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E_1939_Zeitung_Nr.088

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2 AUTOMOBIL-REVUE MITTWOCH, 27. DEZEMBER <strong>1939</strong> — N° 88<br />

Begehren der Strassenverkehrsinteressenten<br />

nach einem Abbau der Steuern als legitim<br />

anerkannt werden.<br />

Bei der Prüfung und Lösung dieses neuen Problems<br />

— so fährt der Bericht fort — Hess sich die<br />

Regierung nicht nur von der Sorge um die vorauseichtliche<br />

Mindereinnahme des Kantons leiten;<br />

ebensowenig vermochte sie ihre Bedenken über die<br />

Gefahr einer Stagnierung des Wirtschaftslebens zu<br />

unterdrücken, die eintreten müsste, wenn der Puls<br />

des motorisierten Strassenverkehrs fühlbar nachlassen<br />

sollte.<br />

Die Beibehaltung der bis heute geltenden Steuern<br />

würde unter den gegenwärtigen Umständen auf<br />

die Ausserbetriebsetzung einer beträchtlichen Zahl<br />

von Fahrzeugen hinauslaufen. Damit aber gingen<br />

nicht nur die Einnahmen des Kantons zurück, sondern<br />

auch das Autogewerbe sähe seine Existenzbedingungen<br />

verschlimmert. Im übrigen rechnen<br />

sämtliche Kantone mit einer Verminderung ihres<br />

Steuererlöses, die zwischen 23 und 50 Vo schwankt.<br />

Hinzu kommt nun aber noch, dass die Steuern des<br />

Kantons Tessins mit zu den höchsten der ganzen<br />

Schweiz zählen (was die Regierung anhand einer<br />

Tabelle veranschaulicht).<br />

Was für ein Steuersystem soll nun Anwendung<br />

finden ? Eine prozentual für alle Halter gleichmassige<br />

Reduktion, welche die Pferdestärke der<br />

Fahrzeuge unberücksichtigt lässt oder eine Angleichung<br />

der Steuer an die von den Behörden bewilligte<br />

Brennstoffmenge ? Die erste Methode entspricht<br />

kaum den Kriterien der Billigkeit, weil dabei<br />

die steuerlich ohnehin schon besser gestellten<br />

Fahrzeugkategorien übermässig entlastet würden.<br />

In erster Linie stützt sich aber das Begehren um<br />

Herabsetzung der Steuern auf die durch die Rationierung<br />

hervorgerufene Einschränkung der Verwendungsmöglichkeiten<br />

der Fahrzeuge.<br />

Gerechter erscheint dagegen das zweite System,<br />

trägt es doch dem Faktor < Gebrauchsmöglichkeit »,<br />

dem heute auch wirtschaftlich gesehen entscheidendes<br />

Gewicht zukommt, ausreichend Rechnung. Den<br />

Fahrzeughalter nach Massgabe der ihm zugestandenen<br />

Brennstoffmengen zu belasten, heisst aber<br />

jenen Sinn in die Steuer hineinzutragen, der ihrem<br />

Charakter als Verkehrs abgäbe entspricht. Dabei<br />

versteht es sich von selbst, dass die geplante<br />

Massnahme nicht zu einer Mehrbelastung führen<br />

darf, weshalb der Dekretsentwurf denn auch eine<br />

Bestimmung enthält, wonach kein Halter eine höhere<br />

Taxe zu entrichten hat als bisher. Diese Gefahr<br />

scheint allerdings gering, wenn man sich vergegenwärtig*<br />

dass der Kanton beim TJe^ergang<br />

zum neuen Besteuerunirsmorles eine Einnahmeverminderung<br />

um ca. 420000 Fr. zu gewärtigen hat.<br />

Wie wird das Benzinsteuersystem funktionieren<br />

?<br />

Beim Bezug des Rationierungsscheins hat der<br />

Fahrzeughalter pro Liter Benzin 15 Rp. zu bezahlen.<br />

Erhält er Zusatzkontingente, so ist auch dafür<br />

