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Leseprobe CONNEXI Schmerz Ausgabe 7-2018

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<strong>Schmerz</strong>medizin<br />

7-<strong>2018</strong>


MEDIZINISCHES CANNABIS<br />

IN DER SCHMERZTHERAPIE<br />

Neue methodologische Ansätze & Erfahrungen<br />

Seit März 2017 sind Cannabisblüten in<br />

Deutschland verschreibungs- und erstattungsfähig.<br />

In dieser Zeit ist die Zahl<br />

der Patienten von ca. 1.000 auf über<br />

30.000 angewachsen. Aus der Erfahrung<br />

mit diesen und hunderttausenden anderer<br />

Patienten weltweit sind in den letzten<br />

Jahren neue therapeutische Ansätze mit<br />

medizinischem Cannabis entstanden.<br />

Als Hersteller und Exporteur liefern wir<br />

Cannabisblüten von höchster pharmazeutischer<br />

Qualität und legen einen<br />

besonderen Wert auf die Vermittlung<br />

wissenschaftlicher Expertise im Umgang<br />

mit medizinischem Cannabis.<br />

Das Spektrum ist ein leicht verständliches, farbkodiertes<br />

System, welches medizinische Cannabis-Sorten anhand<br />

ihrer THC- und CBD-Profile kategorisiert.<br />

Besuchen Sie zu diesen Themen unser Symposium auf dem Deutschen <strong>Schmerz</strong>kongress<br />

in Mannheim<br />

CANNABIS-THERAPIEMANAGEMENT 2.0<br />

Referentin Dr. Claudia Hain Heise<br />

Fachärztin für Anästhesiologie und spezielle <strong>Schmerz</strong>therapie<br />

Datum<br />

Ort<br />

Freitag, den 19. Oktober von 12:30 bis 14:00 Uhr<br />

Deutscher <strong>Schmerz</strong>kongress Mannheim<br />

Raum Gustav Mahler I<br />

Congress Center Rosengarten<br />

Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim<br />

Besuchen Sie auch unseren Messestand: Halle E.03, Stand 45. Wir freuen uns auf Sie!<br />

www.spektrum-cannabis.de support@spektrum-cannabis.de +49 (0) 6227 899300-0


EDITORIAL<br />

Liebe Leser,<br />

mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung will die<br />

Bundesregierung mehr Menschen für die Pflege<br />

begeistern. Dafür starteten Bundesgesundheitsminister<br />

Jens Spahn, Bundesministerin für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend Dr. Franziska<br />

Giffey und Bundesminister für Arbeit und Soziales<br />

Hubertus Heil die „Konzertierte Aktion Pflege“.<br />

Binnen eines Jahres will man zusammen mit den<br />

Bundesländern, mit Arbeitgebern, Gewerkschaften,<br />

Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Betroffenenverbänden<br />

und mit der Bundesagentur für Arbeit<br />

in einem Dachgremium und fünf themenbezogenen<br />

Arbeitsgruppen Maßnahmen gegen den<br />

Pflege notstand entwickeln.<br />

Unter anderem soll das Schulgeld abgeschafft<br />

werden. Pflegeschüler sollen ab 2020 eine Ausbildungsvergütung<br />

bekommen, damit sich<br />

mehr Menschen für den Beruf entscheiden. Der<br />

Gesundheitsminister möchte u. a. „Pflegekräfte<br />

ermuntern, in den Job zurückzukehren oder wieder<br />

Vollzeit darin zu arbeiten.“ Der Arbeitsminister<br />

erklärt: „Es ist es nötig, in dem Bereich mehr Tarifbindung<br />

zu schaffen.“ und die Familienministerin<br />

will, dass Pflege endlich „cool“ wird: „Pflegen nach<br />

der Stoppuhr muss ein Ende haben.“<br />

In einem gemeinsamen Interview der Minister<br />

mit der Bild am Sonntag spricht man von einem<br />

„Pflegepakt“. Franziska Giffey: „Wir geben hier den<br />

Schwur ab. Hier sitzen drei Minister, die gemeinsam<br />

gegen den Pflegenotstand vorgehen wollen.“ Ein<br />

Ministerschwur, dass man gegen eine jahrzehntelang<br />

sich andeutende, eklatante Fehlentwicklung<br />

im Pflegebereich mit schon heute katastrophalen,<br />

teilweise existenzbedrohenden Folgen für die Pflegenden,<br />

die Angehörigen und die zu Pflegenden,<br />

vorgehen möchte. In „der Zeit“ fragt man sich<br />

nicht zu Unrecht, ob das „ein schlechter Scherz<br />

sein soll“. Wir sollten keine Gelegenheit auslassen,<br />

die Politik an diesen „Schwur“ zu erinnern.<br />

Denn „Gute Pflege“ ist per se auch eine „Exzellente<br />

<strong>Schmerz</strong>medizin“.<br />

Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse bei der<br />

Lektüre.<br />

Berlin, Oktober <strong>2018</strong><br />

Herzlichst Anja Lamprecht<br />

Verlegerin<br />

Anja Lamprecht<br />

anja.lamprecht@thepaideiagroup.com<br />

3


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Editorial 3<br />

Anja Lamprecht<br />

<strong>Schmerz</strong>medizin heute 6<br />

Kräfte bündeln für eine bessere <strong>Schmerz</strong>versorgung<br />

Das ANOA-Konzept 14<br />

Subgruppenspezifische Psychotherapie<br />

multifaktorieller <strong>Schmerz</strong>- und Funktionserkrankungen<br />

des Bewegungssystems<br />

Wolfgang Ritz<br />

Innovative Therapie neuropathischer <strong>Schmerz</strong>en 8<br />

Periphere Neurostimulation am Nervus<br />

suprascapularis bei chronischen neuropathischen<br />

Schulterschmerzen mithilfe eines extrakorporalen<br />

Stimulators<br />

Markus Geuting<br />

Chronischer Rückenschmerz 18<br />

AWMF-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz –<br />

Was wird anders?<br />

Kerstin Engel<br />

Fehlgebrauch und Abhängigkeit von Opioiden<br />

bei <strong>Schmerz</strong>patienten 11<br />

Substitutionstherapie auch in der ambulanten<br />

Praxis möglich<br />

Symposiumsbericht<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie bei älteren multimorbiden Patienten 21<br />

Individuelle Therapielösungen mit<br />

digitaler Unterstützung<br />

Symposiumsbericht<br />

4


Palliativbetreuung 26<br />

Methadon – ein essenzielles Medikament in<br />

der Palliativmedizin<br />

Hans-Jörg Hilscher<br />

Neues aus Praxis und Theorie 42<br />

Behandlung des Burnout-Syndroms<br />

nach Trang<br />

Trang-Xuan Nguyen<br />

News 44<br />

Deutscher Förderpreis für <strong>Schmerz</strong>forschung<br />

und <strong>Schmerz</strong>therapie ausgeschrieben<br />

Chancen der medizinischen Cannabistherapie nutzen 32<br />

Gute Erfahrungen vor allem in der<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie<br />

Symposiumsbericht<br />

News 45<br />

Analgetika-Warnhinweis-Verordnung am<br />

1. Juli <strong>2018</strong> in Kraft getreten<br />

Alphabetisches Verzeichnis der Autoren 46<br />

Pro domo 47<br />

Impressum 47<br />

Opiatabhängigkeit 36<br />

Novellierung von BtMVV und ärztlichen<br />

Richtlinien zur Opiatsubstitutionstherapie<br />

Ulrich Bohr<br />

5


SCHMERZMEDIZIN HEUTE<br />

Kräfte bündeln für eine bessere<br />

<strong>Schmerz</strong>versorgung<br />

Trotz einiger Erfolge in den letzten Jahren ist die Versorgung von <strong>Schmerz</strong>patienten in Deutschland immer<br />

noch nicht zufriedenstellend. Im Rahmen des 29. <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtags trafen sich im Frühjahr <strong>2018</strong><br />

erstmals die Präsidenten der drei großen <strong>Schmerz</strong>gesellschaften Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin<br />

(DGS) e. V., Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der <strong>Schmerz</strong>- und Palliativmedizin<br />

in Deutschland (BVSD) e. V. und Deutsche <strong>Schmerz</strong>gesellschaft (DSG) e. V. mit dem Ziel gemeinsam<br />

an Lösungen zu arbeiten. Verbesserungen können nur dann eintreten, wenn die deutschen Fachgesellschaften<br />

ihre Kräfte bündeln, an einem Strang ziehen und miteinander in einem engen Dialog stehen.<br />

CONFERENCES<br />

Sich trotz aller Differenzen auf die Gemeinsamkeiten<br />

zu besinnen und sich unabhängig von Verbandsgrenzen<br />

für eine bessere <strong>Schmerz</strong>versorgung<br />

einzusetzen – das war in Deutschland jahrelang<br />

nicht möglich. Zu unterschiedlich ist die Entstehungsgeschichte<br />

der mit der <strong>Schmerz</strong>medizin<br />

befassten Fachgesellschaften, zu unterschiedlich<br />

auch die Schwerpunkte in ihrer Arbeit und die Art<br />

der Umsetzung. Nun sollen in einer gemeinsamen<br />

Initiative sowohl die Interessen der Patienten als<br />

auch der Ärzte nachhaltiger vertreten werden,<br />

auch auf politischer Ebene.<br />

Mit einer Stimme sprechen<br />

„Wichtig ist, dass wir trotz unserer unterschiedlichen<br />

Herangehensweisen nach Außen hin mit<br />

einer Stimme sprechen und unsere gemeinsamen<br />

Ziele mit gebündelter Kraft verfolgen“, erklärte<br />

der DGS-Präsident Dr. Johannes Horlemann. Auch<br />

der Präsident der Deutschen <strong>Schmerz</strong>gesellschaft<br />

Prof. Dr. Martin Schmelz begrüßt den gemeinsamen<br />

Vorstoß: „Jeder Mensch hat das Recht auf<br />

eine angemessene <strong>Schmerz</strong>linderung. Gemeinsam<br />

können wir die Herausforderungen meistern und<br />

die <strong>Schmerz</strong>versorgung verbessern.“<br />

Die dringendsten Aufgaben, darin waren sich<br />

alle drei Präsidenten bei dieser ersten Bestandsaufnahme<br />

einig, liegen in der Verbesserung der<br />

<strong>Schmerz</strong>versorgung in der Breite und in der Sicherung<br />

der Praxen bzw. des Nachwuchses durch eine<br />

attraktivere Gestaltung des Fachgebiets. Dazu<br />

gehört unter anderem, die Arbeit in diesem Fachgebiet<br />

besser zu entlohnen, bürokratische Hürden<br />

bei Zulassungen und Prüfungen abzubauen und<br />

eine Bedarfsplanung einzufordern.<br />

„Die Sicherung der Bedarfsplanung funktioniert<br />

nur über den Facharztstatus“, ist sich BVSD-Präsident<br />

Prof. Dr. Joachim Nadstawek sicher. Wie auch<br />

in der Palliativmedizin besteht schon lange die<br />

Forderung nach einem eigenen Facharzt, der die<br />

Zersplitterung der Fachgebiete aufhebt. Hier gilt es<br />

laut Privatdozent Dr. Michael Überall, Präsident der<br />

Deutschen <strong>Schmerz</strong>liga e. V., auch Vorurteile abzubauen.<br />

„<strong>Schmerz</strong>therapeuten nehmen niemandem<br />

die Patienten weg, sie behandeln diejenigen, bei<br />

denen andere mit ihrem Teilgebiet nicht mehr weiterkommen.<br />

Da werden wir auch an unserer Kommunikation<br />

arbeiten müssen.“<br />

„Schaut mehr auf den Menschen“<br />

Mehr individualisierte, nicht nur evidenzbasierte<br />

Therapie für <strong>Schmerz</strong>patienten wünscht sich<br />

Prof. Dr. Rita Süssmuth. So das Fazit der Bundestagspräsidentin<br />

a. D. und ehemaligen Bundesgesundheitsministerin<br />

in ihrer Eröffnungsrede zum<br />

29. <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtag in Frankfurt. Der<br />

Fortschritt in der Medizin habe dafür gesorgt, den<br />

Menschen immer kleinteiliger zu durchleuchten.<br />

Auf der Strecke geblieben sei dabei der Mensch in<br />

seiner Gesamtheit. Den Patienten täte es gut, wenn<br />

die Behandlung weg von der rein evidenzbasierten<br />

Medizin wieder stärker hin zur individualisierten<br />

6


SCHMERZMEDIZIN HEUTE<br />

Prof. Dr. Rita Süssmuth<br />

Bundestagspräsidentin a. D.<br />

Medizin ginge. Man soll ruhig einmal die vorgegebenen<br />

Pfade verlassen und neue Wege einschlagen,<br />

auch wenn es eventuell mal ein Irrweg sei: „Daraus<br />

lernen Sie, und das ist gut!“ Ein Beispiel dieser<br />

„neuen Wege“ führte zurück in die Anfänge der<br />

Hospizbewegung Mitte der 1980er-Jahre. „Einen<br />

Ort für Menschen zu schaffen, die nicht Zuhause<br />

sterben können, das war damals ja völlig neu. Und<br />

dann hat man dort diesen Menschen die Hand<br />

gehalten. Das war garantiert nicht evidenzbasiert<br />

oder standardisiert, aber es hat geholfen!“ Manchmal<br />

müsse man eben einfach handeln.<br />

Eine flächendeckende Bedarfsplanung in der<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie hält Rita Süssmuth für unerlässlich.<br />

Wenn die Lösung in der Einführung des<br />

Facharztes für <strong>Schmerz</strong>medizin liegt, sollte dieser<br />

entsprechend eingefordert werden. Ein weiterer<br />

Wunsch ist, die Kosten-Nutzen-Relation nicht nur<br />

aus ökonomischer Sicht zu betrachten. „Es kann<br />

nicht sein, dass in sogenannte austherapierte Menschen<br />

kein Geld mehr investiert wird.“ Der Nutzen,<br />

wie etwa bessere Lebensqualität, sei bei kranken<br />

Menschen nun einmal nicht ökonomisch zu messen.<br />

Das „Kosten-Stoppschild“ gehöre abgebaut<br />

– vor allem in der Politik. Wichtig in dem Zusammenhang<br />

auch: „Therapie heißt nicht nur Medikamente,<br />

wir haben vielleicht zu hohe Erwartungen<br />

in die Forschung und die Medizin“, so Süssmuth.<br />

Doch <strong>Schmerz</strong>en und Leid lindern könnten ganz<br />

viele Maßnahmen: Bewegungstherapie etwa, oder<br />

Kunst- und Musiktherapie. „Hier wünsche ich mir<br />

mehr Offenheit und Austausch: Man kann nur vonund<br />

miteinander lernen.“<br />

Rita Süssmuth war von 1988 bis 1998 Präsidentin<br />

des Deutschen Bundestags und von 1985<br />

bis 1988 Bundesministerin für Familie, Frauen,<br />

Jugend und Gesundheit. Zuvor war sie Professorin<br />

für Erziehungswissenschaften an den Universitäten<br />

Bochum und Dortmund und Direktorin des<br />

Forschungsinstituts „Frau und Gesellschaft“ in<br />

Hannover.<br />

Redaktion: Rüdiger Zart<br />

Quelle: Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin e.V.<br />

CONFERENCES<br />

7


INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN<br />

Periphere Neurostimulation am Nervus<br />

suprascapularis bei chronischen<br />

neuropathischen Schulterschmerzen mithilfe<br />

eines extrakorporalen Stimulators<br />

Markus Geuting, Löwenstein<br />

In Deutschland klagen etwa 6–10 % der allgemeinen Bevölkerung über chronische neuropathische <strong>Schmerz</strong>en<br />

[1]. Die Bedeutung der peripheren Nervenstimulation (PNS) als Behandlungsmöglichkeit nach Ausschöpfung<br />

der konservativen Therapie nimmt dabei zu. Eine neue Technik ermöglicht nun eine minimalinvasive Lösung<br />

für die periphere Nervenstimulation, wobei lediglich die Elektrode implantiert wird und die Stimulation nur<br />

noch von extrakorporal durch einen externen Stimulator erfolgt. Eine Patientin mit chronischen, neuropathischen<br />

Schulterschmerzen links profitierte von diesem neuartigen Therapiekonzept durch Implantation<br />

einer Neurostimulationselektrode an den Nervus suprascapularis.<br />

CONFERENCES<br />

Die Patientin stellte sich 2016 mit Zustand nach<br />

Trauma im Halswirbelsäulenbereich und der linken<br />

Schulter vor und klagte im Verlauf über Dauerschmerzen<br />

in der linken Schulter, welche bis in den<br />

linken Arm ausstrahlten. Die Patientin konnte den<br />

Arm und die Schulter nicht belasten und berichtete<br />

von zeitweiser Taubheit und Sensibilitätsstörungen.<br />

Die Behandlung erfolgte im Mai 2016<br />

leitliniengerecht zunächst mit Gabapentin und<br />

zusätzlicher Physiotherapie, im September 2016<br />

zusätzlich mit Tilidin, da eine erträgliche <strong>Schmerz</strong>reduktion<br />

nicht erreicht wurde. Eine im Oktober<br />

2016 durchgeführte epidurale gepulste Radiofrequenztherapie<br />

im Zervikalbereich führte zu einer<br />

deutlichen <strong>Schmerz</strong>linderung.<br />

Die Patientin stellte sich im Januar 2017 erneut<br />

mit zunehmenden <strong>Schmerz</strong>en vor, zwischenzeitlich<br />

auch mit erheblichen Schlafstörungen. Sie<br />

berichtete davon, allenfalls zwei bis drei Stunden<br />

pro Nacht schlafen zu können. Im Rahmen des<br />

klinischen Behandlungspfades wurde im weiteren<br />

Verlauf erfolgreich eine diagnostische, sonografisch<br />

gesteuerte periphere Nervenblockade am<br />

Nervus suprascapularis links durchgeführt. Da es<br />

im Verlauf jedoch zu einer weiteren Zunahme der<br />

<strong>Schmerz</strong>intensität kam, mit Verschlechterung der<br />

Beweglichkeit, wurde die Tagesdosis Gabapentin<br />

auf 2.400 mg erhöht und zusätzlich mit Tapentadol<br />

retard in einer Tagesdosis 200 mg begonnen. Aufgrund<br />

von einsetzenden Nebenwirkungen musste<br />

die Gabe von Tapentadol retard auf eine Tagesdosis<br />

von 100 mg reduziert werden. Da eine dauerhafte<br />

<strong>Schmerz</strong>linderung nicht erreicht werden konnte<br />

und der Verlust der Arbeitsfähigkeit bei der jungen<br />

Patientin drohte, kam als weitere Therapieoption<br />

die periphere Nervenstimulation in Frage.<br />

8


INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN<br />

Realistische Therapieziele der<br />

Neuromodulation von peripheren<br />

Nerven<br />

Ziel der Neuromodulation peripherer Nerven<br />

muss es sein, eine <strong>Schmerz</strong>reduktion von mindestens<br />

50 % zu erreichen und darunter die Tagesdosis<br />

schmerztherapeutisch relevanter Medikamente<br />

deutlich zu reduzieren und im Verlauf vollständig<br />

ausschleichen zu können. Ein weiterer ganz wichtiger<br />

Aspekt ist das Wiedererlangen und Erhalten der<br />

Arbeitsfähigkeit der Patienten sowie eine Verbesserung<br />

der Beweglichkeit, der Schlafqualität und<br />

der gesamten Lebensqualität.<br />

Abbildung 1: Externer Puls-Transmitter als Impulsgenerator<br />

mit implantierter Elektrode (StimRouter, Firma Bioness)<br />

und Fernbedienung zur Einstellung der gewünschten<br />

Stimulation durch die Patientin (mit freundlicher<br />

Genehmigung der Firma Bioness).<br />

Extrakorporale Neuromodulation<br />

Bei der Neuromodulation werden nervale Strukturen<br />

reversibel beeinflusst, z. B. durch elektrische Stimulation<br />

von einzelnen Nerven oder auch komplexen<br />

nervalen Systemstrukturen wie dem Rückenmark [2].<br />

Dabei löst die elektrische Nervenstimulation eine<br />

Parästhesie aus, welche den <strong>Schmerz</strong> „maskiert“ und<br />

von den Patienten, unter anderem, als „angenehmes<br />

Kribbeln“ umschrieben wird.<br />

Da durch die Nervenblockade bestätigt wurde,<br />

dass der Nervus suprascapularis den <strong>Schmerz</strong><br />

auslöst, wird hier eine neuartige Technik der PNS<br />

gewählt. Dabei kommt ein Verfahren zum Einsatz,<br />

welches ohne implantierbaren Impulsgenerator<br />

auskommt und die Stimulation über galvanische<br />

Induktion an die implantierte Elektrode überträgt<br />

(Abb. 1).<br />

Die 15 cm lange Stimulationselektrode wurde<br />

unter Lokalanästhesie, ultraschallgesteuert und<br />

minimalinvasiv durch eine kleine Stichinzision an<br />

den Nervus suprascapularis implantiert. Durch das<br />

Auslösen von Kribbelparästhesien ist eine intraoperative<br />

Testung und Lagekontrolle der Stimulationselektrode<br />

während desselben Eingriffs möglich.<br />

Abbildung 2: Implantation und intraoperative Testung der<br />

Stimulationselektrode am Nervus suprascapularis links im<br />

Ultraschall-Bild.<br />

Die sonografische Kontrolle (Abb. 2) ermöglichte<br />

dabei eine exakte Elektrodenpositionierung.<br />

Nach der Implantation hat die Patientin die Möglichkeit,<br />

die im klinischen Verlauf individuell eingestellten<br />

Stimulationsprogramme selbst zu wählen<br />

und die Intensität über eine kleine Fernbedienung<br />

ihrem <strong>Schmerz</strong>zustand anzupassen. Dabei wird der<br />

Stimulator nur dann auf der Haut getragen, wenn<br />

die Stimulation eingeschaltet ist. Der externe Stimulator<br />

ist wiederaufladbar, sodass eine eventuelle<br />

Folgeoperation zum Austausch des Akkus entfällt.<br />

CONFERENCES<br />

9


INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN<br />

Initiales Patientenfeedback<br />

Zu Beginn <strong>2018</strong> konnte bei der Patientin eine<br />

erhebliche <strong>Schmerz</strong>linderung festgestellt werden. Im<br />

weiteren Verlauf konnten die Tagesdosen an Analgetika<br />

und Antikonvulsiva reduziert werden. Die Feineinstellung<br />

der Stimulation wurde dem Bedarf der<br />

Patientin angepasst, insbesondere unter dem Aspekt,<br />

einer Belastungszunahme gerecht zu werden, welche<br />

im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme<br />

aufgetreten war. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses<br />

im Juni <strong>2018</strong> zeigt sich insgesamt eine<br />

sehr stabile Gesamtsituation mit anhaltender, deutlicher<br />

<strong>Schmerz</strong>reduktion. Dabei berichtete die Patientin<br />

von einer <strong>Schmerz</strong>reduktion von VAS (visuelle<br />

Analogskala)-Score 9 auf VAS-Score 2. Die medikamentöse<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie konnte zwischenzeitlich<br />

