Thüringer - Burgen Druck GmbH
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der Evangelischen Kirchgemeinden Neudietendorf - Ingersleben<br />
-Fortsetzung von Seite 19 - Teil 2<br />
Ihnen fällt das Gehen sehr schwer und Victoria, die kleine Taubstumme,<br />
braucht für die zweihundert Meter fast eine Stunde. Vidu muss<br />
abgeholt werden, nach dem Schlaganfall kann er kaum noch allein<br />
laufen und hat Angst zu stürzen. Einige Kinder werden noch hereingeholt<br />
und zwischen den Alten platziert. Das macht die Runde locke<br />
und heiter. Sie sind es so schon gewohnt und genießen das Essen.<br />
Es ist für sie das Wichtigste, hier<br />
etwas zu bekommen, was sie sich<br />
selbst nicht leisten können. Eine<br />
Suppe, erst die dünne, dann eine<br />
etwas kräftigere mit Reis, Gemüse<br />
und Würstchen, dazu Saft und<br />
danach etwas Gebäck. Wir genießen<br />
die Stunde zusammen mit<br />
ihnen. Nach der Verabschiedung<br />
wird, lang ersehnt, das Gästezimmer<br />
eingeräumt. Die Malerarbeiten sind abgeschlossen und man<br />
fühlt sich hier einfach nur wohl. Mit dem dazugehörigen Bad bietet es<br />
einen Standard, der sich in allem mit dem Unsrigen messen lässt. Die<br />
Region des Biosphärenreservates, die Gebirge und Seen laden zum<br />
Wandern oder zur Erkundung des Landes ein.<br />
Wir besuchen noch eine Familie mit sechs Kindern. Bei ihnen hat sich<br />
in den letzten Jahren nichts verändert, jedenfalls nicht nach vorn.<br />
Während die Mutter oft als Tagelöhnerin unterwegs ist, passen die<br />
Geschwister abwechselnd auf die Kleinen auf. Heute ist sie zu Hause.<br />
Das eine Zimmer, in dem sie leben, ist stockdunkel. Wir unterhalten<br />
uns und erklären das Sozialprojekt, das wie für jede andere Familie,<br />
auch für sie Ergebnisse bringen soll. Wir brauchen aber die Zusammenarbeit<br />
mit den Eltern und dazu wird die Mutter gern bereit sein.<br />
Uns stockt im Zimmer der Atem. Aber wir erinnern uns an Besuche<br />
aus früheren Jahren im Dorf. Es hat sich was getan und so wollen wir<br />
auch hier zuversichtlich sein, dass kleine Schritte ermöglicht werden.<br />
An diesem letzten Abend kaufen wir einigen Frauen im Dorf die für<br />
uns gefertigten Körbe ab. Wir hören von ihren Krankheiten, manchem<br />
haben die Ärzte nur noch kurze Zeit gegeben, bessere Behandlungen<br />
sind nicht bezahlbar. Die Frauen freuen sich über das Geld und<br />
wir über die Körbe, die wir in Deutschland weitergeben möchten.<br />
Vieles ist in diesen Tagen<br />
noch passiert. Die Kassen<br />
für den Außenputz des Hauses,<br />
für die Küche und die<br />
Schulbrote, für Internatsund<br />
Fahrkosten, für medizinische<br />
Behandlungen und<br />
mehr sind aufgefüllt. Cristina<br />
bekam den Computer und<br />
dazu einige Dinge erklärt.<br />
Der Medizinschrank ist aufgefüllt<br />
mit Erkältungsmitteln und spezielle Medikamente sind verteilt.<br />
Der letzte Abend bringt uns noch eine Stunde oder zwei in aller Ruhe<br />
auf dem Balkon zusammen mit Cristina und Angelut. Nochmals<br />
besprechen wir die zu bauende Dachkonstruktion auf dem Haus der<br />
