmotor<br />
Kohlenstaubdiesel<br />
m<br />
DREIECK DER MOTORISCHEN VERBRENNUNG id. Dieselmobr 03SJ<br />
iolzkohle<br />
I<br />
id. Ottomotor<br />
«Trotzdem Martin, und das sollen Sie nicht<br />
vergessen, sieht Ihr Onkel Max Ihre Leit-^<br />
artikel in den Samstagnummern des «Express.»<br />
«Schön; wenn er das tut, dann hält er<br />
verwünscht gut den Mund darüber und ich<br />
bin sicher nicht derjenige, def seine Aufmerksamkeit<br />
darauf lenken wird. Ich weiss,<br />
meine Tante und die Mädchen machen ihn auf<br />
sie aufmerksam, aber was habe ich schon<br />
von dem, was mein Onkel zu ihnen sagt.<br />
Wissen Sie, ich glaube, ich bin ein Idiot,<br />
dass ich zu den Weekends immer hinausfahre.<br />
Ich sollte eher in der Stadt' bleiben,<br />
und die Sonntage mit Ihnen verbummeln,<br />
Orchid.»<br />
«Aber es ist doch wichtig, Martin, dass<br />
Sie die Verbindung, aufrechterhalten.» ,<br />
«Was hat das für einen Sinn, auf Tnnesbrookam<br />
Hudson zu Gast zu sein, wenn ich<br />
meinen Onkel niemals unter vier Augen<br />
sprechen kann? Hängende Gärten, italienisches<br />
Rokoko, Sommersitz; lauter Zeug, das<br />
nicht einmal den Dollar und die vierzehn<br />
Cent, die Kosten der Bahnkarte, wert ist.<br />
Ich habe es satt, dem alten Herrn in seiner<br />
Turnhalle jedesmal, wenn ich ein paar Minuten<br />
ernsthaft mit ihm sprechen will, um den<br />
Bart zu streichen.»<br />
«Aber Martin, ein Mann, der, wie er, das<br />
erreicht hat: es ist doch gewissermassen<br />
etwas wie allgemeine Ausbildung, mit ihm zu<br />
verkehren. Schliesslich und endlich ist er<br />
Max Innesbrook, das wissen Sie doch!»<br />
«Ja, ja. Zum Teufel, ich wünsch' mir das,<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> — 28<br />
ßtwntftff<br />
auch nicht mehr undenkbar, obwohl, wie<br />
ausdrücklich erwähnt sei, dieser Versuch<br />
noch nicht ausgeführt worden ist. Man denke<br />
sich die Vorkammer mit irgendwelchen Füjl-r<br />
körpern angefüllt, welche übrigens natürlich<br />
auch nach ihrer katalytischen Wirkung und<br />
ihren Wärmeigenschäften ausgesucht, nach<br />
der gewünschten Oberflächenentwicklung.<br />
Wirbelung und Wärmeübertragung geformt<br />
sein können. Am einen Ende der Vorkammer<br />
tritt der Brennstoff ein. Zu den Brennerlöchern<br />
dringt pulsierend glühende Luft ein.<br />
Was wird geschehen?<br />
Offenbar wird die glühende Luft, sobald sie<br />
die ersten brennstoffbenetzten Füllkörper erreicht,<br />
im Wege der Vorverbrennung ein verbrennliches<br />
Gemisch herstellen. Diese Reaktion<br />
geht unter Wärmeentwicklung vor sich.<br />
Das verbrennliche Gemisch wird in den Hauptverbrennungsraum<br />
geschleudert und dort arbeitsleistend<br />
verbrannt.<br />
Unwillkürlich wird man bei einer solchen<br />
Arbeitsweise befürchten, dass bei den meisten<br />
Brennstoffen die Füllkörper sich sehr<br />
bald voll Koks setzen und der Versuch ein<br />
Ende haben wird. Möglich, dass man diese<br />
Schwierigkeit nicht überwinden kann. Notwendig<br />
scheint sie mir in keiner Weise zu<br />
sein, weil eine derartige-Vorkammer ja eine*<br />
pulsierende Verbrennung im Gegenstrom darstellen<br />
würde. Wenn sich an irgendeiner<br />
Stelle Koks bildet, so wird dieser Koki zeitweilig<br />
von einem Ueberschuss glühenden<br />
Luftsauerstoffs erreicht. Es sollte also durch<br />
