gie_04_2016
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„Von den CAD-Daten direkt zum Funktionsbauteil aus<br />
Metall“, das versteht Heinrich unter Industrie 4.0.<br />
wie die Deutschen“, die er bei den neuen<br />
additiven 3-D-Techniken für weltweit führend<br />
hält.<br />
Papierlose, digitale Produktion<br />
Heinrich, der seit den 1980er-Jahren als<br />
Konstrukteur im Geschäft ist, wirkt dynamisch<br />
und sprüht vor innovativen Ideen.<br />
Eine davon: das gasarme Gießen. „Viele<br />
Stahl<strong>gie</strong>ßer haben heute noch Probleme<br />
damit und es kommt zu hohen Gasaufnahmen,<br />
weil oft zu heiß und lange gekocht<br />
wird“, so die Erfahrungen des Experten.<br />
Da komme es oftmals auf ein enges<br />
Temperaturfenster von weniger als<br />
30 Kelvin an. Zusammen mit dem weltweit<br />
führenden Schmelzofen- und Gießsystementwickler,<br />
Induga aus Simmerath, eine<br />
Otto Junker-Gesellschaft, arbeitet er daran,<br />
dies durch Automatisierung des Abgussvorganges<br />
zu verbessern. Ähnlich wie<br />
bei einer CNC-gesteuerten Maschine wird<br />
dazu direkt und zügig in die Form gegossen.<br />
Den „Störfaktor Mensch“ will Heinrich<br />
so an dieser Stelle möglichst klein<br />
halten. Der Gießvorgang soll möglichst<br />
reproduzierbar werden.<br />
„Im Sandprintbereich haben wir zusammen<br />
mit ExOne, dem Printmaschinenhersteller<br />
aus Augsburg, Versuche im Bereich<br />
anorganische Bindersysteme im<br />
Stahlguss durchgeführt und die Ergebnisse<br />
waren sensationell positiv. Der Weg<br />
geht für Innocast klar in Richtung anorganische<br />
Bindersysteme, denn wir wollen<br />
nur wenig Gasbildung“, so Heinrich, der<br />
sich selber nicht ganz ernst gemeint als<br />
„Pessimisten“ bezeichnet und daraus seinen<br />
Antrieb für Neues schöpft. Sein Geschäftsmotto:<br />
„Stillstand ist Tod.“ Deswegen<br />
will Heinrich auch weg vom Papier<br />
und der klassischen Zeichnung. In wenigen<br />
Jahren sieht er seine Mitarbeiter mit<br />
einem Tablet in der Hand durch die Werkhallen<br />
laufen, auf denen Arbeitspläne und<br />
Konstruktionsmodelle gespeichert sind<br />
– die papierlose Produktion. Das digitale<br />
Werkeln soll schließlich den Mitarbeiter<br />
unterstützen und nicht Selbstzweck sein,<br />
meint der bekennende BVB-Fan, der<br />
selbst im Ruhrgebiet beheimatet und dort<br />
gut vernetzt ist und einige seiner 45 Mitarbeiter<br />
aus dieser Region angeworben<br />
hat. Die Werker – mein größtes Kapital<br />
nennt Heinrich sie – sollen gerne die Initiative<br />
ergreifen und Entscheidungen treffen.<br />
Nicht zuletzt erst durch sie gelingt<br />
es Innocast, profitabel zu arbeiten, im<br />
zweistelligen Prozentbereich vom Jahresumsatz,<br />
der bei 5,6 Mio. Euro liegt.<br />
Heinrich glaubt, dass es mit dem Turboladergeschäft<br />
in etwa zehn Jahren hierzulande<br />
bergab gehen könnte. Nicht nur,<br />
weil der Anteil an E-Fahrzeugen zunimmt,<br />
sondern auch weil solche Teile heute<br />
schon millionenfach in China gegossen<br />
werden. Wenn dort damit mal Schluss ist<br />
und die Lagerregale irgendwann leer sind,<br />
hätten die Kunden keinerlei Bezugsquellen<br />
mehr – eine Chance für Innocast.<br />
Denn Heinrich will nämlich auch dann<br />
noch Turbolader produzieren – Ersatzteile<br />
eben oder welche für das After-Sales-<br />
Geschäft. Dann kommt er mit seinen additiven<br />
Techniken zum Einsatz. Solange<br />
es noch 3-D-CAD-Daten für die Teile gibt,<br />
sei dies alles kein Problem. Und so gelinge<br />
es, auch in 15 Jahren noch in Langenfeld<br />
zu produzieren.<br />
www.innocast.de<br />
GIESSEREI 103 <strong>04</strong>/<strong>2016</strong> 89