E_1936_Zeitung_Nr.032
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2 AUTOMOBIL-REVUE FREITAG, 17. APRIL <strong>1936</strong> — N° 32<br />
Fahrer) angeordnet, wenn sich diese Massnahme<br />
rechtfertigt. In jedem einzelnen Fall<br />
wird geprüft, ob diese Voraussetzung zutrifft<br />
oder nicht. Wie die medizinischen Sachverständigen<br />
versichern, ist bei richtiger Durchführung<br />
der Blutentnahme für den Betroffenen<br />
absolut keine Gefahr vorhanden.<br />
Viel hängt natürlich von der richtigen und<br />
taktvollen Durchführung der Blutprobe ab.<br />
Es gilt hier besonders der allgemeine Satz,<br />
dass bei der zwangsweisen Anordnung der<br />
Blutprobe, wie bei andern Massnahmen, jede<br />
unnötige Strenge zu vermeiden ist. Dabei<br />
bleibt überdies zu bedenken, dass^das Verschulden<br />
des Angeschuldigten niemals allein<br />
durch den Gerichtsmediziner entschieden werden<br />
kann.<br />
Die Auffassung über die ganze hier behandelte<br />
Frage im bernischen Recht lässt sich<br />
wohl nicht besser zur Darstellung bringen, als<br />
wenn wir die Leitsätze eines Kreisschreibens<br />
der Strafkammer zitieren, das seinerzeit erlassen<br />
wurde :<br />
1. Die Blutprobe kann nach dem Verkehrsunfall,<br />
bei dem Personen- oder Sachschaden entstanden<br />
ist, gegenüber den am Unfall beteiligten Personen<br />
(gegenüber dem Schädiger und gegenüber dem Verletzten<br />
oder Geschädigten) bei Trunkenheitsverdacht<br />
vom Richter oder den Organen der gerichtlichen<br />
Polizei angeordnet werden, sofern der Alkoholverdächtige<br />
sich der Blutprobe nicht freiwillig<br />
unterziehen will.<br />
Während die automobilistische Fachpresse<br />
schon seit einiger Zeit auf die unerfreulichen<br />
Zustände in der Alkoholverwaltung aufmerksam<br />
gemacht hat und in diesem Zusammenhange<br />
energisch gegen die Absicht des Bundesrates<br />
aufgetreten ist, das Defizit der Alkoholverwaltung<br />
durch die zwangsweise Mischung<br />
des Benzins mit Alkohol zu vermindern<br />
— auf Kosten der Automobilisten — ist<br />
die Tagespresse lange Zeit mit Schweigen<br />
über die Mißstände in der Verwaltung des<br />
Alkoholmonopols hinweggegangen.<br />
Wir wissen, dass die Einführung des Alkoholmonopols<br />
seinerzeit in erster Linie aus<br />
sozialpolitischen Gründen erfolgt ist. Man<br />
verstand es, das unserem nicht gerade monopolfreundlichen<br />
Volke vorgeschlagene Monopol<br />
für Alkohol aus Kernobst und Tresterrückständen<br />
mit der Begründung zur Annahme<br />
zu empfehlen, dass dadurch der<br />
«Schnapspest» ein Ende gemacht werden<br />
könne und ausserdem für die Bundeskasse<br />
und die Kantone ein erfreulicher finanzieller<br />
Erfolg herausschauen werde.<br />
Die Tatsachen haben aber in den letzten<br />
zwei Jahren diese Erwartungen Lügen gestraft.<br />
Als Folge des neuen Alkoholgesetzes<br />
stehen wir vor:<br />
1. einer Kernobstspritschwemme von grösstem<br />
Ausmass;<br />
2. einer starken Verschlechterung der Qualität<br />
des abgelieferten Kernobstalkohols;<br />
