28.02.2018 Aufrufe

E_1938_Zeitung_Nr.075

E_1938_Zeitung_Nr.075

E_1938_Zeitung_Nr.075

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

M AUTOMOBIL-REVUE FRUHÄG, 16; SEPTEMBER WS8 — N*<br />

Der Weiterausbau des<br />

bernischen Strassennetzes.<br />

In der Mittwochsitzung behandelte der<br />

Grosse Rat des Kantons Bern das vom neuen<br />

Baudirektor, Regierungsrat Grimm, im August,<br />

dieses Jahres vorgelegte Ausbauprogramm<br />

des bernischen Strassennetzes. Der<br />

Baudirektor ergänzte einleitend seinen wohldokumentierten<br />

Vortrag vom August dieses<br />

Jahres über den'Weiterausbau des bernischen<br />

Strassennetzes. Von den 2292 km des Qesamtstrassennetzes<br />

sind 44 % oder 1001 km<br />

ausgebaut. Die hiefür aufzuwendenden Baukosten<br />

wurden zu 42,6 % durch ordentliche<br />

Budgetkredite, durch allgemeine Staatsmittel<br />

und zu 33,7 fo durch Automobilsteuern gedeckt,<br />

an 'Bundesbeiträgen konnten 11,6 %<br />

eingesetzt werden, während auf Anleihen<br />

und Vorschüsse des Staates 5,1 %, auf Vorschüsse<br />

der Gemeinden 1,4 % und auf Beiträge<br />

von Gemeinden, SBB und andere Beiträge<br />

5,4 % entfielen.<br />

Recht aufschlussreich waren die Bemerkungen<br />

über die Vorbelastung der Automobilsteuern.<br />

Nach Auffassung des bernischen<br />

Baudirektors ist der Ertrag der Autosteuern<br />

im Sinken begriffen und überdies auf Jahre<br />

hinaus beträchtlich vorbelastet, und zwar<br />

niit insgesamt nicht weniger als 11,7 Mill. Fr.<br />

Auch der kantonale Benzinzollanteil sei eine<br />

unbestimmte Grosse und überdies ebenfalls<br />

im Sinken begriffen. Für den Weiterausbau<br />

des, bernischen Strassennetzes werden 38,7<br />

Mill, Fr. benötigt, und zwar 16,1 Mill. für die<br />

erste dringliche Bauetappe, 6,8 Mill. für die<br />

zweite und 15,7 Mill Fr. für die dritte Bauetappe.<br />

In diesen Kosten sind aber die Passund<br />

Alpenstrassen, mit Ausnahme der Grimsel,<br />

nicht inbegriffen, da hiefür Spezialkredite<br />

zur Verfügung stehen. Nach Auffassung<br />

von Regierungsrat Grimm sei es möglich,<br />

mit den gleichen Mitteln mehr Strassen als<br />

bis anhin zu bauen. Im weitern wird die Erstellung<br />

von Radfahrwegen postuliert, deutlich<br />

abgetrennt von der Hauptstrasse. Für<br />

deren Finanzierung sei an eine zweifränkige<br />

Velosteuer gedacht worden. Das gefährliche<br />

System der Gratisvorschüsse der Gemeinden<br />

sei in Zukunft zu beseitigen, desgleichen<br />

die Praxis der Ünternehmerkredite. Bei der<br />

Arbeitsvergebung sei im weitern auf die<br />

Steuerleistunjsen Rücksicht zu nehmen, hätten<br />

doch bisher Leute Staatsaufträge erhalten,<br />

die keinen Rappen versteuerten! Im<br />

laufenden Jahre werde es allerdings ohne<br />

Kreditüberschreitungen nicht abgehen, doch<br />

soll im Monat November ein Reorganisationsplan<br />

für die Baudirektion vorliegen.<br />

In Uebereinstimmung mit der Staatswirtschaftskommission,<br />

für die Winzenried referierte,<br />

lautet der regierungs rätliehe Antrag<br />

wie folgt:<br />

Der Grosse Rat nimmt Kenntnis von dem durch<br />

die kantonale Baudirektion dem Regierungsrat über<br />

den Weiterausbau des bernischen Strassennetzes<br />

erstatteten Bericht vom 1. August <strong>1938</strong>. Er billigt<br />

die in diesem Bericht entwickelten Grundsätze und<br />

gewärtigt im Zusammenhang mit dem Budget 1939<br />

bestimmte Vorschläge über die Neugestaltung der<br />

finanziellen Grundlagen für den Strassenausbau und<br />

über die erforderlichen organisatorischen und administrativen<br />

Aenderungen. Für das Jahr 1939 erfolgt<br />

die Ordnung mit den Nachkrediten für dieses Jahr.<br />

In der von einigen Grossräten benützten<br />