die Steuer von 15 Rp. pro Liter zu entrichten (für<br />

Dieselöl beziffert sich die Steuer auf 20 Rp. pro<br />

Liter). Der Vorteil dieser Lösung leuchtet ein • der<br />

Automobilist sieht damit einen alten Wunsch in<br />

Erfüllung' gehen, den Wunsch nämlich nach monatlicher<br />

oder zweimonatlicher Erlegung der Steuer;<br />

gleichzeitig, hat er die Gewissheit, dass der Staat<br />

nur einen Betrag von ihm fordert, dessen Höhe<br />

sich nach_,der ihm zugebilligten Brennstöffnumge<br />

richtet, nicht aber nach der PS-Zahl seines Fahrzeugs.<br />

Zum Schluss stellt der. regierungsrätliche Be?<br />

rieht noch eine Berechnung über die Einbusse an,<br />

welche der Staat infolge der durch den Krieg und<br />

durch die Treibstoffrationierung geschaffenen Verhältnisse<br />

voraussichtlich erleiden werde. Er gelangt<br />

dabei, wie bereits erwähnt, auf einen Ausfall von<br />

420.000 Fr., verglichen mit dem Voranschlag für<br />

<strong>1939</strong>. Im übrigen hebt der Regierungsrat hervor,<br />

dass die Steuerreform lediglich provisorischen Charakter<br />

besitze und nur für die Dauer der gegenwärtigen<br />

aussergewöhnlichen Lage in Kraft bleibe.<br />

Es folgt dann der Textentwurf des Dekrets<br />

selbst dessen grundlegende Bestimmungen Art. 3<br />

und 4 darstellen, wonach<br />

die Verkehrssteuer auf 15 Rp. pro Liter der<br />

dem Halter zunebillinten Benzinmenge festgesetzt<br />

und die Höhe der Steuer insofern nach<br />

oben begrenzt wird, als sie in keinem Fall den<br />

Betrag der bisher für das betreffende Fahrzeug<br />

entrichteten Abgaben übersteigen darf.<br />

In die Praxis übersetzt heisst das, dass der Halter,<br />

der nicht so viel Benzin zugeteilt erhält, um<br />

den Betrag seiner bisherigen Steuer zu erreichen,<br />

besser wegkommt, währenddem jener, der mit der<br />

Benzinsteuer stärker belastet würde als unter dem<br />

Regime der Hubraumsteuer, nicht mehr bezahlt als<br />

his heute.<br />

Als Massnahme dringlicher Natur soll das Dekret<br />

nach dem Wortlaut des Entwurf auf 1. Januar<br />

1940 in Wirksamkeit treten.<br />

Schafft Steuererleichterungen !<br />

Bis 1. März sollte eine definitive Lösung gefunden sein<br />

Eine Eingabe Nationalrat Vallottons an den Bundesrat.<br />

Letzter Tage hat Nationalrat Vallotton<br />

dem Bundesrat eine Eingabe unterbreitet,<br />

worin er einleitend den am 10. Oktober in<br />

der < Automobil-Revue » erschienenen Artikel<br />

in Erinnerung ruft, der eine Reihe von<br />

Vorschlägen darüber enthielt, wie der Ruin<br />

des schweizerischen Autogewerbes, das immerhin<br />

50.000 Personen Arbeit und Verdienst<br />

gewährt, vermieden werden könne. Daran<br />

knüpft der Verfasser die Feststellung, dass<br />

er Gelegenheit gehabt habe, die verschiedenen<br />

Fragen mit den Bundesräten Wetter und<br />

Pilet-Golaz zu erörtern. Zugleich streift er<br />

auch seine Interpellation vom 7. Dezember,<br />

die er im Laufe der am 19. Februar 1940 beginnenden<br />

Session der eidg. Räte begründen<br />

zu können hofft. Im übrigen brachte auch der<br />

General der durch die Verhältnisse geschaffenen<br />

Lage volles Verständnis entgegen, das<br />

seinen Niederschlag in einer Reihe entsprechender<br />

