WOLFGANG Z. KELLER · KUNST IST LUXUS

WOLFGANG Z. KELLER
KUNST IST LUXUS

WOLFGANG Z. KELLER
KUNST IST LUXUS
»… und ich liebe Luxus!«

Arche Yin, Arche Yang und Leiter zum Runtersteigen
Das weibliche Prinzip Yin und das männliche Prinzip Yang als sowohl entgegengesetzte wie auch aufeinander
bezogene Kräfte sind zum zweiten Mal in der Menschheitsgeschichte in einer Transformationsphase.
Die Frühzeit des heutigen homo sapiens sapiens war wohl matrizentriert.
Die Erde als Mutter allen Seins, die weiblichen Fähigkeiten von Gebären und Ernähren, von Sammeln und kleinem
Ackerbau wurden verehrt in den Kulten der Großen Göttin und Geistin, mit Priesterinnen, Stammesmüttern und
weisen Frauen. Männer spielten eine weniger wichtige Rolle.
Vor ca. 9.000 Jahren begann die Herausbildung des männlichen Prinzips zur „herr“schenden Gesellschaftsform
samt dazugehörigen Religionen. Grundlage dafür waren die Fortschritte in der Entwicklung von Ackerbau, Viehzucht
und Handwerk und in der Folge die steigenden Überschüsse über das Lebensnotwendige hinaus. Auch wurde
die (Er-)Zeugerfunktion entdeckt. Die Fragen von Besitz, Macht und Führung, Eroberung und Krieg, Erbschaft
und Erbrecht traten auf den Plan oder stellten sich neu.
Heute ist ohne solche weiblichen Fähigkeiten wie Intuition, Integration, Spiritualität und Dem-Leben-Dienen echter
Fortschritt nur mehr schwer möglich. Gleichwohl gibt es z.T. erbitterte Kämpfe um Männerdomänen, gesellschaftlich
wie privat, und oft in religiösem Gewand. Auch die Natur rächt sich zunehmend für die ihr zugefügte, langandauernd
exponentielle Vergewaltigung und Ausbeutung. Katastrophen nehmen zu, und das Szenario einer
neuen Sintflut durch die Klimaerwärmung schiene manchen gar als reinigende Strafe. Das Weibliche wie das
Männliche ringen ums Überleben und um neues Leben: Die rundlichere, ruhende Arche Yin und die vorwärtstreibende,
zustoßende Arche Yang.
Für das männliche Prinzip des „Immer höher, schneller, weiter!“ gibt es zwar noch viel naive Begeisterung, aber
die Fragen nach Inhalten, Verhältnismäßigkeit, größeren Zusammenhängen und Nachhaltigkeit lassen sich immer
schwerer beiseite schieben.
Es ist Zeit für die Schau nach Innen, Rückbesinnung auf authentische Weisheiten und Werte. Es ist Zeit für die
Leiter zum Runtersteigen.
Wolfgang Z. Keller, aus dem Zyklus „KauBeuys“
Arche Yin, Arche Yang und Leiter zum Runtersteigen
(Joseph Beuys gewidmet)
Erst-Installation, Südtiroler Futterrinnen von ausgehöhlten Bergkiefern
angesetzte Kiele und Spanten aus Leim- und Fichtenholz, z.T. mit oxidiertem
Kupferblech beschlagen, Speicherleiter geborsten, 1993/1996
LBH 750 x 55 x 35 cm, 700 x 55 x 35 cm, 230 x 50 x 8 cm
»Diese Archetypen sind keine Archetypen«

Allerletzte Warnung
an die Deutsche Bank
Ohne Namen zu nennen – begriffen wurde nichts!
Holz-Gartenbank, Axt, Beuys-Postkarte
2006/2011, HBT 173 x 63 x 165 cm
»Schon Kassandra
warnte vergeblich«

Wie der Hase der Häsin den Hasen erklärt
Schaukasten, Backformen, Postkarte, Stoff, Filzstift, 2004/2008, HBT 22,5 x 51 x 6 cm