Aussprache kam u. a. die Auffassung zum<br />

Ausdruck, dass gute Strassen für das Ansehen<br />

eines Kantons wichtig seien. Nachdem<br />

Baudirektor Grimm kurz auf die verschiedenen<br />

Voten antwortete und die gefallenen<br />

Anregungen zur Prüfung entgegenahm, fanden<br />

Bericht und Antrag Zustimmung des<br />

Rates.<br />

Im weitern hatte sich der Rat mit der Abänderung<br />

des Grossratsbeschlusses vom 10.<br />

Mai 1927 bezüglich Beseitigung von Niveauübergängen<br />

in dem Sinne zu beschäftigen,<br />

Wehrbereitschaft und Arbeitsbeschaffung<br />

Der damals zu diesem Zwecke geforderte<br />

Ergänzungskredit betrug schätzungsweise 35<br />

Millionen Franken. In der Gesamtwertung der<br />

notwendigen Erweiterungen unseres Alpenstrassenausbaues<br />

stand<br />

in vorderster Linie eine Strassenverbindung<br />

aus dem Kanton Glarus ins Vorderrheintal<br />

(Schlusi von Seite 1.)<br />

und es wurden zu diesem Zwecke Bundesmittel<br />

in Höhe von 20—25 Millionen Franken<br />

in Aussicht gestellt, während für den Ausbau<br />

der Oberalpstrasse und eventueller anderer<br />

bündnerischer Paßstrassen 5—10 Millionen<br />

Franken zur Einsetzung kamen.<br />

Die Notwendigkeit, den Kanton Graubünden<br />

nach der Verschiebung der deutschen<br />

Reichsgrenze vom obern Bodenseebecken bis<br />

hinauf nach Martinsbruck ausser der Sarganser<br />

Talstrasse noch mit einer weitern,- ganzjährig<br />

befahrbaren und vor allem leistungsfähigen<br />

Strasse mit dem übrigen Teil der<br />

Eidgenossenschaft zu verbinden, sollte keiner<br />

erneuten Erläuterungen bedürfen. Wie aber<br />

soll der vernünftige Bürger verstehen können,<br />

dass bei Strassenbauten, welche der<br />

Bund mit mehr als 50% der Bausumme subventioniert<br />

und deren rascheste Ausführung<br />

die Sicherheit des Landes erheischt» kantonale<br />

anstatt eidgenössische Gesichtspunkte<br />

den Ausschlag zu geben vermögen? Der Bundesrat<br />

handelt für seine Begriffe unbegreiflich,<br />

wenn er auf lokalpolitische Auseinandersetzungen<br />

zugunsten einer Segnes-, Panixeroder<br />

Kistenpassroute und am Ende gar um<br />

eine Bahnverbindung aus dem Tavetsch ins<br />

Andermatter Becken resp. in die Schöllenen<br />

Rücksichten nimmt<br />

Eidgenössische Interessen verlangen gebieterisch<br />

die sofortige Inangriffnahme der Erstellung<br />

einer schnee- und lawinensichern<br />

Strassenverbindung zwischen Glarnerland<br />

und Vorderrheintal;<br />

damit aber sollte die Stellungnahme des<br />

Bundesrates in dieser Sache auch schon entschieden<br />

sein. Von der Generalstabsabteilung<br />

ihrerseits erwartete man das Indiewagschalewerfen<br />

des erlösenden Paßstichwortes!<br />

Auf Grund taktischer und operativer Ueber?<br />

legungen dürfte sie ihre Karten doch nach*<br />

srerade SA wfiit revidierf hahe.n iinsc<br />

als die dafür vorgesehenen Kredite von<br />

250.000 Fr. für andere Strassenzwecke Verwendung<br />

finden sollen. Der Rat stimmte<br />

auch diesem Vorschlag bei, wobei der Baudirektor<br />

bezüglich dem gefährlichen Strassenübergang<br />

bei Lyss eine Regelung versprach.<br />

Ausbau der Strasse Bern-Schwarzenburg.<br />

Im Schösse des bernischen Grossen Rates begründete<br />

Gasser (Schwarzenburg) eine Motion; äie<br />

den Ausbau der Strasse Bern-Schwarzenburg verlangt,<br />

wobei es sich hauptsächlich um den Aushau<br />

des Teilstückes der Staatsstrasse von Schwarzwasserbrücke<br />

nach Mamishaus handelte. Der bernisehe<br />

Baudirektor nimmt die Motion mit einer kleinen<br />

formellen Abänderung zu Händen des 1939er<br />

Bauprogrammes entgegen, während der Rat sie einstimmig<br />

als erheblich erklärte.<br />

Ausbau der Gürbetalstrasse.<br />