Massnahmen auf militärischem Gebiet<br />

fand.<br />

Bei alledem aber verblieben zwei Probleme,<br />

die eine sofortige Lösung erheischen :<br />

a) die Rückgabe der von Handel und<br />

Industrie benötigten Lastwagen.<br />

Tagtäglich gehen beim Motorwagendienst<br />

der Armee und bei den Einheitskommandanten<br />

dringende Gesuche von Handels- und<br />

Industrieunternehmungen um Dispensation<br />

ihrer Lastwagen ein, ohne die sie nicht auszukommen<br />

vermögen. In der Mehrzahl der<br />

Fälle sind diese Begehren absolut begründet,<br />

aber die Armee kann angesichts ihres eigenen<br />

Bedarfs an solchen Fahrzeugen keine<br />

« Dienstbefreiungen» bewilligen, denn dadurch<br />

würde sie ihre Verpflegung und ihre<br />

Beweglichkeit beeinträchtigen. Worauf diese<br />

Situation zurückzuführen ist ? Auf den Mangel<br />

an Lastwagen von 3—5 t, denn allerdings<br />

reicht unser Bestand an solchen Schwergewichten<br />

nicht aus, um sowohl die Nachfrage<br />

der Armee als auch der Privatwirtschaft zu<br />

decken. Dazu lässt sich die Befürchtung nicht<br />

unterdrücken, dass die Gesuche des Hinterlandes<br />

auf das Frühjahr hin noch verstärkt<br />

einsetzen und dass sich daraus sogar ein<br />

Konflikt zwischen Armee und Privatwirtschaft<br />

entwickeln könnte, wiewohl eine<br />

Schuld weder dort noch hier vorliege. Die<br />

einzig mögliche Lösung läge nach der Ansicht<br />

Herrn Vallottons in der unverzüglichen<br />

Bestellung von mindestens 300 oder besser<br />

noch etwa 500 Lastwagen mittlerer Tragkraft,<br />

womit sich ein Weg öffnen würde, um<br />

einen Teil der heute requirierten Wagen<br />

wieder dem zivilen Leben zuzuführen. Übrigens<br />

bedeutet der Ankauf dieser Fahrzeuge<br />

durchaus keine Anschaffung ä fonds perdu,<br />

denn sie blieben Eigentum der Armee, würden<br />

der Entschädigung von 1 Promille pro<br />

Tag teilhaftig und könnten am Ende des<br />

Krieges verkauft werden.<br />

b) Erleichterung der Fiskallasten.<br />

In steuerlichen Belangen herrscht bei uns,<br />

wie man weiss, eine auffallende Ungleichheit<br />

und Buntscheckigkeit. Der selbe Lastwagen,<br />

der in. Baselstadt 400 Fr. entrichtet, bezahlt<br />

in andern Kantonen bis zu 1000 Fr. Jahressteuer.<br />

Bei den hohen FiskaJIasten einerseits<br />

und der durch die Rationierung bedingten<br />

Einschränkung der Verwendungsmöglichkeit<br />

des Fahrzeugs anderseits kann es nicht verwundern,<br />

dass sich Tausende von Haltern<br />

wohl oder übel entschliessen müssen, ihr<br />

Vehikel stillzulegen, zum Schaden der Landesverteidigung<br />

sowohl ak auch des Autogewerbes<br />

und -Handels. Sollte die Schweiz<br />

in den Konflikt hineingezogen werden, dann<br />

muss sich die Armee unbedingt auf einen<br />

fahrbereiten zivilen Fahrzeugpark verlassen<br />

können. Mit einem « aufgebockten Friedhof»<br />

ist ihr nicht gedient. In Kriegszeiten erhebt<br />

sich für sie die unabweisbare Notwendigkeit,<br />

ihre durch Bombardements usw. gelichteten<br />

Bestände aus einem zivilen Reservoir wieder<br />

aufzufüllen. Dazu trifft aber die Ausserbetriebsetzung<br />

auch das AutOErewerbe und<br />

Durch ein technisches Versehen haben sich in der Litertafel, die in Nr. 87 zur Veröffentlichung<br />