»Ach ja – weil Männer immer alles besser wissen!«

Zwei aus dem Rudel
(Claes Oldenburg trifft Joseph Beuys)
1998/2004, landwirtschaftliche Lastschlitten
Parabolantenne, Solarmodul, Survivaldecken
Batterie-Aggregat, Igluzelt
Beuysibär
Teddybär, Herrenhut
Miniatur-Anglerweste,1998/2006
HBT 50 x 30 x 40 cm
7000 Eichen, reloaded
Idee für eine „zeitgenössische“
Interpretation der Beuys-Aktion
von 1982 zur dokumenta 7
»Joseph, liebster Joseph mein,
hilf mir wiegen mein Kindelein!«

Diptychon mit Heiligenbild
Zeitungsaufstellerteile, Holzleisten, Schrauben, 2006, HBT 2 mal 47 x 44 x 5 cm, 27,7 x 24,5 x 2,5 cm

»Ein typisch Bild-gebendes Verfahren …«

»North, East, South, West – Who Tortures Best?«

HolterDiFolter!
(Ein Bärendienst an der Freiheit)
Schmetterlings-Brutkästen, Teddybären, Isolierband, Filz, Blut
2004/2005, Triptychon, HBT je 30 x 22 x 28 cm

Sag mir, wo die Blumen sind …
Leinwand, Ölfarbe, Klarlack
Tesaband, Aluminium
1998/1999, BHT 88 x 70 x 5 cm
»Über Gräbern weht
der Wind …«
Als Kind war ich viel bei meiner Oma. Obwohl
es fast fünfzig Jahre her ist, könnte ich
ihr Wohnzimmer „nachzeichnen“, so hat
es sich mir eingeprägt. Eingeprägt hat sich
auch eine Melange der ungezählten Stunden
an Wochenenden oder in den Ferien,
in denen sie ganze Nachmittage und Abende
mit meiner Schwester, mir und meinem
Busenfreund Heinzi die Kartenspiele Rommé
und Canasta, Flohhupferl, Fang-den-Hut
oder „Das lustige Angelspiel“ spielte.
Und erst die leckeren „Schifferl“, frisches
Brot, bestrichen mit Butter und selbstgemachter
Erdbeermarmelade, für uns Kinder
in mundgerechte Streifen geschnitten! Dazu
gab’s immer leichten schwarzen Tee mit viel
Milch und für mich, nachdem ich 10 Jahre
alt geworden war, zusätzlich einen Schuss
echten Arrak. Was für ein Vorgeschmack
aufs Erwachsensein!
Eines der drei Bilder, die im Wohnzimmer
meiner Oma hingen, war ein Stillleben: Ein
Strauß bunter Blumen in bauchiger Vase.
Nach dem Tod der Oma hatte es mein Onkel
in seinen Keller verfrachtet. Und als ich vor
ein paar Jahren einmal darin stöbern durfte,
fand ich es, ganz oben auf einem Regal
liegend, ein Gutteil der Farbe abgeblättert.
Da fiel mir der Titel ein: “Sag mir, wo die
Blumen sind …“ – vergangen sind sie wie
meine Oma, und auch die so sehr schöne
Zeit mit ihr …
Pähl am Ammersee, Dezember 2010
Wolfgang Z. Keller

Jean-Paul Marats letzte Schlittenfahrt
Zementschütte, Mörtelreste, Leinentuch, 1995/1996, LBH 135 x 80 x 80 cm

»Nicht der Einzige, mit dem schlittengefahren wurde!«

linke Seite
»Das ewige Thema«
Mann und Frau
Erst-Skulptur, Dachbalken mit
Leisten und Farbe auf Eisenfuß
1993, HBT 118 x 13 x 9,5 cm
und 111 x 13 x 10 cm
rechte Seite
»Schlank ja – aber
alles, was recht ist!«
Giacomettis Geliebte
Gezwirbelter Eisendraht,
Rost, Schleifkorken, 1994/2005
HBT 35,5 x 12 x 5,5 cm
(auch als Bronzeguss mit
Marmorsockel)

»Nicht von
Tucholsky – trotzdem gut«
Panther, Tiger & Co
Kratzbäume und Schabstämme aus dem
ehemaligen Raubtierhaus München Hellabrunn
Eisengitter-Zwischentüre, Eisenblech-Falltüre mit
geborstenem Türstock, Fleischerschürze