In einer weitern Motion verlangt Grossrat<br />

Schneider (Seftigen) den heförderlichen Ausbau der<br />

Strasse Bern-Belp-Thun. Baudirektor Grimm anerkennt<br />

die Notwendigkeit der Instandstellung die-'<br />

ser Strasse, doch könne wegen mangelnden Mitteln<br />

der Ausbau auch hier nur in beschränktem Masse<br />

erfolgen. Stillschweigend erklärt der Rat auch diese<br />

Motion als erheblich» ..,<br />

f.<br />

klarer Entscheid, ausgerichtet einzig nach<br />

eidgenössischen Interessen, keine Schwierigkeiten<br />

mehr bereiten sollte. Anstatt dessen<br />

liegt man sich im Bündnerland in den Haaren,<br />

parlamentiert hin und her, ob<br />

a) eine Bahnverbindung von Rueras nach<br />

dem Urnerloch durch einen 12 km langen<br />

Tunnel und anschliessender Fortsetzung<br />

der Linie in Kehrtunnels durch<br />

die Schöllenen bis Bahnhof Göschenen,<br />

b) ein£ solche von Tschatnutt direkt nach<br />

Andermatt mit 6 km langem Tunnel<br />

und Erstellung eines zahnradlosen<br />

Trasses bis Göschenen, oder<br />

c) durch Verbesserung und Elektrifikation<br />

der bestehenden Bahnlinie über die<br />

Oberalp<br />

die günstigste Lösung dieses wichtigen militärischen<br />

Verkehrsproblems darstellen würde.<br />

Lässt die gegenwärtige Entwicklung in<br />

Europa wirklich darauf schlissen, dass uns<br />

noch Jahrzehnte zur Vervollständigung unserer<br />

militärischen Bereitschaft zur Verfügung<br />

stehen — und hiezu zählt nicht zuletzt das<br />

eben erwähnte Problem einer bessern Verbindung<br />

des Kantons Graubünden mit der<br />

übrigen Schweiz — oder lehrt sie nicht eher,<br />

dass jeder weitere Zeitverlust Schwächung<br />

bedeutet ?<br />

Die demokratischen Staatswesen werden<br />

heute viel verlästert. Für eines jedenfalls haben,<br />

sie den Beweis zu erbringen: dass diese<br />

Regierungsform die richtige Wertung der<br />

Zeichen der Zeit nicht verunmöglicht, dass<br />

sie rasches Handeln nicht ausschliesst und<br />

von den Ereignissen nicht überrumpelt werden<br />

kann. Dürfen wir das von uns noch mit<br />

gutem Gewissen behaupten? Nachdem im<br />

Juni dieses Jahres zwar die Erkenntnis von<br />

der Notwendigkeit grosszügigen Handelns,<br />

der Wille zur Tat vorhanden gewesen, heute<br />

aber ausgerechnet auf dem Gebiete der<br />

Wehrwirtschaft und Arbeitsbeschaffung wieder<br />

gekrebst werden soll? Und ausgerechnet<br />

den Streit um den Nibelungenschatz der Nationalbank<br />

nimmt man zum Vorwand! Als ob<br />

dieses Thema nicht recht eigentlich schon<br />

seit dem Herbst 1936 zur Diskussion stände,<br />

als ob nicht Jeder -unerschütterliche Wille<br />

auch einen Weg, fände!, -, Wy.<br />

Touv^siraus<br />

Gültigkeitsdauer und Verwendung der<br />

Gutscheine im deutsch-schweizerischen Reiseverkehr.<br />

Zahlreiche an uns gerichtete Anfragen lassen<br />

erkennen, tlass immer noch Unklarheit darüber besteht,<br />

ob Bar- und Sachgutscheine, die durch Aufdruck<br />

auf den 31. August <strong>1938</strong> befristet wurden,<br />

auch nach diesem Datum gültig seien. Demgegenüber<br />

weisen wir erneut darauf hin, dass die unveränderte<br />

Beibehaltung des Gutscheinsystems im<br />

neuen deutsch-schweizerischen Reiseverkehrsabkoinmen<br />

vom 30. Juni <strong>1938</strong> es gestattet, solche Gutscheine<br />

weiterhin zu verwenden. Bar- und Sachgutschelne,<br />

deren Gültigkeitsdauer auf den 31. August<br />

<strong>1938</strong> oder auch auf einen früheren Termin<br />

befristet worden IsU bleiben somit zusammen mit<br />

neu herauskommenden Scheinen bis zum 31. August<br />

1939 gültig, an welchem Datum sie allerdings<br />

dem Schweizerischen Fremdenverkehrsverband zur<br />

Einlösung eingereicht sein müssen.<br />

Bei dieser Gelegenheit machen wir nochmals mit<br />