vollständig abgesetzt werden. Weiterhin berichtete<br />

die Patientin von einer Zunahme der Beweglichkeit<br />

und Belastbarkeit, sodass eine neue Ausbildung<br />

begonnen werden konnte. Inzwischen kann die Patientin<br />

nachts wieder durchschlafen.<br />

Zusammenfassung<br />

Das neuartige minimalinvasive PNS-Verfahren<br />

konnte erfolgreich am Nervus suprascapularis<br />

links eingesetzt werden. Die extrakorporale<br />

Neurostimulation ermöglicht uns perspektivisch<br />

Markus Geuting<br />

markus.geuting@klinik-loewenstein.de<br />

chronisch-neuropathische <strong>Schmerz</strong>en an verschiedenen<br />

peripheren Nerven zu behandeln, wenn die<br />

konservative <strong>Schmerz</strong>therapie nicht ausreichend<br />

wirksam ist, nichtinvasive Verfahren ausgeschöpft<br />

sind oder sich im Rahmen der medikamentösen<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie Nebenwirkungen unter der Therapie<br />

einstellen.<br />

Referenzen<br />

1. Binder A, Baron R. The pharmacological therapy of chronic<br />

neuropathic pain. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 616–26.<br />

2. Kugler M. Neuromodulation in der <strong>Schmerz</strong>therapie.<br />

Georg Thieme Verlag, 2014: 33.<br />

CONFERENCES<br />

Welche Antwort ist richtig? Realistische Therapieziele unter Neuromodulation bei chronischen neuropathischen<br />

<strong>Schmerz</strong>en sind …<br />

1. eine <strong>Schmerz</strong>reduktion um ca. 20 %.<br />

2. ein Wiedererlangen und Erhalten der Arbeitsfähigkeit.<br />

3. eine langfristige und 100%ige Verbesserung der Beweglichkeit.<br />

4. eine kurzfristige Verbesserung der Beschwerden in Verbindung mit physikalischen Maßnahmen.<br />

Die Lösung finden Sie auf Seite 46.<br />

10


FEHLGEBRAUCH UND ABHÄNGIGKEIT VON OPIOIDEN<br />

BEI SCHMERZPATIENTEN<br />

Substitutionstherapie auch in der<br />

ambulanten Praxis möglich<br />

Die Abhängigkeit von verschriebenen Opioiden stellt auch in Deutschland ein immer größeres Problem dar.<br />

Betroffene <strong>Schmerz</strong>patienten, bei denen der Opioidgebrauch aus dem Ruder läuft, brauchen keine moralische<br />

Empörung, sondern spezielle Therapieangebote, betonten Experten auf einem Symposium während des Deutschen<br />

<strong>Schmerz</strong>- und Palliativ-Tages <strong>2018</strong> in Frankfurt am Main. Eine Substitutionsbehandlung mit Buprenorphin/Naloxon<br />

kann in vielen Fällen eine Möglichkeit sein, das Problem wieder in den Griff zu bekommen.<br />

Die Zahlen aus den USA sind alarmierend: Etwa<br />

60.000 Drogentote gab es im Jahr 2016 – davon<br />

waren etwa ein Viertel auf verschriebene „legale“<br />

Opioide zurückzuführen, berichtete Oliver Emrich<br />

aus Ludwigshafen/Rhein. Ganz so schlimm ist die<br />

Situation in Europa und Deutschland nicht. Im europäischen<br />

Drogenbericht 2017 wird aber über einen<br />

zunehmenden missbräuchlichen Konsum legaler<br />

synthetischer Opioide berichtet und in 17 europäischen<br />

Ländern wiesen mehr als 10 % der Patienten,<br />

die eine spezielle Drogentherapie antreten, primär<br />

ein Problem mit anderen Opioiden als Heroin.<br />

Neue Praxisleitlinie<br />

Substitutionsbehandlung<br />

Jeder <strong>Schmerz</strong>therapeut wird aber wahrscheinlich<br />

Patienten mit Opioid-Fehlgebrauch oder<br />

-Abhängigkeit kennen, die in keiner Drogenstatistik<br />

a<br />

auftauchen, sagte Dr. Emrich. Auch wenn es keine<br />

belastbaren Daten gibt, muss man davon ausgehen,<br />

dass etwa 3 % der Patienten unter einer Langzeitverordnung<br />

von Opioiden zur <strong>Schmerz</strong>therapie<br />

einen „ungünstigen Verlauf“ mit Fehlgebrauch,<br />

Abhängigkeit und Suchtverhalten entwickeln. Um<br />

diesen abhängig gewordenen <strong>Schmerz</strong>patienten<br />

gezielt helfen zu können, wurde von der Deutschen<br />

Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>therapie (DGS)<br />

eine Praxisleitlinie zur Substitutionsbehandlung<br />

entwickelt [1].<br />

Toleranz von psychischer<br />

Abhängigkeit unterscheiden<br />

Unterschieden werden muss bei Opioidgebrauch<br />

zwischen Toleranz als zunächst nur physischem<br />

Phänomen und der psychischen Abhängigkeit,<br />

erklärte der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Bei der Toleranz-<br />

b<br />

Abbildung 1: Buprenorphin – unterschiedliche Wirkung an den Opioidrezeptoren: Opioidvollagonist: relativ geringe Rezeptorabdeckung [5, 6] (a),<br />

Opioidpartialagonist: bis zu 95 % Rezeptorbelegung durch Buprenorphin [7] (b). Ab 16 mg sind fast alle Opioidrezeptoren belegt [7].<br />

11


FEHLGEBRAUCH UND ABHÄNGIGKEIT VON OPIOIDEN<br />

BEI SCHMERZPATIENTEN<br />

EDUCATION<br />

POMI (Prescription Opioid Misuse Index)<br />

1. Nehmen Sie regelmäßig mehr Medikation<br />

d. h. höhere Dosierungen ein als Sie verschrieben<br />

bekommen haben? Ja/Nein<br />

2. Nehmen Sie ihre Medikation häufiger als<br />

verschrieben ein, d. h. verkürzen Sie die<br />

Einnahmezeitpunkte?Ja/Nein<br />

3. Benötigen Sie immer früher oder häufiger<br />

Folgerezepte ihrer Medikation? Ja/Nein<br />

4. Fühlen Sie sich „high“ nach der Einnahme<br />

Ihrer Medikation oder bekommen Sie ein<br />

Rausch-Gefühl?Ja/Nein<br />

5. Nehmen Sie oder nahmen Sie Ihre <strong>Schmerz</strong>medikation,<br />

weil Sie verstimmt oder aufgeregt<br />

waren oder um andere Symptome als<br />

<strong>Schmerz</strong> zu beeinflussen oder zu beseitigen?<br />

Ja/Nein<br />

6. Mussten Sie oder müssen Sie mehrere Ärzte<br />

aufsuchen, die Ihnen Ihre <strong>Schmerz</strong>mittel<br />

verschreiben, um mehr <strong>Schmerz</strong>mittelrezepte<br />

zu bekommen?<br />

Ja/Nein<br />

Schon bei einer einzigen mit einem Ja beantworteten<br />

Frage, besteht der Verdacht auf einen<br />

Opioid-Fehlgebrauch bzw. eine Abhängigkeit [2].<br />

entwicklung handelt es sich um eine pharmakodynamische<br />

Adaptation, der eine Sensibilisierung<br />

der Neuromatrix zugrunde liegt. Meist kommt es<br />

unter einer Langzeit-Opioidtherapie zu einer langsamen<br />

Sensibilisierung des Opioidrezeptor-Systems,<br />

die im Verlauf Dosissteigerungen notwendig<br />

macht, um die gleiche <strong>Schmerz</strong>linderung wie am<br />

Anfang zu erzielen.<br />

Von psychischer Abhängigkeit – der alte Begriff<br />

„Sucht“ wurde verlassen – wird gesprochen, wenn<br />

es zu einer Änderung des Einnahmezwecks und den<br />

für eine Substanzmissbrauchsstörung typischen<br />

Verhaltensänderungen gekommen ist. Hierzu stehen<br />

verschiedene Screeningtools zur Verfügung,<br />

von denen POMI (Prescription Opioid Misuse Index)<br />

am gebräuchlichsten ist. Er beruht auf einem Fragebogen<br />

mit sechs einfachen Fragen, der vom<br />

Patienten selbst ausgefüllt werden kann [2] (siehe<br />

Kasten).<br />

Als weitere mögliche Hinweise nannte Dr. Emrich<br />

viele Verordner (die oft nichts voneinander wissen),<br />

häufiger Wunsch nach Dosissteigerungen und ein<br />

inadäquater häufiger Rezeptwunsch.<br />

Qualifizierte Substitutions behandlung<br />

mit Buprenorphin<br />

Alternativ zur schrittweisen Dosisreduktion im<br />

Rahmen einer „strukturierten Opioidtherapie“ wird<br />

in der Leitlinie neben der ambulanten bzw. stationären<br />

Entzugsbehandlung eine qualifizierte Substitutionsbehandlung<br />

mit langwirksamen Opioiden<br />

aufgeführt.<br />

Gute Erfahrungen hat Dr. Emrich hier mit<br />

Buprenorphin (Suboxone®) gemacht, das im Vergleich<br />

zu Methadon eine deutliche größere therapeutische<br />

Breite aufweist [3].<br />

Hohe Sicherheit durch<br />

Wirkmechanismus<br />

Buprenorphin wirkt als Partialagonist am<br />

μ-Opioid-Rezeptor und verfügt über eine hohe<br />

Rezeptoraffinität. Bei einer Dosis von 16 mg<br />

Buprenorphin pro Tag sind ca. 95 % der μ-Opioid-<br />

Rezeptoren belegt, was zu Analgesie und Anticraving<br />

führt (Abb. 1). Durch den partiellen<br />

Antagonismus der Substanz kommt es dagegen bei<br />

der Atemdepression zu einem Ceiling-Effekt, was<br />

zum hohen Sicherheitsniveau der Substanz beiträgt.<br />

Wegen der gleichzeitigen antagonistischen<br />

Eigenschaften am -Rezeptor wirkt Buprenorphin<br />

weniger sedierend und dysphorisch.<br />

Als weiteren Vorteil in der Praxis nannte der<br />

<strong>Schmerz</strong>therapeut die hohe Lipophilie der Substanz<br />

mit langsamer Freisetzung aus dem Fettgewebe.<br />

Daraus resultiert dosisabhängig eine lange<br />

12


FEHLGEBRAUCH UND ABHÄNGIGKEIT VON OPIOIDEN<br />

BEI SCHMERZPATIENTEN<br />

Wirkdauer von bis zu 72 Stunden, was eine alternierende<br />

Verabreichung alle zwei bis drei Tage<br />

ermöglicht. So lassen sich bei der Substitutionsbehandlung<br />

z. B. Wochenenden sehr gut überbrücken.<br />

Fehlgebrauch und Abhängigkeit<br />

möglichst im Vorfeld verhindern<br />

Opioide sind in der <strong>Schmerz</strong>therapie bei vielen<br />

Patienten unverzichtbar, bergen aber immer das<br />

Risiko der Abhängigkeitsentwicklung, betonte auch<br />

Dr. Patric Bialas aus Homburg/Saar. Wichtig ist es<br />

daher, die Gefahr einer möglichen Entwicklung in<br />

Richtung Abhängigkeitserkrankung und Fehlgebrauch<br />

möglichst schon im Vorfeld zu erkennen<br />

und entsprechend entgegenzuwirken. Dazu gehören<br />

die regelmäßige Überprüfung der Diagnose,<br />

Indikation und <strong>Schmerz</strong>qualität, eine mögliche<br />

Verordnung von Koanalgetika (z. B. bei neuropathischem<br />

<strong>Schmerz</strong>), die Erfassung von häufigen<br />

psychiatrischen Komorbiditäten (z. B. Depression)<br />

sowie Risikofaktoren wie früherer Drogenkonsum,<br />

Alkoholmissbrauch und Rauchen. Bei jedem Verdacht<br />

auf einen Fehlgebrauch sollten die Patienten<br />

offen darauf angesprochen und entsprechende<br />

Therapieangebote gemacht werden.<br />

Motivation der Patienten ist bei<br />

Substitution entscheidend<br />

Wichtigste Voraussetzung für die Therapie der<br />

behandlungsbedürftigen Abhängigkeit von Opioiden<br />

ist die Sicherstellung der Motivation des<br />

Pa tienten mit gemeinsamem Abwägen der Vor- und<br />

Nachteile von Entzug und Substitution, betonte<br />

der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Für den ambulanten substitutionsgestützten<br />

Entzug muss ein Antrag auf<br />

Bewilligung bei der zuständigen KV gestellt werden.<br />

Dazu muss der Arzt die Qualifikation „suchtmedizinische<br />

Grundversorgung“ aufweisen – oder<br />

konsiliarisch bei bis zu zehn Patienten pro Praxis<br />

mit einem Suchtmediziner zusammenarbeiten.<br />

Am Tag vor Therapiebeginn soll der Patient dann<br />

seine übliche Opioid-Dosis weglassen, so dass er<br />

am Morgen mit deutlichen Entzugserscheinungen<br />

in die Praxis kommt. Der Patient bekommt dann<br />

2-4 mg Buprenorphin – nach einer Stunde wird<br />

dann eine weitere Tablette gegeben, bis keine Entzugserscheinungen<br />

mehr bestehen (max. 8 mg am<br />

ersten Tag). Dafür bleibt der Patient an diesem Tag in<br />

der Praxis unter Beobachtung. Am Folgetag erfolgt<br />

eine weitere Dosisbeurteilung (ggf. bis 16 mg/d).<br />

Danach müssen sich die Patienten jeden Tag in der<br />

Praxis vorstellen und bei zufriedenstellender Stabilisierung<br />

kann eine langsame Dosisreduktion und<br />

auch eine Herabsetzung der Dosierungshäufigkeit<br />

auf alle zwei oder drei Tage erfolgen [4].<br />

Bericht: Maria Weiß<br />

Referenzen<br />

1. DGS-Praxisleitlinien. Substitutionsbehandlung bei Opioid<br />

fehlgebrauch in der <strong>Schmerz</strong>therapie; Verfügbar unter:<br />

http://dgs-praxisleitlinien.<br />

2. Turk DC et al. Predicting opioid misuse by chronic pain<br />

patients: a systematic review and literature synthesis. Clin<br />

J Pain 2008; 24(6): 497–508.<br />

3. Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen;<br />

Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung<br />

Opiatabhängiger. Verfügbar unter: https://www.<br />

bas-muenchen.de/fileadmin/documents/pdf/Publikationen/BAS_Substitutionsleitfaden_2011_final_110107.pdf<br />

(Stand September 2016).<br />

4. Fachinformation Suboxone (Stand November 2015).<br />

5. Lambert DG et al. Coutin Educ Anaesth Crit Core Pain;<br />

2014; 4 (6): 181.<br />

6. Freye E et al. Opioide in der Medizin. 8. Auflage, Springer<br />

Medizin Verlag, 2010.<br />

7. Zubieta J et al. Neuropsychopharmacalogoy 2000; 23 (3):<br />

326–34.<br />

Quelle: Symposium „DGS-Praxisleitlinie zur Opioidabhängigkeit“<br />

am 09.03.<strong>2018</strong> anlässlich des Deutschen <strong>Schmerz</strong>- und<br />

Palliativtages <strong>2018</strong> in Frankfurt am Main, unterstützt durch<br />

INDIVIOR Deutschland GmbH.<br />

Mit freundlicher Unterstützung der INDIVIOR Deutschland<br />

GmbH.<br />

EDUCATION<br />

13


DAS ANOA-KONZEPT<br />

Subgruppenspezifische Psychotherapie<br />

multifaktorieller <strong>Schmerz</strong>- und<br />

Funktionserkrankungen des<br />

Bewegungssystems<br />

Wolfgang Ritz, Sommerfeld<br />

Patienten mit chronischen <strong>Schmerz</strong>en des Bewegungssystems weisen eine Vielzahl körperlicher und psychischer<br />

Beeinträchtigungen auf. Der <strong>Schmerz</strong> ist häufig Resultat eines individuellen Chronifizierungsprozesses,<br />

der Ärzte und Therapeuten vor die Frage stellt, welche dieser Einflussfaktoren die Hauptfaktoren der aktuellen<br />

Beeinträchtigung sind. Wir finden häufig typische Befundkonstellationen von Strukturpathologien,<br />

funktionspathologischen Befunden und psychischen Einflussfaktoren. Das Zusammenwirken dieser Befunde<br />

kann in der Regel nur in einer interdisziplinären Diagnostik identifiziert werden.<br />

CONFERENCES<br />

Durch eine multiprofessionale Diagnostik von<br />

Orthopäden, Neurologen, Funktionsmedizinern<br />

und Fachleuten verschiedener Psychodisziplinen<br />

(schmerzmedizinisch ausgebildete Psychiater,<br />

Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten)<br />

können Einzelbefunde bewertet und in ihrem Zusammenwirken<br />

beurteilt werden. Aus diesen Befundkonstellationen<br />

lassen sich behandlungsrelevante<br />

Subgruppen bilden, die in einer orthopädischen<br />

Komplexbehandlung befundorientierte therapeutische<br />

Schwerpunktsetzungen ermöglichen.<br />

Grundzüge des ANOA-Konzepts<br />

Die ANOA ist eine medizinisch-wissenschaftliche<br />

Vereinigung von Kliniken, die sich auf stationäre<br />

Komplexbehandlungen multifaktorieller<br />

<strong>Schmerz</strong>- und Funktionserkrankungen des Bewegungssystems<br />

spezialisiert haben. Die ANOA ist der<br />

Auffassung, dass nur im Rahmen einer ganzheitlichen<br />

Betrachtung eine über die Akutbehandlung<br />

hinausgehende nachhaltig wirksame Behandlungsstrategie<br />

erarbeitet werden kann. Mediziner<br />

und Psychologen der ANOA haben Therapiekonzepte<br />

entwickelt, die explizit nichtoperative Elemente<br />

orthopädischer Behandlungen wie z. B.<br />

Physiotherapie und manuelle Medizin mit wissenschaftlich<br />

fundierten schmerzmedizinischen<br />

Methoden wie z. B. interventionelle und medikamentöse<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie und Methoden der speziellen<br />