3. einer vermehrten Produktion dieser Sorte<br />
Schnaps, weil alle Obstbaumbesitzer das<br />
Bestreben haben, einen möglichst grossen<br />
2. Soll eine Blutprobe durchgeführt werden, so<br />
hat der diese Massnahme anordnende Funktionär<br />
dafür zu sorgen, dass die Blutentnahme sofort nach<br />
dem Unfall erfolgt<br />
3. Die Blutentnahme und die Durchführung der<br />
Blutprobe hat durch einen patentierten Arzt, unter<br />
Anwendung aller nach dem Stande der medizinischen<br />
Wissenschaft möglichen Vorsichtsmassnahmen<br />
zu geschehen, damit Irrtümer irgendwelcher Art<br />
vermieden und Gefährdungen oder vermeidbare<br />
Schmerzzufügung gegenüber dem Exploranden ausgeschlossen<br />
sind.<br />
4. In allen Anwendungsfällen der Blutprobe hat<br />
der mit ihrer Durchführung beauftragte Arzt vorgängig<br />
der Blutentnahme beim Exploranden eine<br />
körperliche Untersuchung darüber anzustellen, ob<br />
die Blutentnahme nicht dessen Gesundheit gefährden<br />
oder beeinträchtigen könnte. Ist dies der Fall,<br />
so ist die Blutentnahme zu unterlassen.<br />
5. Weigert sich eine Person, die Blutprobe an<br />
sich vornehmen zu lassen, so hat der diese Massnahme<br />
anordnende Polizeibeamte vor der Anwendung<br />
von Zwangsmitteln zu versuchen, den<br />
Exploranden zur Aufgabe seines Widerstandes zu<br />
veranlassen.<br />
In der Blutprobe ist zweifellos ein neues<br />
Beweismittel von unschätzbarer Objektivität<br />
und Zuverlässigkeit gefunden worden. Sie<br />
charakterisiert sich als lang entbehrtes Hilfsmittel<br />
zur Feststellung der Trunkenheit. Aber<br />
auch als Beweismittel, dessen Wert, wie der<br />
eines jeden Beweismittels, vom richterlichen<br />
Takt und der richterlichen Geschicklichkeit<br />
abhängt.<br />
Das Defizit der Alkoholverwaltung<br />
holte. Das Heck des Schoners hob sich<br />
hoch in die Luft, und ich sah seinen Körper<br />
sich-gegen eine weisse Sturzsee abzeichnen,<br />
die schnell vorbeischoss. Alles dies, und<br />
vielleicht noch mehr — eine ganze Welt von<br />
Chaos und Trümmern —, sah, hörte und begriff<br />
ich in vielleicht fünfzehn Sekunden.<br />
Ich hielt mich nicht damit auf, zu sehen,<br />
was aus dem kleinen Boot geworden war,<br />
sondern sprang an den Klüver. Der begann<br />
zu flattern, straffte sich und erschlaffte mit<br />
scharfem Knallen. Aber durch Anziehen der<br />
Schoot und mit Aufbietung aller meiner Kräfte<br />
brachte ich ihn langsam zurück, indem ich<br />
immer einen Augenblick benutzte, wenn er<br />
schlaff war. Das weiss ich: Ich tat mein<br />
Bestes. Ich zog, dass mir das Blut unter den<br />
Nägeln herausspritzte, und während ich arbeitete,<br />
rissen Aussenklüver und Stagsegel<br />
donnernd in Fetzen.<br />
Immer weiter hahlte ich, das Gewonnene<br />
mit einer Doppelschlinge haltend, bis ich beim<br />
nächsten Schlaffwerden weiterzog. Dann<br />
gab der Klüver plötzlich leichter nach; Wolf<br />
Larsen stand neben mir und hahlte allein<br />
weiter, während ich das Segel festmachte.<br />
< Machen Sie schnell! » rief er laut, « und<br />
kommen Sie ! ><br />
