Leseprobe CONNEXI Schmerz Ausgabe 7-2018
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CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />
ist, CB2 dagegen vorwiegend auf die Zellen des<br />
Immunsys tems.<br />
Das Endocannabinoid-System verfügt über vielfältige<br />
Interaktionen mit anderen Transmittersystemen<br />
und ist an der Regulation zahlreicher<br />
Prozesse beteiligt, berichtete die Expertin. Dazu<br />
gehören <strong>Schmerz</strong>, Appetit, Schlaf-Wach-Rhythmus,<br />
psychische Prozesse, Immunfunktionen und<br />
vieles mehr. Dies erkläre das breite therapeutische<br />
Spektrum von Cannabis. So werden unter anderem<br />
analgetische, antispastische, antiemetische, antiinflammatorische<br />
und neuroprotektive Wirkungen<br />
beschrieben.<br />
Cannabinoide wirken analgetisch, angstlösend,<br />
antidepressiv und antiemetisch. THC ist darüber<br />
hinaus ein Muskelrelaxans und für das euphorische<br />
„High“-Gefühl verantwortlich. CBD werden<br />
dagegen antiinflammatorische und antipsychotische<br />
Wirkungen zugeschrieben. Bei Anwendung<br />
von überwiegend CBD-haltigen Pflanzen bleibt<br />
das typische High-Gefühl aus – die euphorisierende<br />
Wirkung von THC wird zudem durch CBD<br />
ausgebremst. Je nach Indikation und Bedürfnissen<br />
des Patienten sollte die Pflanze mit dem am besten<br />
geeigneten THC/CBD-Verhältnis zur Anwendung<br />
kommen.<br />
Produkte aus der Gesamtpflanze am<br />
effektivsten<br />
Hauptsächlich gehen diese Wirkungen auf die in<br />
der Blüte der weiblichen Pflanze (Abb. 1) enthaltenen<br />
Cannabinoide zurück, deren Hauptvertreter<br />
Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD)<br />
sind. Darüber hinaus enthält die Cannabispflanze<br />
aber noch mehr als 400 weitere Substanzen, die<br />
im Sinne eines „Entourage“-Effektes zur Gesamtwirkung<br />
der Pflanze beitragen. Deswegen würde<br />
sie in der Therapie immer aus der Gesamtpflanze<br />
hergestellte Produkte gegenüber synthetischen<br />
Cannabinoiden bevorzugen, betonte Dr. MacCallum.<br />
Der Effekt sowie die Verträglichkeit seien hier<br />
nach ihrer Erfahrung deutlich besser, weshalb auch<br />
die meisten Patienten die pflanzlichen Produkte<br />
bevorzugen würden.<br />
Unterschiedliches Wirkspektrum von<br />
THC und CBD<br />
Für eine individuelle Therapie sei es wichtig, die<br />
Wirkungen von THC und CBD zu kennen, die in sehr<br />
unterschiedlichen Konzentrationen in den verschiedenen<br />
Cannabissorten enthalten sind. Beide<br />
Gute Evidenz bei verschiedenen<br />
Krankheitsbildern<br />
Sehr gute Evidenz aus randomisierten klinischen<br />
Studien gibt es für Cannabis für die Behandlung<br />
chronischer neuropathischer <strong>Schmerz</strong>en, oft<br />
schmerzhafter Spastiken bei multipler Sklerose (MS)<br />
und chemotherapieinduzierter Übelkeit [1]. Aber<br />
auch bei vielen anderen Indikationen wie Epilepsie,<br />
Tic-Symptomatik beim Tourette-Syndrom, Morbus<br />
Parkinson, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei<br />
HIV/AIDS oder chronischen <strong>Schmerz</strong>en bei Tumorerkrankungen,<br />
rheumatischen Erkrankungen oder<br />
Fibromyalgie lohne sich nach ihrer Erfahrung ein<br />
Versuch – vor allem, wenn herkömmliche Medikamente<br />
keinen ausreichenden Effekt gezeigt haben,<br />
betonte die Referentin. Cannabis sei in der Regel<br />
keine First-Line-Therapie, sondern komme nur zum<br />
Einsatz, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft<br />
sind. „Keine Evidenz“ bedeute hier letztendlich<br />
nur, dass die Studienlage heute noch nicht ausreicht<br />
– nicht aber, dass die Substanz nicht wirkt,<br />
sagte Dr. MacCallum. Ein positiver Nebeneffekt von<br />
Cannabis in der <strong>Schmerz</strong>therapie sei die mögliche<br />
Einsparung von Opioiden, die im Mittel bei 30 %<br />
liegt [2].<br />
EDUCATION<br />
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