<strong>Schmerz</strong>psychotherapie kombinieren. Das<br />

ANOA-Konzept beschreibt eine befundorientierte<br />

14


DAS ANOA-KONZEPT<br />

Morphologischer Befund<br />

Neuromuskuläre Funktionsstörung<br />

Inadäquate Bewältigung<br />

Belastungsreaktionen<br />

Psychopathologie<br />

Psychovegetative Funktionsstörung<br />

Psychosozialer Faktor<br />

Komplexbehandlung des Bewegungssystems in<br />

klinischen Pfaden mit definierten subgruppenspezifischen<br />

therapeutischen Schwerpunktsetzungen.<br />

Jeder ANOA-Behandlungspfad bildet eine spezielle<br />

Methodenkombination zur Erreichung individuell<br />

festgelegter therapeutischer Zielstellungen ab. Die<br />

Behandlung erfolgt multimodal im multiprofessionellen<br />

therapeutischen Team unter ärztlicher<br />

Leitung.<br />

Das ANOA-Konzept beschreibt vier komplextherapeutische<br />

Behandlungspfade, von denen die<br />

ANOA-Hauptpfade 1 und 2 näher betrachtet werden<br />

sollen (Abb. 1).<br />

ANOA-Pfad 1: Neuroorthopädischfunktionelle<br />

Komplexbehandlung<br />

Im neuroorthopädisch-funktionellem Behandlungspfad<br />

werden Patienten behandelt, deren<br />

<strong>Schmerz</strong>syndrome auf überwiegend funktionspathologischen<br />

Befundkonstellationen zurückzuführen<br />

sind. Die Ursachen dieser Funktionspathologien<br />

sind vielfältig und reichen von orthopädischen<br />

Strukturpathologien über Funktionsstörungen<br />

des neuromuskulären Systems bis zur Störung<br />

der Energiebereitstellung und der neuronalen<br />

Steuerung, einschließlich psychischer Störungsmuster.<br />

Chronische Funktionspathologien mit<br />

Krankheitsrelevanz können aus Sicht des Autors<br />

auch als Funktionserkrankung des Bewegungssystems<br />

verstanden werden. Funktionserkrankungen<br />

des Bewegungssystems sind in dieser Sichtweise<br />

gesundheitliche Störungen, bei denen komplexe<br />

Funktionspathologien des Bewegungssystems<br />

Hauptfaktoren anhaltender Funktions-, Aktivitäts-<br />

und Partizipationsbeeinträchtigungen oder<br />

chronischer <strong>Schmerz</strong>en vorliegen. Orthopädische<br />

Strukturpathologien und psychische Faktoren können<br />

beteiligt sein und müssen in der Behandlung<br />

mitberücksichtigt werden.<br />

Funktionspathologie<br />

Funktionserkrankung des<br />

Bewegungssystems<br />

ANOA-Pfad 1: Orthopädischfunktionelle<br />

Komplextherapie<br />

ANOA-Pfad 2: Multimodale<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie mit funktionellen und<br />

psychotherapeutischen Schwerpunkten<br />

Im ANOA-Pfad 2 erfolgt eine multimodale<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie mit funktionellen und schmerzpsychotherapeutischen<br />

Schwerpunkten. Behandelt<br />

werden Patienten mit multifaktoriellen <strong>Schmerz</strong>syndromen<br />

des Bewegungssystems, bei denen die<br />

zentralisierte <strong>Schmerz</strong>störung Hauptfaktor der<br />

Beeinträchtigung ist. Sie weisen in der Regel eine<br />

Kombination morphologischer, funktionspathologischer<br />

und psychischer Befunde auf. Psychische<br />

Faktoren können dysfunktionale Bewältigungsstrategien,<br />

emotionale Belastungsreaktionen,<br />

Anpassungs- und Belastungsreaktionen oder<br />

psychopathologische Störungen sein. Häufig sind<br />

psychosoziale Faktoren beteiligt, die als operante<br />

Verstärker wirken.<br />

Spezielle subgruppenspezifische<br />

<strong>Schmerz</strong>psychotherapie im ANOA-<br />

Konzept<br />

Die Psychotherapie im ANOA-Konzept ist eine<br />

Anwendung der speziellen <strong>Schmerz</strong>psychotherapie.<br />

Spezielle <strong>Schmerz</strong>psychotherapie beinhaltet<br />

die Diagnostik und Behandlung psychischer<br />

Merkmale, Ursachen und Auswirkungen von<br />

<strong>Schmerz</strong>empfindungen und das Zusammenwirken<br />

schmerzrelevanter psychischer und somatischer<br />

Zentralisierter <strong>Schmerz</strong><br />

Chronische <strong>Schmerz</strong>störung im<br />

Bewegungssystem<br />

ANOA-Pfad 2: Multimodale<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie<br />

Abbildung 1: ANOA-Konzept, klinische Pfade 1 und 2.<br />

CONFERENCES<br />

15


DAS ANOA-KONZEPT<br />

ANOA-Pfad 1: Orthopädisch-funktionsorientierte Komplexbehandlung<br />

OPS 8-977<br />

Schwerpunkt Stabilisation<br />

Schwerpunkt Mobilisation<br />

Schwerpunkt ATL<br />

+<br />

Psychoedukation<br />

und Entspannung<br />

ANOA-Pfad 2: Multimodale <strong>Schmerz</strong>therapie als orthopädischpsychotherapeutische<br />

Komplexbehandlung OPS 8-918<br />

Schwerpunkt psychosomatische Orthopädie, individualisiert<br />

Schwerpunkt vegetative<br />

Regulation<br />

Psychoedukation<br />

und Entspannung<br />

Verhaltenstherapeutisches Rückenintensivprogramm<br />

Abbildung 2: Subgruppenspezifische Psychotherapie nach ANOA-Konzept.<br />

Sana Kliniken Sommerfeld.<br />

+<br />

Faktoren. Sie ist eine speziell auf <strong>Schmerz</strong> und<br />

seine multifaktoriellen Chronifizierungsprozesse<br />

ausgerichtete psychotherapeutische Behandlung.<br />

Im ANOA-Konzept werden psychotherapeutische<br />

Methoden subgruppenspezifisch kombiniert,<br />

damit sie indikationsbezogen, befundgerecht und<br />

effizient durchgeführt werden können (Abb. 2).<br />

Die spezielle <strong>Schmerz</strong>psychotherapie im ANOA-<br />

Pfad 1 beinhaltet Psychoedukation und Entspannung.<br />

Psychoedukative Methoden vermitteln den<br />

Doppelcharakter von <strong>Schmerz</strong> als Sinnes- und<br />

Gefühlserlebnis und informieren über den Zusammenhang<br />

von Morphologie, Nozizeption, neuromuskuläre<br />

Funktionen des Bewegungssystems und<br />

psychischen Einflussfaktoren bei akuten <strong>Schmerz</strong>en<br />

und chronischen <strong>Schmerz</strong>störungen. Der Umgang<br />

mit <strong>Schmerz</strong>, Stress und psychosozialen Belastungen<br />

wird thematisiert, Grundlagen psychologischer<br />

und psychophysiologischer Wahrnehmungs- und<br />

Entspannungsverfahren (Atementspannung, progressive<br />

Entspannung, autogenes Training) werden<br />

vermittelt, in Entspannungsgruppen wird<br />

intensiv geübt. Zielstellung ist die Aufklärung<br />

über <strong>Schmerz</strong> und die Risiken der <strong>Schmerz</strong>chronifizierung,<br />

die Vermittlung von Möglichkeiten<br />

zur <strong>Schmerz</strong>bewältigung und die Förderung des<br />

Selbstwirksamkeitserlebens. Die Psychotherapie<br />

betont Selbstverantwortung und Selbstfürsorge<br />

und die Entwicklung positiver gesundheitsbezogener<br />

Einstellungs- und Verhaltensweisen.<br />

Im ANOA-Pfad 2 werden Psychoedukation<br />

und Entspannung erweitert mit einer Behandlung<br />

in Kleingruppen und psychotherapeutischen<br />

Einzelgesprächen. In den Gruppen werden<br />

Tabelle 1: ANOA Konzept subgruppenspezifische Psychotherapie des Bewegungssystems.<br />

Psychotherapie Subgruppe 1 (OPS 8-977)<br />

Indikation orthopädisch-funktioneller Schwerpunkt<br />

Somatische Hauptdiagnosen + F54, Z- und MASK-P-Diagnosen<br />

Themenzentrierte orthopädische <strong>Schmerz</strong>psychotherapie:<br />

funktionsbezogen – motivierend – aktivierend<br />

Psychoedukation „<strong>Schmerz</strong> verstehen und bewältigen”<br />

Selbstfürsorge und Entspannung<br />

Psychotherapie Subgruppe 2 (OPS 8-918)<br />

lndikation Multimodale <strong>Schmerz</strong>therapie<br />

<strong>Schmerz</strong>bezogene Hauptdiagnosen: F45.41, F45.40, F45.1, F34.1,<br />

F41 etc.<br />

Spezielle orthopädische <strong>Schmerz</strong>psychotherapie:<br />

funktionsbezogen – psychosomatisch – psychotherapeutisch<br />

Spezielle <strong>Schmerz</strong>psychotherapie: Psychoedukation, Entspannung+<br />

Psychotherapie in Kleingruppen und Einzelgesprächen<br />

CONFERENCES<br />

Themenbereiche:<br />

• <strong>Schmerz</strong>entstehung,<br />

• <strong>Schmerz</strong>bewältigung<br />

• Stress und <strong>Schmerz</strong><br />

• Selbstachtsamkeit<br />

• Entspannung und Bewegung<br />

Motivation zur positiven Aktivität, Kompetenzen im Umgang mit<br />

Stress & <strong>Schmerz</strong>, Erweiterung sozialer Kompetenzen,<br />

Entwicklung der Selbstfürsorge<br />

• Fokussierte psychotherapeutische Einzelgespräche unter Einbeziehung<br />

spezieller schmerzpsychotherapeutischer Methoden<br />

• Verhaltenstherapeutische Gruppen bei angstmotivierter Vermeidung<br />

von Bewegung und Belastung<br />

Psychosomatisches Krankheitsverständnis, Wahrnehmung<br />

psychischer Anteile im <strong>Schmerz</strong>, Fokussierung der psychischen<br />

Problematiken für weiterführende Behandlungen, Beratung über<br />

psychotherapeutische Möglichkeiten, ggf. Einleitung einer psychotherapeutischen<br />

Behandlung<br />

16


DAS ANOA-KONZEPT<br />

schmerzpsychotherapeutische Inhalte unter verhaltenstherapeutischen<br />

Aspekten bearbeitet. In<br />

den psychotherapeutischen Einzelgesprächen werden<br />

individuelle Zusammenhänge von <strong>Schmerz</strong> und<br />

Emotionalität (Stimmungen, Angst, Depression,<br />

Belastungsreaktionen etc.) hergestellt und schmerzrelevante<br />

Problem- und Konfliktreaktionen, ggf.<br />

auch biographische Aspekte behandelt. Durch die<br />

Individualisierung kann die spezielle Motivationsund<br />

Ressourcenlage der Betroffenen berücksichtigt<br />

werden. <strong>Schmerz</strong>kranke mit psychopathologischen<br />

Störungsmustern weisen häufig schmerzrelevante<br />

Einschränkungen der Affektwahrnehmung auf oder<br />

sind in ihrer emotionalen Introspektions- und Reflexionsfähigkeit<br />

beeinträchtigt. Häufig geht es auch<br />

um Angst und schmerzrelevante affektive Beeinträchtigungen.<br />

Die Individualisierung der schmerzpsychotherapeutischen<br />

Behandlung ermöglicht<br />

dann eine individuelle Fokusbildung für weiterführende<br />

psychotherapeutische Behandlungen.<br />

Im verhaltenstherapeutischen Rücken-Intensivprogramm<br />

erfolgt eine befundorientierte<br />

multimodale Komplextherapie, die durch ein interdisziplinäres<br />

Team von Ärzten, Psychologen und Therapeuten<br />

durchgeführt wird. Hier werden Patienten<br />

behandelt, die bei Angst vor <strong>Schmerz</strong> Bewegung<br />

und Belastung vermeiden oder mit dysfunktionalem<br />

Durchhalte- und Belastungsverhalten ihre <strong>Schmerz</strong>en<br />

verstärken. Die Behandlungsziele liegen nicht<br />

alleine in einer <strong>Schmerz</strong>reduktion und Funktionsverbesserung.<br />

Es wird angestrebt, dass die Patienten<br />

eine Einsicht in Problemzusammenhänge erhalten<br />

und stabile Verhaltenskompetenzen zur Selbsthilfe<br />

und Problemveränderung entwickeln (Tab. 1).<br />

Zusammenfassung<br />

Dipl.-Psych. Wolfgang Ritz<br />

wolfgang.ritz@sana-hu.de<br />

Das ANOA-Konzept beschreibt eine befundorientierte<br />

Komplexbehandlung des Bewegungssystems<br />

in klinischen Pfaden mit definierten subgruppenspezifischen<br />

therapeutischen Schwerpunktsetzungen.<br />

Die psychotherapeutischen Be handlungsanteile<br />

erfolgen subgruppenspezifisch und sind schmerzpsychotherapeutisch<br />

orientiert. Die Psychotherapie<br />

im ANOA-Pfad 1 ist eine themenzentrierte<br />

orthopädische <strong>Schmerz</strong>psychotherapie: funktionsbezogen,<br />

motivierend und entspannend. Sie betont<br />

die Selbstverantwortung und Selbstfürsorge im<br />

Umgang mit <strong>Schmerz</strong> und Funktionsstörungen<br />

des Bewegungssystems. Psycho therapeutische<br />

Behandlungen im ANOA-Pfad 2 erweitern und<br />

individualisieren die schmerzpsychotherapeutischen<br />

Behandlungen und Zielstellungen. Sie<br />

berücksichtigen neben schmerzrelevanten Verhaltensmustern<br />

auch psychopathologische Einflussfaktoren<br />

und Verlaufstendenzen. Häufig geht es<br />

um eine individuelle Motivations- und Fokusbildung<br />

für weiterführende psychosomatische oder<br />

psychotherapeutische Behandlungen.<br />

Referenz<br />

1. Niemier K et. al. <strong>Schmerz</strong>erkrankungen des Bewegungssystems<br />

– Multimodale interdisziplinäre Komplexbehandlung.<br />

DeGruyter Verlag, Berlin und Boston, <strong>2018</strong>.<br />

CONFERENCES<br />

17


CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ<br />

AWMF-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz<br />

– Was wird anders?<br />

Kerstin Engel, Kremmen-Sommerfeld<br />

Die S2k-Leitline spezifischer Kreuzschmerz ist registriert unter „AWMF Registernummer: 033-051“ [1]. Die<br />

Erstellung der Leitlinie erfolgte unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische<br />

Chirurgie (DGOOC) unter Beteiligung weiterer 14 wissenschaftlicher medizinischer Gesellschaften.<br />

Die Leitlinie wurde in Ergänzung der „Nationalen VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“<br />

(NVL NSKS) im Sinne einer gesamtkonzeptionellen Grundlage für die Behandlung von Kreuzschmerzen<br />

entwickelt. Die neue Leitlinie enthält Anhaltspunkte für spezifische Ursachen von Kreuzschmerzen und<br />

Empfehlungen für entsprechende Therapieansätze.<br />

CONFERENCES<br />

In der Nationalen VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz<br />

(NVL KS) 2010 wurden Kreuzschmerzen<br />

ohne Hinweis auf red flags als nichtspezifisch definiert.<br />

Das trifft auf zirka 97 % der Kreuzschmerzen<br />

zu! Neben nichtspezifischen Kreuzschmerzen<br />

und Kreuzschmerzen, welche durch red flags<br />

bedingt sind, gibt es eine Reihe weiterer Ursachen<br />

für Kreuzschmerzen, die heute auf der Basis von<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrung<br />

identifizierbar sind. In der vollständig überarbeiteten<br />

Version der NVL KS, welche im Mai 2017 als<br />

Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer<br />

Kreuzschmerz (NVL NSKS) veröffentlicht wurde,<br />

ist dementsprechend der Anteil nichtspezifischer<br />

Kreuzschmerzen auf „Kreuzschmerzen, für die<br />

keine spezifische Ursache gefunden wurde“ einge-<br />

18


CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ<br />

grenzt worden. Daraus erwuchs die Notwendigkeit<br />

der Entwicklung einer Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz<br />

(LL SKS).<br />

Wahrnehmung der Wertigkeit<br />

der somatischen Funktion in der<br />

Pathogenese von Kreuzschmerzen<br />

Gesamtstrategie bei der Behandlung<br />

von Kreuzschmerzen<br />

Diese Leitlinie wurde „in Ergänzung der Nationalen<br />

Versorgungsleitlinie nichtspezifischer<br />

Kreuzschmerz“ entwickelt. „Bei der Diagnostik und<br />

Therapie von Kreuzschmerzen ist eine strukturierte<br />

Vorgehensweise im Sinne einer Gesamtstrategie<br />

wichtig.“, erklärt Professor Kladny, Generalsekretär<br />

der Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und<br />

Unfallchirurgie (DGOU) und Mitautor der neuen<br />

Leitlinie. Für die praktische Umsetzung bedeutet<br />

dies, dass zu Beginn der Diagnostik und Behandlung<br />

von Kreuzschmerzen zunächst die NVL NSKS<br />

gilt, „sofern sich nicht eindeutige Hinweise auf<br />

eine spezifische Ursache ermitteln lassen“ [2].<br />

Sobald sich Hinweise auf in der LL SKS aufgeführte<br />

spezifische Ursachen ergeben, soll diese Leitlinie<br />

zur Anwendung gelangen.<br />

Als spezifische Ursachen für Kreuzschmerzen<br />

sind morphologische Entitäten und Funktionsentitäten<br />

in der Leitlinie enthalten (Tab. 1).<br />

Tabelle 1: Spezifische Ursachen für Kreuzschmerzen in<br />

der Leitlinie.<br />

Bezüglich psychosozialer Entitäten wird auf<br />

andere, bereits vorhandene Leitlinien verwiesen.<br />

Auf die Beachtung psychischer Komorbidität bei<br />

Diagnostik und Behandlung spezifischer Kreuzschmerzen,<br />

„insbesondere vor der Indikation zur<br />

Durchführung operativer Maßnahmen“ wird ausdrücklich<br />

hingewiesen.<br />

Des Weiteren sind folgende, in der Präambel der<br />

Leitlinie verankerte Aspekte, die für die diagnostische<br />

und therapeutische Herangehensweise von<br />

besonderer Bedeutung sind, hervorzuheben:<br />

„Bei der Diagnosestellung von Patienten mit<br />

spezifischen Kreuzschmerzen ist eine ausführliche<br />

<strong>Schmerz</strong>analyse [5, 6] erforderlich. Diese umfasst<br />

Gespräch, Befragung, klinisch-orthopädische, kli-<br />

Morphologische<br />

Entitäten<br />

Funktionale<br />

Entitäten<br />

• lumbales Facettensyndrom/Spondylarthrose<br />

• Discogenes Lumbalsyndrom bis Osteochondrosis<br />

vertebralis<br />

• axiale Spondylarthritis<br />

• Morbus Baastrup<br />

• Spinalkanalstenose<br />

• Spondylose und Spondylolisthesis<br />

• Bandscheibenvorfall<br />

• myofasziale Dysfunktion als spezifische<br />

Ursache für Kreuzschmerzen<br />

• hypomobile segmentale Dysfunktion<br />

der LWS (Blockierung) als spezifische<br />

Ursache von Kreuzschmerzen<br />

In der neuen Leitlinie sind somit als spezifische<br />

Ursachen für Kreuzschmerzen neben morphologischen<br />

Entitäten zwei somatische Funktionsentitäten<br />

enthalten. Ärzte und Therapeuten mit<br />

manualmedizinischer Ausbildung wissen um die<br />

Unverzichtbarkeit einer gezielten Funktionsuntersuchung<br />

des Bewegungssystems und damit der<br />

manuellen Medizin für Diagnostik und Behandlung<br />

von Rückenbeschwerden [3]. Darüber hinaus ist die<br />

Bedeutung arthromyofaszialer Funktionsstörungen<br />

für die Entstehung von Kreuzschmerzen bisher<br />

weder hinreichend bekannt, noch breit genug anerkannt.<br />

Der Eingang der myofaszialen Dysfunktion<br />

sowie der hypomobilen segmentalen Dysfunktion<br />

als Entitäten in die LL SKS stellt eine Grundlage zur<br />

Verbesserung dieser Situation dar [4].<br />

Ausführliche <strong>Schmerz</strong>analyse<br />

aufgrund multifaktorieller Genese<br />

von Kreuzschmerzen erforderlich<br />

CONFERENCES<br />

19


CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ<br />

nisch-neurologische, schmerzpalpatorische und<br />

funktionspalpatorische Untersuchung und geeignete<br />

Laboruntersuchungen sowie bildgebende<br />

Verfahren [1]. Ziel ist es, durch geeignete Diagnosemaßnahmen<br />

unter Detailkenntnis der Struktur<br />

und Funktion und unter Berücksichtigung aller<br />

bekannten modulierenden Faktoren eine zeitnahe<br />

diagnostische Zuordnung der Störung und eine<br />

entsprechende Therapie zu ermöglichen.“ [1].<br />

Damit wird die Notwendigkeit des ärztlichen –<br />

anamnestischen – Gespräches und einer umfassenden<br />

klinischen Untersuchung im Rahmen einer<br />

„ausführlichen <strong>Schmerz</strong>analyse“ unterstrichen.<br />

Beides ist im klinischen Alltag leider nicht mehr<br />

selbstverständlich. Ferner geht daraus neben der<br />

Wahrnehmung der Wertigkeit der somatischen<br />

Dr. med. Kerstin Engel<br />

kerstin.engel@sana-hu.de<br />

CONFERENCES<br />

Tabelle 2: Multifaktorielle Genese von Erkrankungen am<br />

Bewegungssystem.<br />

Strukturpathologie<br />

Funktionspathologie<br />

Psychologische Einflussfaktoren<br />

Soziale Risikofaktoren<br />

Neurophysiologische Mechanismen<br />

Multifaktoriell<br />

bedingte<br />

Erkrankung<br />

Funktion für den spezifischen Kreuzschmerz die<br />

Beachtung der multifaktoriellen Genese hervor<br />

(Tab. 2). Diese Aspekte bilden eine wichtige Grundlage<br />

für eine gezielte und zugleich umfassende,<br />

befundgerechte Behandlung [7].<br />

Referenzen<br />

1. Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz. Verfügbar unter<br />

http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-051.html<br />

(Letzter Zugriff 01.03.<strong>2018</strong>).<br />

2. Chenot JF, Greitemann B, Kladny B et al. Clinical practice<br />

guideline: Non-specific low back pain. Dtsch Arztebl Int<br />

2017; 114: 883–90.<br />

3. Tilscher H. Konservative Orthopädie und Manuelle Medizin.<br />

Man Med <strong>2018</strong>; 56: 2–3.<br />

4. Engel K, Seidel W, Niemier K, Beyer L. Die myofasziale Dysfunktion<br />

in der S2k-Leitline spezifischer Kreuzschmerz.<br />

Manuelle Medizin <strong>2018</strong>. Man Med <strong>2018</strong>; 56: 215–21.<br />

