Timotheus Magazin #10 - Gesetz
Inhalt Editorial Die Kontinuität der Bibel (Infografik) Das Gesetz des Mose (Andreas Münch) – Warum das Gesetz Mose heute immer noch relevant ist. Paulus und das Gesetz (Hans-Werner Deppe) – Paulus’ Sicht auf das Gesetz im Galaterbrief. Gesetz & Evangelium (Waldemar Dirksen) – Widerspruch oder Einheit? Freiheit & Gesetz (Waldemar Justus) – Was bedeutet Freiheit vom Gesetz? Gesetz im Heidelberger Katechismus (Raphael Schuster) – Eine reformierte Perspektive auf das Gesetz. Die zehn Gebote (Hans-Jürgen Holzmann) – Die Relevanz der bekanntesten Gebote der Welt. Buchvorstellungen
Inhalt
Editorial
Die Kontinuität der Bibel (Infografik)
Das Gesetz des Mose (Andreas Münch) – Warum das Gesetz Mose heute immer noch relevant ist.
Paulus und das Gesetz (Hans-Werner Deppe) – Paulus’ Sicht auf das Gesetz im Galaterbrief.
Gesetz & Evangelium (Waldemar Dirksen) – Widerspruch oder Einheit?
Freiheit & Gesetz (Waldemar Justus) – Was bedeutet Freiheit vom Gesetz?
Gesetz im Heidelberger Katechismus (Raphael Schuster) – Eine reformierte Perspektive auf das Gesetz.
Die zehn Gebote (Hans-Jürgen Holzmann) – Die Relevanz der bekanntesten Gebote der Welt.
Buchvorstellungen
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UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN<br />
MORAL- UND ZEREMONIALGESETZ?<br />
Es ist schwierig, die vielen Gebote des mosaischen<br />
<strong>Gesetz</strong>es klar in Moral- und Zeremonialgesetze aufzuteilen.<br />
Was ist zum Beispiel mit Speise-Geboten – sind sie<br />
zeremoniell oder moralisch? Schließlich hat Jesus alle<br />
Speisen für rein erklärt (Markus 7,19). Und ist es mit<br />
den Kleidungs-Geboten nicht ganz ähnlich? Wer würde<br />
behaupten, dass es Christen nach 3. Mose 19,19 verboten<br />
ist, zwei verschiedene Textilien gleichzeitig als<br />
Kleidung zu tragen? Und eine der am debattiertesten<br />
Fragen: Wie ist es mit dem Sabbatgebot? Ist es moralischer<br />
oder zeremonieller Art? Auch der Sabbat ist eine<br />
gottesdienstliche Verordnung, die wie alle zeremoniellen<br />
Gebote eine höhere, geistliche Wahrheit als Schatten<br />
abbildet (Christus ist unser Sabbat), aber es ist Bestandteil<br />
der Zehn Gebote.<br />
Die Schrift und insbesondere der Galaterbrief<br />
sprechen nicht von einer solchen Unterscheidung,<br />
sondern nur vom „ganzen <strong>Gesetz</strong>“. Und die Beschneidung<br />
besiegelt, dass man „unter“ diesem ganzen <strong>Gesetz</strong><br />
steht. Was bedeutet das? Der Galaterbrief setzt dies<br />
gleich mit „unter Knechtschaft“ bzw. „unter Sklaverei“<br />
(„unter die Elemente der Welt versklavt“, 4,3), „unter<br />
dem Fluch“ (3,10), „unter der Sünde“ (3,22) und „unter<br />
einem Zuchtmeister (3,25; 4,2). Den Gegenpol dazu<br />
nennt Paulus im Römerbrief: „nicht unter <strong>Gesetz</strong>,<br />
sondern unter Gnade“ (Römer 6,14.15).<br />
Für die Pharisäer und Judaisten bedeutete unter<br />
<strong>Gesetz</strong> zu sein, dadurch etwas vor Gott zu gelten, dass<br />
man eigene <strong>Gesetz</strong>eswerke leistet – seien sie zeremonieller<br />
oder moralischer Art –, oder dass man einfach nur<br />
zum jüdischen Volk „unter <strong>Gesetz</strong>“ dazugehört. Doch<br />
Gott hat das <strong>Gesetz</strong> nicht gegeben, um menschlichen<br />
Stolz zu fördern, sondern menschliche Demut – es dient<br />
nicht der Selbstgerechtigkeit, sondern der Selbstverurteilung.<br />
Das Problem der Pharisäer und Judaisten war, dass<br />
sie dies nicht erkannten und den Sinn des <strong>Gesetz</strong>es ins<br />
Gegenteil verkehrten: „Israel aber, das einem <strong>Gesetz</strong> der<br />
Gerechtigkeit nachstrebte, ist nicht zum <strong>Gesetz</strong> gelangt.<br />
Warum? Weil es nicht aus Glauben, sondern als aus<br />
Werken geschah ... Denn da sie Gottes Gerechtigkeit<br />
nicht erkannten und ihre eigene aufzurichten trachteten,<br />
haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen.<br />
Denn Christus ist des <strong>Gesetz</strong>es Ende, jedem<br />
Glaubenden zur Gerechtigkeit“ (Römer 9,31 – 10,3).<br />
Die Galater standen nun in der Gefahr, dieser<br />
