E_1940_Zeitung_Nr.016
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eeiU. Lassen Sie mich erklären: bei der allgemeinen<br />
Mobilmachung benützt die Armee als Trans-<br />
der Aitneefahrzeuge ihren Besitzern zurückgegeben<br />
punkt, zu Ende des Herbstes 1939, mehr als 40%<br />
portmittel die zivilen Personen- und Lastwagen. worden warenI Weiter zu gehen und rascher zu<br />
Und was die Chauffeure anbetrifft, so greift sie handeln lieseen die Umstände nicht zu. Aber derartige<br />
Massnahmen sind nur möglich, solange un-<br />
auf die zivilen Fairer. Dass dadurch Landwirtschaft,<br />
Industrie, Gewerbe, kurz das « zivile Land » serem Lande nicht die Gefahr droht, in den Stru-<br />
hineingerissen zu werden; denn Mangel an Last-<br />
in Mitleidenschaft gezogen wird, liegt auf derdel<br />
Hand. Herrscht aber Mangel an Leuten und an wagen vermögen sie selbstredend nicht abzuhelfen.<br />
Material, dann bedarf es vielen Verständnisses, guten<br />
Willens und gegenseitigen Vertrauens, um Konmen<br />
mit den Herren Feldmann, Schöpfer und Kä-<br />
Es gibt nur eine Lösung: jene, die wir, zusamflikte<br />
zu vermeiden. Der Eigentümer eines requirierten<br />
Wagens muss einsehen, dass die Bereit-<br />
Via Vita und anderen seit Jahren gefordert haben.<br />
ser, mit den Obersten Labhardt und Ruf, mit der<br />
schaft der Armee allem vorangeht und dass sie Sie heisst: Vermehrung unseres Lastwagenbestandes.<br />
ohne Fahrzeuge nicht auskommt, selbst dann, wenn<br />
diese — um Brennstoff zu sparen — provisorisch Wir müssen — und man darf die Dringlichkeit<br />
dieses Gebotes nicht verkennen — für die<br />
untätig bleiben müssen. Umgekehrt muss die Armee<br />
begreifen, dass die Prosperität unserer Landwirtschaft,<br />
des Handels, des Gewerbes eine der Dieses Vorgehen zwingt sich auf, weil es allein<br />
Armee einige hundert Lastwagen anschaffen.<br />
Hauptbedingungen der Widerstandskraft des Landes<br />
darstellt, das sie verteidigt.<br />
mee und Zivil Wirtschaft zugleich zu entspre-<br />
Gewähr dafür bietet, den Bedürfnissen von Ar-<br />
Armee und zivile Wirtschaft bilden eine Einheit,<br />
das Heer kann seine Aufgabe nur dann<br />
chen.<br />
erfüllen, wenn es ein gesundes und starkes Vo'k<br />
und eine gut gedeihende Wirtschaft hinter sich<br />
hat; das «zivile Land» aber besteht nur durch<br />
eine Armee, die ihrer Mission gewachsen ist.<br />
Und im Lichte dieser Grundsätze möchte iesh<br />
nan, ohne Voreingenommenheit und ohne Kritik-<br />
Bucht das Problem des Motorfahrzeugs nach seiner<br />
militärischen und zivilen Seite hin untersuchen.<br />
Die erste in unserer Interpellation gestellte<br />
Frage'lässt 6ich wie folgt zusammenfassen:<br />
Welche Maßnahmen hat der Bundesrat<br />
ergriffen oder gedenkt er zu ergreifen,<br />
um den Lastwagenbedarf der Armee<br />
und der zivilen Wirtschaft sicherzustellen?<br />
Bei zahlreichen Gelegenheiten ist der Bundesrat<br />
auf die Knappheit an Motorfahrzeugen im<br />
Kriegsfalle aufmerksam gemacht worden. loh erinnere<br />
unter anderem an die Interpellation unseres<br />
Kollegen Feldmann, an die Postulate Käser und<br />
Schöpfer im Ständerat, an meine Interpellation<br />
von 1938, an die Artikel Oberstkorpekommandant<br />
Labhardts und Oberst Rufs. Kurz nach unserer Interpellation<br />
hat die Via Vita 1938 eine wohldokumentierte<br />
Broschüre über die Heeresmotorisierung<br />
herausgebracht, die an Sie verteilt worden ist.<br />
Immer wieder erhöben sich in den Jahren vor<br />
dem Krieg die Alarmrufe. «Seid auf der Hut», gab<br />