geeignete Massnahmen möglich sein, nicht<br />
nur die Füllkörper bei gutwilligen Brennstoffen<br />
koksfrei zu erhalten, sondern umgekehrt<br />
sogar gerade zur Koksbildung neigende<br />
schmutzige Brennstoffe, soweit sie<br />
nicht aschehaltig sind, gut zu verbrennen.<br />
Sollte eine solche Arbeitsweise der motorischen<br />
Verbrennung sich erfolgreich verwirklichen<br />
lassen, würde sie eine grosse<br />
Vereinfachung des Motors bedeuten. Die<br />
Oberflächenentwicklung der Füllkörper ersetzt<br />
die Düse mit ihren Schwierigkeiten.<br />
Der Einspritzzeitpunkt verliert seine Bedeutung.<br />
Die Aehnlichkeit mit dem Heissluftmotor,<br />
welche bereits erwähnt wurde, nimmt<br />
gewaltig zu.<br />
Ich bin mit der technischen Phantasie<br />
noch einen Schritt weiter gegangen und habe<br />
mir einen Motor ausgedacht, weichet in<br />
gleicher Weise sogar unzerstäubte Kohle<br />
motorisch verbrennt. Natürlich wird es -nicht,<br />
einfach sein, die Frage der gasdichten Einführung<br />
der Kohle und der gasdichten Abführung<br />
der Asche zu lösen, —ganz abgesehen<br />
von den Fragen der .Regelung. Aber<br />
grundsätzlich muss der Plan ausführbar sein,<br />
ganz besonders, Wenn Sie sich daran entsinnen,<br />
dass nach Pawlikowski der Kohlenstaubdiesel<br />
nicht geht; wenn man den Kohlenstaub<br />
in die glühende Luft einpustet, —<br />
wohl aber dann in Bezug auf die motorische<br />
Verbrennung gar keine Schwierigkeiten<br />
macht, wenn man den Kohlenstaub schon<br />
während des Saughubes in eine Beikammer<br />
einlagert. Es ist das ganz ähnlich, wie die<br />
Voreinlagerung des Brennstoffes im Glühkopfmotor<br />
oder die sehr grosse Voreinspritzung<br />
des Brennstoffes in manchen neuzeitlichen<br />
Fahrzeugdieselmotoren.<br />
Um endlich die Dinge auf die Spitze zu<br />
treiben, kann ich mir auch noch einen Motor<br />
für schwer verbrennliche Brennstoffe, etwa<br />
Steinkohlenöl, denken, bei dem der Vorkammer<br />
kleine Mengen Säuerstoff zugeführt<br />
werden. Sauerstoff macht, ganz einfach ausgedrückt,<br />
den Verbrennungsvorgang ungemein<br />
lebhaft, wie die Erinnerung an den<br />
Schulversuch mit dem glimmenden Holzspan<br />
veranschaulicht. Die Schwierigkeiten,<br />
welche Steinkohlenöl in empfindlichen Dieselmotoren<br />
macht, bestehen ja nur in seiner<br />
chemischen Trägheit, in seiner «Feuerfestigkeit»,<br />
welche darauf beruht, dass es bei<br />
seiner Herstellung mit glühendem Koks in<br />
Berührung gewesen ist» Wenn es gelingen<br />
sollte, kleine- Sauerstoffmengen gefahrlos der<br />
Vorkammern zuzuführen, dann kann es für die<br />
motorische Verbrennung schwer verbrennlichen<br />
Brennstoff kaum mehr geben. Es ist<br />
ja bekannt, dass schon die geringe Temperatur-<br />
und Druckerhöhung, welche etwa ein<br />
Zusatz von Aethylnitrat oder ähnlichen<br />
Stoffen, oder auch von Zündöltropfen durch<br />
Vor Verbrennung* bewirkt, praktisch die träge<br />
Verbrennung von Steinkohlenöl vollkommen<br />
ausreichend anzuregen vermag. Von Sauerstoff<br />
wird man selbst bei Anwendung sehr<br />
kleiner 'Mengen erheblich stärkere Wirkungen<br />
erwarten dürfen und also die Hoffnung<br />
haben können, das Verdichtungsverhältnis<br />
der Dieselmotoren selbst für Steinkohlenöli<br />
betrieb stark herabzusetzen.<br />
