E_1936_Zeitung_Nr.032
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in. Blatt<br />
Automobil-Revue<br />
Nr. 32<br />
BERN, 17. April <strong>1936</strong><br />
Kleines<br />
Modebrevier<br />
für die Dame am Volant<br />
-nn. Zugegeben, je älter der Führerschein ist,<br />
den die Handtasche der Dame birgt, um so weniger<br />
lüstet es sie, die Umwelt durch einen besonders<br />
pikant ausgedachten Autodress von ihren<br />
diesbezüglichen Fähigkeiten in Kenntnis zu setzen.<br />
Wie gerne lässt sie bei kleinen Vergnügungsfahrten<br />
den ledernen Mantel zu Hause parkieren;<br />
schliesslich und endlich ist man kein «Autosäugling»<br />
mehr, und es tut einem gar nicht mehr so<br />
schrecklich wohl, seine Mitmenschen mit einer kleinen<br />
Extravaganz zu bluffen.<br />
Das will selbstverständlich nicht heissen, die oftmals<br />
sehr klug ausgedachten Neuheiten für die<br />
Dame am Volant verdienten es allesamt, links liegen<br />
gelassen zu werden. Im Gegenteil. Es gibt<br />
darunter Verschiedenes, was seinen sehr nützlichen<br />
Zweck erfüllt und sportlich wirkt, ohne irgendwie<br />
eine Maskerade vorzustellen. Für Touren im grössern<br />
Stil und in offenem Wagen wird man kaum<br />
darum herumkommen, eine lederne, leinene oder<br />
seidene Helmkappe mitzuführen. Eine Weile mag<br />
es hübsch sein, den Wind in den Locken herum»<br />
tollen zu lassen, auf die Dauer jedoch kann es<br />
einem denn doch zu bunt werden. Die lang geschnittene<br />
Rückenfront solcher Kappen hat zudem<br />
den Vorteil, empfindliche Nackenpartien vor Zugluft<br />
zu schützen. Eine der jüngsten Erfindungen<br />
auf diesem Gebiet ist das Helmvisier aus durchscheinendem<br />
Mikamaterial. Ueber den Kopf gestülpt,<br />
bändigt es das Haar und erspart die nicht<br />
immer ästhetisch wirkende Autobrille. Auf Ueberlandreisen<br />
ist auch Lederkleidung durchaus am<br />
Platz. Es gibt jetzt herrliche, weiche Nappa-Jacken<br />
und -Mäntel in freundlich hellen Farbnüancen; sind<br />
sie staubbeschrnutzt, dann genügt es, sie einer einfachen<br />
Wasserbehandlung zu unterziehen, um ihr<br />
Aussehen wieder erfreulich zu wandeln.<br />
Auf Grund unliebsamer Erfahrungen vielleicht<br />
hat die Dame bestimmt schon lange heraus, dass<br />
es sich besser steuern lässt mit dem auf halbhohem<br />
oder niederm Absatz stehenden Schuh als mit den<br />
koketten Modellen mit Louis XV-Absatz. Der Fuss<br />
steht sicher, und die Gefahr des seitlichen Abrutschens<br />
ist geringer. Recht praktisch sind Schoner,<br />
die das hässliche Durchscheuern der Kappen und<br />
Absätze beim Steuern abfangen. Es handelt sich<br />
hierbei um Lederkappen in der Farbe und im Material<br />
des Schuhwerks; sie werden ganz einfach<br />
hinten in den Schuhrand eingehackt. Gute Erfahrungen<br />
hat man auch mit dem Krummfingerhandschuh<br />
gemacht. Er klemmt nicht wie der Handschuh<br />
mit den geraden Fingern und verursacht darum<br />
keine Blutstauungen.<br />
• - ;Es ist momentan Trumpf,seinen Wagen so.sachlich<br />
wie möglich auszustatten. Ueber Mascotten<br />
und Blumenflor wird von der jungen Geheration<br />
Im geschlossenen Wagen hat man sich natürlich<br />
keineswegs an Modevorschriften zu halten. gekichert;, für sie sind solche Dinge<br />
Eines aber ist sicher: wer das Volant manövriert,<br />
den kleidet sportlicher Stil besser als das noch so<br />
entzückend zusammengestellte Phantasiegenre.<br />
Mangel an Ideen für sportliche Anzüge kann man<br />
der derzeitigen Mode wahrhaftig nicht zum Vorwurf<br />
machen, angesichts des Massenaufmarsches<br />
von adretten Tailleurs, englisch-klassisch geschnittenen<br />
