gie_04_2016
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Ich möchte den Studenten unbedingt die<br />
wahre Welt des Gießens zeigen. Denn die<br />
ist so unglaublich vielfältig und innovativ.<br />
Ich erinnere mich noch genau, wie damals<br />
der Funke bei mir übergesprungen ist“,<br />
verrät Meinen begeistert<br />
Statt BWL doch lieber<br />
Maschinenbau<br />
Dabei hatte Mathias Meinen zuerst ein<br />
Studium der Betriebswirtschaftslehre im<br />
Sinn. Er habe nach seinem Abitur Anfang<br />
der 90er-Jahre zwar gewusst, dass er studieren<br />
wollte, was genau, das wusste er<br />
allerdings nicht. Da Betriebswirtschaftslehre<br />
damals unter den Studenten der<br />
Renner war, dachte sich Meinen: „Dann<br />
mache ich das eben auch.“ Seine Eltern<br />
halten sich bei der Berufswahl ihres Sohnes<br />
im Hintergrund. Der Vater allerdings<br />
besteht darauf, dass Mathias zum Tag<br />
der offenen Tür der Universität Magdeburg<br />
geht und sich über mögliche Alternativen<br />
informiert. Dieser Besuch brachte<br />
schließlich die Entscheidung – gegen<br />
BWL und für ein Studium „Wirtschaftsingenieurwesen<br />
für Maschinenbau“.<br />
Denn während an den Informationsständen<br />
der Betriebswirtschaftler den ganzen<br />
Tag über kein Durchkommen war, schien<br />
sich für Maschinenbau kaum jemand zu<br />
interessieren – gähnende Leere an den<br />
Beratungsplätzen und Professoren mit<br />
viel Zeit. „Es war damals eben völlig unsexy,<br />
Maschinenbau zu studieren“, erinnert<br />
sich Meinen. Ein Professor für technische<br />
Mechanik zeigte ihm den Lehrstuhl<br />
und die Labore, beantwortete in<br />
aller Ruhe seine Fragen – und überzeugte<br />
den jungen Mann. Gerade einmal dreißig<br />
Studenten seien sie zu Beginn des<br />
Studiums gewesen, erzählt er.<br />
Arbeit im Gießereilabor überzeugt<br />
den Studenten<br />
Die Zeiten haben sich geändert. Das Interesse<br />
an technischen Studiengängen ist<br />
in den vergangenen Jahren stark gestiegen.<br />
Und auch das Interesse an Gießereitechnik,<br />
stellt Prof. Rüdiger Bähr, Leiter<br />
des Bereichs Ur- und Umformtechnik am<br />
Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung<br />
der Universität Magdeburg,<br />
fest. Dies sei sicherlich auch darauf zurückzuführen,<br />
dass Ur- und Umformtechnik<br />
inzwischen ein Pflichtfach für all diejenigen<br />
ist, die Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurswesen<br />
studieren. Prof.<br />
Rüdiger Bähr, der im ostukrainischen<br />
Lugansk Maschinen- und Anlagenbau in<br />
der Gießereitechnik studierte, lehrt bereits<br />
seit Ende der 80er-Jahre an der Universität<br />
Magdeburg. Der begeisterte Gießereifachmann<br />
hat in den vergangenen<br />
12 Jahren, in denen er den Bereich Ur- und<br />
Umformtechnik leitet, so einiges auf die<br />
Beine gestellt, um seine Studenten für das<br />
Gießen zu begeistern Das Gießereilabor<br />
verfügt über modernste Maschinen, erst<br />
vor kurzem wurde in 3-D-Druck-Technik<br />
investiert. Rüdiger Bähr organisiert regelmäßig<br />
Exkursionen zu Gießereibetrieben<br />
und ermöglicht seinen Studenten Auslandspraktika,<br />
beispielsweise in den USA.<br />
Denn dort kooperiert die Universität Magdeburg<br />