5. Locher H. Die <strong>Schmerz</strong>analyse bei <strong>Schmerz</strong>en am Bewegungsorgan<br />

und Ableitung einer rationalen Differentialtherapie.<br />

Praxisrelevante Assessments auf dem Boden<br />

grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse. Orthop Praxis<br />

2010; 46: 57–74.<br />

6. Locher H-A, Grifka J, Casser H-R, Strohmeier M. Spezielle<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie der Halte- und Bewegungsorgane.<br />

Thieme Verlag, 2010. <br />

7. Niemier K, Seidel W, Psczolla M et al. <strong>Schmerz</strong>erkrankungen<br />

am Bewegungssystem. De Gruyter, Berlin, <strong>2018</strong>.<br />

20


SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />

Individuelle Therapielösungen mit<br />

digitaler Unterstützung<br />

In der <strong>Schmerz</strong>medizin steht man vor großen Herausforderungen: Immer häufiger müssen ältere Menschen mit<br />

zahlreichen Komorbiditäten und Medikationen behandelt werden, bei denen ein sehr individuelles Vorgehen erforderlich<br />

ist. Auf einem Symposium während des <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages <strong>2018</strong> in Frankfurt diskutierten Experten,<br />

wie man diesen Patienten am besten gerecht wird und was moderne digitale Lösungen dazu beitragen können.<br />

Zweiundsechzig Prozent der über 65-jährigen<br />

GKV-Patienten haben mindestens drei Erkrankungen<br />

– und oft sind es wesentlich mehr, sagte der<br />

<strong>Schmerz</strong>therapeut Dr. Johannes Horlemann aus<br />

Kevelaer. Dementsprechend lang ist die Liste ihrer<br />

Medikamente, wenn man alle Einzelerkrankungen<br />

leitliniengerecht behandeln würde. Polypharmazie<br />

(dauerhaft mehr als fünf Medikamente) ist daher bei<br />

älteren Menschen eher die Regel als die Ausnahme.<br />

Herausforderung Polypharmazie<br />

Ärzte stehen hier häufig vor einem Dilemma.<br />

Die einzelnen Leitlinien widersprechen sich oft,<br />

Medikationspläne sind intransparent, und selbst<br />

wenn man sich große Mühe zur Reduktion gibt,<br />

bleibt es bei zahlreichen Medikamenten mit dementsprechend<br />

hohem Risiko für Interaktionen und<br />

Nebenwirkungen.<br />

Individuelle Ziele und Prioritäten als<br />

Maßstab<br />

Eine gewisse Hilfe bietet hier die DEGAM-<br />

Leitlinie „Multimorbidität“ [1]. Der Paradigmenwechsel<br />

ist hier, dass stets die Patientenpräferenz<br />

sowie persönliche Werte und Lebensziele und<br />

nicht die leitliniengerechte Behandlung einzelner<br />

Erkrankungen im Vordergrund stehen sollten.<br />

Vorrangig ist die Abwendung gefährlicher Verläufe<br />

– dazu gehört die Vermeidung krankheitsbedingter<br />

Komplikationen (Stürze, Exsikkose),<br />

unerwünschter Arzneimittelwirkungen und vermeidbarer<br />

Belastungen durch die Therapie sowie<br />

die Thematisierung eines drohenden Autonomieverlustes.<br />

Maßgeblich sind immer die individuellen<br />

Ziele und Prioritäten des alten Menschen,<br />

die den persönlichen Nutzen definieren, betonte<br />

Dr. Horlemann.<br />

EDUCATION<br />

21


SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />

EDUCATION<br />

Therapieversuch mit Opioiden in<br />

vielen Fällen gerechtfertigt<br />

Das gelte auch für die <strong>Schmerz</strong>therapie. Multimorbidität<br />

ist fast immer auch mit chronischen<br />

<strong>Schmerz</strong>en verbunden, die adäquat behandelt<br />

werden müssen, ohne den Patienten zusätzlich zu<br />

gefährden. Dazu sind auch im Alter häufig Opioide<br />

notwendig, die nach der LONTS-Leitlinie [2]<br />

bei allen Formen von chronischen <strong>Schmerz</strong>en indiziert<br />

sein können. Da es keine Prädiktoren für das<br />

Ansprechen gibt, ist ein individueller Therapieversuch<br />

bei chronischen <strong>Schmerz</strong>en immer gerechtfertigt<br />

– das gilt für neuropathische <strong>Schmerz</strong>en<br />

genauso wie für Rücken- oder Gelenkschmerzen.<br />

Gerade bei älteren Menschen sind Opioide oft<br />

weniger toxisch als nichtsteroidale Antirheumatika<br />

(NSAR), sagte der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Wichtig sei in<br />

dieser Altersgruppe die Beachtung der Regel start<br />

low – go slow – das bedeutet, dass man mit der<br />

halben Erwachsenendosis beginnt und die Erhaltungsdosis<br />

bei einem Drittel liegen sollte.<br />

Interaktionen und Verträglichkeit<br />

beachten<br />

Neben der Dosierung ist aber auch die Wahl des<br />

am besten geeigneten Opioids von Bedeutung,<br />

betonte Dr. Horlemann. Hydromorphon weist<br />

hier im Vergleich zu anderen Opioiden gerade bei<br />

älteren multimorbiden Patienten ein besonders<br />

günstiges Profil auf: Da es nicht über Cytochrom<br />

P450 verstoffwechselt wird, ist das Interaktionspotenzial<br />

gering und die relativ kurze Halbwertzeit<br />

gewährleistet eine gute Steuerbarkeit bei geringem<br />

Kumulationsrisiko [3]. Nicht umsonst wird<br />

Hydromorphon daher auch in der Praxisleitlinie<br />

Tumorschmerz aufgrund pharmakologischer Vorteile<br />

in der Verträglichkeit als Präferenzsubstanz<br />

genannt, sagte der <strong>Schmerz</strong>therapeut [4].<br />

Auch hier sind aber Unterschiede zwischen<br />

den verschiedenen Hydromorphon-Präparaten<br />

zu beachten: Die 24-h-retard-Formulierung von<br />

Hy dro morphon (z. B. Hydromorphon Aristo long<br />

4 mg Retardtabletten) gewährleistet bei einmal<br />

täglicher Einnahme gleichmäßige Wirkspiegel und<br />

dadurch eine ausreichende Analgesie über 24 Stunden<br />

[3]. <strong>Schmerz</strong>spitzen und ein schmerzbedingt<br />

gestörter Nachtschlaf können so vermieden werden.<br />

Praxis-Register <strong>Schmerz</strong> liefert<br />

Real-World-Daten<br />

Wie praxisrelevant sind solche Unterschiede<br />

in der Opioidanwendung aber tatsächlich? Real-<br />

World-Daten können dabei helfen, die Differenzialtherapie<br />

mit WHO-Stufe-3-Opoiden zu<br />

optimieren, sagte Privatdozent Dr. Michael Überall<br />

aus Nürnberg. Wichtige Einblicke in den Alltag der<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie biete das bundesweite interaktive<br />

„PraxisRegister <strong>Schmerz</strong>". 129 <strong>Schmerz</strong>zentren mit<br />

372 <strong>Schmerz</strong>therapeuten und zahlreichen anderen<br />

Fachdisziplinen nehmen hier bereits teil. Pro Quartal<br />

werden im Mittel mehr als 189.000 Behandlungsfälle<br />

eingeschlossen – von knapp 950.000 Patienten<br />

stehen Komplettdokumentationen zur Verfügung.<br />

Jede zweite Opioid-Verordnung ist<br />

problematisch<br />

Anhand der Therapie mit WHO-Stufe-3-Opioiden<br />

stellte Dr. Überall dar, welche Auswertungsmöglichkei<br />

ten die anonymisierten Registerdaten bieten.<br />

In etwa der Hälfte der 24.379 ausgewerteten<br />

Fälle (51,2 %) gaben die Ärzte Probleme mit der<br />

Opioid ver ordnung an. Das betraf vor allem Morphin<br />

(80,6 %) und Fentanyl-Pflaster (72 %). Am<br />

wenigsten Pro bleme bereiteten Hydromorphon<br />

(33,9 %) und Buprenorphin (39,6 %). Das spiegelte<br />

sich auch in einer geringeren Zahl an Therapieab-<br />

22


SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />

Praxisregister <strong>Schmerz</strong> – Querschnittanalyse (Stand 28.02.<strong>2018</strong>)<br />

Anzahl Nennungen (n)<br />

175.000<br />

150.000<br />

125.000<br />

100.000<br />

417.044<br />

Spannweite (Minimum-Maximum): 1-20<br />

51,5 %<br />

Probleme bzgl.<br />

Opioidverordnungen?<br />

75.000<br />

50.000<br />

25.000<br />

0<br />

WHO-1WHO-2WHO-3 MREL ADD AED TRIP OTP<br />

Therapiealternativen<br />

Bei: Hydromorphon 33,9 %<br />

Buprenorphin 39,6 %<br />

Oxycodon 49,1 %<br />

Fentanyl 72,0 %<br />

Morphin 80,6 %<br />

Abk.: MREL, Muskelrelaxans; ADD, anti-depressant drug; AED, anti-epileptic drug; TRIP, Triptane; OTP, opioid treatment program [5].<br />

ja<br />

nein<br />

Abbildung 1: Bei jeder zweiten Opioidverordnung gibt es Probleme.<br />

brüchen wider sowie in einer stärkeren Reduktion<br />

der <strong>Schmerz</strong> intensität und weniger schmerzbedingten<br />

Be einträchtigungen im Alltag. Auch bei<br />

allgemeinem Wohlbefinden, Lebensqualität und<br />

schmerzbeding ten Einschränkungen der Lebensqualität<br />

schnitt Hydro morphon deutlich besser ab<br />

als die anderen Stufe-3-Opioide [5].<br />

Pharmakokinetik an <strong>Schmerz</strong>profil<br />

anpassen<br />

Eine weitere Möglichkeit des <strong>Schmerz</strong>-Registers<br />

ist die Auswertung von 24-Stunden-<strong>Schmerz</strong>profilen.<br />

Anhand der grafischen Darstellung lasse<br />

sich hier auf den ersten Blick erkennen, wie die<br />

<strong>Schmerz</strong>problematik über 24 Stunden verteilt ist<br />

und welche Patienten in besondere Weise von einer<br />

sicheren 24-Stunden-Galenik profitieren würden.<br />

Digitale Möglichkeiten nutzen<br />

Das <strong>Schmerz</strong>register bietet aber mehr als reine<br />

Datenerfassung und Dokumentation, betonte<br />

Dr. Überall. Neben den Möglichkeiten der Versorgungsforschung<br />

ist über eine sichere Verbindung<br />

auch eine vertrauensvolle Kommunikation zwischen<br />

Ärzten und Patienten sowie über das iDoc-<br />

Life®-System eine digitalisierte Unterstützung bei<br />

der Anamneseerhebung und -auswertung möglich.<br />

Eine Möglichkeit zur digitalisierten Patientenkommunikation<br />

bietet auch Coliquio flex, wie der<br />

Begründer der Ärzteplattform Coliquio Felix Rademacher<br />

darstellte. Hier wird vom Arzt ausgewählten<br />

Patienten die Möglichkeit geboten, über<br />

sichere Verbindungen Fragen an ihren vertrauten<br />

Arzt über E-Mail zu stellen, die dieser dann innerhalb<br />

von 48 Stunden beantwortet. Anders als bei<br />

Videosprechstunden müssen Arzt und Patient hier<br />

nicht gleichzeitig online sein, und der Arzt kann<br />

selbst bestimmen, wann er sich mit den Patienten-Anfragen<br />

beschäftigt. Für den Patienten ist<br />

der Arzt dadurch oft besser erreichbar als über den<br />

Telefonkontakt in der Praxis, und der Arzt hat die<br />

Möglichkeit, Bagatellfälle und dringliche Anliegen<br />

zu unterscheiden.<br />

Bericht: Maria Weiß<br />

Quelle: Symposium „<strong>Schmerz</strong>medizin 2020plus – Digitalen<br />

Fortschritt nutzen, analoge Individualität bewahren“ anlässlich<br />

des <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages am 09.03.<strong>2018</strong> in Frankfurt<br />

am Main.<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Aristo Pharma GmbH<br />

Referenzen:<br />

1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin<br />

(DEGAM); S3-Leitlinie Multimorbidität;<br />

AWMF-Register-Nr. 053-047, Stand 02/2017<br />

2. Leitlinie „Opioide, Langzeitanwendung zur Behandlung bei<br />

nicht tumorbedingten <strong>Schmerz</strong>en“, AWMF-Register-Nr.<br />

145-003, Stand 01/2015<br />

3. Fachinformation Hydromorphon Aristo long 4 mg Retardtabletten;<br />

Stand: April 2015<br />

4. DGS PraxisLeitlinie Tumorschmerz, Version 2.0, Stand 2014<br />

5. Überall MA, Müller-Schwefe GHH, data on file<br />

EDUCATION<br />

23


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PALLIATIVBETREUUNG<br />

Methadon – ein essenzielles Medikament<br />

in der Palliativmedizin<br />

Hans-Jörg Hilscher, Iserlohn<br />

Methadon weist gegenüber den Opiaten mit ihrem teils hochkomplexen Stoffwechsel ebenso wie im Vergleich<br />

zu transdermalen Opioidsystemen viele Vorteile auf. Die Referenzsubstanz Morphin zum Beispiel<br />

braucht eine funktionierende Leber, die viele Palliativpatienten, unter anderem wegen Metastasen oder<br />

Zytostaseschäden, nicht mehr haben, um in die eigentliche Wirksubstanz Morphin-6-Glucuronid verstoffwechselt<br />

