E_1948_Zeitung_Nr.011
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i i - FREITAG, 12. MÄRZ 194«<br />
AUTOMOBIL-REVUE<br />
Die Ansprache von Bundespräsident Dr. Celio<br />
Ich vertrete den Bundesrat am Internationalen<br />
Automobilsalon um 60 lieber, als ich nicht nur in<br />
meiner Eigenschaft als Bundespräsident hieher gekommen<br />
bin, sondern auch als Vorsteher des Eidg.<br />
Post- und Eisenbahndepartementes oder, wie es<br />
Ihr Herr Präsident soeben richtigerweise umgetauft<br />
hat, des schweizerischen Verkehreministefiums.<br />
Als man dem Departement, dem ich heute<br />
vorstehe, seinerzeit einen Namen geben musste,<br />
wusste man eben noch nichts von Automobil, Flugzeug<br />
und Radio; auch die Ausnützung der Wasserkräfte<br />
stand erst an ihrem Anfang. Wie glücklich<br />
mussten meine Vorgänger sein!<br />
Sie werden es mir deshalb sicher verzeihen,<br />
wenn ich mich heute nicht ausschließlich an die<br />
üblichen Glückwünsche halte, an das wohlverdiente<br />
Lob des Automo'bilsalons, an die Ehrung<br />
Genfs, das einmal mehr seinen Namen mit einer<br />
eleganten Veranstaltung verbindet und seine Berührungspunkte<br />
mit der internationalen Welt weiter<br />
entwickelt. Ich denke, Sie wünschen von mir,<br />
dass ich hier auf einige Fragen eintrete, die die<br />
Automobilistenkreise beschäftigen; Sie haben das<br />
Recht dazu. Vorher drängt sich mir jedoch noch<br />
eine kurze Bemerkung auf: Was sind wir doch für<br />
ein glückliches Land! Man lädt den Präsidenten der<br />
schweizerischen Eidgenossenschaft zur Eröffnung<br />
einer grossen Ausstellung ein und benutzt den Anlass<br />
zur Kritik an der Regierung, zur Unterbreitung<br />
von Wünschen und guten Ratschlägen, ohne dass<br />
die Redner das geringste Risiko laufen, deshalb<br />
Bekanntschaft mit den Staatsgefängnissen zu machen!<br />
Das nenne ich gesund, demokratisch,<br />
schweizerisch! Wahre Demokratie setzt Freiheit<br />
voraus, wahre Freiheit, das Recht des Volkes, seine<br />
Meinung zum Ausdruck zu bringen. So 16t es heute<br />
und so soll es bleiben!<br />
Die Nachkriegsjahre, so reich an Enttäuschungen<br />
in anderer Beziehung, waren dem Automobil<br />
günstig. Es hat seinen frühern Platz zurückerobert,<br />
ja an Bedeutung noch gewonnen. Beweis dafür ist,<br />
dass der heute eröffnete Automobilsalon alle seine<br />
Vorgänger schon durch die Zahl der ausstellenden<br />
Marken an Bedeutung und Anziehungskraft übertrifft.<br />
Die Industrie hat eben ihre Arbeit wieder<br />
mit einem Schwung aufgenommen, der bestätigt,<br />
dass nichts den Gang des Fortschrittes lange aufhalten<br />
kann.<br />
Bis Ende 1947 ist die Gesamtzahl der Motorfahrzeuge<br />
in der Schweiz (ohne Motorräder) auf<br />
115 000 angestiegen gegenüber 97 395 im Jahre<br />
1938. Es sind also trotz Materialmangels in den<br />
produzierenden Ländern neue Rekordzahlen erreicht<br />
worden. Ende 1947 enftiel ein Motorwagen<br />
auf 39 Einwohner, ein Motorrad auf 120 Einwohner.<br />
An Personenwagen sind im Jahre 1947 über 20 000<br />
eingeführt worden. Solche Zahlen beweisen, dass<br />
man beim motorisierten Strassenverkehr nicht von<br />
Krisenanzeichen sprechen kann.<br />
Dafür bringt diese ausserordentliche, stürmische<br />
Entwicklung des Straßenverkehrs auch neue Auf-<br />
Rede von Herrn Dechevrens<br />
(Schluss von Seite 2)<br />
bestand zwischen den öffentlichen Stellen und der<br />
Strassenverkehrswirtschaft eine Art « Gentlemen's<br />
Agreement», das jede weitere Erhöhung der Belastung<br />
des motorisierten Verkehrs ausschloss.<br />
Die Zeiten haben ßich geändert. Der Staat, der<br />
immer mehr zur Vorsehung einer kleinen Anzahl<br />
zum Schaden aller geworden ist, sieht sich ständig<br />
wachsenden Bedürfnissen gegenüber. Es erscheint<br />
ihm leichter, auf die Passivität der Steuerzahler<br />
zu spekulieren, um sich neue Einnahmen zu verschaffen,<br />
als gegen die Flut der Ansprüche anzukämpfen,<br />
die ihn zu überschwemmen droht. In<br />
liesem Falle sind die Versprechen oder die früheren<br />
Abkommen rasch zum alten Eisen geworfen.<br />
Das Missverständnis besteht weiter! Um dahin<br />
zu gelangen, es zu zerstreuen, sehe ich mich veranasst.<br />
neuerdings mit aller wünschbaren Klarheit<br />
zu betonen, dass nach unserer Auffassung alle<br />
Ausgaben im allgemeinen Interesse von der Gesamtheit<br />
der Steuerzahler getragen werden müssen.<br />
Die Strassenverkehrswirtschaft kann keinerlei di-<br />
