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Aus der Presse<br />
Gespräch mit Georg Uecker<br />
- „Ich weiß seit 25 Jahren, dass ich HIV-positiv bin und fühle mich topfit"<br />
Quelle: www.gff-film.de / Gespräch: Gitta Deutz / Fotos: Lindenstraße / Presseabteilung<br />
Die "Lindenstraße" war von Anfang an in vielerlei Hinsicht Vorreiter und scheute keine Tabus.<br />
Carsten Flöter, den Georg Uecker seit der 6. Folge (1986) in der ARD-Serie verkörpert, ist eine<br />
der Figuren, die am meisten polarisieren. Flöter lebt seine Homosexualität offen und selbstbewusst<br />
aus, machte 1987 mit dem legendären Schwulenkuss und 1990 mit dem gleichgeschlechtlichen<br />
Liebesakt Schlagzeilen, adoptierte mit seinem Lebensgefährten einen HIV-positiven Jungen,<br />
den er als Dr. Flöter auch behandelte. Georg Uecker machte nie einen Hehl daraus, dass er<br />
schwul ist. Nun erzählte er zum ersten Mal, dass er HIV-positiv ist und das seit 25 Jahren weiss.<br />
Herr Uecker, was hat Sie zu dem Schritt bewogen, sich jetzt zu outen, dass Sie HIV-positiv sind?<br />
Die Gerüchteküche brodelt ja schon seit mindestens zehn Jahren und wurde dadurch ausgelöst, dass ich eine<br />
Zeit lang sehr hager war. Meine Familie und enge Freunde wissen, dass ich HIV-positiv bin, aber ich hatte nie<br />
Lust oder das Bedürfnis, mich öffentlich erklären zu müssen, schon gar nicht zu einer Zeit, in der absurde<br />
Gerüchte, Halbwahrheiten und Lügen ein Maß angenommen hatten, bei dem ich nur noch hätte reagieren und<br />
dementieren können. Jetzt war für mich der Zeitpunkt gekommen, an dem es für mich stimmig war, in einem<br />
Interview offen darüber zu sprechen. Dank der Pharmaindustrie, der medizinischen Fortschritte, einer guten<br />
Physis und sicherlich auch Glück war und bin ich jedoch nicht krank. Ich fühle mich topfit und bin voller<br />
Lebenslust und Energie, obwohl ich vielleicht nicht immer so aussehe. Das liegt allerdings an den Nebeneffekten<br />
der Medikamente, die ich täglich präventiv einnehmen muss. Man muss darauf achten, sie in der richtigen<br />
Kombination zu nehmen. Aber dafür ist das HIV-Virus in meinem Körper auch nicht mehr nachweisbar.<br />
Kürzlich habe ich die Medikamente umgestellt und prompt 20 Kilos zugenommen. Davon habe ich zum Glück<br />
jetzt wieder einige runter.<br />
Wussten die Kollegen der "Lindenstraße" Bescheid?<br />
Einige schon lange, aber ich habe es nicht allen erzählt, zumal man viele Kollegen oft monatelang nicht sieht.<br />
Und man dreht ja selten mit dem gesamten Ensemble, sondern meistens immer mit den gleichen Kollegen.<br />
Ich sah und sehe aber auch keine Notwendigkeit darin, es an die große Glocke zu hängen. Hans W. Geißendörfer<br />
und Hana Geißendörfer wussten natürlich Bescheid.<br />
Sie waren 29 Jahre alt, als Sie von der Diagnose<br />
erfuhren. Wie haben Sie reagiert?<br />
Ich hatte anfangs Angst, glaubte, nicht mehr viel Zeit zu<br />
haben und habe wahnsinnig viel gearbeitet. Nicht nur als<br />
Schauspieler, sondern auch als Redakteur, Moderator,<br />
Spielleiter und Producer. Ich habe mich dann mit der Zeit<br />
daran gewöhnt, diese Tatsache anzunehmen. Vieles ist<br />
eine Frage der Lebenseinstellung. Ich bin ein positiver<br />
Mensch, unglaublich neugierig, voller Lebenslust und<br />
jetzt sicher einer der prominentesten „Longtime-Survivor“,<br />
der sich outet, HIV-positiv zu sein.<br />
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