Konzept für die Installation
„ ... der werfe den ersten Stein.“ – Ein Glashaus für Europa
Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges steht die Person Adolf Hitler als Symbol für Brutalität und eine
bis dahin undenkbare Gewaltfähigkeit des Menschen. Es ist wohlfeil, kopfschüttelnd Entsetzen über die
Abartigkeit jener Epoche deutscher Geschichte zu artikulieren, Entsetzen über das verbrecherische
Potenzial Hitlers. Auf ihn reduziert sich oft die Frage nach der Verantwortung, auf ihn läßt sich gut mit
dem Finger zeigen. Allenfalls eine Handvoll Helfershelfer werden noch als Mittäter ausgemacht.
Dabei haben, trotz des offen begonnen Terrors gegen alle Andersdenkenden, bei der Wahl am 5. März
1933 nicht weniger als 43,7 Prozent der Wähler für Hitler gestimmt.
Die Deutschen – ein verführtes Volk? Brave Menschen, die den Obsessionen eines Monsters aufsaßen?
Keiner hat´s gewollt, keiner hat´s gewußt, keiner ist´s gewesen? Auf solche Floskeln beschränkte man
gerade in der Nachkriegszeit die Wahrnehmung des „Sündenfalls Nationalsozialismus“. Die Person
Adolf Hitler wurde zur idealen Projektionsfläche beim Versuch vieler, das eigene Mitlaufen, Mitmachen
oder auch Nichts-Machen zu ignorieren. Hinter Hitler konnte sich die All-Gemeinheit gut verstecken, sich
für nicht zuständig erklären, den eigenen Anteil verharmlosen. Kaum wurde die totale Kapitulation als
Chance ergriffen, sich selbst zu erforschen, das Böse, die Täterseite in sich selbst zu erkennen, eigene
Inhumanitäten, eigene Aggressionen und Fanatismen.
Und heute? Junge Menschen geben sich oft unbesorgt. Das war ja eindeutig vor ihrer Zeit. Aber ist ihre
liberale Geisteshaltung wirklich mehr als nur etwas leicht Gelebtes in unserer großzügigen Gesellschaft?
Würden sie in einer wirtschaftlichen und politischen Krise, die ihren Alltag hautnah berührt, gegen den
Strom schwimmen und Humanismus praktizieren?
Die kollektive Verweigerung seit dem 8. Mai 1945, nach innen zu schauen und den Ursachen für Hitlers
Erfolg bei sich selbst nachzuspüren, ist eine vertane Chance, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wessen
der Mensch fähig ist – jeder Mensch. Vertan die Chance, der eigenen Anfälligkeit für Ausgrenzung und
totalitäre Ziele, für Gewaltbereitschaft oder Lethargie gewahr zu werden.
Die Installation „ ... der werfe den ersten Stein.“ – Ein Glashaus für Europa soll zu dieser Nachdenklichkeit
animieren. Sie nimmt Bezug auf das Datum vom 5. März 1933. Auch heute, über siebzig Jahre
nach dieser katastrophalen Wahlentscheidung, und sechzig Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, sind
wir nicht immun gegen Feindbilder und Hetze. Unsere Ansprechbarkeit schlummert nur, solange das
Umfeld den Ausbruch solcher Instinkte verhindert. Die öffentliche Diskussion darüber ist zumeist tabu,
verharmlosend, verletzend oder moralisierend. Gerade das birgt die Gefahr einer Wiederholung, jederzeit
und überall, wie zum Beispiel in Kambodscha, Ruanda, Kurdistan, Tschetschenien, im ehemaligen
Jugoslawien und in Deutschland.
München, Juni / Dezember 1995 und Juni 2004, Wolfgang Z. Keller
... der werfe den ersten Stein. 1995/2003
Glashaus, 750 x 450 x 400 cm, mit
spiegelndem Hitlerportrait, 230 x 150 cm
Erst-Aufstellung im Kloster St. Bonifaz, München
Pressefoto aus Süddeutscher Zeitung vom 27. März 1998

