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Titel.<br />

Der 1935 in Mainz-Kastel als<br />

Sohn eines Justizbeamten<br />

geborene Schauspieler Horst<br />

Janson glänzte und glänzt<br />

nicht nur in Spielfilmen und<br />

Fernsehserien, sondern auch<br />

auf der Bühne – bis heute. Ein<br />

Bravo Otto in Gold und ein<br />

Bambi schmücken seine<br />

großen Erfolge.<br />

„Ich bin immer hoffnungsvoll“<br />

Herr Janson, in den frühen 50er<br />

Jahren haben Sie den ersten Schritt<br />

in Richtung Karriere getan – nämlich<br />

ein Jahr vor dem Abitur die Schule<br />

geschmissen, um die Schauspielschule<br />

zu besuchen. Wie kam es dazu?<br />

Einige Umzüge und damit verbundene<br />

Schulwechsel trugen nicht<br />

gerade zu einer hohen Lernmotivation<br />

bei. Die Liebe zur Bühne entwickelte<br />

sich schon früh. Da mein<br />

Vater nicht so gerne ins Theater und<br />

in die Oper ging, hat meine Mutter<br />

oft mich mitgenommen. Sie hatte ein<br />

Abo im Staatstheater in Wiesbaden –<br />

dort wohnten wir nach dem Krieg.<br />

Und dann hatten wir in der Oberstufe<br />

einen Deutschlehrer, bei dem wir<br />

alle möglichen Theaterstücke gelesen<br />

haben. Er hätte eigentlich Regisseur<br />

werden sollen. In Grillparzers<br />

„Der Traum ein Leben“ durfte ich im<br />

Schultheater die Hauptrolle spielen.<br />

Spätestens da wusste ich, was ich<br />

werden will. Dazu brauchte ich kein<br />

Abitur.<br />

Hat der Vater das unterstützt?<br />

Der hatte kein Verständnis dafür. Die<br />

Schauspielschule musste ich selbst<br />

finanzieren – zunächst mit Taxifahren.<br />

Das war relativ lukrativ, weil damals<br />

in Wiesbaden das Headquarter<br />

der American Airforce war und viele<br />

Taxifahrer gebraucht wurden. Und<br />

dann hatte ich das Glück, dass ich<br />

bereits im ersten Jahr von der UFA<br />

eine Einladung zum Vorsprechen<br />

und zu Probeaufnahmen bekam. So<br />

kam ich nicht nur zu einer kleinen<br />

Rolle, sondern auch zu einem<br />

Stipendium für das Nachwuchsstudio<br />

der UFA in Berlin. Dort habe<br />

ich meine Schauspielausbildung<br />

fertig gemacht. Grit Böttcher und<br />

Götz George waren auch in meiner<br />

Klasse. Mit Grit hab‘ ich später Filme<br />

gemacht und auch Theater gespielt.<br />

1959 haben Sie in einer Buddenbrooks-Verfilmung<br />

mitgespielt. Obwohl<br />

es eine Nebenrolle war, wurden<br />

Sie damit bekannt. Es folgten<br />

KWA<br />

Exklusiv -<br />

Interview<br />

Interview mit Horst Janson.<br />

unzählige Kinofilme und TV-Serien,<br />

viele mit sehr guten Einschaltquoten.<br />

Immenhof, Salto Mortale, Der<br />

Bastian und anderes mehr.<br />

Was hier nur wenige wissen: Auch in<br />

England habe ich eine nette Karriere<br />

gemacht. Gleich der erste englische<br />

Film im Jahr 1967 „The Small Rebellion<br />

of Jess Calvert“ wurde ITV<br />

Play of the Week. Ich stand dann in<br />

England zusammen mit großartigen<br />

Schauspielern vor der Kamera, hab<br />

dort jedes Jahr etwas gemacht, bis<br />

in die 80er Jahre hinein. Mit Tony<br />

Curtis und Charles Bronson hab’ ich<br />

abends nach dem Dreh gepokert.<br />