Tekte oder verschleierte Erschwerung — und wäre<br />
sie noch so gering — der Steuerlast hinnehmen,<br />
die ihr auf eidgenössischem oder kantonalem Gebiete<br />
zugedacht ist.<br />
Ich muss fest daran! bestehen, dass nicht nur dieser<br />
Wettbewerb zwischen dem Bund und den Kantonen<br />
aufhöre, der ohne Unterlass die uns auferlegten<br />
Lasten zu vermehren trachtet, sondern dass<br />
auch die öffentlichen Stellen mit uns alle Möglichkeiten<br />
fiskalischer Erleichterungen prüfen.<br />
Nur unter dieser Bedingung werden wir das baldige<br />
Ert>roifen einer von unseren Kreisen verlangten<br />
Volksinitiative vermeiden können, mit deren<br />
Prüfung der Schxveizerische Strassenverkehrsverband<br />
betraut ist und welche die auf unseren<br />
Schultern ruhenden Lasten erträglicher machen<br />
soll<br />
Ḋas sind — «o werden Sie denken — recht<br />
frnste Betrachtungen angesichts des triumphalen<br />
Erfnl'rfes des 18. Internationalen Automobilsalons!<br />
Aber ich wollte diese Zusammenkunft nicht vorübergehen<br />
lassen, ohne unseren Behörden in Erinnerung<br />
zu rufen, dass die Automobilbranche nicht<br />
nur eine unerschönfliche Steuerouelle bildet, die<br />
man bei jedem Anlass oder auch ohne einen solchen<br />
nutzbar machen kann. Sie muss als das betrachtet<br />
werden, was sie in Wirklichkeit ist: Eine<br />
ler bedeutendsten Branchen der Volkswirtschaft<br />
i'-nd ein sicherer Faktor des Fortschrittes und der<br />
Wohlfahrt. .<br />
Ich erhebe mein Glas auf die Beseitigung eines<br />
Mißverständnisses, die dem Strassoniabrzmig ermöglicht,<br />
in stet« höherem Mas" al'ei! zui?är<br />
der nach Ansicht der Automobilistenkreise unseres<br />
Landes zu langsam vor sich geht, ist folgendes zu<br />
sagen: Vor einem Jahr hat der Sprecher der Landesregierung<br />
am Automobilsalon ausgeführt, der<br />
Bund werde wahrscheinlich für den Ausbau der<br />
Talstrassen keine Beiträge leisten können, höchstens<br />
zum Ausgleich zwischen finanzschwachen und<br />
finarustarken Kantonen; das Alpenstrassenprogramm<br />
hingegen werde demnächst wieder iti Gang<br />
gebracht werden.<br />
Wo stehen wir heute? Die Botschaft des Bundesrates<br />
vom 22. Januar <strong>1948</strong> an die Bundesversammlung<br />
über die Bundesfinanzreform gibt uns die<br />
Antwort. Während die vom Bundesrat bestellten<br />
Finanzexperten im Frühjahr 1947 für den Ausbau<br />
aller Strassen seitens des Bundes eine jährliche<br />
Leistung von durchschnittlich bloss 21 Mill, Fr. als<br />
tragbar erachteten, schlägt der Bundesrat nun im<br />
Zusammenhang mit der Bundesfinanzreiorm eine<br />
jährliche Gesamtleistung von 31,6 Mill. Fr. — also<br />
r<br />
Zum Strassenausban,<br />
10 Mill. Fr. mehr — vor, wovon 7,5 Mill. Fr. auf<br />
nichtalpine Durchgangsstrassen entfallen. Ein gewisser,<br />
wenn auch bescheidener Fortschritt in der<br />
Verwirklichung der Wünsche der Automobilistenkreise<br />
ißt also erreicht worden.<br />
Die Zurückhaltung des Bundesrate« auf diesem<br />
Gebiet ist leicht «l erklären. Einmal ist allgemein<br />
bekannt, dass grössere Ausgaben für den Stra6«enauebau<br />
in die Jahre mit geringerem Beschäftigungsgrad<br />
verschoben werden sollen. Durch Beschluss<br />
von Arbeitsbeschaffungskrediten könnten dann die<br />
heute vorgesehenen Beiträge mit Leichtigkeit erhöht<br />
werden. Anderseits weiss jedermann, dass<br />
Rücksicht genommen werden muss auf die Grnndwelle,<br />
die heute durch Volk und Parlament geht<br />
und die auf den Abbau der Bundesbeiträge zielt.<br />
Nehmen Sie deshalb bitte zur Kenntnis, dass mit<br />
den neuesten Vorschlägen des Bundesrates trotz<br />
diesen Tendenzen ein grundsätzlicher<br />
Anfang gemacht wurde in der Sie interessie-<br />
renden Richtung und die Grundsteine gelegt wurden,<br />
auf denen nun weiter aufzubauen sein wird.<br />
Nun zur Frage der Anpassung der<br />
auf die Ihr Herr Präsident angespielt hat, des Verhältnisses<br />
zwischen den von den Kantonen erhobenen<br />
Automobilsteuern und den vom Bunde erhobenen<br />
Treibstoffzöllen. Alles das wird nach meiner<br />
Ansicht einer gründlichen Revision unterzogen<br />
werden müssen. Beide Steuerarten werden besser<br />
aufeinander abzustimmen sein. Wir wissen, dass<br />
Bar anspruchslose englische Qualitäts-Wagsn<br />
für den anspruchsvollen Fahrer!<br />
NUFFICLD<br />
Bundespräsident Celio gibt dem Genfer Salon < die Bahn frei ».<br />
Au»stem»n