Kerstvloed 1717 Duits
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
entschieden. Er war eine Art Direktor der provinzialen Wasserbehörde.<br />
Daneben besteht ein Rechnungsbuch der Diakonie aus dem dicht hinter dem<br />
Seedeich gelegenen Dorf Westernieland, das kurz nach der Katastrophe neu<br />
errichtet wurde – das alte Register war mit seinem Besitzer untergegangen.<br />
Das Buch enthält einen sachlichen Bericht des Geschehens (1718). 7<br />
In Ostfriesland fand sich in dem Dorf Resterhafe nicht weit hinter dem<br />
Deich ein anderer Augenzeuge, der lokale Pastor Johann Christian Hekelius.<br />
Er publizierte zwei Jahre nach der Weihnachtsflut einen umfangreichen<br />
Bericht, mit dem er seinem weit landeinwärts wohnenden Publikum<br />
Kenntnis von den Dingen an der Küste verschaffen wollte, von denen sie<br />
keinerlei Bild hatten. So erläuterte er zum Beispiel sehr detailliert, wie der<br />
Mechanismus von Ebbe und Flut funktioniert und wie Springflut und andere<br />
damit zusammenhängende Erscheinungen entstehen, aber er ist noch weit<br />
entfernt von den modernen Erklärungen dieser Naturerscheinungen. Das<br />
war auch nicht sein Ausgangspunkt: An Zufall glaubt er nicht, er gibt eine<br />
theologische Erklärung für die Katastrophe. Mit Zustimmung seines Herren,<br />
dem Besitzer der Herrlichkeit Dornum, hatte er sich im Spätsommer 1718 auf<br />
Reisen begeben, um seine Erlebnisse im deutschen Binnenland zu erzählen,<br />
zu predigen und um Geldspenden für seine geschädigten Dorfbewohner zu<br />
sammeln. 8<br />
Auf der Hallig Nordstrandischmoor vor der Westküste von Schleswig-<br />
Holstein überlebte der Prediger Heinrich Heimreich mit seiner Familie die<br />
Weihnachtsflut von <strong>1717</strong>,<br />
worüber er in der Fortsetzung der Nordfresische Chronik seines Vaters<br />
Anton Heimreich ausführlich berichtete. Die Familien waren sozusagen<br />
Experten im Überleben von Sturmfluten. Heinrichs Großvater Johannes<br />
Heimreich hatte nach der großen Flut von 1634 sein Amt auf der verwüsteten<br />
großen Watteninsel Strand verloren und danach einen Platz auf der Insel<br />
Pellworm gefunden, dem wieder eingedeichten, westlichen Teil davon. Sein<br />
Sohn Anton und sein Enkel Heinrich Heimreich wurden Prediger auf einem<br />
anderen Rest der alten Insel Strand, der Hallig Nordstrandischmoor. 9<br />
Als Vergleichsmaterial für die Weihnachtsflut von <strong>1717</strong> dient weiterhin<br />
die St.-Martinsflut von Mitte November 1686, die eher einen regionalen<br />
Charakter hatte. Vor allem Nordgroningen und das Ems-Dollart-Gebiet waren<br />
dabei betroffen. Aber auch damals war die Provinzverwaltung von ‘Stad en<br />
Lande’ alarmiert; der angerichtete Schaden an den Groninger Deichen und<br />
der Verlust an Menschen und Tieren war eine Art ‘Vorbereitung’ für das,<br />
was der Küstenlandschaft bei einer folgenden, noch schwereren Sturmflut<br />
bevorstand. 10<br />
13