Mänteln und Deux-pieces, die mitunter Kostüme<br />
simulieren.<br />
Wenn uns als passendes Geschenk für Kusine<br />
Dorothe oder den Neffen Fritz gar nichts einfallen<br />
will und mit dem Nähkorb für Tante Alwine uns<br />
ein anderer zuvorgekommen ist, entschliessen wir<br />
uns resigniert zum Briefpapier. Wenn es sich dabei<br />
auch um kein originelles Geschenk handelt, so stellen;<br />
wir die Empfänger doch nicht vor die peinliche<br />
Alternative, entweder für den neuen unbrauchbaren<br />
Gegenstand ein passendes Versteck zu finden<br />
oder ihn bei Gelegenheit mit schlechtem Gewissen<br />
weiter zu verschenken. — Zudem will selbst<br />
Briefpapier mit Liebe und sozusagen Psychologie<br />
gewählt sein — denn der Neffe Fritz kann sich<br />
bei seiner Angebeteten ebensogut durch unangebrachtes<br />
Briefpapier seine Chancen verderben als<br />
durch eine schlecht sitzende KrawatteI Wenn er<br />
ihr auf himbeerfarbenem Papier seine Liebe beteuert,<br />
wird sie daraus nicht nur auf seinen<br />
schlechten Geschmack schliessen, sondern bei ihm<br />
ausserdem einen femininen Einschlag wittern, der<br />
ihr gar nicht imponiert und um sich einigermassen<br />
zu rehabilitieren, wird er erst einige kühne Skisprünge<br />
oder einen Boxkampf mit Erfolg bestehen<br />
müssen! Die Schlüsse, die die Empfängerin aus<br />
dem rosaroten Briefpapier zu ziehen glauben darf,<br />
sind also schwerwiegender als bei der Krawatte,<br />
denn, so wird diese Eva folgern, zu geschmackvollen<br />
Krawatten kann man einen Mann eventuell<br />
erziehen, Feminität hingegen wird als Charakterfehler<br />
eingewertet.<br />
Auch nicht auf mauvefarbenem Briefbogen soll<br />
der junge Mann seinen zarten Gefühlen Ausdruck<br />
verleihen, sondern er wähle lieber das neutrale<br />
Weiss ;oder — wenn es farbig sein muss — das<br />
Plauderei über Briefpapier<br />
unquffällige Grau, wobei ihm die Art des Päpieres<br />
immer noch einen weiten Spielraum lässt, seihen<br />
guten Geschmack in Sachen Briefpapier zu bezeugen.<br />
Auf elegantes Büttenpapier hingeseufzte Liebeserklärungen<br />
haben die grössten Chancen, gnädig<br />
aufgenommen zu werden; dieses vornehme<br />
Papier schafft eine Atmosphäre, der s i e nicht<br />
gut widerstehen kann. — Zu parfümiertem Papier<br />
soll e r sich beileibe nicht hinreissen lassen, auch<br />
wenn er selbst für das leicht nach Mille fleurs<br />
duftende Briefchen aus zarter Hemd eine dankbare<br />
Nase hat, sein Brief darf höchstens einen feinen<br />
Zigarettenduft ausströmen oder nach herbem Tabak<br />
riechen!<br />
Anderseits Würde ich dem jungen Mann unbedingt<br />
raten, seinem reichen Orikel Benjamin auf<br />
ganz bescheidenem Briefpapier seine prekäre<br />
Lage gegen Monatsende zu schildern. Das ist gar<br />
nicht so unwesentlich als man denkt,, bei. delikaten<br />
Angelegenheiten, ist es überaus wichtig, auch in<br />
den kleinsten Dingen für die richtige Stimmung<br />
zu sorgen. Selbst die herzerschütterndste Beschreibung<br />
der Lage wird die erstrebte Wirkung verfehlen,<br />
wenn sie auf feudalem Briefpapier vorgebracht<br />
ist, denn des Onkels Stirn wird sich in düstere<br />
Falten legen und seine Gedanken werden<br />
ungefähr die sein: solange der Bengel so teures<br />
Schreibpapier vermag, wird das nicht so schlimm<br />
sein. Ich selbst hatte einmal einen unverhofften<br />
Erfolg, als ich meine Nöte auf einem Fetzen Packpapier<br />
schilderte, natürlich, wenn man nicht einmal<br />
mehr Briefpapier kaufen kann, dann muss es schon<br />
schlimm stehen!<br />
Sissy.<br />