Teil des Ertrages zu brennen, um dem<br />
Bund das Produkt gegen einen hohen<br />
Preis anzuhängen;<br />
4. einem Verlust der Alkoholverwaltung von<br />
23 Mill. Fr., weil im letzten Jahre Waren<br />
im Gesamtwerte von nur 7 Mill. Fr. mit<br />
über 30 Mill. Fr. bezahlt werden mussten.<br />
5. Statt 24 Mill. Fr. Ueberschuss pro Jahr,<br />
welche das Alkoholamt an die Bundeskasse<br />
abgeben sollte, stellt sich ein Gewinnentgang<br />
von 50 Mill. Fr. heraus.<br />
Das Fazit der durch das Alkoholmonopol<br />
eingeführten Ordnung sind 28 Mill. Fr. Schulden<br />
an Bund und Kantone und ein Lager von<br />
200,000 hl unverkäuflichen Sprits und Branntweins<br />
aus Kernobst, mit dem die Alkoholverwaltung<br />
nichts anzufangen weiss, weil die<br />
Ware für Trinkschnaps nicht verwendbar ist.<br />
Jetzt erinnert man sich wieder der Automobilisten!<br />
Sie sollen einspringen und über<br />
die 40prozentige Benzinzollerhöhung hinaus<br />
noch 3—4 Rp. pro Liter extra bezahlen für<br />
ein 3 %-Beimischung dieses unverkäuflichen<br />
Bundesschnapses. Zugunsten der im Alkoholgesetz<br />
schon sehr gut weggekommenen<br />
Landwirtschaft soll also eine Wirtschaftsgruppe<br />
(Automobilisten) einseitig belastet<br />
werden. Gegen diese Politik wenden<br />
wir uns energisch. Wenn man schon die<br />
Landwirtschaft subventionieren will, dann<br />
soll dies wenigstens offen und ehrlich geschehen<br />
und nicht mit solchen versteckten<br />
Praktiken, die sich wirtschaftlich durch nichts<br />
rechtfertigen lassen.<br />
Ueber die Revision der Alkoholgesetzgebung<br />
sprach am letzten Mittwoch in der Bernischen<br />
Volkswirtschaftlichen Gesellschaft<br />
der Direktor der Eidg. Alkoholverwaltung,<br />
Dr. Tanner. Uns Automobilisten interessiert<br />
an seinen Ausführungen natürlich vor allem<br />
die Frage der Spritbeimischung zum Benzin.<br />
Und da verdient denn der Ausspruch unseres<br />
«Alkoholdirektors» festgehalten zu werden,<br />
man müsse sich darüber klar sein, dass die<br />
Beimischung nur als Notmassnahme betrachtet<br />
werden dürfe, welche darin begründet<br />
liege, dass es heute nicht mehr möglich sei,<br />
die Obstüberschüsse zu exportieren. Ebenso<br />
bezeichnete auch der zweite Referent des<br />
Abends, Nationalrat Stähli, den Beimischungszwang<br />
als einen Notbehelf. Indessen eröffnen<br />
sich daneben noch andere Möglichkeiten, den<br />
entwässerten Alkohol als Treibstoff zu verwenden,<br />
denn zahlreich sind die Versuche zu<br />
neuen Lösungen, welche die Technik auf diesem<br />
Gebiete, zum Teil bereits mit Erfolg anstellt.<br />
Noch einmal griff in seinem Schlussvotum<br />
Herr Dr. Tanner dieses Problem auf,<br />
wobei er betonte, es ginge denn doch zu weit,<br />
dem Automobilisten über den Beimischungszwang<br />
hinaus auch noch die Pflicht zur Vornahme<br />
technischer Aenderungen an seinem<br />
Wagen aufzuerlegen. Anders ausgedrückt:<br />
das Gemisch müsse sich ohne solche Aenderungen<br />
für jeden Wgen verwenden lassen.<br />
Ich folgte ihm und bemerkte, dass trotz<br />