; (Fortsetzung folgt.)<br />
was ich mir wünsche, so leidenschaftlich.<br />
Und er hat erreicht, was ich mir wünsche.<br />
Wenngleich 'ich es mir anders wünsche. Sein<br />
lErfölg bedeutet für ihn gerade nur Reichtum<br />
und Mächt- Im Getümmel des Gefechtes hat<br />
er die Sicht auf das Ideal verloren, das hinter<br />
dem Kampf' schwebt.»<br />
«Lieber, lieber- Martin, Sie dürfen das<br />
nicht!»<br />
«Journalismus bedeutet für ihn bloss das<br />
glänzende Mittel zu einem glänzenden<br />
Zweck. Macht. Geld. Stellung. Ich aber will<br />
Erfolg im Journalismus, weil ich weiss, dass<br />
er die stärkste Macht unserer Zivilisation<br />
im Kampfe für das Gute und im Dienste der<br />
Oeffentlichkeit ist. Ich glaube, nicht daran,<br />
dass die Zivilisation ihren Journalismus<br />
formt. Ich glaube vielmehr, dass der, Journalismus<br />
viel dazu beitragen kann, die Zivilisation,<br />
die er vermittelt,, zu bestimmen.»<br />
Stürmender junger 'Martin mit seinem<br />
flammenden Angriff, hier über dem Kerzenlicht<br />
...<br />
«Ja, Martin, ja!» Die süsse empfängliche<br />
Ergebung Orchids, die sein brennendes junges<br />
Ich erglühen machte.<br />
«Ich will eines Tages eine Gruppe von <strong>Zeitung</strong>en<br />
besitzen, die erziehen und nicht besänftigen<br />
sollen. Dem Bösen sich entgegensetzen,<br />
kein Kompromiss mit ihm schliessen,<br />
noch es •unterstützen und ihm Vorschub leisten.<br />
Ich will die Leser erziehen, statt sie mit<br />
dem Unsinn, nach dem sie verlangen, vollzustopfen.<br />
Viel vom heutigen Journalismus bedeutet<br />
dasselbe, wie Babys mit Bananen izu<br />
Die autofreundliche Schweiz<br />
Fortsetzung von Seite 1.<br />
Die Kantonspolizei wird überall ihre fliegenden<br />
Kontrollen stark vermehren. Immerhin<br />
soll sich die Tätigkeit dieser Kontrollen<br />
nicht mehr auf eine summarische Ueberprüfung<br />
des Wagens und der Ausweise beschränken,<br />
sondern sie soll insbesondere die Jagd<br />
nach unanständigen Fahrern machen. Für die<br />
Strafpraxis soll der Leitsatz massgebend sein,<br />
dass bestraft wird, wer durch sein Verhalten<br />
die Möglichkeit eines Unfalles geschaffen hat.<br />
Wer also beispielsweise in einer Kurve vorfährt,<br />
soll bestraft werden, wie wenn er<br />
einen Zusammenstoss verursacht hätte. Allerdings<br />
sind noch Widerstände gegen dieses<br />
Vorgehen zu gewärtigen, und zwar aus fiskalischen<br />
Ueberlegungen. Es wird befürchtet,<br />
dass die sofort einsetzende, radikale Besserung<br />
der Strassendisziplin den Fiskus um<br />
wertvolle Busseneinnahmen bringen werde.<br />
Bei allen neuen Wagen soll in Zukunft das<br />
folgende Besteuerungsprinzip zur Anwendung<br />
kommen: Im gleichen Prozentsatz, mit welchem<br />
schweizerische Arbeit am Bau des Wagens<br />
beteiligt ist, soll demselben während 3<br />
Jahren die Steuer ermässigt werden. Bedauerlicherweise<br />
ist auch hier ein Gegenangriff<br />
im Gange, indem Herr Prof. Laur für jede<br />
Kuh, die nachweisbar in der Schweiz aufgezogen<br />
worden ist, einen Milchpreiszuschlag<br />
von einem Rappen pro Liter und geworfenes<br />
Kalb verlangt. Die Staffelung hat ihren Grund<br />
in der Tatsache, dass die altern Kühe weniger<br />
rentabel sind, weil sie weniger Milch geben.<br />
Auch verdienen sie mehr Respekt. Es ist zu<br />