(Photo Rumbucher)<br />
gründlich<br />
passe. Auf Decken und Kissen hingegen will niemand<br />
verzichten, und es wird beiden zur Ehre angerechnet,<br />
wenn-sie bei Nichtgebrauch bereit sind,<br />
sich klein und bescheiden in eine fläche Tasche zu<br />
kuscheln. Auto-Luftkissen sind jetzt auch mit solidem<br />
Lederbezug zu kaufen. Die schweren, wollenen<br />
Decken in Rockform mit Tasche räumen nun<br />
den hübsch gestreiften Seidendecken das: Feld.<br />
Wie in der Mode, liebt man auch sonst die farblichen<br />
Gegensätze; eine zur Nuance des Wagens<br />
kontrastierende "Decke erscheint jetzt als höchster<br />
Schick. Als Reisezubehör fürs Auto ist der handliche,<br />
dreiseitig reissverschlossene Schweinslederkoffer<br />
begehrenswert. Seine elegante Linie, seine<br />
Leichtigkeit wirken bestechend, und da er weich<br />
und nachgiebig ist, kann man ihn überall hineinund<br />
dazwischenstopfen.<br />
Im hellen Gehölz sind die Reiser<br />
verjüngt schon von grünendem Spross.<br />
Hoch in der Luft zieht ein weisser<br />
vom Märzwind gezügelter Tross<br />
aufblinkender Wolken, von Schauern<br />
unsäglicher Sehnsucht urnblaut.<br />
Schieiernd vor uralten Mauern<br />
erschliessen sich Knospen und Kraut.<br />
Amselgesang, der die Toten<br />
verlockt im begrabenen Schrein.<br />
Herzen, die längst verlohten,<br />
schmeicheln sich durstig ein<br />
in das Glitzern der blühenden Lanzen<br />
von heimlich sich spitzendem Gras,<br />
wann Abendsterne tanzen<br />
auf der Wellen gekräuseltem Glas.<br />
Traumumfangene Gelände<br />
schliessen wie Blüten sich zu.<br />
Die Nacht küsst meine Hände<br />
und träufelt mir Tau auf den Schuh;<br />
bereitet mich mit Zeichen,<br />
die voller Fernweh sind,<br />
auf dem Weg, der zwischen den Eichen<br />
in das Gewaltige rinnt.<br />
Damenhüte -<br />
und andere Kleinigkeiten<br />
Damen-Hüte.<br />
Nachdem die Mode durch zwei Saisons hindurch<br />
;fast stabil geblieben ist und. wenig Abwechslung<br />
geboten hat, ist es in diesem Jahr anders geworden.<br />
Der kleine flache Cannot ier behauptet wieder<br />
das Feld, zum Entzücken jener vielen Damen, die<br />
nach wie vor die klassische Mode lieben. Als ganz<br />
besondere Neuheit bringt die elegante Mode Hüte<br />
aus Maline, die aus 40 Lagen Tüll gesteppt sind<br />
und als Ersatz für den feinen Trotteur zum Complet,<br />
Jackenkleid und Strassenkleid getragen werden.<br />
Im. grossen und ganzen haben die Hüte aus<br />
Stroh einen weicheren Charakter als bisher. Sie<br />
präsentieren sich durch sehr schick aufgesteckte<br />
Tül}* und Schleiergarnituren, sehr oft in mehreren<br />
dezenten bunten Farben übereinander, die reizende<br />
Effekte erzielen.<br />
Die vorherrschenden Farben sind dunkelblau,<br />
schwarz und fliegerblau, etwas goldbraun und bleu<br />
in Verbindung mit marine. Bei dunklen Hüten<br />
sind meist mehrfarbige Bandgarnituren vorherrschend,<br />
damit der Charakter des Hutes eine freudige<br />
Nöte bekommt.<br />
Modische Kleinigkeiten.<br />
Das modische Allerlei, wie man es zu nennen<br />
pflegt, wird in der kommenden Frühlings- und<br />
Sommer-Saison wiederum eine wichtige Rolle spielen.<br />
Schon lange vor Frühlingserwachen haben sie<br />
sich angemeldet, die duftigen und farbenfrohen<br />
Neuheiten zur Ausschmückung der sommerlichen<br />
Garderobe.<br />
In Kragen, Jabots, Westen, finden<br />
wir entzückende Neuheiten in verschiedenen modi-,<br />
sehen Formen. Pique in weiss und farbig nimmt<br />
wiederum, einen bedeutenden Platz ein. Strenge<br />
Formen, am Hals anliegend (Stehkragen mit farbiger<br />
Krawatte* Jabpts ,in vielen Variationen),,<br />