zu werden.<br />

CONFERENCES<br />

Bei der Umwandlung in das aktive (analgetisch<br />

wirksame) Morphin-6-Glucuronid [1] entsteht<br />

leider auch die neurotoxische Substanz Morphin-<br />

3-Glucuronid, die epileptogen ist (Jackson-Anfälle)<br />

[2] und für die bisweilen auftretende Hyperalgesie<br />

verantwortlich ist [3, 4]. Ausscheidungsorgan<br />

für die Glucuronide aller Opiate also auch von<br />

Oxycodon und Hydromorphon ist die Niere, ein<br />

in der Palliationssituation häufig nicht verlässliches<br />

Organ. Ursachen für Niereninsuffizienz bei<br />

Palliativpatienten gibt es viele: Alter, Zytostatikatherapie,<br />

Exsikkose, Diabetes und nicht zuletzt die<br />

Kachexie. Glucuronide haben des Weiteren häufig<br />

Wirkungen wie Steroidhormone auf Sexualfunktionen<br />

und die Regulation der Glucose. Sie<br />

bewirken Dysphorien und erzeugen so den „grantelnden<br />

Pa tienten“. Neuerdings werden Opiatnebenwirkungen<br />

oft mit Cannabinoiden maskiert,<br />

was aber auch zur Erweiterung des Nebenwirkungsspektrums<br />

der Opiate um das der Cannabinoide<br />

führt. Toxische Stoffwechselprodukte von<br />

Hydromorphon und Oxycodon, eben jene Glucuronide,<br />

kumulieren in der Langzeittherapie. Der<br />

unter allen Opiaten/Opioiden durch µ-Rezeptoren<br />

in der Hypophyse vermittelte Hypogonadismus<br />

wird durch sie verstärkt [5].<br />

26


PALLIATIVBETREUUNG<br />

Enteral retardierte Opiate<br />

Die enterale Retardierung der Opiate ist vielen<br />

Störungen unterworfen und fragil gegenüber Alkohol<br />

sowie dem versehentlichen Zerkauen, was beides<br />

zu Intoxikationen führen kann. Der Effekt des<br />

Dosedumping (extrem schnelle Resorption retardierter<br />

Medikamente) scheint für alle Retardpräparate<br />

durch die gleichzeitige Aufnahme von Alkohol<br />

auslösbar zu sein [6, 7]. Die dramatische atemdepressorische<br />

Wirkung der somit rasch anflutenden<br />

Substanz Oxycodon wird in den USA in Kombination<br />

mit Midazolam zu Hinrichtungszwecken<br />

missbraucht [8], der Kick der bei dieser schnellen<br />

Resorption auftritt führte zur dortigen Opiatepidemie.<br />

Jeden Tag sterben in den USA 170 Menschen<br />

an Oxycodon und Fentanyl. Die Zahlen der<br />

durch Methadon zu Tode kommenden Menschen<br />

sind hingegen seit Jahren rückläufig, da Methadon<br />

keinen „Kick“ auslöst. Trotz dieser erschreckenden<br />

Bilanz wird in Deutschland die Verwendung von<br />

Fentanyl, Oxycodon und Hydromorphon für sicherer<br />

erachtet als die von Methadon. Fentanyl ist aus den<br />

„verbrauchten“ Pflastern leicht durch Kochen oder<br />

Alkohol zu extrahieren. Alle Pflaster haben Restinhalte<br />

von 10–70 %, was der absoluten Menge von<br />

7–17 mg bei einem 75 µg/h Pflaster entspricht. Das<br />

sind 840–2.040 mg Morphinäquivalent und 80 mg<br />

Methadonäquivalent (~160 Tropfen).<br />

Die langsame Freisetzung der enteral retardierten<br />

Opiate über die volle Länge des Darms führt<br />

zu hohen Konzentrationen dieser obstipierenden<br />

Substanzen im gesamten Lumen. Kombinationen<br />

mit Opiatantagonisten, die auf diese Weise das<br />

Problem der Obstipation lösen wollen, führen zu<br />

weiteren, leider oft nicht beachteten Problemen.<br />

Der First-Pass-Effekt des zu laxierenden Zwecken<br />

hinzugefügten Naloxons in der Leber klappt oft<br />

nicht – z. B. bei durch Metastasen oder anderweitig<br />

geschädigter Leber (siehe oben). Es kommen<br />

also Agonist sowie Antagonist gleichzeitig in den<br />

großen Kreislauf und es kann so keine Analgesie<br />

entstehen.<br />

Methadon – aktueller Stand<br />

Dr. med. Hans-Jörg Hilscher<br />

info@pkdnil.de<br />

Methadon weist derartig komplexe Probleme<br />

trotz gegenteiliger Beschreibungen in den<br />

deutschsprachigen Lehrbüchern nicht auf. Diese<br />

Lehrbücher beziehen sich auf Erkenntnisse aus<br />

Hochdosisstudien aus den 50ern und 60ern des<br />

letzten Jahrhunderts. Auch die darin vielfach<br />

beschriebene starke atemdepressorische Wirkung<br />

ist nicht anders als bei anderen Opiaten/Opioiden<br />

und setzt erst ein, wenn eine über die vollständige<br />

Analgesie hinausgehende, also zu hohe Dosierung,<br />

verwendet wird. Erst seit der Australier Ayonrinde<br />

sich 2000 erneut dem Thema des Methadons in der<br />

(Tumor-)<strong>Schmerz</strong>therapie widmete, entstanden<br />

neue Daten und eine verlässliche Umrechnungstabelle<br />

[9] (Tab. 1, Abb. 1).<br />

Die Plasmahalbwertszeit von Methadon liegt bei<br />

idealen 20–24 Stunden. Die vielfach beschriebenen<br />

CONFERENCES<br />

27


PALLIATIVBETREUUNG<br />

CONFERENCES<br />

Tabelle 1: Umrechnungstabelle analgetische Potenz<br />

Morphin /Methadon zur Interpolation<br />

(mod. nach [9]).<br />

Morphindosis<br />

Morphin mg<br />

3200<br />

3000<br />

2800<br />

2600<br />

2400<br />

2200<br />

2000<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

C<br />

200<br />

O<br />

A<br />

B<br />

-10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110<br />

Methadon mg<br />

Morphin zu<br />

Methadon<br />

D<br />

Abbildung 1: Graph nach Äquivalenztabelle von Ayonrinde [9]<br />

zur besseren Interpolation.<br />

ewig langen Ausscheidungszeiten (teils mehr als<br />

72 Stunden) basieren auf seiner hohen Lipophilie<br />

und der damit verbundenen Depotbildung in ZNS<br />

und vor allem in der Lunge (150-fache des Plasmaspiegels)<br />

sowie in Fettgewebe und Muskulatur. Es<br />

bildet sich ein Fließgleichgewicht aus, ohne welches<br />

eine jahrzehntelange Substitutionsbehandlung<br />

wegen der vielfach kolportierten Kumulationsgefahr<br />

immer tödlich enden müsste. Methadon wird<br />

kompetitiv renal und hepatisch ausgeschieden, als<br />

EDDP (2–Ethyl–1,5–dimethyl–3,3–diphenyl-pyrrolidin)<br />

oder eben als Methadon [10]. Interaktionen<br />

mit Medikamenten, die den enzymatischen Abbau<br />

über Cytochrom P450 (CYP) in EDDP blockieren,<br />

haben deswegen auch nur marginale klinische<br />

Effekte, da in diesem Fall die Ausscheidung des<br />

nicht metabolisierten Methadons ansteigt. Alkalischer<br />

Urin ist ein Exkretionshindernis für den<br />

renalen Weg, aber in der Palliativmedizin ein sehr<br />

unwahrscheinliches Geschehen, da die Patienten<br />

F<br />

E<br />

Methadondosis in<br />

Prozent Morphin<br />

≤ 100 mg 3 zu 1 33,3<br />

101 bis 300 mg 5 zu 1 20,0<br />

301 bis 600 mg 10 zu 1 10,0<br />

601 bis 800 mg 12 zu 1 8,3<br />

801 bis 1000 mg 15 zu 1 6,7<br />

≥ 1001 mg 20–30 zu 1 5,0–3,3<br />

meist katabol, d. h. azidotisch sind. Schwankende<br />

Wirkspiegel, die die sogenannten „Durchbruchsschmerzen“<br />

bei den enteral retardierten Opiaten<br />

durchlassen, sind schon nach zwei Tagen nicht<br />

mehr vorhanden, es tritt ein steady state ein. Die<br />

mentalen Einschränkungen (das Gefühl, den Kopf<br />

nicht frei zu kriegen), die von Opiaten hervorgerufen<br />

werden, sind nicht vorhanden, im Gegenteil,<br />

adrenerge, noradrenerge und serotoninerge Effekte<br />

machen wach und reduzieren Depressionen. Patienten<br />

beschreiben den Effekt durch die Rotation<br />

auf Methadon als ein „Wachwerden“. Dies ist ein<br />

Grund, warum die serotoninergen Antidepressiva<br />

unter Methadon in reduzierter Dosis gegeben werden<br />

sollten (Cave! serotoninerges Syndrom).<br />

Methadon ist die einzige chirale Substanz unter<br />

den Opioiden/Opiaten und besteht somit aus<br />

zwei Wirksubstanzen nämlich Dextromethadon<br />

(D-Methadon) und Levomethadon (L-Methadon,<br />

L-Polamidon R) bei gleicher Strukturformel.<br />

Levomethadon gehört zu den stärksten<br />

µ-Agonisten die ambulant zur Verfügung stehen,<br />

nur Fentanyl ist potenter, aber wegen der kurzen<br />

Wirkdauer nur als transdermales Retardsystem verfügbar,<br />

welches ein vorhandenes Unterhautfettgewebe<br />

und eine funktionierende kapilläre Perfusion<br />

der Haut erfordert. Beides sind Voraussetzungen,<br />

die der Palliativpatient im Laufe der Zeit immer<br />

weniger bietet, was vor allem in der Terminalphase<br />

zu sicherlich nicht mehr ausreichender Analgesie<br />

führt. In der Tabelle sind die Äquivalenzdosen von<br />

Methadon zu Fentanylpflastern angegeben.<br />

Bewährt hat sich (mittlerweile mehrere hundert<br />

Mal) beim Wechsel von transdermalen Systemen<br />

sowie parenteralen Applikationsformen auf orales<br />

Methadon das folgende Vorgehen: Um 17.00 Uhr<br />

Pflaster abnehmen bzw. Pumpe, Infusomat oder<br />

Perfusor abstellen, dann um 20.00 Uhr mit der<br />

halben errechneten Tagesäquivalenzdosis beginnen<br />

und im Rhythmus 8.00 Uhr/20.00 Uhr fort-<br />

28


PALLIATIVBETREUUNG<br />

fahren, schmerzadaptierte Änderungen nach oben<br />

oder unten in Schritten von 5–10 Tropfen morgens<br />

und abends (Tab. 2). Eine Rescuemedikation wäre<br />

bis 2 x 10 Tropfen sublingual [11, 12] zusätzlich,<br />

dann Tagesdosisanpassung!<br />

Tabelle 2: Äquivalenzdosen Fentanyl TTS / Methadon.<br />

12 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 10 Tr. Methadon<br />

25–50 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 20–25 Tr. Methadon<br />

75–100 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 30–35 Tr. Methadon<br />

125–175 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 40–50 Tr. Methadon<br />

Die µg-Angaben bedeuten jeweils einschließlich beider<br />

Pflastergrößen<br />

Vorteile des Razemates<br />

Dextromethadon, das bei der Methadonsynthese<br />

zu 50 % mit Levomethadon zusammen entsteht, ist<br />

ein hocheffektives Antitussivum (wie viele Patienten<br />

mit pulmonalen Affektionen werden von Husten<br />

gequält!) sowie ein NMDA-Rezeptor-Antagonist<br />

ähnlich dem Ketamin [13]. Dies bedeutet, dass diese<br />

rechtsdrehende Substanz zwei weitere Vorteile in<br />

das Paket Methadonrazemat einbringt: Methadon<br />

ist gut gegen neuropathische <strong>Schmerz</strong>en wirksam<br />

und blockiert über den NMDA-Rezeptor die Downregulation<br />

der µ-Rezeptoren, bzw. hebt sie bereits<br />

bei der ersten Anwendung auf. So wird die Toleranzentwicklung<br />

unmöglich und beim Wechsel von<br />

anderen reinen µ-Agonisten auf Methadon antagonisiert.<br />

Die vielzitierte QT-Zeitverlängerung die über<br />

die Herg-Kanäle vermittelt wird, wird erst bei Dosen<br />

über 100 mg Methadon pro Tag feststellbar. Dies<br />

entspricht 2 x 100 Tropfen! bzw. über 3 g Morphin.<br />

Das bedeutet, dass 90 % aller Tumorschmerzpatienten<br />

ohne kardiale Nebenwirkungen therapiert<br />

werden können [14]. Die Apoptoseinduktion über<br />

diese Kanäle ist aber bereits in Dosen unter dieser<br />

Grenze feststellbar [15, 16].<br />

Einer der großen Vorteile dieses Razemates (chirale<br />

Mischung) ist, dass sie transmucosal wirksam<br />

ist, also nicht geschluckt werden muss, sondern<br />

bis zum letzten Atemzug buccal verabreicht werden<br />

kann. Dies ermöglicht eine sichere Analgesie<br />

bis zum Tod. Sollten Durchbruchsschmerzen, die<br />

unter diesem Regime selten sind, auftreten, kann<br />

jederzeit mit demselben Medikament reagiert werden.<br />

Durch die rasche transmucosale Resorption<br />

tritt eine Analgesie mit zirka fünf Minuten ähnlich<br />

schnell ein wie bei nasalem Fentanyl, welches am<br />

liegenden Patienten kaum zu applizieren ist. Ein<br />

ideales Medikament für die Tumorschmerztherapie,<br />

die von den deutschen Onkologen wohl nicht<br />

ausreichend beherrscht wird [17–20].<br />

Nebenwirkungen<br />

••<br />

Bis auf die Obstipation verschwinden alle Nebenwirkungen<br />

in Tages- bis Wochenfrist. Als Abführmittel<br />

stehen Macrogol und Natriumpicosulfat<br />

auf die Dauer zur Verfügung (bei schweren Fällen:<br />

drei Esslöffel Mannitol in 100 ml Rotwein<br />

gemischt mit 100 ml Orangensaft).<br />

••<br />

Übelkeit entsteht durch Triggerung des Brechzentrums<br />

im Hirn. Dies kann meist vollständig<br />

durch Levomepromazin blockiert werden. Das<br />

Hirn gewöhnt sich meist nach 14 Tagen an die<br />

Anwesenheit von Methadon.<br />

••<br />

Benommenheit und Schwindel müssen manchmal<br />

für ein paar Tage toleriert werden.<br />

••<br />

Alpträume können bei allen Opioiden/Opiaten<br />

lästig werden.<br />

••<br />

Verwirrtheit ist kein Zeichen für eine Nebenwirkung<br />

oder Überdosierung. Dafür gibt es in der analgetischen<br />

Therapie immer eine andere Ursache.<br />

••<br />

Muskelzuckungen und unerträgliche Müdigkeit<br />

sind Zeichen von zu hoher Dosis. Bei Kombination<br />

mit Pregabalin auftretendes Muskelzucken<br />

ist meist Folge des Pregabalins.<br />

CONFERENCES<br />

29


PALLIATIVBETREUUNG<br />

CONFERENCES<br />

Methadon und Tumoren<br />

Methadon und Tumoren sind ein Thema, seit<br />

Frau Dr. Friesen 2007 ihre Beobachtungen der<br />

µ-Rezeptor vermittelten Apoptoseinduktion sowie<br />

der ebenfalls dadurch vermittelten intrazellulären<br />

Konzentrationssteigerung von Zytostatika an multiplen<br />

Tumorzellen veröffentlichte. Tumorzellen<br />

sind laut diesen Arbeiten mit µ-Rezeptordichten<br />

versehen, die um 100–1.000-mal höher sind als die<br />

gesunder Zellen [21]. Nicht nur ich sehe Tumorpa<br />

tienten, die unter Methadon länger und besser<br />

leben als unter retardiertem Morphin, auch die<br />

größte Studie, die es dazu gibt von Krebs et al. von<br />

der US-Behörde Department of Veterans Affairs,<br />

sieht das mit Signifikanz an fast 30.000 Patienten<br />

[22]. Opiate scheinen darüber hinaus Tumorpromotoren<br />

zu sein [23].<br />

Durch Zufall stieß ich auf einen Effekt, der seit<br />

zehn Jahren für mich eine Crux in der Palliativmedizin<br />

erträglicher gestaltet. Eine Kombination<br />

aus 0,2 mg MTX/kg Körpergewicht oral pro Woche<br />

mit vorausgehender Supplementierung von 5 mg<br />

Folsäure über drei Tage (Mucositisprophylaxe)<br />

sowie 8 mg Dexamethason, 25 mg Spironolacton<br />

und 10 mg Torasemid am Morgen, lassen maligne<br />

Ergüsse wie Aszites etc. verschwinden, wenn nicht<br />

schon mit dem Albuminablassen (Punktion) begonnen<br />

wurde. Das onkotische Defizit, das entsteht,<br />

wenn einmal mehrere Liter eiweißhaltiger Erguss<br />

abgelassen wurde, ist nicht mehr kompensierbar.<br />

Alles natürlich unter einer Gabe von ca. 2 x 10 mg<br />

Methadon (entspricht 2 x 20 Tropfen der Rezeptur).<br />

Glioblastome sind unter der Wirkverstärkung<br />

durch Methadon nebenwirkungsfreier und effektiver<br />

durch eine sogenannte metronomische Therapie<br />

mit Temozolomid angehbar, d. h. man gibt täglich<br />

ein Dreißigstel der monatlichen Kumulativdosis der<br />

Standardtherapie (Stupp), was meist so um 60 mg/<br />

Tag liegt, eventuell mit einmal wöchentlicher Gabe<br />

von 40 mg Lomustin kombiniert. Tabelle 3 zeigt<br />

mein Aufdosierungsschema.<br />

Tabelle 3: Mein Aufdosierungsschema.<br />

8:00 Uhr 20:00 Uhr<br />

Tag 1 5 Tr. 5 Tr.<br />

Tag 2 10 Tr. 10 Tr.<br />

Tag 3 15 Tr. 15 Tr.<br />

Ab Tag 4 20 Tr. 20 Tr.<br />

• Wenn 2 x 20 Tr. gut vertragen werden, individuelle Steigerung<br />

auf 2 x 25–35 Tr.<br />

• Wichtig ist für die ersten 14 Tage eine begleitende<br />

Antiemese mit 2 Tr. Levomepromazin 15 Min. vor dem<br />

Methadon.<br />

• Bei nicht ausreichender antiemetischer Wirkung von<br />

Levomepromazin und/oder Inappetenz anderer Ursache<br />

4 mg Dexamethason morgens für 7–10 Tage.<br />

Rechtliche Aspekte<br />

Methadon ist in Deutschland nicht als Fertigarzneimittel<br />

zur <strong>Schmerz</strong>therapie im Handel. Möchte<br />

man dieses Arzneimittel dennoch verschreiben,<br />

muss der Arzt zur Rezeptur greifen. Auf das Betäubungsmittelrezept<br />

(BtM-Rezept) gehört dann Folgendes:<br />

••<br />

Methadonhydrochlorid 1g<br />

••<br />

Kaliumsorbat 0,14 g<br />

••<br />

Zitronensäure wasserfrei 0,07 g<br />

••<br />

Aqua purificata ad 100 ml in Pipettenflasche<br />

(wichtig für konstante Tropfengröße!)<br />

••<br />

gemäß schriftlicher Anweisung<br />

Erläuterungen: Ein Gramm Methadonhydrochlorid<br />

ist das Racemat aus 500 mg Levomethadon und<br />

500 mg Dextromethadon. Eine Pipettenflasche ist<br />

wichtig für die konstante Tropfengröße.<br />

Alle Fertigarzneimittel mit dem razemischen<br />

Methadon sind in der Bundesrepublik nur mit der<br />

Indikation Drogenersatztherapie zugelassen, was<br />

bedeutet, dass man zur Verschreibung dieser Spezifikationen<br />

die Zulassung zur Drogenersatztherapie<br />

der zuständigen KV braucht. Da Methadon<br />

30


PALLIATIVBETREUUNG<br />

zur Tumorschmerztherapie seit Mitte 2017 von der<br />

WHO als essenzielles Medikament gelistet ist [24]<br />

und die Bundesopiumstelle kein Hindernis für diese<br />

Indikation sieht, ist die Verordnung des Razemates<br />

zur <strong>Schmerz</strong>therapie auch kein Off-Label-Use. Die<br />

Indikation einer Rezeptur ergibt sich aus der Indikation<br />

der Grundsubstanz, siehe dazu WHO. Jeder<br />

Arzt in Deutschland und Österreich ist zur Verordnung<br />

der Rezeptur berechtigt.<br />

Patienten dürfen nach 14 Tagen konstanter Therapiedosis<br />

wie unter anderen Opiaten/Opioiden ein<br />

KFZ führen. Innerhalb des Schengenraums sollte ein<br />

Opioidausweis mitgeführt werden, außerhalb eine<br />

Notwendigkeitsbescheinigung des Gesundheitsamtes<br />

nach Artikel 75 des Schengener Abkommens.<br />

Referenzen<br />

1. Klimas R, Mikus G. Morphine-6-glucuronide is responsible<br />

for the analgesic effect after morphine administration: a<br />

quantitative review of morphine, morphine-6-glucuronide,<br />

and morphine-3-glucuronide. Br J Anaesth 2014;<br />

113(6): 935–44.<br />

2. Smith MT. Neuroexcitatory effects of morphine and hydromorphone:<br />

evidence implicating the 3-glucuronide metabolites.<br />

Clin Exp Pharmacol Physiol 2000; 27(7): 524–8.<br />

3. Freye E. Opioide in der Medizin. 7. Auflage, Springer Medizin<br />

Verlag, Heidelberg, 2008: 132.<br />

4. Christrup LL. Morphine metabolites. Acta Anaesthesiol<br />

Scand 1997; 41(1 Pt 2): 116–22.<br />

5. Hashiguchi Y, Molina PE, Abumrad NN. Morphine-3-glucuronide:<br />

hyperglycemic and neuroendocrine potentiating<br />

effects. Brain Res 1995; 694(1-2): 13–20.<br />

6. Retardierte Opioide: Dose dumping durch Alkohol? DAZ<br />

2008; 17: 62.<br />

7. Retardierte Opioide und das Alkohol-Interaktionsrisiko.<br />

DAZ 2010; 32: 26.<br />

8. Wikipedia Dennis McGuire (Mörder). Verfügbar unter<br />

https://de.wikipedia.org/wiki/Dennis_McGuire_<br />

(M%C3%B6rder) [Letzter Zugriff: 12.09.18].<br />

9. Ayonrinde OT, Bridge DT. The rediscovery of methadone<br />

for cancer pain management. Med J Aust 2000; 173(10):<br />

536–40.<br />

10. Kluschke M, Bruggmann P, Falcato L. Methadon und Stereochemie.<br />

Arud Zentren für Suchtmedizin. Evaluation<br />

und Forschung. Info 02/.2011.<br />

11. Reisfield GM, Wilson GR. Rational use of sublingual opioids<br />

in palliative medicine. J Palliat Med 2007; 10(2): 465–75.<br />

12. Hagen NA, Moulin DE, Brasher PM et al. A formal feasibility<br />

study of sublingual methadone for breakthrough cancer<br />

pain. Palliat Med 2010; 24(7): 696–706.<br />

13. Patentanmeldung DE69837387T2 13.12.2007 EP Veröffentlichungsnummer<br />

0001003494 Titel (d)-Methadon,ein<br />

nicht-opioides <strong>Schmerz</strong>mittel.<br />

14. Stallvik M, Nordstrand B, Kristensen Ø et al. Corrected QT<br />

interval during treatment with methadone and buprenorphine<br />

– relation to doses and serum concentrations. Drug<br />

Alcohol Depend 2013; 129(1-2): 88–93.<br />

15. Wang H, Zhang Y, Cao L et al. HERG K+ channel, a regulator<br />

of tumor cell apoptosis and proliferation. Cancer Res<br />

2002; 62(17): 4843–8.<br />

16. Katchman AN, McGroary KA, Kilborn MJ et al. Influence of<br />

opioid agonists on cardiac human ether-a-go-go-related<br />

gene K(+) currents. J Pharmacol Exp Ther 2002; 303(2):<br />

688–94.<br />

17. Tumorpatienten bei <strong>Schmerz</strong>therapie unterversorgt. Verfügbar<br />

unter: https://www.aerztezeitung.de/medizin/<br />

krankheiten/krebs/article/945554/online-befragungzeigt-tumorpatienten-schmerztherapie-unterversorgt.<br />

html [Letzter Zugriff 12.09.18].<br />

18. Tumorschmerz, lass nach! Medical Tribune 53. Jahrgang<br />

Nr. 20, 18. Mai <strong>2018</strong>.<br />

19. Mercadante S, Casuccio A, Fulfaro F et al. Switching from<br />

morphine to methadone to improve analgesia and tolerability<br />

in cancer patients: a prospective study. J Clin Oncol<br />

2001; 19(11): 2898–904.<br />

20. Hanks GW, Conno F, Cherny N et al. Expert Working Group<br />

of the Research Network of the European Association for<br />

Palliative Care. Morphine and alternative opioids in cancer<br />

pain: the EAPC recommendations. Br J Cancer 2001;<br />

84(5): 587–93.<br />

21. Friesen C, Roscher M, Alt A et al Methadone, commonly<br />

used as maintenance medication for outpatient treatment<br />

of opioid dependence, kills leukemia cells and overcomes<br />

chemoresistance. Cancer Res 2008; 68(15): 6059–64.<br />

22. Krebs EE, Becker WC, Zerzan J et al. Comparative mortality<br />

among Department of Veterans Affairs patients prescribed<br />

methadone or long-acting morphine for chronic pain.<br />

Pain 2011; 152(8): 1789–95.<br />

23. Singleton PA, Moss J, Karp DD et al. The mu opioid receptor:<br />

A new target for cancer therapy? Cancer 2015;<br />

121(16): 2681–8.<br />

24. WHO updates Essential Medicines List with new<br />

advice on use of antibiotics, and adds medicines<br />

for hepatitis C, HIV, tuberculosis and cancer. Verfügbar<br />

unter: http://www.who.int/news-room/<br />

detail/06-06-2017-who-updates-essential-medicineslist-with-new-advice-on-use-of-antibiotics-and-addsmedicines-for-hepatitis-c-hiv-tuberculosis-and-cancer<br />