allem Nachdruck darauf aufmerksam, dass die<br />

Reisegutscheine nur zu den auf den Scheinen selbst<br />

ausdrücklich vermerkten Zwecken benutzt werden<br />

dürfen. Insbesondere ist eine Verwendung der<br />

Sachgutscheine zu Einkäufen in Ladengeschäften<br />

Aul<br />

sfisch er<br />

Unsere Alpenstrassen als Teststrecken.<br />

Dem englischen «Motor» schreibt ein Leser<br />

aus Ander matt, die britischen Automobilfabriken<br />

sollten sich's überlegen, ob es nicht<br />

angezeigt wäre, ihre Wagen auch auf Alpenpässen<br />

auszuprobieren, um ihnen das Kochen<br />

beim Befahren von Bergstrassen abzugewöhnen.<br />

Der San Bernardino würde sich<br />

dazu prächtig eignen.<br />

Mehr Licht auf den Fernverkehrsstrassen.<br />

England soll beabsichtigen, 16.000 km wichtiger<br />

Durchgangsstrassen mit modernen Beleuchtungsanlagen<br />

zu versehen. In Frankreich<br />

sind bereits vier Strecken von insgesamt 220<br />

km Länge beleuchtet, wovon 106 km auf die<br />

Cote d'Azur entfallen. Die Anlagekosten dafür<br />

wurden mit rund 25—28.000 -Fr. pro km angegeben,<br />

der jährliche Stromverbrauch mit<br />

20.000—30.000 kWhlkm.<br />

Der Mann mit den 70 Wagen.<br />

Indische Maharadscha pflegten bisher den<br />

«Ruhm» für sich in Anspruch zu nehmen,<br />

die Besitzer der grössten Privatwagenparks<br />

zu sein. Sie alle werden indessen durch einen<br />

ebenfalls in Indien lebenden englischen<br />

Grossgrundbesitzer in den Schatten gestellt.<br />

Mr. Mullik aus Kalkutta behauptet nämlich,<br />

auf seinen diversen Gütern ungefähr 70 Autos<br />

stehen zu haben (wieviel es genau sind,<br />

weiss er selbst nicht). Wie andere Porzellan<br />

oder Münzen, sammelt er Wagen. Nicht etwa<br />

neue, sondern nur gebrauchte, sogar Vorkriegsmodelle.<br />

Vierzig Stück schmücken<br />

seine Kollektion in Kalkutta, darunter 18<br />

Rolls Royze (!), ein Napier Jahrgang 1911,<br />

ein Mors, ein 16-Zylinder-Renault, zwei<br />

Isotta-Fraschini, ein Cubitt (???), ein Fiat,<br />

sehr hochbeinig und besonders für «Hochwasserfahrtenit<br />

konstruiert, sowie ein ganzes<br />

Schock landläufiger Modelle. Zwei der<br />

Rolls Royce hat sich Mr. Mullick zu Staatskarossen<br />

umgebaut, mit Silberthronen, Sammetsitzen<br />

und den dazugehörenden seidenen<br />

Sonnenschirmen.<br />

untersagt. Dagegen hat der deutsche Reisende die<br />

Möglichkeit, Anschaffungen des täglichen Reisebedarfs,<br />

Arztrechnungen, Skikurs- und Bergführertaxen,<br />

sowie ähnliche Auslasen durch Hingabe von<br />

Sachgutscheinen an die Hotels oder Pensionen<br />

durch diese bezahlen zu lassen. Wer Reisegutscheine<br />

diesen Bestimmungen zuwider entgegennimmt<br />

oder verwendet, kann mit Busse bis auf<br />

Fr. 10.000— oder Gefängnis bis auf 12 Monate bestraft<br />

werden. (Mitget vom Schweiz. Fremdenverkehrsverband.)<br />

Reduktion des Tourlstenbenzinpreises in<br />

Italien. Nach einer Mitteilung des staatlichen<br />

Verkehrsamtes ist der Benzinpreis für ausländische<br />

Automobilisten auf Grund der<br />

Benzingutscheine von 1,50 Lire auf 1,28 Lire<br />

pro Liter reduziert worden.* Gleichzeitig<br />

würde die Mindestzahl der Hotelgutscheine,<br />

deren Erwerb bekanntlich Voraussetzung für<br />

die Ueberlassung des verbilligten Touristenbenzins<br />

ist, von 5 auf 3 Stück ermässigt. In<br />

Verbindung mit diesen touristischen Erleichterungen<br />

ist auch eine Reduktion des Benzmund<br />

Rohölpreises für ausländische Autobusse<br />

auf 1,30 Lire bzw. auf 1 Lire verfügt worden.<br />

Diese Preisreduktionsmassnahme auf Touristenbenzin<br />

dürften aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach ^mit der nicht gerade guten <strong>1938</strong>er<br />