Viele englische Filme waren in mehreren<br />

Ländern erfolgreich, wurden<br />

aber nicht ins Deutsche synchronisiert.<br />

„Der Bastian“ war trotz des<br />

herausragenden Erfolgs nicht karrierefördernd,<br />

hat mich zum Teil sogar<br />

blockiert, weil ich damit auf einen<br />

bestimmten Typ Mann festgelegt war.<br />

Foto: Sieglinde Hankele<br />

Auf Ihrer Website steht, dass Sie<br />

fechten können.<br />

1960 durfte ich unter der Regie<br />

von Helmut Käutner zusammen<br />

mit Gustaf Gründgens, Lilo Pulver<br />

und Hilde Krahl im Film „Das Glas<br />

Wasser“ mitspielen. In einer Szene<br />

musste ich mit einem Nebenbuhler<br />

fechten, also nahm ich Stunden<br />

und lernte es. Für die Hauptrolle<br />

in „Captain Kronos – Vampirjäger“<br />

bekam ich dann sogar Unterricht<br />

vom englischen Fechtmeister. Er war<br />

der Bösewicht. Wir haben hinter den<br />

Kulissen in jeder freien Minute geübt,<br />

um Verletzungen zu vermeiden. Da<br />

darf man nichts dem Zufall überlassen.<br />

Fechten erfordert eine hohe Konzentration.<br />

Da waren Fechtszenen,<br />

die gingen fünf Minuten, über Tische,<br />

Stühle und Bänke.<br />

Und wie kamen Sie zum Reiten?<br />

1962 kam ein interessantes Angebot<br />

zu einem Dreh in Kanada. Ich sollte<br />

in der Hauptrolle einen Cowboy<br />

spielen. Die Frage, ob ich reiten<br />

kann, hab’ ich ohne Zögern mit ja<br />

beantwortet und bin am nächsten<br />

Tag als Anfänger in eine Reitschule<br />

gegangen. Zum Glück hatte ich ein<br />

halbes Jahr lang Zeit, um fleißig zu<br />

üben. Wir bekamen dann in Kanada<br />

fein zugerittene Pferde und auch Reitunterricht,<br />

weil der Reitstil und die<br />

Zügelhaltung dort ganz anders sind.<br />

Eine Hand muss ja frei sein für das<br />

Lasso oder den Colt. Danach konnte<br />

ich das Westernreiten wirklich perfekt.<br />

Jahrzehnte später nutzte mir das<br />

bei den Karl-May-Festspielen in Bad<br />

Segeberg, wo ich Old Shatterhand<br />

beziehungsweise Old Firehand war.<br />

In Salto Mortale spielten Sie von<br />

1969 bis 1972 die Rolle des Artisten<br />

Sascha Doria. Mussten Sie sich alles<br />

erst antrainieren?<br />

Nicht alles. Ich war schon immer<br />

sportlich. In meiner Schulzeit war ich<br />

Wettkampfschwimmer, war sogar<br />

Hessischer Jugendmeister. Für die<br />

Rolle war ich deshalb schon gut<br />

geeignet.<br />

Wasser scheint Ihnen zu liegen. Sie<br />

segeln ja auch.<br />

Ich hab’ eine Zeitlang viel in Hamburg<br />

gedreht, hatte damals von<br />

meiner Wohnung einen schönen<br />

Blick auf die Alster und oft Segler beobachtet.<br />

Irgendwann hab’ ich dann<br />

Segelstunden genommen und den<br />

Schein gemacht, sodass ich selbst<br />

mit einer Jolle hin und her shippern<br />

konnte. Zur großen Liebe wurde das<br />

Segeln, als mir ein Freund Anfang der<br />

70er Jahre auf dem Starnberger See<br />

ein wunderschönes altes Segelschiff<br />

gezeigt hat – ganz aus Holz, ein alter<br />

Riss, schmal und lang, sehr elegant.<br />

Ich hab’ mich sofort darin verliebt.<br />

Wir haben es gemeinsam restauriert.<br />

Beim Segeln waren auch meine Frau<br />

Hella und unsere beiden Töchter oft<br />