befürchten, dass der hohe Bundesrat vor den<br />
finanziellen Folgen der Gegeninitiative zurückschrecken<br />
wird, und damit auch die Vergünstigung<br />
für die Autos unter den Tisch<br />
wischen muss.<br />
*<br />
Angesichts solch allseitigen Entgegenkommens<br />
haben nun die grossen Automobilverbände<br />
durch einstimmig gutgeheissene Beschlüsse<br />
ihren Mitgliedern eine Reihe von Aufgaben<br />
zur Ehrenpflicht gemacht:<br />
Jeder Automobilist soll mindestens einmal<br />
im Jahre mit seiner ganzen Familie einen<br />
Ausflug per Bahn machen.<br />
Auf der Strasse befleissige sich jeder grösster<br />
Höflichkeit und Zuvorkommenheit. Insbesondere<br />
sind Barrierenwärter durch Zigarren<br />
und ähnliche kleine Gaben zu ermuntern, sobald<br />
sie. die Barrieren hoch gezogen haben.<br />
Vorfahrenden Wagen sind Kusshände nachzuwerfen.<br />
Aehnlich sind korrektfahrende Velofahrer<br />
zu belohnen. Bei Kreuzungen auf<br />
schmalen Strassen haben beide Wagen anzuhalten.<br />
Der Inhaber des stärkeren Wagens<br />
gibt hierauf dem andern ein freundliches<br />
Zeichen zum Vortritt.<br />
Parkieren in Kurven soll von nun an vermieden<br />
werden, da kein Recht besteht, andere<br />
zu ärgern und in Gefahr zu bringen.<br />
Ueber das Tram soll nicht mehr gelästert<br />
werden. Es ist ohnehin zu hoffen, dass es<br />
bald nur noch im Museum zu finden sein wird.<br />
Bei eventuell noch vorkommenden Bussenverfügungen<br />
ist jeweilen ein Dankesbrief an<br />
die ausfällende Behörde zu richten, nebst<br />
einer kleinen Anerkennung für den pflichtbewussten<br />
Beamten.<br />
Garagisten und besonders Autohändlern ist<br />
mit vollem Vertrauen zu begegnen. Rechnungen<br />
sollen gleichen Tages beglichen werden.<br />
Und schliesslich ist Autogegnern durch<br />
Beiträge die Anschaffung eines Wagens zu<br />
ermöglichen, worauf sie Freunde werden.<br />
füttern. Man gibt den Leuten, was sie verlangen,<br />
ob es gut für sie ist oder nicht. Die<br />
Hauptsache ist, dass es sich lohnt. Ich sage<br />
Ihnen, Orchid, die Presse ist das grossartigste<br />
Instrument für Gut und Böse in der<br />
Weltgeschichte. Sie ist das flammende<br />
^Schwert der Zivilisation.<br />
«Und Sie werden es tragen, Martin. Sie<br />
müssen es tragen.»<br />
«Orchid, wenn Sie so reden, glaube ich,<br />
Ich — könnte Staaten zum Erschüttern bringen.<br />
Ich sage Ihnen, eines Tages wird der<br />
Journalismus von meiner Existenz wissen,<br />
auch wenn ich dadurch, dass ich der Neffe<br />
eines grossen Mannes bin, benachteiligt erscheine.»<br />
«Bestimmt, Martin, wird er es. Sie sind<br />
mehr als nur ein Anwärter. Sie sind ein —<br />
ein — Ritter!»<br />
«Sie Liebe!»<br />
Es war das erstemal, dass nach diesem<br />
Ausbruche Martins ein Moment erschreckten,<br />
ungeschickten und hingerissenen Schweigens<br />
entstand.<br />
Orchid begann in der Branche Aufsehen<br />
zu erregen. Ein Importeur aus der West<br />
Thirty-fourth Street hatte eine seiner Abteilungsleiterinnen<br />
in den Französischen<br />
Saal des Titanic geschickt, damit sie dort<br />
scheinbar als Käuferin, tatsächlich aber in<br />
geheimer Mission, einen Blick auf jenes<br />
ägyptisch aussehende Mädchen werfe, von<br />
dem man sagte, dass es die Kleider mit ungewöhnlichem<br />
Erfolg trage.<br />
(Fortsetzung im «Autler-Feierabend»J