gie_04_2016
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AKTUELLES<br />
Drei Fragen an...<br />
Manuel Bosse, Umwelt- und Ener<strong>gie</strong>management-<br />
Experte bei der BDG-Service GmbH in Düsseldorf. Bosse<br />
war maßgeblich an dem deutsch-südafrikanischen Verbundprojekt<br />
EffSAFound 2 zur Modernisierung der südafrikanischen<br />
Gießerei-Industrie beteiligt (Lesen Sie hierzu<br />
auch die Meldung auf S. 10 sowie die Artikel in<br />
GIESSEREI 5-2015, S. 120 – 127).<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Südafrikanische Gießereien haben hohe<br />
Ausschussquoten und wirtschaften<br />
häufig ineffizient mit Ener<strong>gie</strong>. Was haben<br />
Sie diesbezüglich bei Ihren Besuchen<br />
in Südafrika erlebt und welche<br />
Ergebnisse konnten Sie im Rahmen<br />
von EffSAFound erzielen?<br />
Das Schöne für die südafrikanischen Gießereien<br />
war, dass bis 2008 Ener<strong>gie</strong> sehr<br />
günstig war. Seit 2008 hat der Ener<strong>gie</strong>versorger<br />
Eskom die Strompreise bis<br />
2011 jedes Jahr um 20 % erhöht. Die Gießereien<br />
mussten zusätzlich 10 % Strom<br />
einsparen. Die Anlagen wie Schmelzaggregate<br />
und Formanlagen sind aber relativ<br />
alt. Man hat nicht auf den Stromverbrauch<br />
geachtet. In der Produktion bleiben<br />
Ofendeckel geöffnet, Gießpfannen<br />
werden nicht oder mit flüssiger Schmelze<br />
vorgewärmt. Die Öfen laufen in Südafrika<br />
zu 95 % mit Strom. Jetzt mussten sie sparen.<br />
Seit 2010 wurde vermehrt in neue<br />
moderne Aggregate investiert. Das passte<br />
perfekt zu unserem Verbundprojekt,<br />
das im Mai 2013 angefangen hatte. Dort<br />
haben wir uns genau auf diese Themen<br />
spezialisiert: die Ener<strong>gie</strong>- und Materialeffizienz.<br />
Wenn die Aggregate erneuert werden<br />
oder man beginnt, Gießereiprozesse<br />
zu simulieren, steigt nebenbei auch die<br />
Qualität. Seit 2013/2014 ist das Thema<br />
Materialeffizienz auch wichtig. Man konnte<br />
in der Vergangenheit die Gießereisande<br />
einfach auf die Deponie fahren. Doch<br />
die Deponiekosten sind inzwischen ebenfalls<br />
gestiegen. Wir haben dann den Anstoß<br />
gegeben, den Sand zu regenerieren<br />
und ihn so 30 bis 40 mal nutzen zu können.<br />
Hierfür mussten wir die Produkte<br />
vorstellen und das Wissen vermitteln,<br />
dass Material- und Ener<strong>gie</strong>effizienz auch<br />
wirtschaftliche Vorteile hat. Die Gießereien<br />
dort stehen stark unter Druck: Die Zahl<br />
der Gießereien hat sich von 270 in 2005<br />
auf heute 170 Gießereien reduziert.<br />
Grund sind chinesische Gießereien, die<br />
mit kostengünstigem Guss auf den südafrikanischen<br />
Markt kommen.<br />
Die Ausbildung von Gießereimitarbeitern<br />
in Südafrika lässt sehr zu wünschen<br />
übrig. Wie konnten Sie die Gießereiausbildung<br />
mit EffSAFound unterstützen?<br />
Wir haben erhoben, dass es in südafrikanischen<br />
Gießereien so ist, dass 70 % der<br />
Mitarbeiter nie eine Schule oder nur die<br />
Grundschule besucht haben. Da sind Training<br />
und Fortbildung natürlich sehr<br />
schwer und man muss mit Bildern und<br />