man dem Bundesrat von allen Seiten zu verstehen,<br />
«unser Lastwagenpark genügt für den Kriegsfall<br />
nicht Trefft eure Massnahrnen, solange es noch<br />
Zeit istu<br />
Dass sich der Bundesrat dieser Gefahr bewusst<br />
war, beweisen schon seine Botschaften vom 19. Juni<br />
1936 und vom 18. Juni 1937. Vom Juni 1937 an<br />
unterstrich sie der Chef des Militärdepartements<br />
ausdrücklich in verschiedenen Reden. Aber hat man<br />
rechtzeitig alle erforderlichen Vorkehren getroffen?.<br />
Nein! Sagen wir es gerade heraus:<br />
wahrend des dem Kriege vorangehenden<br />
Jahrzehnts beschäftigte man sich vor<br />
allem mit der zugegebenermassen beunruhigenden<br />
Lage der Bahnen; man betrieb<br />
Transportpolitik zu deren Gunsten<br />
und infolgedessen zum Schaden einer<br />
vernünftigen Entwicklung des Lastwagens.<br />
Der Erfolg liess denn auch nicht auf sich warten:<br />
Währenddem der Bestand an Lastwagen von<br />
19S1 bis 1937 in fast allen Ländern Europas erheblich<br />
wuchs, trat in der Schweiz eine Stagnation<br />
ein und die unbedingt nötige Erneuerung blieb<br />
aus. Ein paar Zahlen mögen diese Dinge illustrieren.<br />
Auf 100 Lastwagen, welche 1933 neu in Verkehr<br />
gesetzt wurden, traf es:<br />
in Deutschland 486<br />
in Ungarn 546<br />
in Jugoslawien 540<br />
in der Schweiz 86<br />
in Finnland 416<br />
In ihrer Beunruhigung, zu der sie alle Ursache<br />
hatten, erhoben die Militärbehörden beim Bundesrat<br />
ihre warnende Stimme gegen eine Transportpolitik,<br />
«die allzu einseitig vom Bestreben geleitet<br />
war, die Bahnunternehmungen zu unterstützen».<br />
Die allgemeine Mobilmachung vom 1. September<br />
1939 sollte den Beweis für die Gefährlichkeit dieser<br />
einseitigen Politik erbringen. In der Tat besitzt<br />
die Armee nur einen sehr bescheidenen eigenen<br />
Mötorfahrzeugpark, worin u. a. Saurer- und<br />
Berna-Lastwagen stehen, die, entgegen aller Wahrscheinlichkeit,<br />
nach einer Leistung von 350 000 km<br />
noch weiter im Dienst behalten und dabei von<br />
Hunderten verschiedener Fahrer gesteuert werden<br />
(nebenbei ein schlagender Beweis für die Zähigkeit<br />
unserer einheimischen Lastwagen). Die Armee blieb<br />
somit darauf angewiesen, 65% der zivilen Lastwagen<br />
zu requirieren. Obwohl sie dabei ein« gewisse<br />
Anzahl minderwertiger Fahrzeuge übernahm<br />
— weil von einer Auewahl keine Rede war und<br />
weil die Einheiten ihre Fahrzeuge bereits am ersten<br />
Tage fassen museten, um abmarschieren zu<br />
können — sahen sich Industrie, Handel, Gewerbe<br />
und Landwirtschaft mit einem Schlag ihrer unentbehrlichen<br />
Transportmittel beraubt. Ich kann hier<br />
den Fall einer Mühle zitieren, die alle ihre Lastwagen<br />
zu stellen hatte, infolgedessen ausserstande<br />
war, ihre Kunden mit Mehl zu versorgen, die aber<br />
nichtsdestoweniger vom Oberkriegskommissariat<br />
den Befehl erhielt, Mehltransporte auszuführen<br />
in dem Moment, da sie nicht mehr über einen einzigen<br />
Wagen verfügte!<br />
Was an Lastwagen den zivilen Betrieben verblieb,<br />
war und ist auch heute noch zahlenmäßig<br />
völlig ungenügend (teilweise auch punkto Qualität),<br />
um ein ungestörtes Wirtschaftsleben zu sichern.<br />
Bei einem namhaften Teil dieser 35°/o handelt es<br />
sich um.hinfä.'üge «Kaffeemühlen», wie die an Ort<br />
und Stelle durch Offiziere des Motorwagendienstee<br />
vorgenommenen Expertisen ergeben haben.<br />
Kein Wunder, das« ein. wahrer Hagel von Dispensationsgeeuchen<br />