seit mehreren Jahren mit der Firma<br />
Steinway & Sons in Fragen der Gießsimulation<br />
von Klavier- und Flügelgussplatten.<br />
Außerdem nimmt die Forschung<br />
im Gießereilabor einen nicht unwesentlichen<br />
Anteil ein: Öffentlich geförderte Forschungsprojekte<br />
gehören genauso dazu<br />
wie Forschungsaufträge aus der Industrie,<br />
insbesondere aus klein- und mittelständischen<br />
Unternehmen der Automobilzulieferindustrie.<br />
Mathias Meinen hatte im Hauptstudium<br />
den ersten Kontakt zum Gießereilabor<br />
und zu Prof. Rüdiger Bähr. Meinen<br />
fängt dort als studentischer Mitarbeiter<br />
an. Zwar nur wenige Stunden pro Woche<br />
– aber diese Zeit reicht aus, um die beruflichen<br />
Weichen zu stellen. Proben ziehen,<br />
Versuchsanordnungen vorbereiten,<br />
Eisen und Aluminium ab<strong>gie</strong>ßen, metallurgische<br />
Analysen durchführen, an<br />
Schauveranstaltungen mitwirken. „Wie<br />
man aus einer formlosen glühenden Masse<br />
ein Präzisionsteil herstellen kann, das<br />
hat mich vom ersten Moment an begeistert“,<br />
erzählt Meinen. Und noch etwas<br />
gefällt ihm: die vielfältigen Kooperationen<br />
von Gießereiforschung und Gießereibetrieb<br />
und damit der hohe Praxisbezug.<br />
Meinen erinnert sich noch gut daran,<br />
dass auch die Firma Rautenbach Guss<br />
aus Wernigerode, die seit 2005 zum Nemak-Konzern<br />
gehört, in Sachen Grundlagenforschung<br />
eng mit dem Gießereilabor<br />
zusammengearbeitet hat. Denn diese<br />
Kooperation bleibt für den jungen<br />
Studenten nicht ohne Folgen.<br />
Eine Empfehlung mit Folgen<br />
Seine Diplomarbeit zum Thema „Prozessoptimierung<br />
beim Druckguss mit Hilfe<br />
statischer Versuchsplanung“ schreibt<br />
der Magdeburger bei den damaligen Metallwerken<br />
in Harzgerode, der heutigen<br />
Trimet. Er wohnt mit einem Kommilitonen<br />
in der nahegelegenen Jugendherberge.<br />
Eine äußerst spartanische Unterkunft<br />
zwar – aber interessante Aufgaben, riesige<br />
Druck<strong>gie</strong>ßmaschinen und die tägliche<br />
Prise Gießereiluft machen alle Entbehrungen<br />
wett. „Es war ein spannendes<br />
Jahr für mich. Damals habe ich mir allerdings<br />
nicht vorstellen könne, in Harzgerode<br />
zu bleiben“, bekennt Meinen. Er<br />
geht daher nach Abschluss seiner Diplomarbeit<br />
zurück an die Universität Magdeburg<br />
und fängt bei Professor Rüdiger<br />
Bähr als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
an. Mathias Meinen betreut Forschungsprojekte<br />
und hält Vorlesungen. Er hat<br />
diese Zeit in guter Erinnerung „Professor<br />
Bähr lässt seinen Mitarbeitern bei ihrer<br />
Arbeit viel Freiraum. Die Arbeit im Team<br />
war hervorragend – und Zeit zum gemeinsamen<br />
Feiern blieb auch.“ Er habe<br />
Rüdiger Bähr stets als guten Ratgeber<br />
geschätzt. Und auch Bähr spart nicht mit<br />
Lob. „Mathias Meinen war ein äußerst<br />
fähiger und enga<strong>gie</strong>rter Mitarbeiter.“ So<br />
zögert der Professor auch nicht lange<br />
und empfiehlt den jungen Ingenieur, als<br />
die Gießerei Rautenbach in Wernigerode<br />
um fachliche Unterstützung für ein Projekt<br />
vor Ort bittet. Ein halbes Jahr bleibt<br />
Mathias Meinen dort und wechselt im