Vernichtung und Verderben noch eine gewisse<br />
Ordnung herrschte. Die ,Ghost' drehte<br />
bei. Sie war immer noch seetüchtig. Waren,<br />
auch die andern Segel fort, so hielt sich das<br />
Schiff, da der Klüver nach Luv gebracht und<br />
das Großsegel flach niedergeholt war, doch<br />
noch mit der Bug gegen die wütende See.<br />
Ich blickte mich nach dem Boote um, und<br />
während Wolf Larsen die Bootstalje klarmachte,<br />
sah ich, wie es sich in Lee, keine<br />
zwanzig Fuss entfernt, auf einer grossen<br />
Woge hob. Und so genau hatte Wolf Lajsen<br />
seine Massnahmen berechnet, dass wir gerade<br />
darauf zutrieben, so dass wir nichts zu<br />
tun hatten, als die Taljen an jedem Ende<br />
einzuhaken und das Boot an Bord zu hissen.<br />
Aber das war leichter gesagt als getan. Im<br />
Bug stand Kerfoot, während Oofty-Oofty am<br />
Heck und Kelly mittschiffs standen. Als wir<br />
näher trieben, wurde das Boot von einer<br />
Woge gehoben, und wir sanken in das Wellental,<br />
bis ich gerade vor mir die drei Männer<br />
die Köpfe beugen und nach uns auslugen<br />
sah. Im nächsten Augenblick wurden wir gehoben<br />
und emporgeschwungen, während sie<br />
tief hinabsanken. Es musste fast ein Wunder<br />
geschehen, wenn die nächste See nicht die<br />
Rückblick auf Monte Carlo<br />
Die Deutschen wieder in Front.<br />
Die Spannung, womit man in der Automobilweit<br />
dem ersten Grosskampf dieses Jahres entgegengesehen,<br />
hat sich gelegt. Die Würfel sind gefallen:<br />
wiederum hat Mercedes seinen Namen als Sieger<br />
in das goldene Buch dieses schweren Rundrennens<br />
eingetragen, Auto-Union belegt den zweiten und<br />
dritten Platz.<br />
Was den Sieg der Deutschen auf dem tollen<br />
Karussell von Monte Carlo kennzeichnet und ihm<br />
sein besonderes Gewicht verleiht, ist die überzeugende<br />
Klarheit und Eindeutigkeit, womit er errungen<br />
wurde. Wäre es auch verfrüht, sich schon<br />
nach diesem Auftakt in Prognosen über die Kräfteverteilung<br />
bei den kommenden Rennen zu ergehen,<br />
so deutet doch das Resultat dieser ersten «Grande<br />
Epreuve» darauf hin, dass Deutschland auch<br />
während der Saison <strong>1936</strong> eine erste Rolle<br />
zu spielen berufen ist und dass seiner im<br />
Laufe der beiden letzten Jahre begründeten Vormachtstellung<br />
auf dem Gebiete des internationalen<br />
Automobilsports wohl kaum von irgend einer Seite<br />
her eine ernsthafte Erschütterung droht. Denn<br />
natürlich haben sich weder Mercedes noch Auto-<br />
Union auf den Lorbeeren zur Ruhe begeben. Mit<br />
der ihnen eigenen ZähigkeH und Gründlichkeit<br />
wussten die beiden Fabriken während der Wintermonate<br />
ihre Wagen noch weiter zu verbessern, und<br />
wenn sie auch auf einem Parcours wie demjenigen<br />
der monegaskischen Stadt niemals voll ausgefahren<br />
werden können, so haben dafür Bremsen, Kupplung<br />
und Getriebe die Zerreissprobe glänzend bestanden.<br />
Mit chronometrischer Reselmässigkeit<br />
spulten der Mercedes Caracciolas und die beiden<br />
Aiito-Union Stucks und Varzis ihre Runden herunter.<br />