über die zuständigen militärischen<br />
Stellen niederging. Dabei kommt man nicht<br />
um die Feststellung herum, dass ein sehr grosser<br />
Prozentsatz dieser Begehren durchaus gerechtfertigt<br />
war. Dank dem Verständnis und der Tatkraft<br />
des Generals, die über den lässigen und trägen Betrieb<br />
gewisser Bureaus triumphierten, wurden unverzüglich<br />
Massnahmen ergriffen. Die Truppe half<br />
bei den Landarbeiten mit, die Armee vermietete<br />
Lastwagen an Zivilpersonen, und zwar zu den glei-<br />
chen Bedingungen, wie sie für die requirierten<br />
Fahrzeuge gelten, man gab die mageren, in den<br />
Parks stehenden Reserven zurück. Weil das jedoch<br />
noch immer nicht ausreichte, beurlaubte der General<br />
gewisse, mit Fahrzeugen stark versehene Einheiten.<br />
So kam es, dass in einem gewissen Zeit-<br />
Unterlassen wir das, so werden wir nicht nur weiter<br />
mit den erwähnten Schwierigkeiten zu kämpfen<br />
haben, sie werden sich vielmehr noch steigern und<br />
einen Konflikt zwiechen dem «zivilen Land» und<br />
dem Heer heraufbeschwören, wofür weder das eine<br />
noch das andere eine Verantwortung trifft und den<br />
es somit um jeden Freie zu verhüten gilt.<br />
Zudem ist ein derartiges Vorgehen auch vom<br />
finanziellen Standpunkt aus durchaus gesund. Für<br />
einen neuen Lastwagen im Werte von 20 000 Fr.,<br />
der am 1. September in Betrieb genommen worden<br />
wäre, hätte man bis zum 1. April (auf der Basis<br />
von 1:1000, d. h 20 Fr. pro Tag und 7300 Fr. pro<br />
Jahr) bereits rund 4200 Fr. an Miete einnehmen<br />
können. Ueberdies blieben dem Bund beim Kauf<br />
armee-eigener Lastwagen die Vengütung für Wertverminderung<br />
und die namhaften Kosten für die<br />
Reparatur alter Fahrzeuge, wozu man heute, in Ermangelung<br />
eines Bessern, genötigt ist, erspart.<br />
Was aber geschieht mit diesen Lastwagen nach<br />
dem Kriege? Man wird sie für die Armee behalten,<br />
soweit sie erforderlich eind, und den Rest an zivile,<br />
Halter verkaufen, was mit zur teilvveisen Erneuerung<br />
unseres Parks beitrüge. ,<br />
Es ist uns bekannt, dass der General nach eingehender<br />
Prüfung der Frage im Dezember schon<br />
dem Bundesrat die Anschaffung einer gewissen<br />
Anzahl von Lastwagen beantragte. Und wir ersuchen<br />
den Bundesrat, den Kammern Aufschluss<br />
darüber zu erteilen, was er in dieser Hinsicht getan<br />
hat.<br />
Wenn ich eben sagte, der General hahe mit raschem<br />
Entschluss jene Maesnahmen ergriffen, die<br />
geeignet waren, die Forderungen der zivilen Front<br />
zu befriedigen, so möchte ich hier noch weiter betonen,<br />
dass er<br />
in weniger als zwei Wochen all jene Mittel zur<br />
Anwendung brachte, die wir im Oktober angeregt<br />
hatten, um den Ruin des Autogewerbes zu<br />
Vermeiden: Die Reparaturen an Militärwagen<br />
wurden den zivilen Werkstätten und Garagen<br />
Vom schweizerischen Volkswagen<br />
Wenn es auoh um den schweizefisclten"<br />
Volkswagen, von dem wir vor ungefähr<br />
zwei Jahren zu wiederholten Malen berichtet<br />
hatten, etwas still geworden ist, so will<br />
das nicht sagen, dass die Sache inzwischen<br />
etwa eingeschlafen wäre. Vielmehr befindet<br />
sie sich weiter im Gang und neue Versuchswagen<br />
sind im Bau, wobei die Hoffnung<br />
nicht umbegründet erscheint, man werde im<br />
kommendem Sommer Näheres darüber vernehmen.<br />
Auf jeden Fall kann von einer Aufgabe<br />
des Projektes nicht die Rede sein.<br />
Der Geschäftsbericht des eidg. Post- und Eisenbahndepartements<br />
