Thüringer - Burgen Druck GmbH
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der Evangelischen Kirchgemeinden Neudietendorf - Ingersleben<br />
-Fortsetzung von Seite 6 - Teil 2<br />
Alle meinten, dass wir wohl mindestens vier Wochen bleiben müßten.<br />
Doch der Termin für die Fahrprüfung ist dann für spätestens Freitag<br />
festgelegt worden. Zwei Fahrlehrer wurden benannt und nach einigen<br />
Tagen ging das schon recht gut und allein. Für sie ist das wichtig, da<br />
ihre kranke Schwägerin im Nachbarort oft besucht und mit Essen versorgt<br />
werden muss. Sie freute sich nach<br />
anfänglichem Zögern doch sehr und sah<br />
den Zweck der "Zwangsmaßnahme"<br />
auch ein. Der Regen verschafft ihr immer<br />
wieder eine Pause in den Fahrstunden,<br />
aber am Donnerstag war die Prüfung bestanden.<br />
Einkäufe in Hateg und ein kurzer Schulbesuch<br />
in der Schule in Hunedoara werden<br />
am nächsten Vormittag eingeschoben.<br />
Insbesondere den Schulbesuch<br />
dort hatten wir versprochen. Insgesamt 25 Grundschul- und Kindergartenkinder<br />
sind es, einige fehlen auch dieses Mal. Die Ostergeschichte<br />
wird aufgegriffen. Die Kinder werden auch hier gut darüber<br />
informiert. Cristina begleitet uns und wir stellen sie als "Mutter" von 70<br />
Kindern vor. Die Kleinen staunen und sie erzählt von den Kindern aus<br />
Balanu. Gefüllte Edekatüten sind eine Freude für jeden. Die Lehrerin<br />
entschuldigt sich, weil sie keinen Kaffee vorbereitet hat, sie wussten<br />
nicht, dass wir heute kommen. Den Kaffee gibt es bei Familie Filip und<br />
nach einem zweiten Kurzbesuch mit Kleidung und Schuhen bei<br />
Vargas geht es nach Balanu zurück.<br />
Erst nach Tagen finden wir endlich Zeit für eine Runde durch das Dorf.<br />
Die neue Straße ist immer wieder eine große Erleichterung für alle.<br />
Man geht, ohne bei jedem Schritt den Weg beobachten zu müssen.<br />
Die meisten der Hütten stehen noch und die Hunde versuchen jeden,<br />
der sich ihrem Revier nähert, mit lautem Gebell und Zähnefletschen<br />
zu vertreiben. Respekt zu zeigen tut<br />
gut. Am Ende des unteren Weges ist<br />
eine Müllhalde entstanden. Wir fragen<br />
nach. Der Bürgermeister schickt<br />
in Abständen Arbeiter vorbei, die für<br />
die Sozialhilfe einige Stunden leisten<br />
müssen, um den Müll an Ort und<br />
Stelle zu verbrennen. Ihm fehlen<br />
nach seinen Angaben die Mittel, den<br />
Müll regelmäßig abfahren zu lassen.<br />
Keine zwanzig Meter entfernt hören wir Säge und Hammer. Eine<br />
junge Familie lebt unmittelbar neben diesem Platz in einer Bude aus<br />
Hartfaserplatten. Der Mann ist am Bauen, wir kommen ins Gespräch.<br />
Die Mutter mit den zwei kleinen Kindern, eines erst wenige Monate alt,<br />
kommt auch heraus. Wir kennen sie, aber sie sind sehr schüchtern.<br />
Sie erzählen von den Krankheiten, insbesondere bei den Kindern.<br />
Ungeziefer durch den Müllplatz, der Rauch beim Verbrennen der<br />
immer plastikhaltigen Berge, organisiert durch die Administration, das<br />
alles hinterlässt Spuren. Man sieht ihnen die Mangelerscheinungen<br />