Schwester. Bisher stand für uns da immer ein Bett zum Schlafen<br />
bereit. Dieses Mal waren die Balken über dem Kopfende zu sehen<br />
und das Dach droht einzufallen, weil das Holz sich in Staub auflöst.<br />
Wir rechnen und können finanziell helfen, dass alles wieder in Ordnung<br />
kommt. Über Jahre hinweg konnten wir das Haus und Bad dort<br />
mit nutzen und es beherbergte die erste kleine Dorfküche.<br />
Der nächste Tag bringt die Abreise. Ob der Plan erfüllt ist? Sicher nicht<br />
bis zum letzten Punkt, aber eben so gut wir konnten. Uns werden viele<br />
Dankesgrüße mit auf den Weg gegeben. Wir sind Richtung Temeswar<br />
unterwegs. Der letzte Abend dort endet mit Erzählen und Nachdenken.<br />
An diesem Abend, wie auch auf der Fahrt Richtung Deutschland<br />
denken wir an die Vielen, denen wir schon über Jahre hin begegnet<br />
sind. Oft gleicht ihr Leben einer solchen Wanderung einem Hang hinauf.<br />
Die meisten geben nicht auf und kämpfen sich hoch, gleich welchen<br />
Alters. Vor Jahren hießen ihre Gipfel noch: Überleben, Existenzminimum<br />
oder Lebensmut. Heute heißen sie: Bildung, Arbeitsplatz,<br />
medizinische Grundversorgung und Selbstbewusstsein. Ein gutes<br />
Stück sind einige von ihnen schon vorangekommen.<br />
Wir fragen uns selbst nach unseren Aufgaben auf diesem Weg mit<br />
ihnen. Schieben und Drängeln hindert am selbständigen Gehen und<br />
macht bestimmt keine Freude. Ihnen bei schwierigen Etappen die<br />
Hand zu reichen, das hilft und lässt sie nach oben sehen. Manchmal<br />
ist es vielleicht nur eine Vorsichtsmaßnahme, manchmal bewahrt es<br />
vor einem Absturz. Weil wir uns selber von größerer Hand geführt,<br />
gehalten und getragen wissen, wollen wir das niemandem verwehren.<br />
Wo es möglich ist, wollen wir unsere Hände anderen entgegenstrecken,<br />
leer müssen sie sein und unverkrampft, um ergriffen werden<br />
zu können.<br />
Wir fahren nach Hause. Unsere Autos sind auch fast leer. Uns aber<br />
erfüllt die Dankbarkeit in überfließendem Maß, die hinter uns liegenden<br />
Tage erlebt haben zu dürfen. Wir haben dieses Getragensein und<br />
Geführtwerden auf einem Weg neu erlebt, der für viele, denen wir<br />
begegnet sind, hoffnungsvolle Ausblicke bietet. Dem, der uns zusammengeführt<br />
und die Pläne erarbeitet hat und überwacht, der ihre<br />
Gebete erhört hat, ihm danken sie. Und sie danken Ihnen allen, die<br />
dazu beigetragen haben und dazu beitragen, dass ihr Leben nicht<br />
hoffnungslos nur existiert, sondern sich füllt mit Mut und Zuversicht<br />
und einem Lächeln. Ihnen allen, die Sie mit unterwegs sind und uns<br />
selber auch die Hand reichen auf unserem Weg, den Hang hinauf<br />
zum Ziel, danken wir von Herzen.<br />
AK Rumänien - Albrecht Feige Ende<br />
Informationen unter:<br />
Tel.: 036202 82071; 0172 3562830<br />
E-mail: afeige@freenet.de; www.ak-rumaenien.de<br />
Spendenkonto:<br />
Evang. Kirchgemeinde Neudietendorf, Stichwort Rumänienhilfe<br />
EKK Eisenach, BLZ: 520 604 10, Kto.-Nr.: 802 00 27<br />
Spendenquittungen werden auf Anfrage erstellt.<br />
Seite 20 www.burgendruck.de UNSER BLATT 12/2011