s'Magazin usm Ländle, 5. August 2018

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AKTUELL Mit 150 EuroinVorarlberg Von 150 Euro im Monat kann man leben, wenn man zudem noch die Wohnung bezahlt bekommt –mit dieser Einschätzung sorgte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) für große Empörung.Die „Vorarlberg Krone“ hat nun nachgefragt, ob im <strong>Ländle</strong> ein Leben mit 150 Euro im Monat möglich wäre. Das Ergebnis: Von einem menschwürdigen „Leben“ kann mit diesem Budget nicht die Rede sein. Nachdem Sozialministerin Beate Hartinger- Klein in einem Interview bejahte, dass ein Leben mit 150 Euro imMonat nach Abzug der Wohnkosten möglich sei, hagelt esKritik. Der ÖGB-Vorarlberg forderte diese Woche sogar ihren Rücktritt. Wie die Ministerin zudieser Einschätzung kommt, bleibt indes ein Rätsel. Die Liste Pilz hat eine Anfrage an die Ministerin gestellt, ob es denn konkrete Berechnungen gibt, die 150 Euro als ausreichendes Lebensminimum ausweisen. Dem Finanzexperten und Schuldenberater Peter Kopf vom ifs-Vorarlberg sind solche Berechnungsmodelle jedenfalls nicht bekannt. „Wer sich ausschließlich von Nudeln ernährt, wird wohl mit 150 Euro auskommen. Ein halbwegs gesundes Leben oder eine gesellschaftliche Teilhabe kann man sich damit ganz sichernichtleisten“, weißKopf aus der Realität. Für ein „Leben in Würde“ braucht eine alleinstehende Person laut den Referenzbudgets des Dachverbandes der Schuldenberatungen Österreichs 1366 Euro –und das 12- mal pro Jahr. Dieses Budget setzt sich aus fixen Ausgaben etwa für Miete und Betriebskosten, aus unregelmäßigen Ausgaben für Kleidung oder Freizeitaktivitäten und aus Haushaltsausgaben für Nahrungsmittel sowie Körperpflege zusammen. Würde die Miete abgezogen, wie inder „Berechnung“ von Hartinger-Klein, bliebenimmer noch 871 Euro übrig. „In diesem Betrag sind jedoch keine Kosten für Urlaub, Auto, Sparen oder Kinder berücksichtigt“, hält Kopf fest. Armut heißtRückzug Menschen, die mit diesem Minimalbudget auskommen müssen, sind Kopf aus seiner Arbeit als Schuldenberater bestens bekannt. Er zeichnet ein trauriges Bild der Lebensumstände: „Wer arm ist, lebt meist sehr zurückgezogen. Ein Gasthausbesuch mit Freunden geht sich nicht aus. Nicht einmal Bekannte können zu sich nach Hause eingeladen werden. Umgekehrt werden auch Einladungen kaum angenommen –man kann sich kein Mitbringsel leisten oder eine Gegeneinladung aussprechen. Und nicht zuletzt negieren arme Menschen gesundheitliche Probleme, weil sie sich die Selbstbehalte nicht leisten können.“ Oftmals sind Frauen und Mindestpensionsbezieher betroffen. Auch Schicksalsschläge –etwa ein Unfall –können in die Armut führen. Dass Armut längst zu einem strukturellen Problem geworden ist, zeigtdas Phänomen dersogenannten „Working Poor“. Allein in Vorarlberg, so Kopf, gäbe es etwa 10.000 Personen, die trotz Arbeit an der Armutsgrenze leben. So wenig der Experte von der Aussage der Sozialministerinhält, so kritisch sieht er auch die Pläne der Bundesregierung in Sachen Mindestsicherung. „Die Kürzung ist eine Katastrophe mit Anlauf. Wer bei den Ärmsten spart, spart am falschen Ort. DieFolgekostenwerden die Einsparungen um ein Vielfaches übersteigen.“ Neben Zuwanderern seien von der Kürzung vor allem Familien mit mehreren Kindern betroffen. „Diese brauchen jede erdenkliche Unterstützung, um dem Kreislauf aus fehlender Bildung, verminderten Berufschancen und Armut zu entkommen.“ Doch wie kann das Armutsrisiko gesenkt werden? Laut Kopf bräuchte es vor allem höhere Familienleistungen gerade für Menschen mit geringem Einkommen, zudem sollte gezieltleistbarer Wohnraum geschaffen und ein Mindestlohn von 1600 Euro eingeführt werden. „Die Ideen liegen alle auf dem Tisch. Esliegt an den Verantwortlichen, diese umzusetzen!“, appelliert Kopf an die Regierung. Philipp Vondrak 4 s’Magazin
AKTUELL leben? Lebensmittel-Ausgabebei „Tischlein deck dich“: Auch im <strong>Ländle</strong> gibt es viele arme Menschen. Fotos: lisamathis.at Wer arm ist, lebtmeist sehr zurückgezogen. Ein Gasthausbesuchmit Freundengeht sich nicht aus.Nicht einmal Bekannte könnenzusich nach Hause eingeladen werden. Peter Kopf,Geschäftsführer der ifs-Schuldenberatung ReferenzbudgetderSchuldenberatungen:WasbrauchteinMenschzumLeben? ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• –FixeAusgaben (687 Euro/Monat): Miete, Betriebskosten, Strom, Heizung, Öffentlicher Verkehr,Telefon, GIS-Gebühren, Haushaltsversicherung. –Unregelmäßige Ausgaben (287 Euro/Monat): Ersatz von zerschlissener Kleidung und kaputten Schuhen, Kosten für Gesundheit und Gesundheitsvorsorge, Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. –Haushaltsausgaben (392 Euro/Monat): Nahrungsmittel, Reinigungsmittel, Körperpflege. In Summe ergibt sich so ein Minimalbudget für ein „Leben inWürde“von 1366 Euro! s’Magazin 5
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