Nicht zuletzt stellt sich indessen ihr Triumph<br />
auch als die Frucht einer peinlich gewissenhaften,<br />
bis in die. letzte Kleinigkeit gehende Vorbereitung,<br />
dar.<br />
Caracciola in Hochform.<br />
Einmal mehr hat Caracciola Zeugnis seiner virtuosen<br />
Fahrkunst und seiner nie versagenden Zuverlässigkeit<br />
abgelegt. Sein Erfolg ist um so höher<br />
zu veranschlagen, als sich «Rudi» schon kurz nach<br />
dorn Start durch den Zwischenfall an der Schikane<br />
der Unterstützung durch seine Markengenossen<br />
beraubt sah und vollkommen auf seine<br />
eigene Kraft angewiesen war. Auf ihm allein<br />
ruhten von jenem Augenblick an die Hoffnungen<br />
seiner Fabrik, und er hat sie in einer Art und<br />
Weise erfüllt, die eines Meisters würdig ist. Nach<br />
der ersten Runde schon, als er Nuvolari in nervenaufpeitschendem<br />
Duell zuerst den Vortritt überlassen<br />
hatte, um ihn nachher um so leichter abzuschütteln,<br />
stand sein Sieg kaum mehr ausser<br />
Frage. Im Handumdrehen vergrösserte er seinen<br />
Vorsprung auf eine Runde und wurde gegen den<br />
Schluss hin immer schneller, trotzdem ihm keiner<br />
seiner Gegner mehr etwas anzuhaben vermochte.<br />
Für Mercedes bedeutet Caracciolas Triumph aber<br />
auch insofern eine besondere Genugtuung, als sich<br />
das neue, kürzere Modell, das hier zum erstenmal<br />
eingesetzt wurde, in jeder Hinsicht hervorragend<br />
bewährte und die Feuertaufe in überzeugender<br />
Manier absolvierte.<br />
Die Hochsaison von Monte Carlo hat sich<br />
automatisch verschoben. Während irüher die<br />
Luxuspaläste der grossen Hotels und die<br />
Spielsäle im Februar überfüllt und manchmal<br />
sogar «geschlossen» waren, ist jetzt zu<br />
Ostern kein Zimmer mehr zu haben und<br />
kein Platz im Casino frei. Der erste Grand<br />
Prix von Monaco hat diese Saisonveränderung<br />
mit sich gebracht. Sehr geschickt hat<br />
die Rennleitung ein Datum herausgegriffen,<br />
das sowohl für die Automobilfabriken als<br />
auch für die Zuschauer so günstig liegt wie<br />
kein anderes. Saisoneröffnung ! Osterferien !<br />
Schluss einer monatelangen Rennpause!<br />
Neue oder verbesserte Wagen ! Andere Fahrer<br />
auf andern Wagen ! und — traditionelles<br />
Sonnenwetter...<br />
Das mit dem Sonnenwetter war diesmal<br />
— beim 8. Grand Prix allerdings Essig.<br />
Schon das erste Training am Donnerstagmorgen<br />
fand bei strömendem Regen statt. In<br />
den Zwischentagen stürmte und windete es,<br />
dass es eine Art hatte — die Zuschauerinnen<br />
und Autogrammsammlerinnen in ihren som-<br />
'Ghost' auf die winzige Eierschale niederschmettern<br />
sollte.<br />
Aber da warf ich dem Kanaken, Wolf<br />
Larsen vorn Kerfoot das Tau zu. Beide<br />
Taue waren in einem Nu eingehakt, und die<br />
drei Männer nahmen gewandt den richtigen<br />
Augenblick und sprangen gleichzeitig an<br />
Bord des Schoners. Als die .Ghost' sich jetzt<br />
seitwärts überlegte, wurde das Boot an der<br />
Schiffswand aus dem Wasser gehoben, und<br />
ehe wir wieder hinüberkrengten, hatten wir<br />