gelangte, einzelne Irrtümer eingeschlichen. Um sie zu berichtigen, bringen wir die Tabellen nochmals,<br />

wobei wir zu Verpleichszwecken in Klammern jeweilen die Treibstaffmenge beigefügt haben,<br />

die sich auf Grund der Zutrilung vom 15. November bis 31. Dezember für eine zweimonatige Rationierungsperiode<br />

ergeben hätte.<br />

Litertafel für Personenwagen<br />

Dringlich- Quanti- Motorenleittun; (Steuer-PS):<br />

B<br />

Liter Benzin<br />

1 210 (240) 320 (360)<br />

2 180 (200) 270 (300)<br />

3 160 (180) 240 (266%)<br />

4 140 (160) 210 (240)<br />

5 120 (140) 180 (206%)<br />

6 100 (120) 160 (180)<br />

7 90 (106%) 130 (160)<br />

8 60 _(73i/,j 90 (106%)<br />

1 140"(160) 210 (240)<br />

2 100 (120) 150 (180)<br />

3 80 (93V 3 ) 120 (140)<br />

für die 2. Treibstoff-Rationierungsperiode<br />

vom 7. Janaar bis 29. Februar 1940.<br />

370 (426%)<br />

320 (360)<br />

280 (320)<br />

240 (280)<br />

220 (253%)<br />

180 (2131/s)<br />

160 (200)<br />

240 (280)<br />

180 (213i/i)<br />

140 (166%)<br />

n<br />

°<br />

1 100(120)<br />

2 60 (731/3)<br />

150(180)<br />

90(106%)<br />

180 (2131/a)<br />

110(133»/,)<br />

D 45(46%) 70(731/,) 80(86%)<br />

Literlafeln<br />

Litertafel für Lieferwagen<br />

Drlntllch- Quanti- Motorenleiitunt(Steuer-PS):<br />

Ä'ri. MUto'ri. 1 "' 7 - S "<br />

7 ' 51 - 1B ' 5 PS 15 ' 51 P$ a - mtlt<br />

Liter Biniin<br />

1 250(320) 370(480) 495(640)<br />

2 220 (266%) 320 (400) 430 (533'/,)<br />

. 3 180 (213i/ 3 ) 270(320) 350(426%)<br />

A<br />

4 130(160) 190(240) 250(320)<br />

5 90(106%) 130(160) 170 (213i/ 3 )<br />

6 70(86%) 110(133%) 130 (1662/,)<br />

7 45(46%) 70 (731/Q 80(931/,)<br />

1 180 (2131/a) 270(320) 350(426%)<br />

2 130(160) 190(240) 250(320)<br />

B 3 90(106%) 130 (160) 170 (2131/,)<br />

4 70(86%) 110(133%) 130(166%)<br />

5 45(46%) 70(731/3) 80(93y 3 )<br />

1 130(160) 190(240) 250(320)<br />

r 2 90(106%) 130(160) 170(2131/,)<br />

0<br />

3 70(86%) 110(133V 3 ) 130(166%)<br />

4 45(46%) -70(731/3) 80(93%)<br />

den Autohandel, weil sie ihnen Arbeit entzieht."<br />

20.000 Nummernschilder sind in der<br />

Schweiz seit Kriegsausbruch zurückgegeben<br />

worden — Beweis genug für die Unerlässlichkeit<br />

einer Intervention.<br />

Was das Steuerproblem anbelangt, so erinnert<br />

Herr Vallotton daran, dass er ursprünglich<br />

die Aufhebung der kantonalen<br />

Steuern und deren Ersetzung durch eine zusätzliche<br />

Abgabe auf dem Benzin ins Auge<br />

gefasst hatte. Seither schlug er eine Zwischenlösung<br />

in Form einer Reduktion der<br />

kantonalen Steuern vor; dabei bliebe die<br />

Finanzhoheit der Kantone unangetastet, aber<br />

sie würden jene Erleichterungen gewähren,<br />

welche sich inr Hinblick auf die Benzinrationierung<br />

rechtfertigen. Gegenwärtig befindet<br />

