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s'Magazin usm Ländle, 5. August 2018

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FESTSPIELE<br />

FORTSETZUNG<br />

film gedreht –trotz massiver Widerstände.<br />

Der Rohschnitt istbereits fertig,<br />

und ich bin fast schon zu glücklich<br />

damit. Derzeit verspüre ich eine<br />

große kreative Elektrizität.<br />

Werden Sie bei der Premiere imSaal<br />

sein?<br />

Sicherlich, allerdings werde ich mir<br />

wohl eine Funktion bei Licht oder Video<br />

suchen, damit ich nervlich besser<br />

damit umgehen kann. Aber ich bin<br />

keiner, der sich versteckt. Ich will die<br />

Aufführung sehen.<br />

Im eben erwähnten Spielfilm „Nobadi“<br />

geht es um einen Schrebergarten, dessen<br />

Besitzer,einen Flüchtling und auch<br />

um einen Hund. Erzählen Sie eine<br />

Gegengeschichte zu jener, die die<br />

schwarz-blaue Regierung über Flüchtlinge<br />

erzählt?<br />

Ich erzähle eine Gegengeschichte zu<br />

jener von uns allen, mit Sicherheit<br />

nichtzujener der schwarz-blauen Regierung.<br />

Denn der Auslöser war tatsächlich<br />

die rot-schwarze Regierung<br />

mit Innenminister Doskozil und der<br />

Westbalkan-Konferenz. Da war es<br />

für mich zum ersten Mal fast<br />

schmerzlich spürbar, wie obszön es<br />

ist, von einem Sicherheitsproblem zu<br />

sprechen –und damit nicht die Sicherheit<br />

jener Menschen zu meinen,<br />

die Unglaubliches auf sich nehmen,<br />

um hierherzukommen,sondern unsere<br />

Sicherheit. Ich weiß nicht, wie viel<br />

Promille unseres Wohlstands wir<br />

hergeben müssten, um die Kostendafür<br />

zu decken, dass Menschen nicht<br />

einfach vor unserer Haustüre oder<br />

auf unseren Autobahnen krepieren.<br />

Es geht nicht um Blau oder rechts<br />

oder links, sondern um eine Denkungsart,<br />

die wieder umsich greift –<br />

bei uns allen: „Wir können nicht die<br />

Einzigen sein, wir können nicht alle<br />

nehmen.“ Gleichzeitig erleben wir<br />

aber den größten Wohlstand unserer<br />

Geschichte. Wäre dieser Wohlstand<br />

um 50 Prozent geringer, wäre esimmer<br />

noch Wohlstand. Doch da gäbe<br />

STECK<br />

BRIEF<br />

Geboren 1963 in Wien, bekannt<br />

durch zahlreiche TV-, Kino- und<br />

Theaterrollen („Die Fälscher“,<br />

„Stockinger“,„Komm, süßer Tod“<br />

etc), auch als Regisseur tätig („Atmen“,<br />

„Superwelt“). Premierevon<br />

„Das Jagdgewehr“ am 1<strong>5.</strong> <strong>August</strong><br />

bei den Bregenzer Festspielen.<br />

·········································································································································<br />

es beiuns bereits Bürgerkrieg. Fürdie<br />

Flüchtlinge wäre es schon Luxus, nur<br />

einen Bruchteil unseres Wohlstands<br />

zu haben. Und sie haben ein Recht<br />

darauf. Das Recht liegt immer bei jenen,<br />

die weniger haben als die anderen,<br />

immerbeim Dieb, nichtbeim Bestohlenen,<br />

so fürchterlich das klingt.<br />

Ich würde sicherlich zur Polizei gehen,<br />

wenn jemand meine Brieftasche<br />

stehlen würde. Aber im Prinzip weiß<br />

ich,dass der Dieb das Recht hat.<br />

Sie unterstützen die Kampagne #sichersein,<br />

die sich gegen die Abschiebepraxis<br />

nach Afghanistan richtet.Haben<br />

Sie das Gefühl, dass Initiativen wie diese<br />

von der Politik als Anregung zum<br />

Nachdenken verstanden werden?<br />

Dieses Gefühl habe ich derzeit nicht.<br />

Es wird argumentiert, die Bevölkerung<br />

würde das alles so wollen, und<br />

die Zustimmungsraten geben der<br />

Politik auch Recht. Esist ein Leichtes,<br />

sich umzudrehen und zumeinen,<br />

dass die Aufgabe darin besteht, die<br />

Grenzen und den Wohlstand zu<br />

schützen. Etwas anderes wirdvon der<br />

Politik nicht gehört, weil es nicht gehört<br />

werden muss. Es isteinfach kein<br />

Leidensdruck da. Schlimm ist auch,<br />

dass die Oppositionsparteien im Moment<br />

sosehr mit sich selbst beschäftigt<br />

sind, dass kein ernstzunehmendes<br />

Gegenmodell entsteht. So liegt<br />

alles bei privaten Initiativen. Aber die<br />

starke gemeinsame Stimme gibt es<br />

derzeit nicht. Fürdie Regierung ist es<br />

somit ein Leichtes,all diese Stimmen<br />

als Einzelstimmen abzutun. Der luxemburgische<br />

Ministerpräsident<br />

sagt, dass die EU nicht dazu da ist,<br />

unseren Wohlstand zu sichern, sondern<br />

dass es um Menschenrechte<br />

geht. Das sagt unser Regierungschef<br />

nicht. Ohne diese Ideen verlieren wir<br />

aber unsere Menschlichkeit.<br />

Sie vermissen also eine starke Opposition?<br />

Ja, gerade in einer Zeit deraalglatten,<br />

eiskalten Regierung. Die einzigen revolutionären<br />

Ideen liegen in der Aufhebung<br />

vonGeschwindigkeitsbegrenzungen,<br />

von Rauchverboten und der<br />

Sozialpartnerschaften – und im<br />

Dichtmachen von Grenzen. Gut integrierte<br />

Flüchtlinge werden abgeschoben,<br />

und der Frust über schlecht<br />

integrierte Menschen wird erhöht. Es<br />

ist schrecklich – wir empfinden es<br />

persönlich aber nicht als schrecklich,<br />

8<br />

s’Magazin

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