für 1939 schildert die Entwicklung<br />
dieser Angelegenheit bis Ende 1939 wie folgt:<br />
Die ersten Auaführungsvorschriften zum Bundesbeschluss<br />
vom 30. September 1938 über den<br />
Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen<br />
auf öffentlichen Strassen (Autotransportordnung)<br />
lagen im Sommer 1939 im Entwurf<br />
vor. Die seither eingetretenen politischen Ereignisse<br />
hatten die zeitweilge Unterbrechung dieser Arbeiten<br />
zur Folge, wodurch sich auch die Inkraftsetzung<br />
der Autotransportordnung verzögert hat. Das Departement<br />
hat, gestützt auf eine vom Bundesrat erteilte<br />
Ermächtigung, eine Expertenkommission zur<br />
Beguachtung der Vollziehungserlasse zur Autotransportordnung<br />
eingesetzt. Nach Inkrafttreten der<br />
Autotransportordnung wird sie in die Transportkommission<br />
übergehen. Die Kommission setzt sich<br />
zusammen aus Vertretern des eidgenössichen Militärdepartements,<br />
der wichtigsten Wirtschaftegruppen<br />
des Landes, des Treuhandverbandes des Autotransportgewerbes<br />
und der Bahnen.<br />
Ebenfalls behufs Vorbereitung des Vollzuges der<br />
Autotransportordnung hat das Amt für Verkehr<br />
mit der Erstellung eines provisorischen Registers<br />
der Automobiltransportbetriebe begonnen. Auf Aufforderung<br />
des Amtes für Verkehr hin sind bis zur<br />
Mobilmachung der Armee rund 21 500 Anmeldungen<br />
eingegangen und registriert worden. Dieses Material<br />
gestattete, die Betriebe provisorisch nach<br />
Transportarien auszuscheiden. Ein Teil dieses Material«<br />
wurde von der Armee verarbeitet. Das beim<br />
Amt für Verkehr für das Autotransportwesen eingesetzte<br />
Personal wurde, soweit es nicht mobilisiert<br />
wurde, zu den Arbeiten de9 Kriegs—Industrieund<br />
Arbeits-Amtes für die Rationierung der flüssigen<br />
Kraft- und Brennstoffe herangezogen. Die<br />
mit der Autotransportordnung zusammenhängenden<br />
Arbeiten konnten gegen Ende des Berichtsjahres<br />
wieder aufgenommen werden.<br />
(Wie eich die Lage heute präsentiert, darüber<br />
vermittelte die Generalversammlung des Verbandes<br />
schweizerischer Motorlastwagenbesitzer, über die<br />
wir an anderer Stelle in dieser Nummer ausführlicher<br />
berichten, näheren Aufschluss. Nach den Mitteilungen<br />
des eidg. Amtes für Verkehr besteht Aussicht<br />
darauf, die Arbeiten fortzusetzen und die<br />
Tarifkontrolle in gewissem Umfang einzuführen.)<br />
AUTOMOBiL-KEVUE DIENSTAG, 16. APRIL <strong>1940</strong> — N° 16<br />
übertragen, die Bezüge der Militärbehörden<br />
erfolgten teilweise bei den Detaillisten, neue<br />
Lastwagen wurden für ein Jahr von der Requisition<br />
befreit, Garage- und Werkstättechefs,<br />
welche Arbeit hatten, erhielten Urlaubsbewilligungen.<br />
In unserem Lande (dem es noch immer gut geht),<br />
wo die Kritik eines jeden durch jeden sich zu einer<br />
nationalen Tradition und die Unzufriedenheit zu<br />
einem Dauerzustand zu entwickeln scheint, erachte<br />
ich es als meine Pflicht, dem General für seine<br />
rasche und wirksame Arbeit auf diesem Gebiet<br />
öffentliches Lob zu spenden, bin ich doch Zeuge<br />
seiner Bemühungen und Anstrengungen gewesen.<br />
Welche Massnahmen gedenkt der Bundesrat,<br />
im Einverständnis mit den Kantonen,<br />
zu ergreifen, um die Stillegung von<br />
Fahrzeugen zu vermeiden?<br />
In der Ausserverkehrssetzung von Motorfahrzeugen<br />
liegt eine ernste Gefahr nicht nur,für die<br />
Landesverteidigung, sondern ebensosehr für die<br />