sich diese. Frage beim eidg. Post- und Eisenbahndepartement<br />

in Prüfung.<br />

Vorläufige Mittel.<br />

Die Zeit drängt. Es sollte gelingen, vom<br />

1, Januar 1940 an einen Weg zu finden, um<br />

die Fahrzeughalter zum Bezug ihrer Schilder<br />

und zur Erledigung der Steuern zu veranlassen,<br />

wobei Bund und Kantonen die erforderliche<br />

Zeit bliebe, um ihre Studien zu Ende<br />

zu führen. Aus diesen Erwägungen heraus<br />

regt Herr Vallotton dem Bundesrat folgende<br />

provisorische Lösung an :<br />

a) der Bundesrat interveniert bei den Kantonen<br />

in dem Sinn, dass diese nur zwei Zwölftel der<br />

Jahressteuer 1940 erheben, nämlich für Januar<br />

und Februar;<br />

b) der Bundesrat würde sobald als möglich eine<br />

Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren<br />

einberufen, damit auf 1. März 1940 eine definitive<br />

Lösung In Kraft gesetzt werden kann.<br />

Bereits hat Herr Vallotton diese Idee' mit<br />

der Asima und dem Autogewerbeverband<br />

diskutiert, ebenso wie mit der Via Vita. Eine<br />

Kopie seines Memorandums ist auch an General<br />

Guisan abgegangen.<br />

QaxaqeheizuHQt<br />

exteicntetti<br />

das jUtspKinqen dee Mototett<br />

und xediuü&ten den !Betutiwe*6xatuA<br />

Sfpassen<br />

Ausbau der Ibergeregg-Strasse.<br />

Kürzlich hat sich in Oberiberg eine Vereinigung<br />

gebildet mit dem Ziel, Mittel und Massnahmen zu<br />

ergreifen, um dem Ausbau der Ibergeregg-Strasse<br />

zum Dürchbruch zu verhelfen. In Aussiebt genommen<br />

ist eine Verbreiterung des Verbindungsweges<br />

von Einsiedeln, resp. Oberiberg nach Schwyz von<br />

3 auf 4,'5 m, um das Gebiet dem Automobilverkehr<br />

und dem Bergsport in vermehrtem Masse zugänglich<br />

zu machen.<br />

Nachdem der Kanton Schwyz durch die Verwirklichung<br />

des 100jährigen Pragelstrassen-Projektes<br />

und die Anpassung des übrigen Strassennetzes<br />

an die heutigen Verkehrsverhältnisse finanziell äusserst<br />

stark in Anspruch genommen ist, dürfte der<br />

Ausbau der Strasse über die Ibergeregg wohl noch<br />

längere Zeit auf sich warten lassen. Vom autotouristischen<br />

Gesichtspunkt aus gesehen, erschliesst<br />

diese Strasse ein wirklich schönes und lohnendes<br />

Touristengebiet. .Wenn dieser Uebergang heute noch<br />

allzu wenig bekannt ist, so nicht zuletzt wegen der<br />

ungenügenden Strassenbreite, die ein Kreuzen zu<br />

einem gewissen Kunststück macht. Aber auch der<br />

Oberbau der Strasse entspricht auf gewissen Strekken<br />

durchaus nicht den heutigen Verkehrsanforderungen.<br />

F E U I L L E T O N<br />

Ein Mann entlaufen!<br />

Roman von Vera Bern.<br />

2. Portsetzung<br />

So erzählte Gerda, dass der Laufjunge<br />

sich in die Stenotypistin verliebt hatte, dass<br />

