Jahresbericht2007 - Schloss Herdern

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18 Schloss Herdern, Jahresbericht 2007 Neue Abteilungsleiter «Wir fordern nicht Leistung sondern fördern die Stärken» Die Bereiche Landwirtschaft und Werkstätten, zwei wichtige Standbeine der Institution Schloss Herdern, stehen seit 2007 unter der neuen Leitung von Peter Furger und Peter Siegenthaler. Im Interview blicken sie zurück auf ihre ersten Monate in einem Unternehmen, in dem nicht primär die Leistung zählt, sondern – nicht minder anspruchsvoll – die Förderung von Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten. Einen Landwirtschaftsbetrieb und Werkstätten im Rahmen eines Heimkonzeptes zu leiten, das tönt nach einer herausfordernden Tätigkeit. Wie erlebten Sie Ihre ersten Monate? Peter Furger: Meine grösste Herausforderung war zu Beginn der Spagat zwischen wirtschaftlicher Betriebsführung und sozialer Bedürfnisse der Bewohner. Zuvor hatte ich ja einen Pachtbetrieb mit Milchwirtschaft und Schweinehaltung geführt, wobei ich für alle Arbeiten selber zuständig war. Hier bei Schloss Herdern bestehen meine Aufgaben im Wesentlichen in der Personalführung, der Arbeitsorganisation der Bewohner und der Betriebsführung. Peter Siegenthaler: Die Zusammenarbeit mit den Bewohnern und Gruppenleitern ist sehr vielfältig und interessant. Ich kann hier meine Erfahrungen aus der Privatwirtschaft gut einbringen. Im sozialen Bereich lerne ich noch täglich Neues dazu und erhalte natürlich auch Unterstützung von der Abteilung Betreuung. Auch die Mitarbeit im Leitungsteam ist eine sehr spannende Aufgabe, ist es doch ebenso wichtig, die abteilungsübergreifenden Aufgaben optimal zu koordinieren. Die fachlichen Herausforderungen sind das eine. Wie betreuen Sie denn die Bewohner mit ihren individuellen Bedürfnissen? Peter Furger: Wir versuchen, die individuellen Fähigkeiten herauszufinden und weisen den Bewohnern entsprechende Arbeiten zu. Die Förderung ist anspruchsvoll, weil die Fähigkeiten teilweise stark eingeschränkt sind. Unsere Aufgabe ist es herauszufinden, wo die individuellen Stärken liegen. Die neu eintretenden Bewohner dürften nicht sonderlich motiviert sein, Leistung zu erbringen. Peter Siegenthaler: Das ist so. Die Arbeitsleistung steht jedoch zu Beginn nicht im Vordergrund. Die Bewohner müssen einer geregelten Arbeit nachgehen, sich an die Heimregeln halten und werden so zu zuverlässigen Mitarbeitern. Als Anreiz dazu gibt es Taschengeld, das durch gute Leistungen erhöht werden kann. Wir arbeiten auch hier im Schloss Herdern mit Zieldefinitionen und Mitarbeitergesprächen, um die Bewohner gezielt fördern zu können. Weshalb eignet sich die Landwirtschaft, um Menschen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsprozess zu integrieren, Herr Furger? Peter Furger: Die Landwirtschaft bietet verschiedene Arbeitsplätze an, die den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Bewohner gut entsprechen – etwa durch den Umgang und die Betreuung von Tieren, der Pflege von Pflanzen und Kulturen und der Arbeit in der freien Natur. Der Landwirtschaftsbetrieb ist aber nur eine von mehreren Ab-
teilungen von Schloss Herdern. Es ist letztlich das vielfältige Angebot, das den Erfolg des Heimkonzeptes ausmacht. Zu diesem Angebot gehören auch die Werkstätten mit Industrieabteilung und Schreinerei. Peter Siegenthaler, wie kommt Schloss Herdern zu Aufträgen für seine Werkstätten? Peter Siegenthaler: 2007 waren wir in der glücklichen Lage, dass uns Industrie und Gewerbe genügend Arbeit übergaben. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass dies auch 2008 der Fall sein wird. Wir bemühen uns sehr, unseren Auftraggebern ein zuverlässiger Partner zu sein, so dass Folgeaufträge üblich sind. Die Akquisition von neuen Aufträgen stellt immer wieder eine Herausforderung dar; dieser Aufgabe stellen wir uns aber gerne. Wir brauchen ständig Aufträge, die den Fähigkeiten der Bewohner entsprechen. Nur so können wir den Betrieb aufrecht erhalten. Die Anforderungen in der Landwirtschaft sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Vieles ist reglementiert und wird streng kontrol- Peter Furger Die Landwirtschaft, der grösste Bereich der Institution Schloss Herdern, wird seit April 2007 von Peter Furger geleitet. Der Ingenieur Agronom aus Herdern hat die Nachfolge des langjährigen Leiters Alfred Bürgin übernommen, der in Pension gegangen ist. Peter Furger ist verantwortlich für 16 Bewohner und 12 Mitarbeiter. Schloss Herdern, Jahresbericht 2007 Neue Abteilungsleiter liert. Ist es da überhaupt noch möglich, im Rahmen einer Institution wie Schloss Herdern Landwirtschaft zu betreiben? Peter Furger: Die Anforderungen sind in allen Wirtschaftszweigen gestiegen, dies spüren auch die anderen Abteilungen unserer Institution. Unsere Landwirtschaft ist ein modern geführter Betrieb, der attraktive Arbeitsplätze für Mitarbeitende bietet und unseren Bewohnern eine vielseitige, abwechslungsreiche und sinnvolle Beschäftigung ermöglicht. Dies wird auch in Zukunft so bleiben, obwohl die Anforderungen weiter steigen werden. Peter Siegenthaler, als langjähriger Einwohner von Herdern sehen Sie die Institution Schloss Herdern nun plötzlich von innen. Wie hat dies Ihre Sichtweise verändert? Peter Siegenthaler: Mich hat erstaunt, wie vielseitig und professionell dieser Betrieb ist. Schloss Herdern ist sehr gut organisiert und verfügt über kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich freue mich, für diese Institution arbeiten zu dürfen. Interview: Andreas Notter, Schönenberg a. d. Thur Peter Siegenthaler Anfang Januar 2007 trat Peter Siegenthaler die Nachfolge des verstorbenen Niklaus Boos an. Als Leiter Werkstätten ist Siegenthaler zuständig für die Schreinerei, die Industrieabteilung sowie die Gemüserüsterei. Der gelernte Schreinermeister beschäftigt und fördert zusammen mit seinen fünf Mitarbeitern 50 Bewohner. 19
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