nicht nur an der Behausung an. Der Wohnplatz ist durch die Gemeinde<br />
zugewiesen und die Hütte auch von dort "gesponsert" worden, da<br />
sie als "sozialbedürftig" eingestuft sind. Der Bauplatz wurde ihnen vor<br />
wenigen Jahren aus dem Berg herausgebaggert, fast direkt daran<br />
steht die Hütte. Beispielhaft für ihr Leben steht nun dieser mehrere<br />
Meter hohe und unbefestigte Hang über ihnen und droht beim nächsten<br />
größeren Regen alles zu verschütten. Sie haben als EU-Bürger<br />
noch einen schwierigen Weg vor sich. Nicht nur das Haus befindet<br />
sich an einem Hang, der den Gang in die Gesellschaft nur auf<br />
Umwegen freigibt. Wir verabschieden uns und gehen durch das Dorf<br />
zurück.<br />
UNSER BLATT 12/2011<br />
www.burgendruck.de<br />
Es ist fast dunkel, aber wir sehen richtig, wenn wir feststellen, dass<br />
doch so manche alte Hütte verschwunden ist oder neben ihnen kleine<br />
Häuser heranwachsen. Das Dorf hat sich merklich verändert.<br />
Diejenigen, die im Sommer im Ausland als Erntehelfer arbeiten, investieren<br />
in neue Häuser. Es bewegt uns und zeugt von Entwicklungen,<br />
von denen wir noch vor Jahren nur träumten. Immer wieder<br />
ergeben sich Gespräche im Dorf und wir sagen, wie wir uns über<br />
die Baumaßnahmen freuen. Mit Stolz zeigen sie uns, was sie geschafft<br />
haben und hoffen, es fertig zu bekommen, irgendwann. Für<br />
uns sind solche Starts das Wichtigste. In den Köpfen hat ein Denkprozess<br />
eingesetzt, der sich von Hoffnungslosigkeit und Tristesse<br />
verabschiedet hat. Vielleicht gab unser Haus am Dorfeingang dazu<br />
manchen Anstoß.<br />
Cristinas Bruder Bujor hatte uns gebeten, seine Elektroanlage weiter<br />
auszubauen. In den nächsten Tagen ist der Wunsch erfüllt und er ist<br />
darüber dankbar und glücklich. In Cristinas Speisekammer ist noch<br />
ein kleines Fenster zur besseren Belüftung einzubauen. In der Stadt<br />
haben wir es günstig bekommen, Angelut schneidet das Loch mit der<br />
Kettensäge ziemlich passgenau an die entsprechende Stelle in die<br />
Gasbetonwand. Vier Schrauben, Schaum und Fensterbrett, es dauert<br />
nicht lange. Jedoch lange genug erwarten die Kinder den Besuch in<br />
der Schule und im Kindergarten, täglich fragen sie.<br />
Ein Teil der Gruppe macht sich auf den Weg. Spielzeuge und<br />
Schulmaterialien geschultert, wird das Gebäude am höchsten Punkt<br />
des Dorfes erreicht. Cristinas Tochter sitzt mit beiden Cousinen nun<br />
auch an den Tischen der ersten Klasse, alle drei gehen gern dort hin.<br />
Der Lehrer präsentiert stolz die Lehrinhalte und spart nicht mit<br />
Ermahnungen bezüglich fehlender Kinder. Über die Gründe dazu<br />
spricht er nicht. Im Kindergarten haben die Kleinen ein Büfett angerichtet<br />
und wir werden zu Plastikbraten und Gummiobst eingeladen.<br />
Die Dinge entstammen den Kartons der letzten Fahrten und wir spielen<br />
gern mit. Sie singen uns ein Lied und sagen Gedichte auf, ahnend<br />
dass der Karton vom "iepuras", dem Osterhasen, noch geöffnet wird.<br />
Am Nachmittag sind einige Senioren zum Essen eingeladen.<br />
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