KUNSTINVESTOR AUSGABE JULI 2018
Kunst als Kapitalanlage AUSGABE JULI 2018 Chefredakteur: Michael Minassian
Kunst als Kapitalanlage
AUSGABE JULI 2018
Chefredakteur: Michael Minassian
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KUNST.INVESTOR Fotografie<br />
Vivian Maier<br />
Vivian Maier - Selbstporträt New York 1953<br />
Die Entdeckung des Werks von Vivian Maier (1926–<br />
2009) schlug 2009 ein wie eine Bombe. Die Geschichte<br />
der bis dato völlig unbekannten Fotografin, die sich<br />
ihren Unterhalt zeitlebens als Kindermädchen verdient<br />
hatte und deren zu großen Teilen aus Negativen<br />
bestehendes Archiv auf einer Zwangsauktion eher<br />
zufällig in die Hände eines jungen Sammlers geraten<br />
war, begeisterte die Öffentlichkeit weit über die<br />
klassischen Fotozirkel hinaus. „Ein Jahrhundertfund –<br />
und eine Geschichte, die man sich besser nicht hätte<br />
ausdenken können“, so WestLicht-Gründer Peter<br />
Coeln. Der Wiener Schauplatz für Fotografie holt die<br />
Arbeiten der US-amerikanischen Fotografin mit<br />
väterlichen Wurzeln in der k.u.k. Monarchie zum ersten<br />
Mal nach Österreich. Gleichsam über Nacht wurde<br />
Vivian Maier zum Star, in einem Atemzug genannt mit<br />
Größen wie Henri Cartier-Bresson, Robert Frank, Lee<br />
Friedlander oder Diane Arbus und gehandelt von den<br />
renommiertesten Galerien. Die hollywoodreife<br />
Erzählung wurde 2013 in einer Dokumentation<br />
verarbeitet, die weltweit in den Kinos lief und bei den<br />
Academy Awards 2014 für einen Oscar als Best<br />
Documentary Feature nominiert war. Vivian Maier<br />
selbst hat den späten Welterfolg nicht mehr erlebt. Sie<br />
starb 2009, zwei Jahre nachdem ihre Negative,<br />
Abzüge, 8 mm-Filme und Tonbänder versteigert worden<br />
waren, weil sie den Mietzins der Lagerräume schuldig<br />
geblieben war, in einem Altersheim an den Folgen<br />
eines Sturzes – nur wenige Tage, bevor der Sammler<br />
ihren letzten Wohnsitz ausfindig machen sollte. „Die<br />
vielfach kolportierte – und ja tatsächlich fantastische –<br />
Erzählung einer ‚Mary Poppins mit Kamera‘ darf nicht<br />
den Blick auf Maiers Werk verstellen. Ihr Platz in der<br />
Fotogeschichte gebührt ihr wegen der Qualität ihrer<br />
Fotografie“, so WestLicht Chef-Kuratorin Rebekka<br />
Reuter. Viele von Maiers seit den 1950er-Jahren<br />
insbesondere in den Straßen von New York und<br />
Chicago entstandenen Arbeiten wirken wie unmittelbare<br />
Klassiker. Mit ihrem Gespür für den Moment und ihren<br />
souveränen Kompositionen beansprucht Maier<br />
nachhaltig einen Sitz im traditionell männlich<br />
dominierten Olymp der Street Photography. Ihre<br />
zahlreichen Selbstporträts in Spiegeln und<br />
Schaufenstern im Stadtraum brechen dabei mit der oft<br />
entlang archaischer Jäger-Beute-Schemata und<br />
konventioneller Geschlechterrollen konstruierten<br />
Erzählung des Genres. [WestLicht. Dauer 29. Mai–19.<br />
August .<strong>2018</strong> – Foto © WestLicht)