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PEDRO LENZ<br />
«Ich las schon als Fünftklässler<br />
Sportberichte. Mein Vorbild<br />
war Ruedi Bühler. Er hatte für<br />
den Begriff Schiedsrichter<br />
15 verschiedene Ausdrücke.<br />
Das hat mir imponiert.»<br />
Ich las auch viel auf den Baustellen, den<br />
«Tagi» oder ein Buch, und manchmal<br />
musste ich das Buch verstecken. Es hat<br />
geheissen, hier lese man in der Pause den<br />
«Blick» oder nichts. Andere haben sich<br />
hingegen dafür interessiert, was ich lese<br />
und so habe ich früh gelernt, dass es unter<br />
den Büezern so viele kluge und weniger<br />
kluge Leute gibt wie in anderen Lebensbereichen<br />
auch.<br />
Wo haben Sie geschrieben?<br />
Ich schrieb zunächst nur für mich selbst.<br />
Dann habe ich die «Gruppe Werkstatt Arbeiterliteratur»<br />
in Basel besucht. Da waren<br />
fast nur Lehrer, aber es hat mir geholfen.<br />
Parallel dazu habe ich ein wenig mit<br />
Journalismus gfätterlet. Erst bei der Berner<br />
«Tagwacht», und – als die eingestellt<br />
wurde – beim «Bund».<br />
Was haben Sie geschrieben?<br />
Meistens Kolumnen zum Alltagsleben.<br />
Eigentlich hätte ich lieber über Sport geschrieben.<br />
Aber ich traute mich nicht. Ich<br />
las schon als Fünftklässler Sportberichte.<br />
Mein Vorbild war Ruedi Bühler, ein Bekannter<br />
meines Vaters. Er hatte für den<br />
Begriff Schiedsrichter 15 verschiedene<br />
Ausdrücke. Das hat mir imponiert.<br />
Was hat Sie am Sport fasziniert?<br />
Das Schöne beim Sport ist, dass er beim<br />
Erzählen immer grösser wird.<br />
Bis daraus ein Mythos wird?<br />
Ja. Wenn ich zurückdenke, wie wir stundenlang<br />
über Johann Cruyff geredet haben,<br />
obwohl wir ihn ja fast nie spielen<br />
sahen. Wenn ich jetzt auf Youtube Filme<br />
von ihm sehe, dann stelle ich fest: Ja, er<br />
war gut. Aber bei weitem nicht so gut wie<br />
wir ihn machten. Oder Muhammad Ali!<br />
Von ihm wussten wir, dass er ständig sag<br />
te, er sei der Grösste. Das hat uns imponiert.<br />
Uns hat man ja ständig gesagt, man<br />
dürfe sich nicht selber rühmen. Die<br />
Kämpfe, die meistens in der Nacht am<br />
Fernsehen übertragen wurden, durfte ich<br />
nicht sehen, doch im Hard-Schulhaus haben<br />
die Mitschüler, die aufbleiben und<br />
den Kampf sehen konnten, die entscheidenden<br />
Szenen nachgestellt. Später habe<br />
ich in Hamburg Jürgen Blin getroffen. Er<br />
war Europameister. Aber er hat mir gesagt,<br />
erst der Kampf in Zürich gegen Ali<br />
habe ihn unsterblich gemacht. Ja, das ist<br />
Stoff für Literatur und es ist nicht gut,<br />
dass wir die alten Helden auf Youtube<br />
sehen können. Weil sie auf den alten Bildern<br />
gewöhnlich werden.<br />
Welchen Sport verfolgen Sie am intensivsten?<br />
Fussball und Eishockey. Am Eishockey<br />
komme ich als Langenthaler, der in Olten<br />
lebt, nicht vorbei. Ich gehe am liebsten zu<br />
einem NLB-Match, da ist das Spiel noch<br />
rauer und ursprünglicher. Manchmal fahre<br />
ich mit ein paar Kollegen auch mal zum<br />
Spiel in die Ajoie.<br />
Sind Sie für Langenthal oder für Olten?<br />
Das ist heikel wie ne Moore. Meine Sympathie<br />
gehört Langenthal, aber ich möchte<br />
ja meine Oltner Freunde nicht verärgern.<br />
Es ist mir aber schon passiert, dass<br />
mir an einem Spiel Olten gegen Visp ungewollt<br />
ein «Hopp Langenthal» rausgerutscht<br />
ist, und ich deswegen mit Bier<br />
überschüttet worden bin. Aber mein Herz<br />
ist halt gelb-blau.<br />
Nationalrat Hans Grunder, der ehemalige<br />
Präsident der SCL Tigers, ist Ihr<br />
Schwiegervater. Sie müssten also auch<br />
Sympathie für Langnau haben.<br />
Ich war immer auch für Langnau. Für uns<br />
Langenthaler war es das Grösste, wenn<br />
Bern gegen Langnau verlor. Der Kleine<br />
gegen den Grossen, das ist das Grösste.<br />
Ich werde nie vergessen, wie auch wir<br />
Langenthaler den SCB in der NLB besiegt<br />
haben. «Wüeschi» erzielte das Siegestor.<br />
Sie sollten einen Hockeyroman schreiben!<br />
Aber man muss eine Figur finden, um die<br />
herum die Geschichte aufgebaut werden<br />
kann. Vielleicht in Verbindung mit all den<br />
Machenschaften im Dorf um den Klub<br />
herum. So wie es Gotthelf gemacht hat.<br />
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