Foto Andreas Heddergott

Sprechtext
(ertönt in 90-Sekunden-Abständen
im Original-Glashaus)
Diese Installation „ ... der werfe
den ersten Stein.“ ist ein Glashaus
für Europa, und lädt Sie ein zu einem
sehr persönlichen Experiment.
Hier können Sie sich in einen Zusammenhang
bringen, an den Sie
wahrscheinlich noch nie gedacht
haben: Ihr Spiegelbild im Angesicht
von Adolf Hitler.
Können Sie sich auf diese Konfrontation
einlassen und verweilen,
oder ist Ihnen das unangenehm?
Was haben denn Sie mit Hitler zu
tun?
Vielleicht bietet Ihnen diese Begegnung
eine Möglichkeit, bei sich
selbst Ansichten, Haltungen und
Wertungen zu entdecken, deren
Sie sich bisher gar nicht bewusst
waren.
Vielleicht interessiert Sie aber auch
die Frage: „Wie war Hitler wirklich
– und wie war er möglich?“
Auch darauf könnten Sie in diesem
Glashaus eine sehr persönliche
Antwort finden.
Im Kern bietet diese Installation
Ihnen die Gelegenheit, das Phänomen
Hitler in Ihnen selbst zu
verstehen. Das könnte Ihr Beitrag
sein, um für dieses Stück unerlöster
Geschichte einen Lösungsweg zu
ebnen.
(Wolfgang Z. Keller
und Michael Peter/Bayerischer
Rundfunk für die Aufstellung
in Würzburg 2001, gesprochen
von Joachim Höppner)
Stephansplatz Wien, 2000
und Schloss Dachau, 2005

Spermmüll.
Als ich 2006 von meinem Künstlerfreund Christopher Lewis
eingeladen wurde, bei der Gemeinschafts-Ausstellung „Friendly
Fire“ im Münchner Kunstbunker Tumulka mit zu machen, wollte
ich neben den Objekten „Elektrisches Stühlchen“, „Beten
für den AD“, „Im Fadenkreuz“ und einer Judas-Performance
auch die Titel-Idee „Spermmüll“ realisieren. Dabei muss ich
aber ehrlicherweise zugeben, dass „Spermmüll“ hauptsächlich
als augenzwinkerndes Wortspiel von mir gedacht war.
Umso grösser war mein Erstaunen, als ich beim Pressetermin
vor der Eröffnung einen Fotografen lange vor den drei
spartanisch angenagelten, pseudo-gebrauchten „Parisern“
verweilen sah. Ich sprach ihn deshalb an, auch wenn ich
innerlich eine gewisse Seichtheitsschelte erwartet habe.
Stattdessen zeigte sich der Fotograf tief beeindruckt, weil
ihm angesichts dieser Mini-Installation mit ihrem Titel Gedanken
darüber kamen, wie viel potentielles menschliches
Leben in Spermienform Tag für Tag und Nacht für Nacht
buchstäblich als Müll endet, sei es durch Onanieren, sonstige
Abgänge, alle „zu spät“ bei der Eizelle angekommenen
Spermien usw. ...
Um eine ungefähre Vorstellung von der Dimension zu bekommen,
habe ich recherchiert. Laut Google enthält eine
Ejakulation 200-300 Millionen Spermien, im Mittel also rund
250 Millionen. Allein bei wissenschaftlich geschätzten 350
Millionen Sexualakten täglich ergibt sich die Rechnung:
250.000.000 x 350.000.000 = 87.500.000.000.000.000
oder 87,5 Billiarden Spermien respektive potentielle Menschen,
also mehr als die 12-millionenfache Erdbevölkerung von
derzeit 7,2 Milliarden, tagtäglich als „Spermmüll“ verschwendet.
Ein Überfluss in der Natur von galaktischen Ausmaßen.
Pähl am Ammersee, März 2011
Wolfgang Z. Keller
Spermmüll
Präservativ-Triptychon, Silikon
2006, HBT ca. 20 x 20 x 1 cm

»Ein ‚Über-Fluss‘ von galaktischen Ausmaßen!«

»Was tun, wenn Täter immer jünger werden?«
Elektrisches Stühlchen
Kinderstuhl aus Ex-Jugoslawien, Eisenstäbe, Rohrschellen
Draht, Kabel, 2006, HBT 94 x 40 47 cm

Am 3. Oktober 2013 vor Lampedusa (390 Negerlein …)
Gewebeplane, Schokoküsse, Umverpackung bearbeitet
2014, LBH 400 x 400 x 6 cm
»… da war´n sie
alle futsch!«

Triumph des Willens
Büroschreibmaschine, Farbbänder
Gehäusesplitter
1994/2011, HBT 32 x 86 x 41 cm
»Und bist Du nicht
willig, so brauch’ ich
Gewalt!«