Wirtschaft. Für die Armee, weil Tausende aufgebockter<br />
Fahrzeuge mit entladener Batterie und luftleeren<br />
Reifen erst binnen einiger Tage fahrbereit<br />
sind. Zahlreiche Fahrzeugbesitzer stehen unter den<br />
Waffen, sie haben niemanden zu Hause, der den<br />
Wagen wieder instand stellen könnte, der die Ausweise<br />
löst, die Versicherungen in Ordnung bringt<br />
usw. Erschwerend wirkt weiter der Umstand, dass<br />
viele Garagisten und Mechaniker eingerückt sind.<br />
Und was die Militärchauffeure anbelangt, so haben<br />
wir deren nur wenige und obendrein sind sie bei<br />
ihrer Einheit. Würde die Schwez eines Tages ohne<br />
vorhergehende Erklärung angegriffen (wie es ja<br />
den neuesten Gepflogenheiten entspricht), dann<br />
kann ich mir kaum vorstellen, wie es gelingen sollte,<br />
die Tausende stillgelegter Fahrzeuge wieder in Betrieb<br />
zu setzen. Auch wirtschaftlich betrachtet zeitigt<br />
die Einstellung verhängnisvolle Folgen, bringt<br />
sie doch die Einnahmequellen der Garagen und<br />
Werkstätten zum Versiegen.<br />
In den unsicheren und gefahrvollen Zeiten,<br />
in denen wir leben, ist es Pflicht<br />
Das Auto als Mittel zum Warentransport vom<br />
•<br />
Aus meinen unaufhörlich wachsenden Bedenken<br />
um diese Entwicklung, die sich täglich zuspitzte<br />
und sich wie eine Epidemie auebreitete, schrieb ich<br />
am 12. Oktober einen Artikel in der «Automobil-Revue»,<br />
betitelt: «Wie vermeiden wir den<br />
Ruin des schweizerischen Autogewerbes». Darin<br />
legte ich die schwere Not und Bedrängnis dieses<br />
Wirtschaftszweiges dar und brachte eine Reihe von<br />
militärischen und zivilen Mitteln in Vorschlag (je<br />
nach den Behörden, in deren Kompetenzbereich deren<br />
Anwendung fiel). Wie gesagt: beim General<br />
selbst fand ich unverzügliche und vollständige Unterstützung.<br />
Er griff dem Garagegewerbe unter die<br />
Armee, soweit für ihn dazu eine Möglichkeit bestand.<br />
Auf dem Gebiet der Massnahmen zivilen Charakters<br />
nahm ich einen Gedanken auf, der nicht<br />
als neu angesprochen werden durfte: die Beseitigung<br />
der kantonalen Verkehresteuem und deren<br />
Ersatz durch einen während der Dauer der Mobilisation<br />
zu erhebenden Zuschlag auf dem Benzin.<br />
In der Tat scheint es abnormal, ja buchstäblich<br />
untragbar, dass der Motorfahrzeughalter weiterhin<br />
die~volle Steuer entrichten soll, dieweil ihn die<br />
Treibstoffrationierung zwingt, seine Fahrten sehr<br />
stark einzuschränken. Den Vorteil dieses Wechsels<br />
im Besteuerungssystem erblickte ich in der Herbeiführung<br />
einer Gleichbehandlung aller Fahrzeugbesitzer,<br />
denn es hört sich immerhin verblüffend<br />
an, dass ein 5-t-Lastwagen mit Anhänger im Kanton<br />
Waadt 1905 Fr., im Kanton Bern 1200 Fr. und<br />
in Baselstadt nur 500 Fr. Verkehrssteuer bezahlt.<br />
...500 oder 1905 Franken!... Wäre der Gedanke<br />
auf fruchtbaren Boden gefallen, dann bestände für<br />
die HaJter kein Anlass mehr, ihre Nummernschilder<br />
zurückzugeben und den Wagen einzustellen.<br />
Aber dem Vorschlag erwuchs von verschiedenen<br />
Seiten Widerstand. Die Kantonsregierungen erblickten<br />
darin (nicht ohne Grund, das 6ei anerkannt)<br />
einen neuen Einbruch in ihre Fiskalhoheit,<br />
vor allem jene, deren Steuerarisäfze hoch liegen und<br />
die deshalb einen fühlbaren Einnahmenrückgang<br />
befürchteten. Opposition machte ßich daneben auch<br />
in den Kreisen jener Motorfabrzeugbesitzer geltend,<br />
die in Kantonen mit vernünftigen Steuern<br />