Filmen arbeiten. Nur 25 % haben einen<br />
Schulabschluss. Das sind meistens die<br />
Vorabeiter. Sie versuchen, die Mitarbeiter<br />
zu schulen, haben es aber nicht leicht.<br />
Und dann sind da die 5 %, die studiert<br />
haben und die Gießereien leiten. Das sind<br />
überwiegend noch Weiße. Seit 2010 haben<br />
sich alle Gießerei-Institutionen in<br />
Südafrika zusammengetan und arbeiten<br />
an verschiedenen Fronten, um die Gießereiausbildung<br />
nachhaltig zu verbessern.<br />
Da ist einerseits die Universität von Johannesburg.<br />
Sie arbeitet daran, dass auch<br />
farbige und schwarze Mitarbeiter in Führungspositionen<br />
kommen. Angehende<br />
Ingenieure haben z. B. alle ein Auslandssemester<br />
in Freiberg oder in China<br />
absolviert. Die Absolventen besetzen zunehmend<br />
Schlüsselpositionen in südafrikanischen<br />
Gießereien. Um die 25 % mit<br />
Schulabschluss auszubilden, hat die GIZ<br />
(Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit)<br />
jetzt außerhalb Johannesburgs,<br />
wo es die meisten Gießereien im<br />
Land gibt, eine Schul<strong>gie</strong>ßerei eröffnet.<br />
Dort werden jedes Jahr 20 bis 40 junge<br />
Leute als Schmelzmeister, als Former und<br />
als Nachbearbeiter ausgebildet. Die klassische<br />
deutsche Ausbildung wird über die<br />
GIZ dort eingebracht. Wir konnten hier<br />
mit Schulungsunterlagen und Know-how<br />
helfen. Für die ungebildeten Gießereimitarbeiter<br />
haben wir mit einer Software gearbeitet,<br />
die Heger Pro im Qualitätsmanagement<br />
einsetzt. Wir haben die Software<br />
ins Englische übersetzt und um das<br />
Thema Ener<strong>gie</strong>management erweitert.<br />
Auf einem Display im Aufenthaltsraum der<br />
Gießereien werden die Mitarbeiter jetzt<br />
mit Hilfe von Bildern geschult – etwa der<br />
Gegenüberstellung von geöffnetem und<br />
geschlossenem Ofendeckel.<br />
Wie geht die Kooperation der deutschen<br />
und südafrikanischen Gießerei-<br />
Industrie weiter? Das Projekt ist ja<br />
mittlerweile abgeschlossen?<br />
Genau, das ist von Mai 2013 bis Oktober<br />
2015 gelaufen. Es fi nden aber weiter<br />
Schulungsseminare durch die GUT Giesserei<br />
Umwelt Technik GmbH, Freudenberg,<br />
in den drei größten Städten Südafrikas<br />
Durban, Johannesburg und Kapstadt<br />
statt, um das Wissen auch den<br />
bisher nicht in das Projekt einbezogenen<br />
Gießereien bereitzustellen. Auf dem<br />
Kollo quium der Metal Casting Technology<br />
Station an der Universität von Johannesburg<br />
im November trage ich auch den<br />
Abschlussbericht noch einmal vor und<br />
präsentiere neue Erkenntnisse. Wir wollen<br />
unsere Ergebnisse auch auf dem<br />
BRICS Foundry Forum im nächsten Jahr<br />
vorstellen, welches dann in Südafrika<br />
stattfindet. Günstig ist, dass die Veranstaltung<br />
mit der South African Metal Casting<br />
Conference im März 2017 zusammenfällt.<br />
Außerdem sorgt der Vertriebspartner<br />
von MAGMA in Südafrika,<br />
die Firma Ametex, auch in Zukunft dafür,<br />
dass die Erkenntnisse unserer Arbeit vor<br />
Ort nicht verloren gehen.<br />
22 GIESSEREI 103 <strong>04</strong>/<strong>2016</strong>