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TE KW 11

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Familie, Frost und Fluchtversuche<br />

Autor Norbert Gstrein las aus „Die kommenden Jahre“<br />

Pünktlich um 19 Uhr an einem Mittwochabend in der Buchhandlung<br />

„Haymon“ in Innsbruck: Der aus Vent stammende<br />

Schriftsteller Norbert Gstrein nimmt Platz, um von seinem neuesten<br />

Roman „Die kommenden Jahre“ zu berichten und dem<br />

zahlreich erschienenen Publikum daraus vorzulesen. Die Themen<br />

sind vielfältig und kreisen doch im Kern um Familie, Frost<br />

und Flucht – fragt sich nur wovor?<br />

Sämtliche Werke Gstreins waren erhältlich,<br />

an prominenter Stelle „Die kommenden<br />

Jahre“. Fotos: Linda Brunner<br />

Von Linda Brunner<br />

Bis auf den letzten Platz gefüllt<br />

platzte die kleine „Haymon“-Buchhandlung<br />

in Innsbruck fast aus allen<br />

Nähten. Grund dafür war die Buchpräsentation<br />

von Autor Norbert<br />

Gstrein, der zum ersten Mal aus<br />

seinem Roman „Die kommenden<br />

Jahre“ las. Bevor er allerdings einige<br />

Episoden seines in jeder Hinsicht<br />

brandaktuellen Werks zum Besten<br />

gab, stand er Programmleiterin<br />

Dorothea Zanon vom „Haymon“-<br />

Verlag Rede und Antwort zu Motiven<br />

und Themen des Romans,<br />

„indem es ganz grob gesprochen<br />

um die Flüchtlingsthematik geht“.<br />

Diese Aussage wollte Gstrein ganz<br />

schnell korrigiert haben, geht es im<br />

Werk doch um noch viel mehr als<br />

den ohnehin „hochkomplexen und<br />

hochemotional besetzten“ Aspekt<br />

der Willkommenskultur, deren Motive<br />

hinterfragt werden.<br />

HANDLUNG. Im Mittelpunkt<br />

steht Richard – ein Gletscherforscher,<br />

der ursprünglich aus einem<br />

Tiroler Tal stammt und nun mit<br />

Frau und Kind in Hamburg lebt.<br />

Der Roman spielt zu der Zeit, als<br />

die Flüchtlingskrise in Europa ihren<br />

Höhepunkt erreicht hat und<br />

Richards Frau Natascha entscheidet<br />

14./15. März 2018<br />

sich prompt, einer syrischen Familie,<br />

die auf ihren Asylbescheid wartet,<br />

ihr Sommerhaus nahe Hamburg<br />

zu überlassen. Zu den gemischten<br />

Gefühlen, mit denen Richard dem<br />

Ganzen gegenübersteht, kommen<br />

noch seine beiden Freunde aus Kanada<br />

bzw. Mexiko, die ihm das eigene<br />

Auswandern immer schmackhafter<br />

machen. Er überlegt mit Kind<br />

und Kegel nach Kanada zu gehen,<br />

davon will Natascha aber nichts<br />

wissen. Wie die Geschichte ausgeht,<br />

kann jeder selbst entscheiden, gibt<br />

es doch drei alternative Enden.<br />

ÜBER DEN AUTOR. Eines<br />

davon bekam das Publikum Mittwochabend<br />

zu hören. In seinem<br />

gewohnt ironischen und doch<br />

differenzierten Stil beschreibt er<br />

eine von „drei unterschiedlichen<br />

Möglichkeiten nicht nach Kanada<br />

zu kommen“. Der Gletscherforscher<br />

Richard ist auch eine stark<br />

autobiographisch gezeichnete Figur,<br />

die an Norbert Gstreins eigenen<br />

Werdegang erinnert. Gstrein,<br />

geboren 1961 in Mils bei Imst,<br />

wuchs als Hotelierskind in Vent<br />

im Ötztal auf. Später studierte<br />

er Mathematik in Innsbruck, zu<br />

der Zeit begann er bereits seine<br />

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Norbert Gstrein las mit Vergnügen aus seinem neuesten Roman vor, in dem sogar<br />

der Ötztaler Dialekt und „Ötzi“ höchstpersönlich Erwähnung finden.<br />

schriftstellerische Tätigkeit bei unterschiedlichen<br />

Zeitschriften. 1988<br />

erschien seine erste Erzählung „Einer“<br />

im Suhrkamp-Verlag. Von da<br />

an hatte er seinen festen Platz im<br />

literarischen Feld gefunden. Heute<br />

wohnt er mit Frau und Kind in<br />

Hamburg. Am 19. Februar erschien<br />

sein neuestes Buch, das von ersten<br />

Rezensenten bereits als „der paradigmatische<br />

Roman unserer Zeit“<br />

bezeichnet wurde.<br />

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FLUCHT. Beispielhaft insofern,<br />

dass Flucht ein Topos ist, der sich<br />

durch das ganze Werk zieht und<br />

Gstrein damit auch auf die gesellschaftliche<br />

Problematik aufmerksam<br />

macht, dass ein Ereignis wie die<br />

Flüchtlingskrise fiktionalisiert wird,<br />

während es noch stattfindet. Ein anderes<br />

Thema sind die frostigen Gletscher,<br />

die im Werk metaphorisch für<br />

Richards Sorgen und Ängste stehen.<br />

„Die Sorge um die Gletscher ist eine<br />

Sorge, um das, was noch bleibt.<br />

Richard ist in seinen 50ern und<br />

denkt darüber nach, wieviel Jahre<br />

er noch hat“, bringt Gstrein es auf<br />

den Punkt. In diesem Sinne flüchtet<br />

Richard auch vor sich selbst und<br />

dem Älterwerden. Gstrein dazu: „Es<br />

geht im Roman vor allem um die<br />

Zeit.“ So wird mit Bangen auf die<br />

kommenden Jahre geblickt, aber im<br />

Vordergrund stehen die Vergangenheit<br />

und die Entscheidungen, die<br />

Richard zu dem Punkt geführt haben.<br />

Damit schuf Gstrein ein zeitgemäßes<br />

Werk, das moralische Fragen<br />

anstößt, wovon sich Interessierte<br />

gerne selbst überzeugen können.<br />

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RUNDSCHAU Seite 15

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