wohnen, wie Genf und Baselstadt.<br />
Stand der Chef des eidg. Finanzdepartements<br />
dem System sympathisch gegenüber, so lehnte es<br />
die Oberzolldirektion aus technischen Gründen ab,<br />
die in einem Memorandum vom 21. Okt. zusammengefasst<br />
sind. Unser Kollege, Herr Grimm, erklärte<br />
sich als Chef der Sektion für Kraft und Wärme<br />
mit dem Prinzip einverstanden, allerdings nicht<br />
ohne eine Mpnge Fragen daran zu knüpfen. Im<br />
übrigen müssen wir eingestehen, dass die vorgeschlagene<br />
Aenderung eine Reihe sehr delikater verfassungsrechtlicher<br />
Probleme aufwarf.<br />
In der Absicht, dem Widerstand, soweit er sich<br />
auf stichhaltige Gründe stützte, Rechnung zu tragen<br />
und einer Lösung den Weg zu ebnen, richtete<br />
ich am 30. Oktober an die Vorsteher des eidg. Finanz-<br />
und des Volkswirtschaftsdepartements einen<br />
neuen Vorschlag, nämlich:<br />
1. Um den Grundsatz ihrer Finanzhoheit zu<br />
wahren, sollten die Kantone zwar eine Steuer erheben,<br />
jedoch mit gewissen Beschränkungen. Ein<br />
Beispiel mag die Sache veranschaulichen: Die<br />
Steuer könnte für Motorräder auf 25 Fr., für ein<br />
Auto bis 8 PS auf 50 Fr., für ein solches von über<br />
8 PS auf 100 Fr., für einen Lastwagen auf 250 Fr.<br />
festgesetzt werden usw.<br />
2. Drüber hinaus würde auf dem Benzin pro<br />
Liter ein gewisser Zuschlag erhoben, wobei es sich<br />
indessen von selbst verstünde, dass die Kantone,<br />
in einer Zeit, da viele Fahrzeuge requiriert sind<br />
und da die Rationierung der Verwendungsmöglichkeit<br />
anderer Vehikel enge Grenzen zieht, nicht darauf<br />
ausgehen dürften, einen Betrag zu fordern, der<br />
•gleich hoch wäre wie ihre bisherigen Verkehrs-<br />
6teuereinnahmen. Auf der Grundlage einer solchen<br />
Uebergangslösung sollte eich eine Verständigung<br />
mit den Kantonen erzielen lassen ...»<br />
Später wurden dem Bundesrat noch andere interessante<br />
Vorschläge unterbreitet: in der Eingabe<br />
d.er Via Vita vom 25. November und in jener des<br />
Autogewerbeverbandes vom 2. Dezember. Weichen<br />
sie auch in den Wegen voneinander ab, so treffen<br />
sich diese Demarchen doch im Ziel.<br />
Bereits hat der Kampf, den wir seit September<br />
1939 unter Mitwirkung zahlreicher Verbände, insbesondere<br />
des Touring-Clubs und Automobil-Clubs,<br />
unternommen, nicht zu unterschätzende Resultate<br />
gezeitigt. Von den Versicherungsgesellschaften<br />
wurde eine Prämienermässigung von 20 %> zugestanden<br />
und eine ganze Reihe von Kantonen gewähren<br />
Erleichterungen, wobei der Tessin als kühner<br />
Erneuerer die Benzinsteuer einführte, die<br />
erfolgt in dersämtliche Rationierungskarten mit einer Abgabe<br />
von 15 Rappen pro Liter Benzin belegt. Jedoch,<br />
diese Erleichterungen reichen nach unserem Dafürhalten<br />
nicht aus, um das Ziel zu erreichen, das wir<br />
uns gesteckt. Bedürfte es dafür noch eines Beweises,<br />
dann halten wir ihn mit der Tatsache in Händen,<br />
dasß nach wie vor Tausende von Fahrzeugen<br />
aus dem Verkehr zurückgezogen sind.<br />
Wir werden uns deshalb glücklich schätzen zu<br />
vernehmen, was der Bundesrat unternommen hat<br />
und was er weiter vorzukehren beabsichtigt. Und<br />
wir schliessen mit dem brennenden Wunsch und<br />
der Hoffnung, der Bund werde, gemeinsam mit<br />
den Kantonen, eine geeignete Lösung finden, um<br />
unsere Landesverteidigung zu verstärken und dem<br />
Autogewerbe mit den 50 000 Schweizern, denen es<br />
Arbeit und Brot verschafft, zu. Hilfe zu kommen.