wirken sehr vornehm auf Pullovern und Kleidern..<br />
Weitere ;Materialien sind Cloque, bedruckte und<br />
bestickte, Organdis, Georgette, Crepe. Satin, Tüll<br />
mit Lack, sowie Baumwollstoff mit Schottendessin.<br />
Der Posamentenstil setzt sich in der Lingerie mit<br />
Erfolg durch. Kordeln zum Binden, Schleifen aus<br />
Seidentressen, als Verschluss oder Ziermotiv erscheinen<br />
an weissen und cremefarbenen Georgette-<br />
Kragen. In verschiedenen Breiten werden Soutaches<br />
als Umrandung verwendet. Man sieht Kragen<br />
aus Kordeln in allen Modetönen und in reizenden<br />
Motiven, auch mit kleinen Fransen _ oder.<br />
Quasten als Applikationen* sowie Soutache-Kra'gen<br />
mit passendem Gürtel als Garnitur; Es wird auch<br />
viel Handarbeit. verwendet. Als besonders reizender<br />
Aufputz seien echte Spitzenkragen und breite<br />
Spitzen-Jabots in gelblichem Farbton erwähnt.<br />
Frühliugs-Serenade<br />
Ki Man Kerst.<br />
Sehr beliebt sind Blumen, sowohl in einem<br />
wie beiden Knopflöchern der Jacke, auf der Corsage<br />
des Nachmittags- und Abendkleides, wie au,ch<br />
an dessen Decollete als Ranke, die auch, als Achselbandoder<br />
als Dekor des.Gürtels dient. ... ,<br />
Die grosse S c h a 1 m o d e wird weiter anhalten.<br />
Neben den bisher meist getragenen Dreiecktüchern<br />
werden viele Langschals, sowie der von Paris<br />
lancierte Viereckschal getragen. Die Materialien<br />
sind Georgette, Mattcrepe, Marocain, sowie weiche<br />
Seiden-Mousseline. Als bevorzugte Dessins seien<br />
Punkte, grosse Kugeln, Blumen sowie Cachemir<br />
erwähnt. Die Farben sind teilweise zart oder auch<br />
in lebhaften Kombinationen zu sehen. Femer bringt<br />
Paris wiederum originelle Dreieck- und Vierecktücher<br />
aus ganz leichtem Wollgewebe, welche besonders<br />
in zarten Pastellfarben gut wirken.<br />
Für Strassenkleider bevorzugt die Mode kürzere<br />
Röcke, bei Abendkleidern sorgen Schlitze dafür,<br />
dass das Bern sichtbar wird: der Strumpf tritt<br />
also wieder stärker in Erscheinung als bisher. Die<br />
Farben wechseln in gelblicher, bräunlicher und rötlicher<br />
Tönung und umfassen alle Hautfarben in<br />
ihrer ganzen Wandlungsfähigkeit. Bevorzugt wird<br />
reine Naturseide, denn je dünner der Strumpf ist,<br />
um so intensiver kann seine Farbe sein. Er verdeckt<br />
nicht mehr das Bein, sondern liegt auf ihm wie : ein<br />
feiner Puder.<br />
Die Posamentenmode setzt sich in diesem Frühjahr<br />
in verstärktem Masse fort, jedoch noch mehr<br />
tritt die Spitze als besonders favorisiertes Ausschmückungs-Material<br />
in den Vordergrund. Schon<br />
die einfachen Nachmittagskleider sind mit aparten<br />
Kragen garniert* die für Selbstanfertigung auch am<br />
Meter am Lager sind. Das Material dieser Kragen<br />
besteht hauptsächlich aus zarten Chantilly-, Gui'<br />
pure- und Spachtelspitzen sowie aus Satinstöffen<br />
mit Ajour-Applikationen.<br />
Jabots bleiben nach wie vor modern. Bei Hochsommertoiletten<br />
greift man gern zu Lei.nen-<br />
Effekt-Stoffen für Garnituren «sowie auch<br />
für Rüschen oder Pliss&.<br />
Als neuestes Erzeugnis auf dem Markte s ist die<br />
Patentspitze zu nennen, ein Wunder' der<br />
Technik, das sich aussergewöhnlich gut den Vielseitigkeiten<br />
der Mode anpasst. Diese Patentspitze<br />
ist erst gestickt, dann gefärbt, dann bedruckt und<br />
zuletzt geätzt. Sie ist das Resultat einer absolut<br />
neuen Herstellungsweise und dürfte in der kommenden<br />
Mode viel von sich reden machen.<br />
(Aus dem Modebericht der Grands Magasin»<br />
Jelmoli S.A. Zürich.),