[Letzter Zugriff 12.09.18].<br />

CONFERENCES<br />

31


CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />

Gute Erfahrungen vor allem in der<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie<br />

Abbildung 1: Makroaufnahme<br />

einer Cannabisblüte<br />

EDUCATION<br />

Die medizinische Anwendung von Cannabis bietet vielen Patienten mit chronischen Erkrankungen und<br />

<strong>Schmerz</strong>en Linderung bei in der Regel sehr guter Verträglichkeit. In Kanada wird Cannabis bereits seit<br />

vielen Jahren vor allem in der <strong>Schmerz</strong>therapie erfolgreich eingesetzt. Dr. Caroline MacCallum aus Vancouver<br />

berichtete auf einem Seminar während des DGS Kongresses in Frankfurt/Main von ihren langjährigen<br />

Erfahrungen und gab Tipps für die Anwendung der verschiedenen Cannabisprodukte.<br />

Mit Entdeckung des endogenen Cannabinoidsystems<br />

Anfang der 1990er-Jahre hat das Interesse<br />

an der medizinischen Anwendung von<br />

Cannabis stark zugenommen. Identifiziert wurden<br />

die beiden Cannabinoid-Rezeptoren CB1<br />

und CB2 sowie verschiedene Endocanna binoide,<br />

die selektiv an diese Rezeptoren binden. Die<br />

Re zeptoren lassen sich in unterschiedlicher Verteilung<br />

im ganzen Körper nachweisen, wobei<br />

CB1 vor allem auf die Zellen des ZNS lokalisiert<br />

32


CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />

ist, CB2 dagegen vorwiegend auf die Zellen des<br />

Immunsys tems.<br />

Das Endocannabinoid-System verfügt über vielfältige<br />

Interaktionen mit anderen Transmittersystemen<br />

und ist an der Regulation zahlreicher<br />

Prozesse beteiligt, berichtete die Expertin. Dazu<br />

gehören <strong>Schmerz</strong>, Appetit, Schlaf-Wach-Rhythmus,<br />

psychische Prozesse, Immunfunktionen und<br />

vieles mehr. Dies erkläre das breite therapeutische<br />

Spektrum von Cannabis. So werden unter anderem<br />

analgetische, antispastische, antiemetische, antiinflammatorische<br />

und neuroprotektive Wirkungen<br />

beschrieben.<br />

Cannabinoide wirken analgetisch, angstlösend,<br />

antidepressiv und antiemetisch. THC ist darüber<br />

hinaus ein Muskelrelaxans und für das euphorische<br />

„High“-Gefühl verantwortlich. CBD werden<br />

dagegen antiinflammatorische und antipsychotische<br />

Wirkungen zugeschrieben. Bei Anwendung<br />

von überwiegend CBD-haltigen Pflanzen bleibt<br />

das typische High-Gefühl aus – die euphorisierende<br />

Wirkung von THC wird zudem durch CBD<br />

ausgebremst. Je nach Indikation und Bedürfnissen<br />

des Patienten sollte die Pflanze mit dem am besten<br />

geeigneten THC/CBD-Verhältnis zur Anwendung<br />

kommen.<br />

Produkte aus der Gesamtpflanze am<br />

effektivsten<br />

Hauptsächlich gehen diese Wirkungen auf die in<br />

der Blüte der weiblichen Pflanze (Abb. 1) enthaltenen<br />

Cannabinoide zurück, deren Hauptvertreter<br />

Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD)<br />

sind. Darüber hinaus enthält die Cannabispflanze<br />

aber noch mehr als 400 weitere Substanzen, die<br />

im Sinne eines „Entourage“-Effektes zur Gesamtwirkung<br />

der Pflanze beitragen. Deswegen würde<br />

sie in der Therapie immer aus der Gesamtpflanze<br />

hergestellte Produkte gegenüber synthetischen<br />

Cannabinoiden bevorzugen, betonte Dr. MacCallum.<br />

Der Effekt sowie die Verträglichkeit seien hier<br />

nach ihrer Erfahrung deutlich besser, weshalb auch<br />

die meisten Patienten die pflanzlichen Produkte<br />

bevorzugen würden.<br />

Unterschiedliches Wirkspektrum von<br />

THC und CBD<br />

Für eine individuelle Therapie sei es wichtig, die<br />

Wirkungen von THC und CBD zu kennen, die in sehr<br />

unterschiedlichen Konzentrationen in den verschiedenen<br />

Cannabissorten enthalten sind. Beide<br />

Gute Evidenz bei verschiedenen<br />

Krankheitsbildern<br />

Sehr gute Evidenz aus randomisierten klinischen<br />

Studien gibt es für Cannabis für die Behandlung<br />

chronischer neuropathischer <strong>Schmerz</strong>en, oft<br />

schmerzhafter Spastiken bei multipler Sklerose (MS)<br />

und chemotherapieinduzierter Übelkeit [1]. Aber<br />

auch bei vielen anderen Indikationen wie Epilepsie,<br />

Tic-Symptomatik beim Tourette-Syndrom, Morbus<br />

Parkinson, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei<br />

HIV/AIDS oder chronischen <strong>Schmerz</strong>en bei Tumorerkrankungen,<br />

rheumatischen Erkrankungen oder<br />

Fibromyalgie lohne sich nach ihrer Erfahrung ein<br />

Versuch – vor allem, wenn herkömmliche Medikamente<br />

keinen ausreichenden Effekt gezeigt haben,<br />

betonte die Referentin. Cannabis sei in der Regel<br />

keine First-Line-Therapie, sondern komme nur zum<br />

Einsatz, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft<br />

sind. „Keine Evidenz“ bedeute hier letztendlich<br />

nur, dass die Studienlage heute noch nicht ausreicht<br />

– nicht aber, dass die Substanz nicht wirkt,<br />

sagte Dr. MacCallum. Ein positiver Nebeneffekt von<br />

Cannabis in der <strong>Schmerz</strong>therapie sei die mögliche<br />

Einsparung von Opioiden, die im Mittel bei 30 %<br />

liegt [2].<br />

EDUCATION<br />

33


CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />

EDUCATION<br />

Inhalative oder orale Applikation<br />

Neben der Wahl der Pflanze mit dem für den<br />

Patienten am günstigsten THC/CBD-Verhältnis<br />

komme es auch auf den Applikationsweg an. Vom<br />

Cannabis-Rauchen – oft zusammen mit Tabak –<br />

riet die Expertin ab, da die Lungenbelastung mit<br />

Kohlenmonoxid (CO) und Karzinogenen bei den<br />

hohen Verbrennungstemperaturen von 600 °C<br />

hoch ist. Mit einem Vaporisator werden die Cannabisblüten<br />

dagegen bei deutlich niedrigeren Temperaturen<br />

(180–210 °C) verdampft, wodurch sehr<br />

wenig bis gar kein CO frei wird. Die Wirkung sei<br />

zudem wesentlich effektiver und der Substanzverbrauch<br />

geringer.<br />

Vorteil der Inhalation sei vor allem der schnelle<br />

Wirkeintritt innerhalb von 5–10 Minuten, was insbesondere<br />

Patienten mit akuten <strong>Schmerz</strong>- oder<br />

Übelkeitsattacken zugute kommt. Eine Alternative<br />

ist die orale Anwendung von Cannabisextrakten<br />

auf Ölbasis. Hier setzt die Wirkung erst nach<br />

60–180 Minuten ein – hält dann aber über 6–8<br />

Stunden an [3].<br />

Start low – go slow<br />

Bei der Dosierung empfahl die Expertin die<br />

Vorgehensweise start low – go slow. Hohe THC-<br />

Dosierungen zu Beginn der Therapie sollten<br />

– wenn möglich – vermieden werden, da hier<br />

ein größeres Nebenwirkungspotenzial besteht.<br />

Es sollte zuerst ein überwiegend CBD-haltiges<br />

Pflanzenprodukt angewandt werden und erst bei<br />

unzureichender Wirkung der THC-Gehalt langsam<br />

hochtitriert werden . Die Sorge, dass die Patienten<br />

immer höhere Dosen brauchen, sei unbegründet:<br />

Nach ihrer Erfahrung bleiben die Patienten bei<br />

medi zinischer Cannabis therapie über viele Jahre<br />

bei der einmal gefundenen individuellen Dosierung.<br />

Gute Verträglichkeit und geringe<br />

Toxizität bei medizinischer<br />

Indikation<br />

Bei therapeutischer Anwendung und einschleichender<br />

Dosierung ist Cannabis in der Regel sehr<br />

gut verträglich, berichtete die Expertin. Todesfälle<br />

durch Cannabis sind nicht bekannt, und bei richtiger<br />

Indikationsstellung und Beachtung relativer<br />

Kontraindikationen wie positiver Suchtanamnese<br />

sei auch das Abhängigkeitspotenzial gering. Zentrale<br />

Nebenwirkungen ließen sich meist durch<br />

Reduktion des THC-Anteils in den Griff bekommen.<br />

Dabei müsse den Patienten vermittelt werden, dass<br />

Cannabis auch ohne „High-Gefühl“ therapeutisch<br />

wirken kann. Wie bei allen anderen zentral wirksamen<br />

Medikamenten auch, müssen mögliche<br />

Einschränkungen bei der Fahrtüchtigkeit berücksichtigt<br />

werden.<br />

Bericht: Maria Weiß<br />

Referenzen:<br />

1. The Health Effects of Cannabis and Cannabinoids – The<br />

Current State of Evidence and Recommendations for<br />

Research; National Academic Press (US); 2017; ISBN-<br />

13: 978-0-309-45304-2ISBN-10: 0-309-45304-6; doi:<br />

10.17226/24625.<br />

2. Nielsen S, Sabioni P, Trigo JM et al. Opioid-sparing effect<br />

of cannabinoids: a systematic review and meta-analysis.<br />

Neuropsychopharmacology 2017; 42(9): 1752–65.<br />

3. MacCallum CA, Russo EB. Practical considerations in<br />

medical cannabis administration and dosing. Eur J Intern<br />

Med <strong>2018</strong>; 49: 12–9.<br />

Quelle:<br />

Fokusseminar „Neue methodische Ansätze in der Cannabis-<br />

Therapie“ anlässlich des <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages am<br />

10.03.<strong>2018</strong> in Frankfurt am Main.<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Spektrum Cannabis GmbH.<br />

34


neurowoche<br />

<strong>2018</strong><br />

30. Oktober – 3. November <strong>2018</strong><br />

Berlin (Messe Berlin, Eingang Süd)<br />

91. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie<br />

44. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie<br />

63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für<br />

Neuropathologie und Neuroanatomie<br />

Jetzt online<br />

anmelden!<br />

www.neurowoche.org


OPIATABHÄNGIGKEIT<br />

Novellierung von BtMVV und ärztlichen<br />

Richtlinien zur Opiatsubstitutionstherapie<br />

Ulrich Bohr, Berlin<br />

Mit Wirkung zum 2. Oktober 2017 sind umfangreiche Änderungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung<br />

(BtMVV) in Kraft getreten. Durch mehr Rechtssicherheit für substituierende Mediziner und die<br />

Gewinnung von mehr Ärzten, die die Substitutionstherapie abgeben, will der Gesetzgeber zur Verbesserung<br />

der Versorgung von Substitutionspatienten beitragen. Mit den BtMVV-Änderungen wurden die gesetzlichen<br />

Regelungen zur substitutionsgestützten Behandlung bei Opioidabhängigkeit grundlegend überarbeitet und<br />

an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft angepasst.<br />

CONFERENCES<br />

Im Rahmen der Gesetzesnovellierung wurden<br />

auch bundesrechtliche Regelungen zu Sachverhalten,<br />

die ärztlich therapeutische Bewertungen<br />

betreffen, von der BtMVV in die Richtlinienkompetenz<br />

der Bundesärztekammer (BÄK) überführt.<br />

Gleichzeitig wurde die Richtlinie der Bundesärztekammer<br />

zur substitutionsgestützten Behandlung<br />

Opioidabhängiger entsprechend der gesetzlichen<br />

Vorgaben überarbeitet.<br />

Gesundheitliche und soziale Effekte<br />

Die substitutionsgestützte Behandlung ist<br />

heute bei der Opioidabhängigkeit unbestritten<br />

die Therapie der ersten Wahl. Bereits Anfang der<br />

1990er-Jahre wurde gezeigt, dass eine Substitutionstherapie<br />

die Mortalität bei Opioidabhängigen<br />

deutlich reduzieren kann: Bei Patienten, die sich<br />

in einer Substitutionstherapie befanden, war die<br />

36


OPIATABHÄNGIGKEIT<br />

Sterblichkeit wesentlich geringer als die 63-fach<br />

erhöhte Sterblichkeit von Abhängigen ohne Substitutionstherapie<br />

oder die 55-fach erhöhte<br />

Sterblichkeit von Abhängigen, die ein Substitutionsprogramm<br />

wegen Regelverletzungen verlassen<br />

mussten [1]. Durch die inzwischen deutlich<br />

verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bei HIV-<br />

Infektion oder Virushepatitiden ist der Unterschied<br />

bei der Sterblichkeit heute noch deutlicher.<br />

Neben den gesundheitlichen Vorteilen kann<br />

eine Substitutionsbehandlung auch die sozialen<br />

Folgen einer Opioidabhängigkeit massiv abmildern.<br />

So zeigte die PREMOS-Studie unter anderem<br />

auch eine deutlich gebesserte soziale Integration<br />

sowie geringe Kriminalitätsraten bei substituierten<br />

Pa tienten [2].<br />

Derzeit leben in Deutschland etwa 150.000 bis<br />

200.000 Opioidabhängige. Trotz der offensichtlichen<br />

Vorteile der Substitutionstherapie sind aber<br />

nur etwa 40−50 % der Opioidabhängigen in einer<br />

Substitutionsbehandlung, und die Zahl der Substitutionspatienten<br />

ist mit 78.800 seit Jahren weitgehend<br />

unverändert. Selbst in Großstädten sind<br />

Therapieplätze knapp. Trotz des hohen Bedarfs an<br />

Therapieplätzen hat die Zahl der substituierenden<br />

Ärzte in Deutschland in den letzten Jahren stetig<br />

abgenommen (Rückgang der meldenden substituierenden<br />

Ärzte um 5 % bei einer geschätzten<br />

Unterversorgung) [3].<br />

Die bisherigen gesetzlichen Regelungen aus<br />

dem Jahr 2001 waren in vielen Punkten restriktiv<br />

und nicht mehr zeitgemäß. Häufig kamen substituierende<br />

Ärzte in Situationen, in denen sie sich<br />

entscheiden müssten, ob sie sich an ein veraltetes<br />

Gesetz halten oder nach dem aktuellen Stand der<br />

medizinischen Forschung ethisch korrekt handeln<br />

sollten. Insbesondere in Bundesländern mit eher<br />

strenger Auslegung der BtMVV konnte aus medizinischer<br />

Sicht korrektes Verhalten durchaus zum<br />

Verlust der Approbation führen.<br />

Dr. med. Ulrich Bohr<br />

bohr@praxiszentrum-kaiserdamm.de<br />

Das Recht folgt der Wissenschaft<br />

Nach einem mehrjährigen Prozess der politischen<br />

Meinungsbildung und des Dialogs zwischen<br />

Fachverbänden und Gesetzgeber wurde am 22. Mai<br />

2017 eine Neuregelung der Substitution beschlossen<br />

und der bisherige § 5 der BtMVV, welcher<br />

die Substitution regelt, komplett ersetzt [4]. Das<br />

Gesetz trat mit der Bekanntmachung der „Richtlinie<br />

der Bundesärztekammer zur Durchführung der<br />

substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger“<br />

im Bundesanzeiger am 2. Oktober 2017 in<br />

Kraft [5].<br />

Die wichtigsten Änderungen im Detail<br />

Überführung der ärztlich therapeutischen<br />

Regelungs inhalte von der BtMVV in die<br />

Richtlinienkompetenz der Bundes ärztekammer<br />

Ärztlich therapeutische Inhalte werden nicht länger<br />

durch ein Gesetzgebungsverfahren bestimmt.<br />

Seit dem Inkrafttreten des neuen Substitutionsgesetztes<br />

ist es Aufgabe der Bundesärztekammer,<br />

die Substitutionsbehandlung in einer Richtlinie<br />

CONFERENCES<br />

37


OPIATABHÄNGIGKEIT<br />

CONFERENCES<br />

entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen<br />

Wissenschaft zu regeln. Wie eine sinnvolle<br />

Substitutionstherapie auszusehen hat, wird also<br />

zukünftig nicht mehr politisch-juristisch definiert,<br />

sondern medizinisch-wissenschaftlich.<br />

Durch die Überführung von ärztlich-therapeutischen<br />

Inhalten wird außerdem die Rechtssicherheit<br />

für substituierende Ärzte verbessert. Eine Substitutionsbehandlung<br />

entsprechend der Richtlinie der<br />

BÄK wird in jedem Fall als rechtskonform definiert.<br />

Darüber hinaus erlaubt die neue Gesetzgebung in<br />

medizinisch begründeten Einzelfällen auch Abweichungen<br />

von der Richtlinie. In solchen Fällen muss<br />

eine fundierte Begründung dokumentiert oder eine<br />

fundiert begründende Zweitmeinung (zum Beispiel<br />

über die Beratungskommission der zuständigen<br />

Ärztekammer) eingeholt und dokumentiert werden.<br />

Ausweitung der Legaldefinition für die<br />

Substitutionsbehandlung<br />

Im bisherigen § 5 der BtMVV war lediglich die<br />

Verschreibung eines Substitutionsmittels bei<br />

Opiat abhängigkeit vorgesehen. Die Legaldefinition<br />

wurde jetzt dahingehend ausgeweitet, dass<br />

die Substitutionstherapie nicht nur für Abhängige<br />

gilt, die durch den Missbrauch von aus Schlafmohn<br />

gewonnenen Substanzen abhängig wurden, sondern<br />

auch Patienten legal behandelt werden, die<br />

durch den Missbrauch von synthetisch hergestellten<br />

Sub stanzen mit morphinähnlicher Wirkung<br />

abhängig wurden.<br />

Präzisierung zur Anwendung der strengen<br />

Bestimmungen zur Substitutionsbehandlung<br />

Der Gesetzgeber betont im neuen Substitutionsparagraphen<br />

ausdrücklich, dass ein Missbrauch<br />

vorliegen muss. Im Umkehrschluss gilt der Substitutionsparagraph<br />

nicht für opioidabhängige<br />

Pa tienten, die durch erlaubt erworbene Opioide<br />

ohne Missbrauch abhängig wurden.<br />

Der neue Substitutionsparagraph<br />

(§ 5 BtMVV) wird angewendet bei Opioidabhängigkeit<br />

infolge:<br />

• Missbrauch von erlaubt erworbenen Opioiden<br />

Beispiel: missbräuchliche Anwendung von<br />

ärztlich verordneten Opioiden<br />

• Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder<br />

erlangten Opioiden<br />

Beispiel: Missbrauch von auf dem Schwarzmarkt<br />

erworbenen Opioiden<br />

§ 5 BtMVV wird nicht angewendet bei<br />

Pa tienten, die durch die Anwendung von<br />

erlaubt erworbenen Opioiden ohne Missbrauch<br />

abhängig wurden, also zum Beispiel im Rahmen<br />

einer ärztlich verordneten <strong>Schmerz</strong>therapie.<br />

Solche Patienten können auch weiterhin<br />

außerhalb der strengen Regelungen des Substitutionsparagraphen<br />

durch nicht suchttherapeutisch<br />

spezialisierte Ärzte behandelt werden.<br />

Anpassung der Therapieziele für die<br />

Substitutions behandlung<br />

Bisher war das gesetzlich definierte Hauptziel der<br />

Substitutionsbehandlung die schrittweise Wiederherstellung<br />

der Betäubungsmittelabstinenz.<br />

Tatsächlich erreichen nur weniger als 4 % der<br />

Pa tienten eine stabile Abstinenz. Zudem hat sich<br />

herausgestellt, dass eine zu hohe Abstinenzorientierung<br />

gefährlich ist, weil sie die Patienten auf<br />

vielfältige Weise destabilisieren kann und ebenfalls<br />

das Sterberisiko erhöht [2]. Es war also längst überfällig,<br />

die gesetzlich definierten Therapieziele an<br />

die Realität und die medizinischen Bedürfnisse der<br />

Patienten anzupassen.<br />

Ausweitung der Konsiliarregelung und<br />

Vereinfachungen bei der Vertretung<br />

Prinzipiell darf jeder Arzt, der die Zusatzweiterbildung<br />

„Suchtmedizinische Grundversorgung“ oder<br />

38


OPIATABHÄNGIGKEIT<br />

Ziele der substitutionsgestützten<br />

Behandlung :<br />

• Sicherstellung des Überlebens<br />

• Stabilisierung und Besserung des Gesundheitszustandes<br />

• Unterstützung der Behandlung somatischer<br />

und psychischer Begleiterkrankungen<br />

• Reduktion riskanter Applikationsformen von<br />

Opioiden<br />

• Reduktion des Konsums unerlaubt erworbener<br />

oder erlangter Opioide<br />

• Reduktion des Gebrauchs weiterer Suchtmittel<br />

• Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder<br />

erlangten Opioiden<br />

• Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit<br />

bedingten Risiken während einer<br />

Schwangerschaft sowie während und nach<br />

der Geburt<br />

• Verbesserung der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität<br />