der Korrespondent sein ganzes Geld für eine<br />

Tänzerin ausgegeben — wagte sich sogar<br />

einmal an Direktor Römer heran und erzählte,<br />

dass der sich mit der neuen Pariser<br />

Schönheitskönigin verloben wolle ... Dass<br />

er längst verheiratet und Vater zweier erwachsener<br />

Kinder war, wusste Gerda nicht.<br />

Alles wurde anders, als Becker sich Gerda<br />

näherte. Dann sass die Mutter auch während<br />

der Abende und Feiertage aHein in ihrer<br />

Stube und blickte auf den Hof hinunter, auf<br />

die spielenden Kinder, deren Schreie sich nur<br />

als stumme Grimassen ihrem Auge offenbarten.<br />

Becker lud Gerda ins Kino; er ruderte sie<br />

im Boot auf dem See herum. Nie führte er<br />

sie in Tanzlokale, nie an Stätten, die eine<br />

Gemeinsamkeit zwischen ihr und anderen<br />

schaffen konnten. Denn, dass sich die meisten<br />

Leute nach dem bildhübschen, frischen<br />

Mädel umdrehten, erfüllte ihn mit quälender<br />

Eifersucht. Ihm, dem Vierzigjährigen, kam<br />

es selbst manchmal unwahrscheinlich vor,<br />

dass er Rechte an Gerda geltend machen<br />

durfte.<br />

So begnügte er sich damit, ihr von Zeit zu<br />

Zeit Schokolade, Bijouterie, irgend eine Kleinigkeit<br />

mitzubringen. Nur, dass diese Kleinigkeiten<br />

kostbarer wurden von Mal zu Mal.<br />

«Das ist ja viel zu schön für mich! »<br />

sagte sie oft. Aber sie fühlte mit dem Instinkt,<br />

des erwachenden Weibes, dass jedes<br />

Geschenk, das er ihr brachte, ihren Wert<br />

steigerte in seinen Augen.<br />

— Noch immer steht Gerda vor dem Telephonschran'k.<br />

Soll Sie Becker versetzen ?<br />

... Soll sie doch lieber hingehen ? ... Damit<br />

er keinen Verdacht schöpfte ! Aber wenn er<br />

sie einlud, den Abend mit ihm zu verbringen<br />

?... Das tat er sicher...! Es war<br />

doch undenkbar, dass sie noch mit ihm ausging<br />

! Es musste Schluss gemacht werden !<br />

Sie konnte sich doch an einen Menschen, der<br />

mit einem Fuss im Gefängnis stand, nicht<br />

binden ! Aber — um Schluss zu machen,<br />

musste sie noch einmal mit ihm sprechen !<br />

Sie geht über den Hof, tritt auf die Strasse<br />

hinaus.<br />

Das blaue Auto Direktor Römers parkt<br />

vor dem Eingang. Gerade als sie vorbeigehen<br />

will, springt der Chauffeur in seinem<br />

weissen Dienstmantel herunter und reisst<br />

den Wagenschlag auf. 'Direktor Römer legt<br />

i grüssend den Finger an den H' und steigt<br />

ein. Da fällt sein Blick auf Gerda Manz. Er<br />

kneift die Augen zusammen, erkennt sie nicht<br />

gleich unter dem hellen, flachen, breitrandigen<br />

Hut. Doch dann beugt er sich zum<br />

Wagen hinaus :<br />

« Fräulein, auf ein Wort! »<br />

Ihr Herz klopft, während sie nähertritt-<br />

« Herr Direktor

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