Leseprobe CONNEXI Schmerz Ausgabe 7-2018
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SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />
EDUCATION<br />
Therapieversuch mit Opioiden in<br />
vielen Fällen gerechtfertigt<br />
Das gelte auch für die <strong>Schmerz</strong>therapie. Multimorbidität<br />
ist fast immer auch mit chronischen<br />
<strong>Schmerz</strong>en verbunden, die adäquat behandelt<br />
werden müssen, ohne den Patienten zusätzlich zu<br />
gefährden. Dazu sind auch im Alter häufig Opioide<br />
notwendig, die nach der LONTS-Leitlinie [2]<br />
bei allen Formen von chronischen <strong>Schmerz</strong>en indiziert<br />
sein können. Da es keine Prädiktoren für das<br />
Ansprechen gibt, ist ein individueller Therapieversuch<br />
bei chronischen <strong>Schmerz</strong>en immer gerechtfertigt<br />
– das gilt für neuropathische <strong>Schmerz</strong>en<br />
genauso wie für Rücken- oder Gelenkschmerzen.<br />
Gerade bei älteren Menschen sind Opioide oft<br />
weniger toxisch als nichtsteroidale Antirheumatika<br />
(NSAR), sagte der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Wichtig sei in<br />
dieser Altersgruppe die Beachtung der Regel start<br />
low – go slow – das bedeutet, dass man mit der<br />
halben Erwachsenendosis beginnt und die Erhaltungsdosis<br />
bei einem Drittel liegen sollte.<br />
Interaktionen und Verträglichkeit<br />
beachten<br />
Neben der Dosierung ist aber auch die Wahl des<br />
am besten geeigneten Opioids von Bedeutung,<br />
betonte Dr. Horlemann. Hydromorphon weist<br />
hier im Vergleich zu anderen Opioiden gerade bei<br />
älteren multimorbiden Patienten ein besonders<br />
günstiges Profil auf: Da es nicht über Cytochrom<br />
P450 verstoffwechselt wird, ist das Interaktionspotenzial<br />
gering und die relativ kurze Halbwertzeit<br />
gewährleistet eine gute Steuerbarkeit bei geringem<br />
Kumulationsrisiko [3]. Nicht umsonst wird<br />
Hydromorphon daher auch in der Praxisleitlinie<br />
Tumorschmerz aufgrund pharmakologischer Vorteile<br />
in der Verträglichkeit als Präferenzsubstanz<br />
genannt, sagte der <strong>Schmerz</strong>therapeut [4].<br />
Auch hier sind aber Unterschiede zwischen<br />
den verschiedenen Hydromorphon-Präparaten<br />
zu beachten: Die 24-h-retard-Formulierung von<br />
Hy dro morphon (z. B. Hydromorphon Aristo long<br />
4 mg Retardtabletten) gewährleistet bei einmal<br />
täglicher Einnahme gleichmäßige Wirkspiegel und<br />
dadurch eine ausreichende Analgesie über 24 Stunden<br />
[3]. <strong>Schmerz</strong>spitzen und ein schmerzbedingt<br />
gestörter Nachtschlaf können so vermieden werden.<br />
Praxis-Register <strong>Schmerz</strong> liefert<br />
Real-World-Daten<br />
Wie praxisrelevant sind solche Unterschiede<br />
in der Opioidanwendung aber tatsächlich? Real-<br />
World-Daten können dabei helfen, die Differenzialtherapie<br />
mit WHO-Stufe-3-Opoiden zu<br />
optimieren, sagte Privatdozent Dr. Michael Überall<br />
aus Nürnberg. Wichtige Einblicke in den Alltag der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie biete das bundesweite interaktive<br />
„PraxisRegister <strong>Schmerz</strong>". 129 <strong>Schmerz</strong>zentren mit<br />
372 <strong>Schmerz</strong>therapeuten und zahlreichen anderen<br />
Fachdisziplinen nehmen hier bereits teil. Pro Quartal<br />
werden im Mittel mehr als 189.000 Behandlungsfälle<br />
eingeschlossen – von knapp 950.000 Patienten<br />
stehen Komplettdokumentationen zur Verfügung.<br />
Jede zweite Opioid-Verordnung ist<br />
problematisch<br />
Anhand der Therapie mit WHO-Stufe-3-Opioiden<br />
stellte Dr. Überall dar, welche Auswertungsmöglichkei<br />
ten die anonymisierten Registerdaten bieten.<br />
In etwa der Hälfte der 24.379 ausgewerteten<br />
Fälle (51,2 %) gaben die Ärzte Probleme mit der<br />
Opioid ver ordnung an. Das betraf vor allem Morphin<br />
(80,6 %) und Fentanyl-Pflaster (72 %). Am<br />
wenigsten Pro bleme bereiteten Hydromorphon<br />
(33,9 %) und Buprenorphin (39,6 %). Das spiegelte<br />
sich auch in einer geringeren Zahl an Therapieab-<br />
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