18 SEEZUNGE | STORY Diräkt vom PUUR Wer mit dem Rad oder mit dem Auto auf Landstraßen durch das Bodenseeland fährt, sieht immer wieder Schilder wie Hofladen, Direktverkauf u.ä. – oft auch in Mundart wie „Diräkt vom Puur“ im Thurgau.
SEEZUNGE | STORY Wer aber gezielt danach sucht, wo man bestimmte Produkte direkt vom Produzenten bekommt, hat in der Bodensee-Region das übliche Problem, denn die Region besteht aus drei Ländern, mehreren Kantonen und Landkreisen, und jeder vermarktet die Direktvermarkter auf seine Weise. So gibt es Dutzende von Broschüren, Websites und andere Informationsquellen, die mehr oder weniger benutzerfreundlich sind. Die <strong>akzent</strong>-Redaktion hat versucht, sich in dem Informationsangebot zurechtzufinden. Vom Produzenten zum Verbraucher Direktverkauf umfasst eine ganze Menge von Formen: Die einfachste ist ein überdachtes Regal mit Hofprodukten, ein Blumenfeld oder ein Haufen Kürbisse an der Straße, mit einer Kasse für das Geld. Das sieht man öfter auf Schweizer Seite, wo die Leute vielleicht ehrlicher sind – eine andere Erklärung beruht auf einer einfachen Rechnung, einem betriebswirtschaftlichen Kalkül: Sind die Kosten für die Aufsicht oder das Verkaufspersonal nicht höher als die Verluste durch die unehrlichen Kunden? Direktverkauf kann aber auch viel mehr sein. Viele Bauern haben gemerkt, dass man den Passanten mehr verkaufen kann, wenn man ihnen auch mehr bietet und sie dazu animiert, länger auf dem Hof zu bleiben. Sie richten ein Hofcafé ein, bauen einen Spielplatz für die Kinder, beteiligen sich an Aktionen wie „Frühstück auf dem Bauernhof“ – und um die Besucher als Gäste zu beherbergen, bieten sie eine Unterkunft im „Heuhotel“ oder Gästezimmer an. Eine zusätzliche Motivation, in einem Hofladen einzukaufen, wird erzeugt, wenn die potenziellen Käufer auch sehen, von welchen Kühen oder Ziegen die Milch für den Käse kommt, der im Hofladen verkauft wird. So wird aus dem Bauernhof mit Hofladen schnell ein „Erlebnisbauernhof“, aber das wäre eine andere Geschichte. Die Vorteile des Einkaufs direkt beim Bauern für die Verbraucher waren schon in der 1993 zum ersten Mal erschienenen Broschüre „Naturkost vom Bodensee“ beschrieben: „Der Einkauf auf dem Biohof garantiert Ihnen die größtmögliche Frische und Qualität von Obst, Gemüse, Getreide, Milch und Fleisch. Über den Weg der Direktvermarktung kann das Vertrauen der Verbraucher in die Qualität der ökologisch erzeugten Produkte leichter gewonnen werden. Der direkte Kontakt zwischen Bauer, Bäuerin und Kunden dient ebenfalls dazu, die jeweiligen Wünsche und Erwartungen besser kennenzulernen.“ Unter verkehrsökologischen Aspekten wird die Direktvermarktung aber auch kritisch gesehen, denn wenn dadurch am Bodensee Hunderte von Autos (oder gar SUVs) jeden Samstag zu Bauernhöfen im Hinterland fahren, verschlechtert das natürlich wieder die Ökobilanz. Deshalb empfehlen wir, die Hofläden „en passant“ zu besuchen, wenn man sowieso unterwegs ist, etwa zu einem Bergausflug. Direktvermarktung braucht Marketing Wie macht ein Bauernhof am besten auf sich aufmerksam? Ein Bauernhof kann sich keine große Werbeagentur leisten (ein kleine schon), aber er kann mit seinen eigenen Mitteln und Stärken werben. Da stellt einer den alten, schon lange ausrangierten Traktor an die Straße, den er so bunt angemalt hat, dass er auf der Wiese garantiert auffällt. Da schaut der andere, wie seine Äcker und Felder heißen, findet eine „Herzenwiese“ und nennt den Hofladen so – bei so einem Schild muss man einfach anhalten. Bei solchen Aktivitäten sind natürlich die Höfe im Vorteil, die (zumindest mit einem Feld oder Acker) an einer vielbefahrenen Landstraße liegen. Das ist ähnlich wie in der Gastronomie, wenn man sich die Werbung sparen kann, weil man über eine gute Lage verfügt – ein Gasthaus mit Das besondere Bier aus dem Schwarzwald. Blick vom Belchen in Richtung Neuenweg RZ_Anz_Akzent_Image_1_188x89.indd 1 08.06.18 14:09 19