DIG_MAG 1_2018_5778
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Politik<br />
Atomdeal mit Iran auf der Kippe<br />
In der Frühe des 10. Februar <strong>2018</strong> war es soweit: Erstmals starteten die iranischen Revolutionären<br />
Garden einen direkten militärischen Angriff auf Israel: Von ihrem syrischen Stützpunkt<br />
in der Provinz Homs lenkten sie eine bewaffnete Tarnkappendrohne in das benachbarte Israel.<br />
Dieser Vorfall, der im Februar glimpflich endete, macht deutlich, warum Israel eine dauerhafte<br />
iranische Präsenz im Nachbarland Syrien nicht akzeptieren kann.<br />
Das iranische Regime belässt es nicht dabei, die Zerstörung<br />
Israels als vordringliches außenpolitisches Ziel anzukündigen,<br />
sondern bereitet sich systematisch darauf<br />
vor. Eben deshalb führt Teheran an der Seite des Diktators Assad<br />
Krieg: Man will die »Achse des Widerstands« gegen Israels<br />
Existenz um jeden Preis verteidigen und stärken. Dafür nimmt<br />
Teheran Tausende Tote und eine wachsende Unzufriedenheit<br />
im eigenen Land in Kauf.<br />
Die eskalierende Kriegsgefahr an der Nordgrenze Israels rückt<br />
auch den innerwestlichen Streit über das 2015 abgeschlossene<br />
Atomabkommen zwischen dem Iran und den fünf ständigen<br />
Vertretern des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland in ein neues<br />
Licht. Während Israel und die USA unter Donald Trump das<br />
Abkommen ablehnen, verteidigen es Deutschland, Frankreich<br />
und Großbritannien vehement. Zwar stimmen beide Seiten<br />
darin überein, dass die Atomwaffenfähigkeit des Iran verhindert<br />
werden muss. Umstritten ist jedoch, ob sich mit dem Joint<br />
Comprehensive Plan of Action (JCPOA), so der offizielle Namen<br />
des Abkommens, dieses Ziel erreichen lässt. Schauen wir uns<br />
also die Vor- und Nachteile dieses Abkommens an.<br />
Zu den Vorzügen des JCPOA zählt, dass der Iran nach Maßgabe<br />
dieses Abkommens zwei Drittel seiner Uranzentrifugen eingemottet,<br />
den Kern seines Plutoniumreaktors zerstört und den<br />
Großteil seines angereicherten Urans ins Ausland verbracht hat.<br />
Im Gegenzug erhielt Teheran bislang eingefrorene Geldsummen<br />
in Milliardenhöhe und wurde von allen nuklearbedingten<br />
Sanktionen befreit. Solange alle Bestimmungen eingehalten<br />
werden, wird die breakout time, also die Zeit, die der Iran benötigt,<br />
um eine Bombe zu bauen, ein Jahr betragen. So wurde dem<br />
Regime auf dem Verhandlungsweg ein unmittelbarer Griff zur<br />
Bombe zumindest für eine Übergangszeit verbaut. Dass damit<br />
aber gleichzeitig der »iranische Weg zur Atomwaffe verlässlich<br />
und nachprüfbar verschlossen« ist, wie vom ehemaligen Außenminister<br />
Steinmeier behauptet, stimmt hingegen nicht. Das<br />
Abkommen zeichnet sich mit Blick auf das iranische Atomprogramm<br />
durch drei gewichtige Konstruktionsfehler aus.<br />
Gewichtige Konstruktionsfehler<br />
Obwohl eine Atomwaffe nicht nur aus einem Sprengkopf<br />
sondern auch aus der dazu gehörigen Trägerrakete besteht,<br />
klammert der JCPOA das Raketenprogramm Irans und damit die<br />
zweite Hälfte des Bombenprojekts aus. Unter Verletzung diverser<br />
Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats setzt Iran seine Anstrengung<br />
zur Entwicklung eigener nuklear bestückbarer Mittel- und<br />
Langstreckenraketen fieberhaft und in enger Kooperation mit<br />
Nordkorea fort.<br />
Zweitens ist das Kontrollregime lückenhaft. »Wir konnten und<br />
können nur eine Vereinbarung akzeptieren«, hatte der deutsche<br />
Außenminister 2015 noch erklärt, die sicherstellt, »dass es …<br />
unangekündigte Inspektionen aller Anlagen« gibt. Dieses Ziel<br />
wurde nicht erreicht. Bis heute lehnt das Regime Kontrollen in<br />
Anlagen, die es als militärisch deklariert, grundsätzlich ab. Was<br />
aber nützen Kontrollen, wenn es den Kontrollierten obliegt, darüber<br />
zu entscheiden, an welchen Orten sie stattfinden dürfen<br />
und an welchem nicht?<br />
Nach Unterzeichnung des Atomabkommens<br />
in Wien am 14. Juli 2015 (v.l.n.r.): Der chinesische<br />
Außenminister Wang Yi, der<br />
fran zösische Außenminister Laurent Fabius,<br />
der deutsche Außenminister Frank-Walter<br />
Steinmeier, die Hohe Vertreterin für Außenund<br />
Sicherheitspolitik Federica Mogherini,<br />
der iranische Außenminister Mohammad<br />
Javad Zarif, der Leiter der iranischen<br />
Atomenergiebehörde Ali Akbar Salehi, der<br />
russische Außenminister Sergej Lavrov,<br />
der britische Außenstaatssekretär Philip<br />
Hammond, der amerikanische Außenminister<br />
John Kerry und der amerikanische<br />
Staatssekretär für Energie Ernest Moniz.<br />
Foto: Ebrahimi Tasnim, picture alliance/Parspix<br />
28 | <strong>DIG</strong> <strong>MAG</strong>AZIN Nr. 1 <strong>2018</strong>/<strong>5778</strong>