gie_04_2016
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Lose, irgendwo zwischen einem und<br />
20 Stück. „Je mehr Varianten unsere Kunden<br />
fertigen, umso besser für uns“, erläutert<br />
Innocast-Geschäftsführer Bernd Heinrich,<br />
der das Unternehmen 2003 als<br />
selbstständige Rapid-Manufacturing-Einheit<br />
für Prototypen, Klein- und Sonderserien,<br />
innerhalb der Edelstahlwerke<br />
Schmees-Gruppe mit gegründet hat<br />
(Bild 1). „Wir verkaufen in erster Linie<br />
Zeit“, sagt er, und meint damit kurze<br />
Durchlaufzeiten, mit denen der Auftragsfertiger<br />
bei seinen Kunden punkten kann.<br />
Feinguss-Expressproduktion<br />
Dies funktioniert nur, weil sich Innocast<br />
beinahe gnadenlos der Digitalisierung der<br />
Fertigung verschrieben hat. Für die kleinen<br />
Stückzahlen und für Einzelteile im<br />
Feinguss erfolgt die werkzeuglose Produktion<br />
über additiv erzeugte Ausschmelzmodelle<br />
aus Polystyrol bzw. Polymethylmethacrylat<br />
(PS, PMMA) direkt<br />
aus 3-D-Daten mittels Print- oder Lasertechnolo<strong>gie</strong>n<br />
(Bilder 2 und 3). Nur größere<br />
Stückzahlen werden werkzeugbasiert<br />
gefertigt. Rund fünf Stunden benötigt<br />
die Voxeljet VX 500-3-D-Druckanlage<br />
im Schnitt, um aus den CAD-Daten das<br />
fertige Modell aufzubauen – oft entstehen<br />
gleich mehrere davon parallel (Bilder 4<br />
und 5). Die Kunststoffmodelle werden anschließend<br />
mit einer speziellen Keramik<br />
umhüllt – einer Innocast eigenen Entwicklung<br />
– schnellgetrocknet und gebrannt.<br />
Für den Abguss nutzen die Langenfelder<br />
den Schmelzbetrieb der Edelstahlwerke<br />
Schmees, mit denen man dort auch sonst<br />
in enger Kooperation verbunden ist. Formherstellung,<br />
Rohgussfinish sowie mechanische<br />
Endbearbeitung werden von Innocast<br />
in Langenfeld realisiert. 60 bis 100<br />
Projekte werden so Monat für Monat abgewickelt.<br />
Gerade für hochwertige Einzelteile,<br />
Vor- und Sonderserien bieten sich<br />
solche werkzeuglosen additiven Produktionsverfahren<br />
an, erläutert Heinrich. Der<br />
Produktionsprozess wird dadurch erheblich<br />
verkürzt. Das kommt dem 62-Jährigen,<br />
dessen Geschäftsmodell „Zeit“ ist,<br />
entgegen. Er rechnet bei Durchlaufzeiten<br />
dank Rapid Manufacturing nicht in Wochen,<br />
sondern eher in Tagen. „Und rapid<br />
heißt bei uns tatsächlich auch rapid, Zeit<br />
ist nämlich das, was unsere Kunden nicht<br />
haben“, so der Innocast-Chef und dann<br />
plaudert er gleich aus dem Nähkästchen:<br />
Manchmal steht draußen vor dem Werkstor<br />
schon ein Kurier und wartet bei einem<br />
Kaffee auf die einbaufertigen Teile. Die<br />
Auftragsvergaben an Innocast erfolgen<br />
nämlich meist weniger als klassische Bestellung,<br />
sondern auf Zuruf. Das setze<br />
aber hohes Vertrauen und ein gutes Verhältnis<br />
zu den Kunden voraus. „Eigentlich<br />
brauchen wir nur die 3-D-Daten, idealerweise<br />
als Roh- und Fertigteil, eine Zeichnung<br />
wird nur noch für die Qualitätssicherung<br />
und die mechanische Endbearbeitung<br />
benötigt“, so Heinrich, der sein<br />
Unternehmen eher als Manufaktur versteht.<br />
Heinrichs Fertigungssysteme sind<br />
mehr zeit- als kostenoptimiert. „Wir lösen<br />
Bild 2: Im Formenbau werden die Kunststoffformen<br />
für den Feinguss mit dem<br />
Angusssystem aus Wachs ausgestattet.<br />
Probleme und machen keine“, bringt Heinrich<br />
es auf den Punkt, dafür ist aber auch<br />
gleich alles einbaufertig. Deswegen verfügt<br />
Innocast zur Nachbearbeitung über<br />
einen umfangreichen Maschinenpark mit<br />
modernen DMG- und HERMLE 5-Achs-<br />
Bearbeitungszentren (Bild 6). „Meine eierlegenden<br />
Wollmilchsäue“, wie Heinrich<br />
sie nennt, weil sie so zahlreiche Bearbeitungsmöglichkeiten<br />
bieten. Gleichzeitig<br />
stellt diese Sektion eine immense Herausforderung<br />
an eine flexible Produktionsplanung<br />
dar. Doch daran arbeitet Heinrich<br />
– nicht zuletzt, weil hochqualitative Bearbeitungsmöglichkeiten<br />
immer wichtiger<br />
werden. Der „alte Hase“ kann nicht nachvollziehen,<br />
dass viele Gießer sich diesen<br />
Teil der Wertschöpfung einfach entgehen<br />
lassen. Auch seine Qualitätssicherung<br />
(QS) ist mit taktilen und optischen 3-D-<br />
Mess-Systemen bestens ausgerüstet. „QS<br />
kostet nicht nur, sondern sie bringt Geld“,<br />
lautet sein Credo.<br />
Bild 3: Auch in einem<br />
hochtechnisierten<br />
Betrieb wird<br />
bisweilen mit ganz<br />
konventionellen Methoden<br />
gearbeitet:<br />
Auf dem Küchenherd<br />
erwärmt sich<br />
Wachs für die Feingussformen.<br />
Bild 4: Die Formen<br />
entstehen im 3-D-<br />
Drucker additiv aus<br />
Kunststoffmaterial.<br />
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