SAU_AUS_USA
9 Holzkästen lackiert, Piktogramme
2007/2011, HBT 70 x 70 x 6 cm
»Welche wird heute durchs Dorf getrieben?!«

»Nur falsch
verstanden ist das
Zynismus«
linke Seite
Sarajevo-Kinderbett
Gebrauchtes, weißes Holzkinderbett
mit Lattenrost, 90 x 65 x 123 cm
geschenkt bekommen Juli 1996
in Sarajevo
Mobile, Durchmesser 500 cm, mit
einer 82mm-Granate und 35 Granatsplittern
aus verschiedenen Teilen der
Stadt, geschenkt bekommen im Mai
1996 in Sarajevo
rechte Seite oben
1 Stunde : 860 940 Stunden
Zwei verglühte Karteikästen aus der
zerstörten Nationalbibliothek von
Sarajevo, Rost, Farbreste, Brandspuren,
Asche, je 100 x 60 x 60 cm
geborgen Juli 1996
rechte Seite unten
Granateinschlag vom 9.4.1995
in Sarajevo – positiv
Silikonabguß, ca. 300 x 400 cm,
abgenommen vor dem Velikipark/
Sarajevo im Juli 1996, Monitor mit
Endlostape (Passfoto Maja Djokic
und zwei Kriegsnachrichten-
Ausschnitte, Sarajevo-TV 1995),
graue Holzkonsole mit Gipsbuchstaben
und Feuermelderbox aus
Sarajevo, 7 Splitter des tödlichen
Einschlages enthaltend
Foyer Europaparlament und
Europarat Straßburg, 1996

Fotos Werner Bachmeier

Ausstellungsprojekt
„Vater unser – Pater noster – Our Father“
(hier die Interpretationen zweier Bitten)
München, Kloster St. Bonifaz, 2003
Burghausen, Haus der Begegnung Hl. Geist, 2005
Hannover, Marktkirche, 2006

linke Seite
»Dein Wille geschehe, wie
im Himmel so auf Erden«
Bayrischer Himmel / WTC 11.9.2001
Diptychon, Digitaldrucke auf Kunststoffgewebe
2002/2003, BH je 90 x 60 cm
»… sondern erlöse uns
von dem Bösen«
Großer Radschlag
Bronze-Kruzifixus, Dachbalken-Stele
Stahlfuß, 1995/2002
LBH ca. 26 x 26 x 148 cm

Der Goldbarren ® (The Gold Bar)
Eine Installations-Idee für die neue EZB in Frankfurt am Main
Die Installation Der Goldbarren besteht aus einem Schulbarren der unmittelbaren Nachkriegszeit, zugehörigem
Transportgestell, Lichtband/Laser, Videokameras und Flatscreens. Das Gussgestell des Turnbarrens wurde in den
70er Jahren hellblau überstrichen, die Zeit hinterließ ihre Spuren in dieser Farbe Europas. Auf den stahlgeschmiedeten,
senkrechten Auszugsstangen ruhen die zwei Holme, ummantelt mit 999er Feingold.
Der Barren steht in einem Lichtband, das den Dreiviertelkreis des Euro-Zeichens nachbildet. Den kompletten
Eindruck erhält der Betrachter aber nur durch die „übergeordnete Sicht“ von Überkopf-Videokameras, die auf
Flatscreens übertragen wird. Diese „Sicht von oben“ steht äquivalent für die politische Haltung, die das vereinigte
Europa und den Euro erst möglich gemacht hat und die weiterhin nötig ist. Gleichzeitig ergibt sich so jene
ungewohnte Selbstbetrachtung, wie man sie schon vor Schaufenstern mit Videokamera und Monitor erlebt hat.
Im Kern ist die Installation Der Goldbarren ein Statement für das Vertrauen in Wert und Wichtigkeit des Euro, für
den Euro als elementares Instrument, die europäischen Völker durch eine gemeinsame Währung
wirtschaftlich, politisch und menschlich zu verbinden – ungeachtet der zögerlichen und
pessimistischen Haltung Vieler und gegen alle
Euro-Gegner.
Der Goldbarren (The Gold Bar)
Schulbarren aus Gußeisen, Holzholme
goldummantelt, Laserbeamer,
Videokameras, Flatscreens