• Reduktion der Straffälligkeit<br />

• Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und<br />

am Arbeitsleben<br />

Die aufgeführten Ziele sind nicht konsekutiv zu<br />

verstehen<br />

eine gleichwertige Qualifikation erworben hat,<br />

eine Substitutionstherapie durchführen. Außerdem<br />

dürfen im Rahmen der Konsiliarregelung<br />

auch Ärzte ohne suchtmedizinische Qualifikation<br />

behandeln, wenn sie sich zu Beginn der Behandlung<br />

mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt<br />

abstimmen und sicherstellen, dass sich der Patient<br />

zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal<br />

in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten<br />

Arzt vorstellt. Ein suchtmedizinisch nicht<br />

qualifizierter Arzt darf bis zu zehn Substitutionspatienten<br />

versorgen, früher waren es nur maximal<br />

drei Substitutionspatienten. Die Ausweitung der<br />

Konsiliarregelung soll helfen, die medizinische Versorgung<br />

von Substitutionspatienten in ländlichen<br />

Bereichen sicherzustellen. Im Zusammenhang mit<br />

der Gesetzesnovellierung wurde von der kassenärztlichen<br />

Bundesvereinigung mit der GOP 01960<br />

jetzt auch erstmals eine Abrechnungsziffer für die<br />

konsiliarische Untersuchung und Beratung der Substitutionspatienten<br />

in den EBM aufgenommen.<br />

Substituierende Ärzte können sich vertreten lassen.<br />

Wenn möglich, soll der substituierende Arzt dabei<br />

möglichst von einem suchtmedizinisch qualifizierten<br />

Arzt vertreten werden. Muss er von einem suchtmedizinisch<br />

nicht qualifizierten Arzt vertreten werden,<br />

ist die Vertretung zeitlich begrenzt. Die Diamorphinsubstitution<br />

ist von der Konsiliarregelung und der<br />

Vertretungsregelung ausdrücklich ausgenommen.<br />

Erweiterung des Personenkreises, der<br />

Substitutions mittel zum unmittelbaren<br />

Verbrauch überlassen darf<br />

Wie bisher darf neben dem substituierenden Arzt<br />

auch das von ihm eingesetzte medizinische Personal<br />

in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist, dem<br />

Patienten das Substitutionsmittel zum unmittelbaren<br />

Verbrauch überlassen. Durch die Gesetzesnovellierung<br />

darf jetzt auch in Einrichtungen, wo der substituierende<br />

Arzt nicht selbst tätig ist, unter bestimmten<br />

Voraussetzungen Substitut abgegeben werden.<br />

Einrichtungen, die als geeignet angesehen werden,<br />

sind im Wesentlichen stationäre Einrichtungen der<br />

medizinischen Rehabilitation, Gesundheitsämter,<br />

Hospize, ambulante Pflegedienste, auf die ambulante<br />

Palliativversorgung spezialisierte Einrichtungen,<br />

Apotheken, Krankenhäuser und staatlich anerkannte<br />

Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe. Der Personenkreis,<br />

der dem Patienten das Substitutionsmittel<br />

überlassen darf, ist auf medizinisches, pharmazeutisches<br />

oder pflegerisches Personal begrenzt. Der<br />

substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das<br />

CONFERENCES<br />

39


OPIATABHÄNGIGKEIT<br />

CONFERENCES<br />

Personal fachgerecht eingewiesen wird. Zudem ist<br />

mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung zu<br />

treffen, in welcher u.a. festgelegt wird, wer in der<br />

Einrichtung für die Substitution verantwortlich ist<br />

und wie erforderliche Kontrollen durch den substituierenden<br />

Arzt durchgeführt werden.<br />

Rechtliche Flexibilisierung der Take-home-<br />

Regelung<br />

Grundsätzlich soll dem Patienten das vom Arzt<br />

verschriebene Substitutionsmittel zum unmittelbaren<br />

Verbrauch überlassen werden (kontrollierte<br />

Einnahme). Abweichend davon kann das Substitutionsmittel<br />

zur eigenverantwortlichen Einnahme<br />

verordnet werden (Take-home-Verschreibung).<br />

Im Gesetz werden zwei Arten der Take-home-<br />

Verschreibung unterschieden. Die „Zwei-Tage-<br />

Regelung“ zur Take-home-Verschreibung und die<br />

„Sieben-Tage-Regelung“. Die Sieben-Tage-Regelung<br />

gilt ausdrücklich nur für Patienten, die sich in<br />

einer stabilen Substitutionsbehandlung befinden,<br />

während die Zwei-Tage-Regelung keine besonderen<br />

Kriterien für die Anwendung vorgibt, also im<br />

Prinzip für alle Substitutionspatienten gilt.<br />

Bei der Zwei-Tage-Regelung kann die Take-home-<br />

Verschreibung für bis zu zwei aufeinanderfolgende<br />

Tage oder für das Wochenende erfolgen. Die Verschreibung<br />

kann auf die für fünf Tage benötigte<br />

Menge ausgeweitet werden. Der Gesetzgeber fordert<br />

in diesem Fall als Vorbedingung, dass die Kontinuität<br />

der Substitutionsbehandlung nicht anderweitig<br />

gewährleistet werden kann und der Verlauf der<br />

Behandlung dies zulässt. Außerdem sollen Risiken<br />

der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich<br />

ausgeschlossen und die Sicherheit und Kontrolle<br />

des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt<br />

werden. Damit sind die Hürden für eine Take-home-<br />

Verschreibung für das Wochenende vergleichsweise<br />

niedrigschwellig und sind durchaus dazu geeignet<br />

substituierende Ärzte zu entlasten, die sonst jedes<br />

Wochenende arbeiten oder eine entsprechende Vertretung<br />

organisieren müssten.<br />

Ob für die Sieben-Tage-Regelung im Einzelfall<br />

eine stabile Substitution besteht, soll laut BÄK-<br />

Richtline vom behandelnden Arzt anhand folgender<br />

Kriterien beurteilt werden:<br />

••<br />

Regelmäßige Wahrnehmung der erforderlichen<br />

Arztkontakte,<br />

••<br />

abgeschlossene Einstellung auf das Substitutionsmittel,<br />

••<br />

klinische Stabilisierung des Patienten nach bisherigem<br />

Verlauf der Behandlung,<br />

••<br />

Ausschluss von Risiken einer Selbst- und Fremdgefährdung,<br />

insbesondere für ggf. im Haushalt<br />

mitlebende Kinder, soweit wie möglich,<br />

••<br />

kein Konsum weiterer Substanzen, die zusammen<br />

mit der Einnahme des Substitutionsmittels<br />

zu einer schwerwiegenden gesundheitlichen<br />

Gefährdung führen können,<br />

••<br />

Patient verstößt nicht gegen getroffene Vereinbarungen,<br />

••<br />

Patient ist psychosozial stabil.<br />

Wie bisher bleibt der Standard eine Verordnung<br />

des Substitutionsmittels in der für bis zu sieben<br />

Tage benötigten Menge.<br />

Eine wichtige Neuerung ist jedoch, dass in<br />

begründeten Einzelfällen eine eigenverantwortliche<br />

Einnahme für bis zu 30 Tage möglich ist.<br />

Ein solcher Einzelfall kann dabei medizinisch<br />

begründet sein oder dadurch, dass die Teilhabe am<br />

gesellschaftlichen Leben oder die Erwerbstätigkeit<br />

gesichert werden. Als medizinische Begründung<br />

gilt, wenn der Patient schwerwiegend erkrankt<br />

oder immobil ist. Die Neuregelung erlaubt jetzt<br />

also, dass ein Substitutionspartner für länger als<br />

sieben Tage verreisen kann. Früher mussten Substitutionspatienten<br />

für solche Reisen im Inland vor Ort<br />

einen Substitutionsarzt finden, welcher die Substitutionsbehandlung<br />

dann vertretungsweise für den<br />

entsprechenden Zeitraum übernommen hat.<br />

40


OPIATABHÄNGIGKEIT<br />

Wichtig ist, dass der Patient dem Substitutionsarzt<br />

den Sachverhalt, der eine verlängerte Takehome-Verordnung<br />

begründet, glaubhaft zu<br />

machen hat und die Verschreibung der Entscheidung<br />

und Verantwortung des behandelnden Arztes<br />

unterliegt. Ein Anspruch seitens des Patienten<br />

besteht nicht.<br />

Dokumentationspflicht<br />

Durch die Neuregelungen wird der substituierende<br />

Arzt verpflichtet, gemäß den von der BÄK<br />

bestimmten Anforderungen zu dokumentieren und<br />

die Dokumentation auf Verlangen der zuständigen<br />

Landesbehörde vorzulegen oder einzusenden. Die<br />

Anforderungen der BÄK zur Dokumentation sind<br />

mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden.<br />

Bisher ist nicht bekannt wie oft, zu welchem<br />

Anlass, in welchem Umfang und mit welcher Konsequenz<br />

die Dokumentation von der zuständigen<br />

Landesbehörde geprüft werden wird. Offensichtlich<br />

ist jedoch, dass hinsichtlich der Dokumentationspflicht<br />

besondere Anforderungen an die substitutionsgestützte<br />

Behandlung gestellt werden, die<br />

deutlich über die Anforderungen, bei der Behandlung<br />

von anderen Krankheiten hinausgehen.<br />

Fazit<br />

Durch die Überführung der ärztlich-therapeutischen<br />

Regelungsinhalte aus der BtMVV in die Richtlinienkompetenz<br />

der Bundesärztekammer wurde<br />

eine Annäherung des Substitutionsrechtes an den<br />

aktuellen Stand der Wissenschaft erreicht. Außerdem<br />

kann eine Richtlinie zukünftig leichter an medizinische<br />

Entwicklungen angepasst werden als dies im<br />

Rahmen einer gesetzlichen Regelung möglich wäre.<br />

••<br />

Die Regelungen zur Take-home-Vergabe und<br />

die erweiterten Möglichkeiten zur Sichtvergabe<br />

haben sich mehr den realen Bedürfnissen der<br />

Substitutionsbehandlung angenähert.<br />

••<br />

Für die Patienten entfallen durch die Neuregelungen<br />

bei der Take-home-Verordnung einige<br />

Hemmnisse in Bezug auf eine erfolgreiche (Re-)<br />

Integration in die Gesellschaft.<br />

••<br />

Das Abstinenzparadigma ist in den Hintergrund<br />

getreten und durch realistische und wissenschaftlich<br />

vernünftige Therapieziele ersetzt<br />

worden. Der moralische Druck auf den Suchtpatienten<br />

wurde reduziert.<br />

••<br />

Die Neuregelung der Substitutionstherapie<br />

hat die juristischen Risiken für die Behandler<br />

reduziert. Gleichzeitig haben der bürokratische<br />

Aufwand und die Anforderungen an die<br />

Dokumentationspflicht zugenommen. Um dringend<br />

benötigte Versorgungskapazitäten für die<br />

Behandlung von Opioidabhängigen zu schaffen,<br />

sind die bisherigen Verbesserungen nicht ausreichend.<br />

Wenn das politisch angestrebte Ziel,<br />

die medizinische Versorgung von Substitutionspatienten<br />

durch mehr Ärzte zu sichern, erreicht<br />

werden soll, dann muss entweder der im Vergleich<br />

zur Behandlung von anderen Erkrankungen<br />

erhöhte Aufwand reduziert werden oder es<br />

müssen andere Anreize geschaffen werden, um<br />

die erhöhten Anforderungen bei der Substitutionsbehandlung<br />

auszugleichen.<br />

Referenzen:<br />

1. Grönbladh L, Ohlund LS, Gunne LM. Mortality in heroin<br />

addiction: impact of methadone treatment. Acta Psychiatr<br />

Scand. 1990 Sep; 82(3): 223−227.<br />

2. Langer K, Wittchen H U, Bühringer G, Rehm J T. PREMOS-<br />

STUDIE: Die Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger:<br />

Grundlagen, Versorgungssituation und Problembereiche.<br />

Suchtmed 2011; 13(5): 202–212.<br />

3. Bericht der Bundesopiumstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte (BfArM) zum Substitutionsregister,<br />

Januar <strong>2018</strong>. https://www.bfarm.de<br />

4. Entschließung zur Dritten Verordnung zur Änderung<br />

der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom<br />

12.05.2017. Bundesrat, Drucksache 222/17 (Beschluss).<br />

5. Bekanntmachung der Richtlinie nach § 5 Absatz 12 Satz 1<br />

bis 3 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung.<br />

BAnz AT 02.10.2017 B1.<br />

CONFERENCES<br />

41


NEUES AUS PRAXIS UND THEORIE<br />

Behandlung des Burnout-Syndroms<br />

nach Trang<br />

Trang-Xuan Nguyen, Göttingen<br />

Nahezu 8 % der Erwerbstätigen haben das Gefühl, an einem Burnout zu leiden. Deshalb wächst die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Menschen mit Burnout-Symptomen auch Ärzte außerhalb des Bereiches Psychiatrie<br />

oder Psychosomatik konsultieren. Schätzungen zufolge sind etwa 10 % aller Arbeitnehmer, die in Risikoberufsgruppen<br />

arbeiten, vom Burnout-Syndrom betroffen. 20–30 % aller Personen in solchen Berufen sollen<br />

gefährdet sein, am Burnout-Syndrom zu erkranken. Zuverlässige Zahlen gibt es im Grunde aber nicht.<br />

CONFERENCES<br />

Typische Symptome der Burnout-Erkrankung sind<br />

Überforderung, Müdigkeit, keine Erholungsphasen<br />

mehr, nachlassende Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen,<br />

Nervosität. Das alles führt zu vermehrten<br />

Fehlern im Alltags- und Berufsleben, die<br />

persönliche Unzufriedenheit wächst, die Belastbarkeit<br />

schwindet. Der Betroffene zieht sich immer<br />

mehr zurück, vernachlässigt soziale Kontakte,<br />

Unzufriedenheit und Gleichgültigkeit bestimmen<br />

immer mehr den Alltag.<br />

Dazu kommen psychosomatische Beschwerden,<br />

Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme<br />

und häufig auch Rückenschmerzen, obwohl<br />

keine organischen Störungen vorliegen.<br />

Problem für den Patienten ist dabei, die Probleme<br />

selbst zu erkennen. Nur wenige Menschen können<br />

ihren eigenen Erschöpfungszustand selbst diagnostizieren.<br />

Diese Ursachen selbst zu beseitigen, zum<br />

Beispiel durch Stressbewältigung mit Verringerung<br />

der Arbeitsbelastung, mehr Sport, mehr Ruhezeiten,<br />

besseres Schlafen, mehr Urlaub, können nur die<br />

wenigsten selbst umsetzen. Auch Beistand von Kollegen<br />

oder Familie hilft häufig nicht. Auf Verständnis<br />

der Vorgesetzten können die Wenigsten hoffen.<br />

Abhilfe kann durch Heilungsmethoden wie Akupunktur<br />

und/oder therapeutische Lokalanalgesie<br />

kommen. Die Kombinationstherapie nach Trang<br />

sollte anfangs möglichst kurz hintereinander, am<br />

besten im wöchentlichen Rhythmus erfolgen.<br />

Wenn eine Besserung eingetreten ist, verlängert<br />

man den Behandlungsabstand auf 4–6 Wochen, bis<br />

die Heilung eingetreten ist. Danach macht man die<br />

Behandlung nach eigenem Ermessen zum Erhalt<br />

des Erreichten.<br />

Prof. h.c. der VRC Dr. med. Trang-Xuan Nguyen<br />

dr.trang.nguyen@t-online.de<br />

Die Akupunktur wird an die individuellen Bedürfnisse<br />

des Patienten angepasst und kann schon kurzfristig<br />

zu einer deutlich spürbaren Beruhigung und<br />

Kräftigung führen. Alle den Burnout begleitenden<br />

Beschwerden können mit Akupunktur behandelt,<br />

gebessert und oft auch gänzlich geheilt werden.<br />

Unterstützend hilft die gezielte lokale Leitungsanästhesie<br />

des Ganglion stellatum. Von diesem gehen<br />

sympathische Fasern zur Versorgung von Kopf, Hals,<br />

Armen, Herz und Lunge aus. Eine Stellatumblockade<br />

wird zur Lösung arteriovenöser Krämpfe (Gefäßspasmen)<br />

angewendet, da Blutgefäße sympathisch<br />

innerviert werden. Durch diese Blockade kommt es<br />

zu einer Vasodilatation im gesamten Einzugsgebiet,<br />

zu einer verminderten Schweißsekretion (Anhidrosis)<br />

und einem Horner-Syndrom. Letzteres ist ein Zeichen<br />

für die erfolgreiche Durchführung der Blockade.<br />

42


NEUES AUS PRAXIS UND THEORIE<br />

Kanüle<br />

Bei Migräne und halbseitigem Kopfschmerz<br />

findet sie gleichfalls Anwendung. Weiterhin bei<br />

Beschwerden nach einem Schädel-Hirn-Trauma,<br />

Osteochondrose der Halswirbelsäule, Periarthritis<br />

des Schultergelenkes (Frozen Shoulder) sowie Trigeminus-<br />

und Zosterneuralgie. Eine chirurgische<br />

Ausschaltung des Ganglion stellatum ist das letzte<br />

Mittel der Wahl bei einem Morbus Raynaud.<br />

Therapeutische Lokalanalgesie nach<br />

Trang<br />

Die von mir vorgeschlagene Therapie ist die therapeutische<br />

Lokalanalgesie (TLA) nach Trang. Eine<br />

Einstichtechnik mit fächerförmiger Infiltration zur<br />

Blockade von Ganglion stellatum und Plexus cervicalis<br />

C1–C7 und Th1 sowie Nervus accessorius ohne<br />

CT- oder Röntgen-Durchleuchtung und ohne Ultraschall<br />

zur Behandlung von Migräne, Fazialisparese,<br />

Post-Zoster-Neuralgie im HWS- und Schädelbereich,<br />

Zahnbeschwerden, Trigeminusneuralgie,<br />

Konzentrationsstörung, Tinnitus aurium, Morbus<br />

Menière, Hörsturz, Schultergelenk- und Armbeschwerden,<br />

Tic nervosa, Blepharospasmus usw. und<br />

gegen die Kopfleere bei Burnout-Syndrom (Abb. 1).<br />

Patienten und Statistik<br />

Insgesamt wurden 65 Patienten im Alter zwischen<br />

30 und 70 Jahren behandelt:<br />

••<br />

18 Patienten mit sehr gutem Ergebnis (27,69 %),<br />

••<br />

30 Patienten mit gutem Ergebnis (46,15 %),<br />

••<br />

15 Patienten nicht so gutes Ergebnis (23,08 %),<br />

••<br />

2 Patienten haben die Behandlung auf eigenen<br />

Entschluss abgebrochen (23,07 %).<br />

Fazit<br />

Die Daten zeigen, dass diese Behandlungsmethodik<br />

zu einem guten Ergebnis führt. Das gute<br />

Abbildung 1: Kontrastmittelausbreitung im Verlaufsgebiet von<br />

Plexus cervicalis (C1–C4) und Plexus brachialis (C5–C7/Th1)<br />

sowie Nervus auricularis magnus. Nervus occipitalis minor, alle<br />

HWS-Spinalnerven und Rami communicantes, den gesamten<br />

HWS-Grenzstrang sowie Nervus accessorius mit der fächerförmigen<br />

Einstichtechnik nach TRANG.<br />

Ergebnis mit meiner Kombinationstherapie, welches<br />

international so nicht zu finden ist, sollte<br />

eingesetzt werden, um mehr Patienten mit Burnout-Syndrom<br />

so schnell wie möglich zu heilen und<br />

die Therapiekosten zu reduzieren. Andere Behandlungsmethoden,<br />

die heute bei Burnout angewendet<br />

werden, wie Psychotherapie, führen, bei 20<br />

Sitzungen (was meistens nicht ausreicht, um einen<br />

Erfolg zu erzielen) zu Kosten von ca. 1.700 Euro.<br />

Ein Burnout kann jeden treffen. In Deutschland<br />

lag die Prävalenz im Jahr 2015 bei 4,2 % für die<br />

Altersgruppe 18 bis 65 Jahre. In dieser Altersgruppe<br />

bedeutet das bei einer Gesamtbevölkerungszahl<br />

von 51,55 Millionen Menschen, dass 2,2 Millionen<br />

an einem Burnout erkrankt sind. Bei durchschnittlichen<br />

Behandlungskosten von 1.700 Euro pro Patient<br />

entstehen hier Kosten für unser Gesundheitssystem<br />

von 3,740 Milliarden Euro.<br />

Die Anwendung der therapeutischen Lokalanalgesie<br />

in Kombination mit Akupunktur könnte<br />

eine schnellere Heilung bei deutlich geringeren<br />

Kosten bedeuten. Geld, dass – wie wir alle wissen<br />

– an anderen Stellen des Gesundheitssystems<br />

dringend gebraucht wird, wie zum Beispiel in der<br />

Altenpflege.<br />

CONFERENCES<br />

43


NEWS<br />

Deutscher Förderpreis für<br />

<strong>Schmerz</strong>forschung und <strong>Schmerz</strong>therapie<br />

ausgeschrieben<br />

Als Versorgergesellschaft verleiht die Deutsche<br />

Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin e.V.<br />

(DGS) seit 1986 zusammen mit der Deutschen<br />

<strong>Schmerz</strong>liga e.V. (DSL) jährlich den Deutschen<br />

<strong>Schmerz</strong>preis – Deutscher Förderpreis für<br />

<strong>Schmerz</strong>forschung und <strong>Schmerz</strong>therapie. Mit<br />