Fremdensaison in Italien zusammenhängen.<br />

George schüttelte den Kopf und wurd«<br />

wieder ganz unglücklich. « Ich fürchte, dass<br />

ich das nicht tun kann», entgegnete er.<br />

« Sehen Sie, dann ist kein • Mensch da, der<br />

die Kinder wäscht. »<br />

Fünfzehntes Kapitel.<br />

Am nächsten Tage teilte er mir mit, dass<br />

die Pflegerin nicht gekündigt habe, Fräulein<br />

Wood: aber entlassen würde, bevor er nach<br />

London reise, und dass er nach seiner Rückkehr<br />

in bezug auf die Erziehung der Kinder<br />

Veränderungen vornehmen werde. Er bedankte<br />

sich für meine Zusage, die Kinder im<br />

Auge zu behalten, er könne nur nicht sehen,<br />

wie ich es angesichts der Eifersucht der<br />

Kinderpflegerin ausführen werde. In einer<br />

Woche aber, so lange würde er fort sein,<br />

könnte nicht viel Uebles geschehen. So<br />

meinte er.<br />

Ich dachte mir, dass die Dinge in diesem<br />

Hause übel genug standen, seit seine Frau<br />

tot war, allerdings nicht so beängstigend<br />

wie in der letzten Zeit. Der Gedanke, dass<br />

diese drei Kinder in der Obhut einer solchen<br />

Pflegerin, waren, beunruhigte mich. Ich<br />

wusste, dass sie ungezogen und wild waren,<br />

und befürchtete Unfälle, oder dass sie das<br />

Haus in Brand setzten. Aber am Tage, nachdem<br />

George abgereist war, erschien Fräulein<br />

Wood bei mir und machte mir den Kopf<br />

über die Zustände in seinem Hause so voll,<br />

dass ich gleichermassen ängstlich und ungeduldig<br />

wurde.<br />

« Haben Sie das alles Herrn Vincent erzählt<br />

? ><br />

« Nein. Ich hatte mir vorgenommen, alles,<br />

was sich da abspielt, bei mir zu behalten.<br />

Ich habe eine entsetzliche Angst vor dem<br />

Gericht. Und wenn dieses entsetzliche Weib<br />

mich verklagt, kann ich noch verurteilt werden<br />

und die Kosten tragen. Das wäre<br />

schlimm wegen meiner armen Mutter; Sie<br />

verstehen.»<br />

Ich wusste, was sie meinte. Diese arme,<br />

bedrückte Person hatte einen Teil zum Unterhalt<br />

ihrer gelähmten Mutter beizutragen,<br />

und ich bin überzeugt, dass sie die Halbtagsstellung<br />

bei George nicht aufgegeben hätte,<br />

wenn sie nicht in einer solchen Zwangslage<br />

gewesen wäre; Ich war auch überzeugt,<br />

dass sie nicht fachsüchtig sei. :<br />

« Ich nehme 1 an, dass Sie das* "Was Sie<br />

sagen, beweisen können ?» fragte ich. ,< •<br />

«Nur wenn die andern-• Dienstleute und 'die'<br />

Kinder die Wahrheit sagen.- Es-gibt ^ehrwenig<br />

Dinge, die man vor Gericht beweisen<br />

kann. Ich hätte auch lieber geschwiegen,<br />

aber ich habe Angst, dass sie Kenneth zu<br />