Der Name bezieht sich auf ein uraltes Reichtums-Symbol unserer Welt, „Goldbarren“ stellten noch bis Bretton
Woods die gültige Form der Gelddeckung dar, waren konkreter Ausdruck eines Wertes, den der Geld-„Schein“
nur noch symbolisiert. Das gusseiserne Grundgestell mit seinen aufstrebenden, hochwertigen Stahlstangen ist
Sinnbild für die Industrialisierung, die alte Basis unseres Wohlstandes. Der Barren selbst ist ein Gerät, an dem
schwingende Bewegungen vollführt wurden – Hausse und Baisse, Auf-, Ab- und Umschwünge; der Swing ist
gleichzeitig Musik, Tanz und traditioneller Finanzbegriff zwischen Währungen.
Die ästhetisch spannende Seite ist der Gegensatz des alten Barrens einerseits, an dem sich tausende von Kindern
– die Träger jeder Zukunft – sowohl abgemüht als auch entwickelt haben und dem glänzend-wertvollen Gold
andererseits, das die beiden Holme ummantelt: Tradition und Innovation, Mühe und Wertschöpfung – alles Metaphern
für die wirtschaftliche Entwicklung der Völker Europas. Und als Symbol der Zukunft das Licht, als klassisch
in den Boden eingelassenes Leuchtband oder als Hightech-Laser-Projektion.
Besondere Bedeutung kommt bei der Präsentation von Der Goldbarren dem Eröffnungs-Event zu. An diesem wird,
erstmalig auf der Welt, ein Barrenturner der Spitzenklasse an einem Goldbarren seine extra kreierte Euro-Kür
zeigen. Das erschließt der Öffentlichkeit die Installation sehr sinnlich, sorgt aber vor allem für ein gesteigertes
Medieninteresse. Und dass die Englisch-Übersetzung des Titels dazu als „Gold-Bar“ aufgebaut werden kann, ist ein
zusätzlicher Reiz.
Da Der Goldbarren wegen seines großen Eigengewichts nicht einfach bewegt oder gar mitgenommen werden kann,
darf er definitiv frei als Kunstwerk und „Objekt der Begierde“ in einem großzügigen Raum oder Foyer stehen.
München, Frühjahr 1996 / Sommer 2000, Wolfgang Z. Keller
»Ein Goldbarren, neu gedacht«

Der MutterAltersRuheSitz
(In memoriam Grandy)
Fernsehsessel, Decken, Strickjacke
Rollen-Beistelltisch, Gehhilfe, Telefon
Lexikon, persönliche Utensilien
Papierkorb, Filzhausschuhe
2007, HBT 110 x 170 x 150 cm

»Die meisten ‚Altersruhesitze‘
sehen SO aus!«
Der MutterAltersRuheSitz
Wer schon einmal einen sehr nahen Menschen
verloren hat und dessen Zimmer oder
Wohnung ausräumen musste, mag Ähnliches
erlebt haben.
Als meine Mutter am 1. April 2007 gestorben
war, stand ich die Wochen und Monate
danach oft in ihrer 4-Zimmer-Wohnung, ließ
alles wieder und wieder auf mich wirken,
nahm nach und nach immer mehr Abschied,
auch von ihr. Aber es war weder die Küche
noch das Schlafzimmer, das ich am meisten
mit ihr verband, das mich am meisten an sie
erinnerte.
Es war der Kumulus, dieser kippbare Lehnsessel,
in dem sie die letzte Spanne ihres
Lebens hauptsächlich zubrachte. Sie, die sich
über 86 Jahre so viel und so gerne bewegt
hatte, die Jahrzehnte am liebsten und von
früh bis spät in ihrem Garten werkelte, war
die letzten drei, vier Jahre durch eine völlig
kaputte Hüfte fast unbeweglich geworden.
Wer sie besuchte in diesen Jahren, fand sie
so vor wie ich meist auch: Zurückgekippt,
oft eingenickt oder das Programm des BR
schauend, Sommer wie Winter mit Wolljacke,
halb zugedeckt, und alles für sie Lebensnotwendige
greifbar um sich: Ein Lexikon
zum Nachschlagen bei auftauchenden Fragen,
eine Stehlampe, Schere, Bleistift, Notizblock,
Papierkorb, Näh-, Strick- und Kleinzeug
und – im wahrsten Wortsinn als Draht
zum „anderen“ Leben – das Telefon und ihr
Telefon-Bücherl.
Über die für Weihnachten 2006 – es war
ihr letztes – von mir selber gefilzten Hausschuhe
war sie ausgesprochen glücklich gewesen
…
Bei der ersten Aufstellung dieser Installation,
Dezember 2007 im KunstPavillon im Alten
Botanischen Garten München, kamen alte
wie junge Menschen bewegt zu mir und
sagten: „Man spürt noch, wie sie drin sitzt!“
München, Februar 2011
Wolfgang Z. Keller

