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KUNSTHAUS BREGENZ<br />
Thomas D.<br />
Trummer<br />
meint,dass<br />
Kunst alles<br />
dürfen muss<br />
und wehrt sich<br />
damit gegen die<br />
Vereinnahmung<br />
der Kunst durch<br />
Political<br />
Correctnes.<br />
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manden umbringen können, der nicht<br />
wirklich stirbt. Das bringt uns Erkenntnisseüber<br />
unsselbst. Daslässt unsvieles<br />
in uns entdecken. Durch Kunst erleben<br />
wir uns bereichert.<br />
Sie sind auch Fußballfan. Wieso werden<br />
zwischen Kunst und gerade dieser Sportart<br />
immer wieder Verbindungen gesponnen?<br />
Nun, es gibt nur wenige Fußballer, die<br />
sich für Kunst interessieren, einer ist Michael<br />
Ballack.Ersammelt.Das Interesse<br />
fließt eher von der Kunst zum Fußball.<br />
Mich fasziniert daran, dass es ein Spiel<br />
mit klaren Regeln ist und trotzdem immer<br />
wieder Paradigmenwechsel vollzieht.<br />
Früher gab es einen Libero, den<br />
kennt man heute kaum noch. Dann gab<br />
es die Vierer-Kette, nuneine Dreier-Kette,<br />
das sind völlig andere Philosophien.<br />
Das zu lesen und zu interpretieren, ist<br />
großartig.Das KUB Cafézeigt die WM-<br />
SpieleamVorplatz.VielStofffür Fachsimpeleien.<br />
Ich freue mich über jeden,<br />
der mich anspricht.<br />
<br />
Sie sind uns nur geliehen<br />
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Es war ein warmer Frühlingsabend. Wir saßen mit<br />
Freunden zum ersten Mal draußen im Garten. Die<br />
Kinder tollten herum. Alles einfach nur idyllisch. Da<br />
kam mein bald 10-jähriger Sohn an den Tisch und<br />
verwickelte meine Freunde in ein Gespräch. Mit gestikulierenden<br />
Armen begann er zu dozieren. Später,<br />
wenn er erwachsen sei, sagte er,wolle er diesen Ort<br />
hier verlassen. Die Wiesen seien ihm zu steil, die<br />
Felswände zu nah. Das bedrückeihn. Vielleicht komme<br />
er Weihnachtenoder Ostern kurz zurück, um seine<br />
alten Eltern zu besuchen –ersagte wörtlich „alt“<br />
–, aber das sei nicht fix.Borneo wolle er bereisen, wo<br />
es fleischfressende Pflanzen gibt,die weiten Landschaften<br />
in Amerika, die er auf YouTube gesehen<br />
hatte. ..<br />
Ich sage Ihnen, das war ein Stich ins Herz.Ich<br />
schwieg und ließ meinen Jungen erzählen. Je mehr er<br />
vonFreiheit und Weite schwadronierte, desto bedrückter<br />
wurde ich. Als er noch nicht gehen konnte,<br />
habe ich ihn Sommer für Sommer auf meinem Rücken<br />
getragen, dieses kleine Menschlein, das ich so<br />
sehr liebe, habe die Bergwiesen umgeackert,Steine<br />
rausgetragen, den Boden frisch eingesät und kultiviert.Dann<br />
saß ich mit ihm auf einem knorrigen<br />
Baumstrunk, wir haben uns ausgeruht,was zum geflügelten<br />
Wort wurde: „Sitzen und nachdenken.“Ich<br />
war der glücklichste Mensch auf dieser Welt.Glücklich<br />
darüber,was für einen Schatz mir meine Frau<br />
mit unseren Kindern geschenkt hatte.<br />
Und nun fängt er an, so zu reden! Ich wurde ganz<br />
einsilbig. Aber habe ich nicht auch so gedacht wie<br />
er? Damals? Natürlich! Für mich gab es auch nur den<br />
einen Wunsch: Bloß weg vonhier! Fort aus der Enge<br />
dieses Dorfes, dieses Landes!<br />
Nachdem meinJunge seinenVortrag über Enge und<br />
Weite beendet hatte, huschte er vomTisch und kletterte<br />
auf einen Baum, hinauf bis zur gefährlich<br />
schwankenden Baumkrone. Mir kam der Satz von<br />
Heinrich Pestalozzi in den Sinn: „Sie sind euch nur geliehen,<br />
eureKinder.“ Ja, dachte ich, schon richtig,Herr<br />
Pestalozzi, aber der Satz tut halt verdammt weh.<br />
s’Magazin 9