Tode misshandelt, wenn er ihr nicht weggenommen<br />

wird. Sie hat direkt einen Hass<br />

gegen ihn, und dieser Junge ist nicht so kräftig<br />

wie Rose und Dermot. Die Kinder sind<br />

hicht mehr dieselben, seit sie im Hause ist.»<br />

Das war richtig, das hatten wir alle festgestellt.<br />

« Ich werde an Herrn Vincent schreiben »,<br />

sagte ich zu Fräulein Wood.<br />

« Aber versprechen Sie mir, dass Sie meinen<br />

Namen nicht erwähnen werden. Herr<br />

Vincent hat als Rechtsanwalt natürlich eine<br />

höhere Meinung von der Gerichtsbarkeit.<br />

Aber ich muss in dieser Sache weit vom<br />

Schuss bleiben. ><br />

Ich kann mich nicht entsinnen, je einen<br />

Menschen getroffen zu haben, der sich so<br />

vor dem Gericht fürchtete und gleichzeitig<br />

eine solche Verachtung davor empfand. Sie<br />

betrachtete es als einen bösen Seepolypen,<br />

der sein Leben damit fristete, Verwicklungen<br />

herbeizuführen, um Unschuldige zu verschlingen.<br />

So weit gehe ich für meine Persorr<br />

nicht Ich erkundigte mich noch, wie<br />

sich die andern beiden Hausangestellten zu<br />

den Misshandlungen der Kinder stellen. Sie<br />

sagte, dass sie wohl immer tuscheln und das<br />

Verhalten der Pflegerin missbilEgen, dass<br />

aber bei Gericht wahrscheinlich nicht viel<br />

mit ihnen anzufangen sein würde. Sie ging<br />

nun auf Einzelheiten ein und erzählte, dass<br />

die Kinder umhergestossen und eingeschüchtert,<br />

mit Nahrungsentziehung bestraft, an<br />

einem Bettpfosten angebunden, gebeutelt und<br />

mit schlimmeren Dingen bedroht werden, für<br />

den Fall, dass sie davon zu sprechen wagten.<br />

Eine von der Pflegerin bevorzugte Bestrafungsmethode<br />

wäre, den Kopf eines Kindes<br />

so lange unter die Wasserleitung zu halten,<br />

bis es vollständig durchweicht und zitternd<br />

vor Kälte sei.<br />

Ich verstand zu viel von Kindern, um<br />

überrascht zu sein, dass die drei nicht direkt<br />

zu ihrem Vater gegangen waren und die sofortige<br />

Entlassung dieser Frau verlangt hatten.<br />

Kinder handeln nie so." Sie ertragen<br />

alles von denen, die sich eine Herrschaft<br />

über sie anmassen.<br />

«Kenneth ist krank >, sagte Fräulein<br />

Wood. « Haben Sie ihn gesehen ? »<br />

Nein, ich hatte ihn nicht gesehen. Und als<br />

sich Fräulein Wood empfohlen hatte, ging<br />

ich direkt zur Spalte in der Hecke und<br />

spähte in Georges Garten hinüber. Ich hoffte,<br />

dass die Kinder dort spielen würden. Aber<br />

ich konnte weder jemand sehen noch hören.<br />

(Fortsetzung folgt.)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!