es schon an Bord geheisst und kieloben auf<br />
das Deck gelegt. Ich bemerkte, dass Kerfoots<br />
linke Hand von Blut troff. Sein Mittelfinger<br />
war zu Brei zerquetscht worden. Aber<br />
er gab kein Zeichen des Schmerzes und half<br />
uns mit der rechten Hand, das Boot auf seinem<br />
Platz festzumachen.<br />
«Bring' den Klüver rüber, Oofty !» befahl<br />
Wolf Larsen, als wir eben mit dem Boot<br />
fertig waren. « Kelly, komm nach achtern<br />
und lass das Großsegel locker! Und du,<br />
Kerfoot, geh nach vorn und sieh, was aus<br />
Köchlein geworden ist! Herr van Wevden,<br />
gehen Sie nach oben und schneiden Sie alles<br />
lose Zeug weg, das Ihnen in die Quere<br />
kommt ! »<br />
Nuvolari muss die Segel streichen.<br />
Schien es während des ersten Viertels, als •würde<br />
die Partie zwischen Caracciola und Nuvolari ausgemacht,<br />
so fiel der wiederum gross fahrende campionissimo,<br />
nachdem ihm Garacciola eine endgültige<br />
Absage erteilt, immer mehr zurück. Der umgeänderte<br />
Alfa, die grosse Unbekannte der Rechnung,<br />
sah sich ausser Stande, dem Tempo des<br />
Mercedes zu folgen und Nuvolari musste es schliesslieh<br />
geschehen lassen, dass zuerst Stuck und hernach<br />
auch Varzi, die taktisch klug und vorsichtig<br />
operiert hatten, mit unwiderstehlichem Elan an<br />
ihm vorbeizogen. Ueber lange Runden fegten die<br />
beiden Piloten der Auto-Union mit verblüffender<br />
Regelmässigkeit und immer im selben Abstand<br />
hintereinander über die regennasse Bahn, gaben<br />
gegen den Schluss noch etwas zu und legten einen<br />
grandiosen Endspurt hin, der männiglich in helle<br />
Begeisterung versetzte und in dessen Verlauf Stuck<br />
die beste Rundenzeit auf sein Konto brachte.<br />
Und die andern.<br />
Mehr als ehrenvoll zog sich W i m i 11 e mit dem<br />
3,3-Liter-B u g a 11 i aus der Affäre. Von der 13.<br />
bis zur 100. Runde behauptete er sich unentwegt<br />
auf dem 5. Platz, mit einer Selbstverständlichkeit,<br />
die in Erstaunen setzte. Maserati hatte mit<br />
seinen neuen Modellen einen schweren Stand und<br />
war eigentlich nie recht im Bild. Zwar stiess<br />
Trossi im ersten Fünftel bis auf den 6. Rang vor,<br />
wurde jedoch nachher zurückgeworfen und verschwand<br />
vom Schauplatz, während sich Etancelin<br />
und Ghersi von Anbeginn an im Hintertreffen aufhielten.<br />
Dass bei dem kläglichem Versagen der Wetterregie,<br />
bei dem sintflutartigen Regen, der die Strecke<br />
unter Wasser setzte und sie in eine Rutschbahn<br />
verwandelte, die früheren Rekorde unangetastet<br />
blieben, kann niemanden verwundern. Ein phantastisches<br />
Bild, wie die Wagen, eingehüllt in eine<br />
Wolke stiebenden Wassers, brüllend vorüberschössen,<br />
wie von den Rädern meterhohe Fontänen<br />
emporrauschten. Unter solchen Verhältnissen<br />
gestaltete sich das Ueberholen nicht gerade zu<br />
einem Vergnügen, denn ohne eine kräftige Dusche<br />
ging's dabei nicht ab. Freilich hat nicht allein<br />
der Regen den starken Ausfall von 50 Prozent auf<br />
dem Gewissen.<br />
