ZAP-2018-07
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Anwaltsmagazin<br />
<strong>ZAP</strong><br />
Strafverteidiger fordern Abschaffung<br />
der lebenslangen Freiheitsstrafe<br />
Die lebenslange Freiheitsstrafe solle abgeschafft<br />
werden. Zudem müsse der Gesetzgeber den Vollzug<br />
der Freiheitsstrafen auf ein Mindestmaß reduzieren.<br />
Dies sind zwei der Beschlüsse, die auf<br />
dem 42. Strafverteidigertag Anfang März in<br />
Münster gefasst wurden.<br />
Rund 800 Strafverteidiger waren zusammengekommen,<br />
um unter dem Motto „Räume der Unfreiheit“<br />
über den Reformbedarf im Straf-, Strafprozess-<br />
und Strafvollzugsrecht zu diskutieren. Das<br />
Motto der Veranstaltung bezog sich vordergründig<br />
auf den Strafvollzug in Vollzugsanstalten, spielte<br />
aber auch auf den Begriff des „Raums der Freiheit“<br />
an, der Ende der 90er Jahre in der politischen<br />
Debatte eine Rolle spielte.<br />
Der Freiheitsstrafe in ihrer heutigen Form und<br />
Ausgestaltung sei kein gutes Zeugnis auszustellen,<br />
stellten die Strafverteidiger auf ihrer diesjährigen<br />
Tagung fest. Sie mindere die soziale Anschlussfähigkeit<br />
und die Integrationschancen der Bestraften<br />
und eine Resozialisierung als eigentliches<br />
Vollzugsziel finde in der Praxis nur selten statt.<br />
Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe würden rund<br />
50 % der Erwachsenen und 70 % der Jugendlichen<br />
und Heranwachsenden rückfällig. Unter den Gefangenen<br />
sei eine zunehmende Zahl psychischer<br />
Erkrankungen zu beobachten, die – unabhängig<br />
von der ohnehin schon schlechten medizinischen<br />
Versorgung – regelmäßig unbehandelt blieben.<br />
Gewalt unter Gefangenen sei Alltag, die Suizidrate<br />
sei ca. zwölfmal so hoch wie im Durchschnitt der<br />
Bevölkerung. Hinzu kämen soziale Verrohung und<br />
Vereinsamung. Eine der Arbeitsgruppen stand<br />
denn auch unter dem Thema „Die Haftanstalt als<br />
gefährlicher Ort“.<br />
Die Strafverteidiger fordern deshalb u.a. eine<br />
Reform, die eine Vermeidung der Vollstreckung<br />
kurzer Freiheitsstrafen, die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe<br />
sowie die Stärkung der Verwarnung<br />
mit Strafvorbehalt zum Ziel haben<br />
müsse. Bei Ersttätern solle generell eine Halbstrafentlassung<br />
stattfinden. Die lebenslange Freiheitsstrafe<br />
gehöre abgeschafft. Sie komme einer<br />
Vernichtungsstrafe gleich, die in ihrer Absolutheit<br />
einen Fremdkörper im System des Strafzumessungsrechts<br />
darstelle. Sie finde keine rechtspolitische<br />
oder kriminologische Rechtfertigung und<br />
zerstöre die Verurteilten eher, als auf ein Leben<br />
ohne Straftaten nach Verbüßung des Freiheitsentzugs<br />
vorzubereiten.<br />
Weitere Ergebnisse des 42. Strafverteidigertags<br />
sind auf der Webseite blog.burhoff.de (Schlagwort:<br />
42. StV-Tag – Ergebnisse) abrufbar. [Red.]<br />
Kindesentführungen ins Ausland<br />
Beim Bundesamt für Justiz (BfJ) sind derzeit 230<br />
Anträge auf Rückführung von ins Ausland entführten<br />
Kindern anhängig. Das teilte die Bundesregierung<br />
kürzlich in ihrer Antwort auf eine Kleine<br />
Anfrage im Bundestag mit (vgl. BT-Drucks 19/329).<br />
Das Bundesamt für Justiz ist die zentrale deutsche<br />
Behörde nach dem Haager Übereinkommen über<br />
die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung<br />
(HKÜ) von 1980, wie die Regierung<br />
dazu erläutert. Bisher gehören 98 Staaten weltweit<br />
dem HKÜ an.<br />
Bei Entführungen in Länder, die dem Haager<br />
Übereinkommen nicht angehören, unterstützten<br />
gegebenenfalls die deutschen Auslandsvertretungen<br />
die Bemühungen um Rückführung. Dies geschehe<br />
derzeit in fünf bis zehn Fällen. Die Bundesregierung<br />
weist darauf hin, dass es daneben eine<br />
ihr unbekannte Zahl von privat initiierten Rückführungsanträgen<br />
nach dem HKÜ unmittelbar vor<br />
den zuständigen Gerichten gebe, in die das Bundesamt<br />
nicht eingebunden sei.<br />
Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, liegt die<br />
Zahl der bei diesem Amt jährlich eingehenden<br />
Rückführungsanträge seit Längerem konstant bei<br />
rund 170 bis 200. Zur Nationalität und zum Geschlecht<br />
der mutmaßlichen Entführer und Entführten<br />
macht die Bundesregierung keine Angabe,<br />
da dies nicht gesondert erfasst werde. Auch lägen<br />
keine Angaben über die Zahl der erfolgreichen<br />
Rückführungen beziehungsweise über die Gründe<br />
vor, die zu einem Scheitern einer Rückführung<br />
führen.<br />
Die Bundesregierung verweist darauf, dass sie mit<br />
der Übertragung der Aufgaben auf das Bundesamt<br />
als zentraler Behörde und der Konzentration der<br />
Zuständigkeiten bei spezialisierten Familiengerichten<br />
bereits vor Jahren wichtige Schritte unternommen<br />
habe, um eine effektive Durchsetzung<br />
des Haager Übereinkommens im Interesse der<br />
318 <strong>ZAP</strong> Nr. 7 28.3.<strong>2018</strong>