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ZAP-2018-07

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Fach 13, Seite 2204<br />

Mediationsverfahren<br />

Zivilprozessrecht<br />

erstmals grenzüberschreitend den Mitgliedstaaten aufgegeben, Teilbereiche der Mediation an einigen<br />

zentralen Schnittstellen zwischen Gerichtsbarkeit und Mediationsverfahren zu regeln. In Umsetzung<br />

dieser Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber am 21.7.2012 das Gesetz zur Förderung der Mediation und<br />

anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (BGBl I, S. 1577) erlassen, das am 26.7.2012 in<br />

Kraft getreten ist, und dessen Art. 1 das neue Mediationsgesetz ist. Ferner enthält das Gesetz in Art. 2–8<br />

Regelungen zu den einzelnen Verfahrensgesetzen, insbesondere zur ZPO.<br />

Hinweis:<br />

Die bisherigen Entwicklungen und die vielfältigen aktuellen Diskussionen haben gezeigt, dass die Mediation<br />

in der deutschen Rechtspraxis und der Rechtskultur angekommen ist. Heute sind Mediation und viele andere<br />

Formen konsensualer Streitbeilegung feste Bestandteile der mitteleuropäischen Rechtskultur.<br />

Die Einsicht hat sich durchgesetzt, dass eine wirksame Streiterledigung nicht nur durch autoritative<br />

Streitentscheidung erfolgen muss, sondern dass eine autonom verhandelte Lösung der Parteien, die<br />

mit Unterstützung eines Dritten erzielt wird, ebenso effektiv und zukunftsweisend sein kann. Selbst<br />

das BVerfG hat im Jahre 20<strong>07</strong> die Feststellung getroffen, ein zunächst streitiges Problem durch eine<br />

einverständliche Lösung zu bewältigen, sei auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig<br />

gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung (BVerfG, Beschl. v. 14.2.20<strong>07</strong>, ZKM 20<strong>07</strong>, 128).<br />

II. Gründe für die Entwicklung einer konsensualen Streitbeilegung<br />

Wie konnte es zu einem solchen Siegeszug der Idee von konsensualer Streitbeilegung in ihren vielfältigen<br />

Spielarten kommen? Eine – schon seit 35 Jahren – immer wieder gegebene Antwort darauf<br />

lautet: Staatliche Justizgewährung ist ein knappes Gut. Auch hierbei gilt der Grundsatz der Ressourcensparsamkeit.<br />

Außergerichtliche Streitbeilegung und Mediation sind deshalb förderungswürdige<br />

Ansatzpunkte für eine durchgreifende Entlastung der Justiz.<br />

Zu dieser These seien einige Zahlen genannt. Es ist bekannt, dass über durchgeführte Mediationen in<br />

Deutschland keine Statistiken geführt werden. Wir wissen aber, dass der generelle Zwang gem. § 15a<br />

EGZPO, vor Anrufung des Amtsgerichts in Zivilsachen den Versuch einer außergerichtlichen gütlichen<br />

Streitbeilegung zu machen, keinen zahlenmäßigen Erfolg gebracht hat. In einer Studie zur Evaluation<br />

der ZPO, die HOMMERICH und PRÜTTING für das BMJV angefertigt haben, ergab sich folgender Befund (vgl.<br />

HOMMERICH/PRÜTTING/EBERS/LANG/TRAUT, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der<br />

Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis – Evaluation der ZPO-Reform, 2006, S. 41 ff.):<br />

Im Jahre 2004 betrug die Anzahl erstinstanzlicher Verfahren vor den Amtsgerichten in Zivilsachen<br />

2,1 Mio. Die seit dem Jahre 2002 eingeführte obligatorische Güteverhandlung gem. § 278 Abs. 2 ZPO<br />

wurde tatsächlich in 58 % der amtsgerichtlichen Verfahren durchgeführt, also in 1,2 Mio. Verfahren. Bei<br />

diesen Güteverfahren wurde in 1 % der Fälle von der Möglichkeit des § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO, also dem<br />

Vorschlag einer außergerichtlichen Streitschlichtung durch den Richter, Gebrauch gemacht. Dies ergibt<br />

eine Größenordnung von 12.000 Fällen. Hinzu kommt bei den Amtsgerichten alternativ zu § 278 Abs. 2<br />

ZPO die Möglichkeit einer vor Verfahrensbeginn durchgeführten obligatorischen Streitschlichtung<br />

gem. § 15a EGZPO. Diese wurde in ca. 0,1–0,2 % aller Fälle von den Amtsgerichten durchgeführt, also in<br />

weniger als 5.000 Verfahren. Diese Zahl ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass § 15a EGZPO<br />

nur von 8 der 16 Bundesländer umgesetzt wurde und dass die Norm auf Streitigkeiten bis 750 €<br />

beschränkt ist, eine klägliche Zahl. Vor allem gilt es zu bedenken, dass die genannten Zahlen<br />

Schlichtungsversuche beinhalten, also nicht erfolgreiche Schlichtungen!<br />

Hinweis:<br />

Das Mediationsgesetz hat in seinem § 8 eine Evaluation bis Juli 2017 zwingend vorgeschrieben. Deren Ergebnisse<br />

liegen vor, sind aber sehr ernüchternd (KAISER ZKM <strong>2018</strong>, 25; GLÄßER ZKM <strong>2018</strong>, 4; STEFFEK ZKM 2017,<br />

183). Die Zahl der in Deutschland durchgeführten Mediationen schwankt nach der Schätzung dieser Studie<br />

zwischen 7.000–8.500 Verfahren pro Jahr, hat sich aber seit Inkrafttreten des Mediationsgesetzes nicht<br />

erhöht. Das Mediationsgesetz hat also sein zentrales Ziel, den Mediationsgedanken weiter zu stärken, nicht<br />

erreicht.<br />

336 <strong>ZAP</strong> Nr. 7 28.3.<strong>2018</strong>

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