»Kleine Einblicke«
Das Z im Namen
Wolfgang Z. Keller
Eine bekannte Numerologin wollte mir
zu meinem 55sten Geburtstag ein Geschenk
machen und meinen Namen auf
100 % Energie bringen. Ich fand diese
Idee witzig, und nach Dutzenden von
ausgedachten Zweitnamen schlug die
Frau mir entnervt ein Z vor.
Gefragt, wofür das stehe, meinte sie, es
füge dem Namen eine Energie hinzu,
die er sonst nicht hätte. Das fand ich so
skurril, dass ich seit 27. Januar 2001,
zum Anfang des dritten Jahrtausends,
das Z im Namen habe – mit Punkt.
Dass „Z“ neben dem 1969 aufrüttelnden
Polit-Film von Costa-Gavras auch für die
berühmte Künstlergruppe ZERO steht,
wusste damals weder die Numerologin
noch ich. Und doch sind die Hauptelemente
von beiden „Bezugs-Größen“
grundlegend für meine Auseinandersetzung
mit der Realität und meine Art der
künstlerischen Umsetzung.
Nur: Anders als die ZERO-Altmeister es
postuliert, aber nicht durchgehalten hatten,
brauche ich mich nicht ständig neu
erfinden, weil es bei mir kein Themenoder
Ideen-Schema und bei meinen Objekten
und Installationen keine reproduzierbare
Technik gibt. Jede Lösung ist
individuell und speziell – es gleicht kein
Werk dem anderen.
Das Untere Schloss Pähl
am Ammersee
Hoagascht-Performance zu
„KauBeuys in Pähl“, 2011
Eröffnung einer VBK-Ausstellung
2008 im KunstPavillon München
Aus meinem Lager: Der Stoff,
aus dem die Werke werden

Titelseite
KUNST IST LUXUS
Holzpalette bemalt, Ringschrauben, 1995, HBT 91 x 72 x 12 cm
Rückseite
Stille Hilfen – Dickes Plus (Silent Aids – A Plus)
Multiple mit Positiv-Symbol und einem Konzept
Blechkoffer, 5-Farb-Siebdruck
1996/2008, HBT 24 x 33,5 x 11 cm
Wolfgang Z. Keller *27. Januar 1946 in München
Ausgebildet als Schriftsetzer und Buchdrucker, Grafikdesigner, Werbefachmann,
Sozialpädagoge (Fachrichtung Städtebau) und Grundschullehrer,
darüber hinaus tätig als Kurzfilmer, Kabarett- und Theater-
Autor, Regisseur, Schauspieler, Schreiner, Verlagsgrafiker, Fotograf,
Reporter und Redakteur
Von Januar1994 bis September 2008 freiberuflicher Künstler in München,
von Oktober 2008 bis November 2009 künstlerischer Mitarbeiter
und Direktions-Assistent bei einem Finanzdienstleister in Münster/
Westfalen, lebt und arbeitet seit 2010 in Pähl/Obb. und genießt dort
die Anwesen-Gemeinschaft im Unteren Schloss.
Wolfgang Z. Keller
Unteres Schloss Pähl · Ammerseestrasse 4/III
82396 Pähl am Ammersee
to@wolfgang-z-keller.de · www.wolfgang-z-keller.de
2. Auflage · © 2018
Fotos: Wolfgang Z. Keller · Helmut Schneikart
Andreas Heddergott · Werner Bachmeier · Heinz Putschies
Gestaltung und Produktion: PUTSCHIES DESIGN Heinz Putschies
heinz@putschies.de
ISBN 978-3-930580-07-1
Erschienen im Kronenbitter Verlag · München 2014

ISBN 978-3-930580-07-1