ihm werden Persönlichkeiten ausgezeichnet,<br />

die sich durch wissenschaftliche Arbeiten über<br />

Diagnostik und Therapie akuter und chronischer<br />

<strong>Schmerz</strong>zustände verdient gemacht oder die<br />

durch ihre Arbeit oder ihr öffentliches Wirken<br />

entscheidend zum Verständnis des Problemkreises<br />

<strong>Schmerz</strong> und den davon betroffenen Patienten<br />

beigetragen haben.<br />

Der Förderpreis in Höhe von 5.000 Euro wird<br />

im Rahmen des Deutschen <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages<br />

in Frankfurt/Main verliehen und im Jahr<br />

2019 gemeinsam von der DGS, der größten deutschen<br />

Gesellschaft praktisch tätiger <strong>Schmerz</strong>therapeuten,<br />

und der DSL, der bundesweit größten<br />

Selbsthilfeorganisation chronisch schmerzkranker<br />

Menschen und ihrer Angehörigen, erstmals ohne<br />

kommerzielle Unterstützung der pharmazeutischen<br />

Industrie gestiftet. Nominierungen und<br />

Bewerbungen müssen bis spätestens 30.11.<strong>2018</strong><br />

bei der Geschäftsstelle eingereicht werden. Die<br />

Wahl erfolgt durch eine unabhängige Jury und den<br />

wissenschaftlichen Beirat.<br />

ist die Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin<br />

(DGS) e.V., der Preis wird gemeinsam mit der Deutschen<br />

<strong>Schmerz</strong>liga (DSL) e.V. verliehen. Der Preis<br />

wurde von dem Limburger Pharmaunternehmen<br />

Mundipharma gestiftet. „Wir freuen uns sehr, den<br />

Menschen, Arzt und persönlichen Freund zu ehren,<br />

der in den letzten 30 Jahren die <strong>Schmerz</strong>medizin<br />

in Deutschland und über die Grenzen hinaus entscheidend<br />

geprägt hat“, sagte Dr. med. Johannes<br />

Horlemann, DGS-Präsident, in seiner Laudatio. Dr.<br />

Gerhard H. H. Müller-Schwefe, von 1997 bis <strong>2018</strong><br />

Präsident der Deutschen Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin<br />

e.V., trug und trägt durch sein herausragendes<br />

Engagement entscheidend dazu bei, dass<br />

sich die <strong>Schmerz</strong>medizin als Fachdisziplin in<br />

Deutschland zunehmend als Versorgungsstruktur<br />

etablieren konnte. Sein persönlicher ehrenamtlicher<br />

Einsatz hat die <strong>Schmerz</strong>medizin in Deutschland<br />

entscheidend geprägt und vorangebracht.<br />

Quelle: Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin e.V.<br />

CONFERENCES News<br />

Deutscher <strong>Schmerz</strong>preis <strong>2018</strong><br />

Für sein herausragendes Engagement für die<br />

Sache der <strong>Schmerz</strong>medizin ist Dr. med. Gerhard H. H.<br />

Müller-Schwefe mit dem Deutschen <strong>Schmerz</strong>preis<br />

– Deutscher Förderpreis für <strong>Schmerz</strong>forschung und<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie ausgezeichnet worden. Der Preis<br />

wurde am im Rahmen des Deutschen <strong>Schmerz</strong>- und<br />

Palliativtages im März <strong>2018</strong> in Frankfurt am Main<br />

überreicht. Wissenschaftlicher Träger des Preises<br />

44


NEWS<br />

Analgetika-Warnhinweis-Verordnung am<br />

1. Juli <strong>2018</strong> in Kraft getreten<br />

Frei verkäufliche Analgetika tragen zukünftig<br />

einen deutlich sichtbaren Warnhinweis. Die Verordnung<br />

(AnalgetikaWarnHV) erfasst rezeptfreie<br />

<strong>Schmerz</strong>mittel, die zur Behandlung leichter bis<br />

mäßig starker <strong>Schmerz</strong>en oder von Fieber eingesetzt<br />

werden und beispielsweise die Wirkstoffe<br />

Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac oder<br />

Acetylsalicylsäure (Aspirin) enthalten. Der verpflichtende<br />

Warnhinweis soll Verbraucher davon<br />

abhalten, die Medikamente über die empfohlene<br />

Höchstdauer hinaus einzunehmen.<br />

Umfragen zeigen einen deutlichen<br />

Missbrauch<br />

Nichtverschreibungspflichtige <strong>Schmerz</strong>mittel,<br />

sogenannte OTC-Produkte (over-the-counter)<br />

werden in Deutschland sehr häufig und oft zu<br />

lange eingenommen. Nach Angaben der Bundesvereinigung<br />

Deutscher Apothekerverbände (ABDA)<br />

wurden im Jahr 2017 insgesamt 91 Millionen<br />

Packungen OTC-Analgetika verkauft. Bei einer<br />

längerfristigen Anwendung oder Überdosierung<br />

kann es zu schweren Nebenwirkungen wie Entzündungen<br />

der Magen-Darm-Schleimhaut oder<br />

Nierenschäden kommen. Die Deutsche <strong>Schmerz</strong>gesellschaft<br />

e.V. begrüßt diesen Vorstoß. „Damit<br />

werden die Verbraucher in Bezug auf die Dosis<br />

und Anwendungsdauer auch rezeptfreier Arzneien<br />

sensibilisiert und von einer Einnahmedauer ohne<br />

ärztlichen Rat von über vier Tagen abgehalten“,<br />

sagt Professor Dr. med. Martin Schmelz, Präsident<br />

der Deutschen <strong>Schmerz</strong>gesellschaft e. V.<br />

Die Bedeutung der neuen Verordnung wird angesichts<br />

des derzeitigen Verbraucherverhaltens deutlich.<br />

Fast die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung<br />

nimmt innerhalb von vier Wochen mindestens einmal<br />

OTC-Analgetika ein. 22 % der OTC-Anwender<br />

verwendet diese Mittel länger als vier Tage. Viele von<br />

ihnen – ein Fünftel der Frauen und fast ein Drittel<br />

der Männer– lesen die Anwendungsempfehlungen<br />

nicht. Schätzungen zufolge wenden 1–3 % der Allgemeinbevölkerung<br />

täglich <strong>Schmerz</strong>mittel an. Für<br />

Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen<br />

<strong>Schmerz</strong>gesellschaft e. V., sind das alarmierende<br />

Zahlen: „Der Missbrauch von nicht verschreibungspflichtigen<br />

<strong>Schmerz</strong>mitteln ist damit sogar häufiger<br />

als derjenige von Beruhigungsmitteln. Der aus<br />

unserer Sicht längst überfällige Analgetika-Warnhinweis<br />

ist ein wichtiger Schritt für den Verbraucher-<br />

und Patientenschutz in Deutschland.“<br />

Übergangsfrist von zwei Jahren<br />

Spätestens nach einer Übergangsfrist von zwei<br />

Jahren müssen Fertigarzneimittelprodukte folgenden<br />

Hinweis tragen: „Bei <strong>Schmerz</strong>en oder Fieber<br />

ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als<br />

in der Packungsbeilage vorgegeben!“. Bei in Apotheken<br />

hergestellten Medikamenten, sogenannten<br />

Rezeptur- oder Defekturarzneimittel, ist eine<br />

Frist von zwölf Monaten vorgesehen. Dann lesen<br />

Pa tienten: „Bei <strong>Schmerz</strong>en oder Fieber ohne ärztlichen<br />

Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker<br />

oder von der Apothekerin empfohlen!“<br />

Quelle: Deutsche <strong>Schmerz</strong>gesellschaft e. V., AOK<br />

CONFERENCES News<br />

45


VERZEICHNIS DER AUTOREN<br />

Name Institution Adresse<br />

Dr. med. Ulrich Bohr Praxiszentrum Kaiserdamm Kaiserdamm 24<br />

14057 Berlin<br />

Dr. med. Kerstin Engel<br />

Markus Geuting<br />

Klinik für Manuelle Medizin<br />

Sana Kliniken Sommerfeld<br />

Klinik Löwenstein gGmbH<br />

<strong>Schmerz</strong>zentrum<br />

Waldhausstraße 44<br />

16766 Kremmen-Sommerfeld<br />

Geisshölzle 62<br />

74245 Löwenstein<br />

Dr. med. Hans-Jörg Hilscher Hagener Straße 113<br />

58642 Iserlohn<br />

Michael Kaplan<br />

Prospero Productions Partner<br />

The Leuchold, South Queensferry<br />

West Lothian, Edinburgh<br />

EH 30 9TQ, GB<br />

Dr. med. Trang-Xuan Nguyen <strong>Schmerz</strong>praxis Friedländer Weg 51<br />

37085 Göttingen<br />

Dipl.-Psych. Wolfgang Ritz Sana – Kliniken Sommerfeld Waldhausstraße 44<br />

16766 Kremmen-Sommerfeld<br />

Cogitatio-Lösung<br />

Seite 10: Lösung: 2. ein Wiedererlangen und Erhalten der Arbeitsfähigkeit<br />

ADDENDUM<br />

46


IMPRESSUM<br />

Herausgeber und Verlag<br />

The Paideia Group GmbH<br />

Dammsmühlerstr. 35, 13158 Berlin<br />

Tel.: 030 / 40 30 36 92<br />

Fax: 030 / 40 30 36 96<br />

www.thepaideiagroup.com<br />

Publishing Director<br />

Anja Lamprecht<br />

publishing@thepaideiagroup.com<br />

Redaktion<br />

Rüdiger Zart<br />

editorial@thepaideiagroup.com<br />

Art Director<br />

Sigrid Lessing<br />

print@thepaideiagroup.com<br />

Gestaltung Cover<br />

Jens Vogelsang, Aachen<br />

Infografiken, Abbildungen<br />

Sigrid Lessing<br />

Lektorat<br />

Olaf Mertensacker<br />

review@thepaideiagroup.com<br />

Druck<br />

STRUBE Druck & Medien OHG<br />

Anzeigen und Sonderdrucke<br />

Anja Lamprecht<br />

sales@thepaideiagroup.com<br />

zzt. gültige Anzeigenpreisliste<br />

Mediadaten 2019_1809-2<br />

Einzelpreis: 16,- Euro inkl. 7 % Mwst.<br />

Abonnement: 12,50 Euro inkl. 7 % Mwst. pro<br />

<strong>Ausgabe</strong><br />

Nr. 7, 6. Jahrgang, Oktober <strong>2018</strong><br />

Haftungsausschluss<br />

Diese Dokumentation enthält alle Veranstaltungsbeiträge,<br />

die bis Redaktionsschluss vorlagen. Verantwortlich<br />

für den Inhalt der im The Paideia Group<br />

Verlag veröffentlichten Beiträge ist der jeweils in<br />

den einzelnen Beiträgen genannte Autor. Die in den<br />

Beiträgen zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt in<br />

erster Linie die Auffassung der Autoren und nicht<br />

in jedem Fall die Meinung des The Paideia Group<br />

Verlages wieder. Soweit die Beiträge Dosierungen,<br />

Indikationen und Applikationsformen benennen,<br />

sollte — trotz einer sorgfältigen Recherche von<br />

Autoren, Herausgeber und Verlag — in jedem Fall<br />

vor Gebrauch oder Verordnung der genannten<br />

Medikamente der Beipackzettel mit den dort angegebenen<br />

Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen<br />

und Hinweisen auf Kontraindikationen verglichen<br />

werden. Für etwaige Abweichungen oder Unrichtigkeiten<br />

übernehmen Herausgeber und Verlag<br />

keine Haftung.<br />

Anzeigen und Industriemitteilungen<br />

Gekennzeichnete Anzeigen, Herstellerinformationen<br />

und die im Bereich „Industry“ der Dokumentation<br />

wiedergegebenen Beiträge befinden sich<br />

außerhalb der Verantwortung des Verlages. Hierfür<br />

wird keine Gewähr übernommen.<br />

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Diese Dokumentation genießt urheberrechtlichen<br />

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Copyrights<br />

Titelbild: Hohlkehlchen/photocase.de, Shutterstock®<br />

Arlem Avetisyan<br />

Fotos: Seite 3 unten Martin Adam, S. 7 Rainer Unkel/<br />

vario images, S. 8 und 4 Shutterstock® Butsaya,<br />

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S. 26 Shutterstock® M-Foto,<br />

S. 32 und 5 Dr. Sebastian Schulz/Spektrum Cannabis<br />

GmbH 2017, S. 36 und 5 willma.../photocase; bellabrend/iStock,<br />

S. 45 und 5 Shutterstock® MyetEck.<br />

ISSN 2195-8645 Print<br />

ISSN 2197-991X Online<br />

– MAGAZIN<br />

••<br />

präsentiert Highlights von Veranstaltungen verschiedener<br />

medizinischer Fachgebiete themenspezifisch auf der Basis<br />

von Referenten beiträgen in deutscher beziehungsweise<br />

englischer Sprache,<br />

••<br />

erscheint pro Thema jeweils ein- bis zweimal pro Jahr,<br />

••<br />

verbindet die Interessen von Kongressveranstaltern, Teilnehmern<br />

und Industrie,<br />

••<br />

ist nicht mit Honorar zahlungen verbunden,<br />

••<br />

regt durch Cogitatio-Fragen zum Nachdenken „über den<br />

Tellerrand“ hinaus an,<br />

••<br />

reflektiert wissenschaftliche Inhalte in den drei Rubriken<br />

Conference, Education und Industry,<br />

••<br />

finanziert sich über Anzeigen, Sponsoring und Abonnements<br />

,<br />

••<br />

wird in zielgruppenspezifischer Auflage per Post versandt<br />

und ist mit allen <strong>Ausgabe</strong>n für medizinische Fachkreise auch<br />

digital auf www.con-nexi.de verfügbar.<br />

– RUBRIKEN<br />

CONFERENCES<br />

Beiträge und Berichte von Konferenzen wie z. B. Präsidenten-<br />

und Experten-Interviews, Statements von ausgesuchten<br />

Referenten, Basic Science, From Bench to Bedside, Arbeitsgruppensitzungen,<br />

Preisverleihungen sowie Regulatory Affairs.<br />

EDUCATION<br />

Berichte von industrieunterstützten Veranstaltungen wie z. B.<br />

Satelliten-Symposien oder Fachpressekonferenzen zu neuen<br />

Entwicklungen in der pharmazeutischen Industrie, Pro- und<br />

Contra-Debatten sowie unser Feuilleton „The Story Behind“,<br />

LeseZeichen (Kommentare zu aktuellen Studien ergebnissen),<br />

Fortbildung (Kalender) und Lösungen zu Cogitatio-Fragen der<br />

Autoren.<br />

INDUSTRY<br />

Markt- und Produktinformationen aus der pharma zeutischen<br />

und Medizintechnik-Industrie.<br />

ADDENDUM<br />

47


Hydromorphon Aristo ®<br />

4 / 8 / 16 / 32 mg Retardtabletten<br />

patientenindividuell teilbar* und titrierbar<br />

• einfache Einmalgabe<br />

• konstanter Wirkspiegel über 24 Stunden<br />

* außer 4 mg<br />

Hydromorphon Aristo ® long 4/8/16/32 mg Retardtabletten (Rp/BTM). Wirkstoff: Hydromorphonhydrochlorid. Zus.: 1 Retardtbl. enth.: 4mg/8mg/16mg/32mg Hydromorphonhydrochlorid entspr.<br />

3,55mg/7,09mg/14,19mg/28,38mg Hydromorphon. Sonst. Bestandt.: Tbl.-kern: Zucker-Stärke-Pellets (Sucrose, Maisstärke), Hypromellose, Ethylcellulose, Hyprolose, Triethylcitrat, Talkum, Carmellose-Natrium,<br />

mikrokrist. Cellulose, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), hochdisp. Siliciumdioxid; Flm.-Überzug: Polyvinylalkohol, Macrogol 4000, Talkum, 4mg-zusätzl.: Titandioxid (E 171), Eisen (III)-oxid (E 172);<br />

8mg-zusätzl.: Titandioxid (E 171); 18mg-zusätzl.: Titandioxid (E171), Eisen (III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172); 32mg-zusätzl.: Eisen (III)-oxid (E 172). Anw.: Behandlung starker <strong>Schmerz</strong>en. Gegenanz.: Überempfindlichkeit<br />

gegenüber Wirkstoff od. sonst. Bestandt., Atemdepression, schwere, chron. obstrukt. Lungenerkrankung, Koma, akutes Abdomen, paralytischer Ileus, gleichz. Gabe von Monoaminoxidase-Hemmern<br />

(MAO-Hemmer) oder wenn diese innerhalb der letzten 2 Wochen abgesetzt wurden (MAOIs). Schwangersch./Stillzeit: Anwendung nicht empfohlen. Nebenw: Häufig: Angst, Verwirrtheit,<br />

Schlaflosigkeit, Schwindel, Somnolenz, Hypotonie, vermind. Appetit, Appetitlosigkeit, Obstipation, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Pruritus, Schwitzen, Harnverhalt, verstärkter<br />

Harndrang, Asthenie. Gelegentlich: Depression, Dysphorie, Euphorie, Halluzinationen, Alpträume, Kopfschmerzen, Tremor, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Parästhesie, Miosis, Verschwommensehen,<br />

Tachykardie, Dyspnoe, Dyspepsie, Diarrhoe, Dysgeusie, Hautausschlag, Urtikaria, vermind. Libido, erektile Dysfunktion, Toleranz, Entzugserscheinungen ud. Sympt. wie Agitiertheit, Angst, Nervosität,<br />

Schlaflosigkeit, Hyperkinese, Tremor ud. gastrointest. Sympt. beinhalten. Selten: Abhängigkeit, Agitiertheit, Krampfanfälle; Sedierung, Bradykardie, Palpitationen, Atemdepression, Bronchospasmen,<br />

Gallenkolik, Erhöhung von Pankreasenzymen, Rötung des Gesichts. Sehr selten: Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließl. Schwellung im Bereich des Oropharynx), Hyperalgesie, Paralytischer<br />

Ileus, Erhöh. v. Leberenzymen, periph. Ödem. Nicht bekannt: Anaphylaktische Reaktion. Enthält Sucrose. Packungsbeilage beachten. (verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel). (Stand Juni <strong>2018</strong>).<br />

Aristo Pharma GmbH, Wallenroder Straße 8–10, 13435 Berlin.<br />

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