dabei. Wir haben acht Jahre lang in<br />

Tutzing direkt am See gewohnt, mit<br />

eigenem Bootssteg – im Brahmspavillon.<br />

In der Fernsehserie „Unter weißen<br />

Segeln“ waren Sie Kapitän und haben<br />

Länder gesehen, in denen jeder<br />

gerne Urlaub machen würde.<br />

Als das Angebot kam, hab’ ich sofort<br />

zugesagt, ohne mir das Drehbuch<br />

anzuschauen. Die Rolle als Kapitän<br />

eines Segelkreuzfahrtschiffs und die<br />

Reisen waren dann auch ein Traum.<br />

Es stellte sich aber schnell heraus,<br />

dass der Produzent „Das Traumschiff“<br />

nachahmen wollte. So etwas<br />

funktioniert nie. „Unter weißen Segeln“<br />

hatte zwar auch gute Einschaltquoten,<br />

fünf Millionen Zuschauer<br />

etwa, die Produktion war aber teuer<br />

und so wurde die Serie nach zwei<br />

Jahren eingestellt.<br />

Die Urlaubszeit steht an. Was machen<br />

Sie am liebsten im Urlaub?<br />

Wenn wir etwas mehr Zeit haben,<br />

fahren wir gerne zu Freunden nach<br />

Portugal. Früher haben wir auch Segelturns<br />

in der Karibik gemacht. Das<br />

sind Urlaube, die man nie vergisst.<br />

Heute geht es uns eher um Erholung.<br />

Am Wasser muss es aber in jedem<br />

Fall sein, gerne auf Zypern.<br />

Wir bleiben beim Wasser. Für die<br />

Rolle des Fischers Santiago in einer<br />

Bühnenadaption von Hemingways<br />

Novelle „Der alte Mann und das<br />

Meer“ bekommen Sie beste Kritiken.<br />

Können Sie sich besonders gut in ihn<br />

hineindenken?<br />

50 Prozent macht die Figur aus,<br />

50 Prozent das, was man persönlich<br />

mitbringt. Ein bisschen was hab’<br />

ich schon vom Santiago. Auch ich<br />

bin ein Mensch, der nicht aufgibt. Es<br />

gibt einen Spruch von Karl Jaspers,<br />

der heißt: „Die Hoffnungslosigkeit<br />

ist schon die vorweggenommene<br />

Niederlage.“ Ich bin immer hoffnungsvoll,<br />

auch in schwierigen<br />

Situationen. – Es war übrigens sehr<br />

schwierig, von den Rechteinhabern<br />

überhaupt die Rechte für die Inszenierung<br />

zu bekommen. Zunächst<br />

wurden nur zehn Aufführungen<br />

genehmigt. Die Uraufführung hatten<br />

wir 2010 auf Rügen. Das war so erfolgreich,<br />

dass wir damit auf Tournee<br />

gingen. Inzwischen haben wir das<br />

Stück schon 160-mal aufgeführt.<br />

Und dieses Jahr spielen wir es in<br />

Bad Hersfeld.<br />

Ist der Santiago Ihre Lieblingsrolle?<br />

Er gehört in jedem Fall dazu. Auch<br />

„Der eingebildete Kranke“ von Molière,<br />

den ich vor drei Jahren in den<br />

Kreuzgangspielen in Feuchtwangen<br />

gespielt habe, war eine interessante<br />

Rolle. Sehr gerne hab’ ich auch<br />

„Barfuss im Park“ mit Uschi Glas<br />

gespielt, hier in München im Bayerischen<br />

Hof. Und voriges Jahr „Kerle<br />

im Herbst“, mit Christian Wolff und<br />

Hans-Jürgen Bäumler. Für jedes Alter<br />

gibt es gute Rollen. Solange ich meine<br />

Texte behalten kann und geistig fit<br />

bin, möchte ich weitermachen – weil<br />

ich Menschen damit sehr gut erreichen<br />

kann.<br />

Das Gespräch führte<br />

Sieglinde Hankele.<br />

12 <strong>alternovum</strong> | 2/2018<br />

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