Denn die Ursache des Intermezzos, das sich in<br />
der zweiten Runde bei der Schikane abspielte und<br />
auf einen Schlag vier Mann der Spitzengruppe<br />
kampfunfähig machte, bildete ein grosser Oelfleok.<br />
Ohne dieses «Gemenge» freilich, wobei Leute von<br />
der Klasse eines Chiron, eines Brauchitsch, eines<br />
Tadini auf der Strecke blieben, hätten die Dinge<br />
vielleicht einen etwas andern Verlauf genommen.<br />
Aber es wäre ein müssiges Unterfangen, Betrachtungen<br />
darüber anzustellen, wie es herausgekommen<br />
wäre, wenn ... Auch so wohnten die Zuschauer<br />
einem Kampf bei, der reich war an Peripetien<br />
und spannenden Momenten.<br />
Siehe Bilder auf Seite 10.<br />
Zwischen, Turbie' und, Grossem Preis'<br />
merhellen Seidenkleidern zitterten nicht nur<br />
nach Unterschriften, sondern auch vor Kälte<br />
— und im Westen Frankreichs, in England<br />
und in der Schweiz schneite es höchst unzeitgemäss.<br />
Warum sollte es daher nicht am<br />
Ostermontag giessen, strömen und ganze<br />
Wasserfälle regnen ?<br />
Viele Menschen stehen auf dem Standpunkt,<br />
dass die Welt untergehen muss, weil<br />
es im Winter föhnte und jetzt, im Frühling,<br />
Kältewellen und Regengüsse einander ablösen.<br />
Die Rennfahrer dahingegen sind der<br />
Meinung, dass das nicht in Frage kommt,<br />
solange sie Engagements haben und Grand<br />
Prix ausgeschrieben und gefahren werden.<br />
Schon das Turbierennen stand unter dem<br />
Zeichen ausgesprochenen Aprilwetters. 220<br />
Teilnehmer, die sich zum grössten Teil aus<br />
den Konkurrenten der Paris-Nice-Fahrt zusammensetzten,<br />
fanden sich am Start dieses<br />
ältesten Bergrennens der Welt — vor vierzig<br />
Jahren wurde es zum erstenmal gefahren<br />
— zusammen.<br />
(Fortsetzung S. 3.)<br />
Und nachdem er seine Befehle erteilt hatte,<br />
sprang er in seiner eigentümlichen tigerhaften<br />
Weise nach achtern zum Rade. Während<br />
ich mühsam die Wanten zum Fockmast<br />
hinaufkletterte, setzte sich die ,Ghost' langsam<br />
in Bewegung. Als wir diesmal ins Wellental<br />
sanken und von Sturm und See mehr<br />
herumgeschleudert wurden, konnten keine<br />
Segel mehr eingeholt werden, und auf halbem<br />
Wege zu den Dwarssalingen wurde ich<br />
durch die Gewalt des Windes so gegen die<br />
Takelung gepresst, dass es mir unmöglich<br />
gewesen wäre, zu fallen. Die ,Ghost' lag fast<br />
ganz auf der Seite, und die Masten standen<br />
parallel zum Wasser, so dass ich, wenn ich<br />
das Deck der ,Ghost' sehen wollte, nicht hinunter,<br />
sondern beinahe im rechten Winkel<br />
blicken musste. Aber ich sah das Deck gar<br />
nicht, denn dort, wo es hätte sein sollen,<br />
war nichts als kochendes Wasser, aus dem<br />
nur zwei Masten herausragten; das war<br />
alles. Einen Augenblick war die ,Ghost' ganz<br />
unter dem Meere begraben. Als sie jetzt allmählich<br />
vor den Wind ging und der seitliche<br />
Druck geringer wurde, richtete sie sich<br />
langsam auf, und ihr Deck durchbrach wie<br />
ein Walrücken die Meeresfläche.<br />
Fortsetzung folgt.