judaistischen <strong>Gesetz</strong>lichkeit – dem Streben, durch die<br />
Beschneidung und weitere <strong>Gesetz</strong>eswerke vor Gott<br />
etwas zu gelten – zu erliegen. Paulus weist immer wieder<br />
die Vorstellung zurück, dass <strong>Gesetz</strong>eszugehörigkeit oder<br />
<strong>Gesetz</strong>eswerke irgendeinen geistlichen Wert haben.<br />
Insgesamt 14 Mal sagt er, dass geistliche Segnungen<br />
nicht „aus“ oder „durch“ <strong>Gesetz</strong> kommen (Galater<br />
2,16.21; 3,2.5.10.11.18.21.23; 4,4.5.21; 5,4.18). Er<br />
spricht sich also nicht nur gegen die Wiedereinführung<br />
überholter zeremonieller <strong>Gesetz</strong>e aus, sondern gegen das<br />
Prinzip, „durch das <strong>Gesetz</strong>“ etwas erreichen zu wollen,<br />
das im Widerspruch steht zu „durch den Glauben“ an<br />
das Evangelium und „durch den Geist“.<br />
WOZU DAS GESETZ NICHT TAUGT<br />
UND NIEMALS TAUGTE<br />
In Galater 2 und 3 verdeutlicht Paulus, dass das <strong>Gesetz</strong><br />
zu drei Dingen nicht taugt, von denen die Judaisten<br />
offenbar meinten, dass es doch dazu tauge. Paulus<br />
formuliert diese drei Unmöglichkeiten immer mit<br />
einem rhetorischen „wenn“ im Sinne von „wenn es so<br />
wäre, dann …“<br />
Erstens bringt das <strong>Gesetz</strong> keine Gerechtigkeit ein –<br />
es kann nicht gerecht machen bzw. rechtfertigen. Paulus<br />
schreibt in 2,21: „… denn wenn Gerechtigkeit durch<br />
<strong>Gesetz</strong> kommt, dann ist Christus umsonst gestorben.“<br />
Bemerkenswerterweise geht es hier im Zusammenhang<br />
nicht nur um die anfängliche Rechtfertigung bei der<br />
Bekehrung, sondern um ein fortlaufend gerechtes<br />
Leben, denn Paulus schreibt ja direkt vorher: „… was<br />
ich jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben an den<br />
Sohn Gottes …“ (2,20). Und anschließend belehrt er<br />
die Leser: „Nachdem ihr im Geist angefangen habt,<br />
wollt ihr jetzt im Fleisch vollenden?“(3,3). Die Galater<br />
meinten also wohl, man würde bei der Bekehrung<br />
zunächst einmalig durch Gnade gerechtfertigt, müsse<br />
dann aber in Pflichterfüllung des <strong>Gesetz</strong>es weiterleben.<br />
Am Beispiel von Abraham, der als „Urjude“ und Vater<br />
des wahren Volkes Gottes (3,7) schon lange Zeit vor<br />
dem <strong>Gesetz</strong> durch Glauben gerechtfertigt wurde, zeigt<br />
Paulus, dass das <strong>Gesetz</strong> weder zur erstmaligen noch zur<br />
fortdauernden Rechtfertigung diente. Wer nach Gerechtigkeit<br />
auf Grundlage des <strong>Gesetz</strong>es strebt, für den gilt:<br />
„Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was im<br />
Buch des <strong>Gesetz</strong>es geschrieben ist, um es zu tun“ (3,10;<br />
ein Zitat aus 5Mose 27,26). Auch hier unterscheidet<br />
Paulus wieder nicht zwischen Moral- und Zeremonialgesetz,<br />
sondern schreibt von „allem, was im <strong>Gesetz</strong><br />
geschrieben steht“. Für den Sünder bedeutet das <strong>Gesetz</strong><br />
niemals Gerechtigkeit, sondern immer Fluch, und dieser<br />
Fluch wurde durch Christi Werk am Kreuz erfüllt und<br />
getilgt (3,13).<br />
Zweitens macht uns das <strong>Gesetz</strong> nicht zu Erben: „…<br />
denn wenn das Erbe aus dem <strong>Gesetz</strong> kommt, so kommt<br />
es nicht mehr aus der Verheißung“ (3,18). Gott hat<br />
einem Volk – seinem Volk! – ein ewiges Erbe verheißen.<br />
Die Judaisten beriefen sich auf Mose und meinten,<br />
aufgrund des <strong>Gesetz</strong>es zu diesem Volk zu gehören. Doch<br />
zu Gottes Volk gehört man nicht durch Mose und sein<br />
<strong>Gesetz</strong>, sondern durch Abraham und seine Verheißung.<br />
Das <strong>Gesetz</strong> bringt Fluch, aber die Verheißung Abrahams<br />
bringt Segen – nicht nur gebürtigen Juden, sondern<br />
allen „Nationen“ (3,14), die durch Glauben Kinder<br />
Abrahams werden können (3,7.29). Der wahre Nachkomme<br />
und Erbe Abrahams ist nämlich Jesus Christus<br />
(3,16), und alle, die sich durch Glauben mit ihm identifizieren,<br />
sind in ihm seine Miterben.<br />
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