Leseprobe CONNEXI Schmerz Ausgabe 7-2018
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<strong>Schmerz</strong>medizin<br />
7-<strong>2018</strong>
MEDIZINISCHES CANNABIS<br />
IN DER SCHMERZTHERAPIE<br />
Neue methodologische Ansätze & Erfahrungen<br />
Seit März 2017 sind Cannabisblüten in<br />
Deutschland verschreibungs- und erstattungsfähig.<br />
In dieser Zeit ist die Zahl<br />
der Patienten von ca. 1.000 auf über<br />
30.000 angewachsen. Aus der Erfahrung<br />
mit diesen und hunderttausenden anderer<br />
Patienten weltweit sind in den letzten<br />
Jahren neue therapeutische Ansätze mit<br />
medizinischem Cannabis entstanden.<br />
Als Hersteller und Exporteur liefern wir<br />
Cannabisblüten von höchster pharmazeutischer<br />
Qualität und legen einen<br />
besonderen Wert auf die Vermittlung<br />
wissenschaftlicher Expertise im Umgang<br />
mit medizinischem Cannabis.<br />
Das Spektrum ist ein leicht verständliches, farbkodiertes<br />
System, welches medizinische Cannabis-Sorten anhand<br />
ihrer THC- und CBD-Profile kategorisiert.<br />
Besuchen Sie zu diesen Themen unser Symposium auf dem Deutschen <strong>Schmerz</strong>kongress<br />
in Mannheim<br />
CANNABIS-THERAPIEMANAGEMENT 2.0<br />
Referentin Dr. Claudia Hain Heise<br />
Fachärztin für Anästhesiologie und spezielle <strong>Schmerz</strong>therapie<br />
Datum<br />
Ort<br />
Freitag, den 19. Oktober von 12:30 bis 14:00 Uhr<br />
Deutscher <strong>Schmerz</strong>kongress Mannheim<br />
Raum Gustav Mahler I<br />
Congress Center Rosengarten<br />
Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim<br />
Besuchen Sie auch unseren Messestand: Halle E.03, Stand 45. Wir freuen uns auf Sie!<br />
www.spektrum-cannabis.de support@spektrum-cannabis.de +49 (0) 6227 899300-0
EDITORIAL<br />
Liebe Leser,<br />
mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung will die<br />
Bundesregierung mehr Menschen für die Pflege<br />
begeistern. Dafür starteten Bundesgesundheitsminister<br />
Jens Spahn, Bundesministerin für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend Dr. Franziska<br />
Giffey und Bundesminister für Arbeit und Soziales<br />
Hubertus Heil die „Konzertierte Aktion Pflege“.<br />
Binnen eines Jahres will man zusammen mit den<br />
Bundesländern, mit Arbeitgebern, Gewerkschaften,<br />
Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Betroffenenverbänden<br />
und mit der Bundesagentur für Arbeit<br />
in einem Dachgremium und fünf themenbezogenen<br />
Arbeitsgruppen Maßnahmen gegen den<br />
Pflege notstand entwickeln.<br />
Unter anderem soll das Schulgeld abgeschafft<br />
werden. Pflegeschüler sollen ab 2020 eine Ausbildungsvergütung<br />
bekommen, damit sich<br />
mehr Menschen für den Beruf entscheiden. Der<br />
Gesundheitsminister möchte u. a. „Pflegekräfte<br />
ermuntern, in den Job zurückzukehren oder wieder<br />
Vollzeit darin zu arbeiten.“ Der Arbeitsminister<br />
erklärt: „Es ist es nötig, in dem Bereich mehr Tarifbindung<br />
zu schaffen.“ und die Familienministerin<br />
will, dass Pflege endlich „cool“ wird: „Pflegen nach<br />
der Stoppuhr muss ein Ende haben.“<br />
In einem gemeinsamen Interview der Minister<br />
mit der Bild am Sonntag spricht man von einem<br />
„Pflegepakt“. Franziska Giffey: „Wir geben hier den<br />
Schwur ab. Hier sitzen drei Minister, die gemeinsam<br />
gegen den Pflegenotstand vorgehen wollen.“ Ein<br />
Ministerschwur, dass man gegen eine jahrzehntelang<br />
sich andeutende, eklatante Fehlentwicklung<br />
im Pflegebereich mit schon heute katastrophalen,<br />
teilweise existenzbedrohenden Folgen für die Pflegenden,<br />
die Angehörigen und die zu Pflegenden,<br />
vorgehen möchte. In „der Zeit“ fragt man sich<br />
nicht zu Unrecht, ob das „ein schlechter Scherz<br />
sein soll“. Wir sollten keine Gelegenheit auslassen,<br />
die Politik an diesen „Schwur“ zu erinnern.<br />
Denn „Gute Pflege“ ist per se auch eine „Exzellente<br />
<strong>Schmerz</strong>medizin“.<br />
Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse bei der<br />
Lektüre.<br />
Berlin, Oktober <strong>2018</strong><br />
Herzlichst Anja Lamprecht<br />
Verlegerin<br />
Anja Lamprecht<br />
anja.lamprecht@thepaideiagroup.com<br />
3
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Editorial 3<br />
Anja Lamprecht<br />
<strong>Schmerz</strong>medizin heute 6<br />
Kräfte bündeln für eine bessere <strong>Schmerz</strong>versorgung<br />
Das ANOA-Konzept 14<br />
Subgruppenspezifische Psychotherapie<br />
multifaktorieller <strong>Schmerz</strong>- und Funktionserkrankungen<br />
des Bewegungssystems<br />
Wolfgang Ritz<br />
Innovative Therapie neuropathischer <strong>Schmerz</strong>en 8<br />
Periphere Neurostimulation am Nervus<br />
suprascapularis bei chronischen neuropathischen<br />
Schulterschmerzen mithilfe eines extrakorporalen<br />
Stimulators<br />
Markus Geuting<br />
Chronischer Rückenschmerz 18<br />
AWMF-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz –<br />
Was wird anders?<br />
Kerstin Engel<br />
Fehlgebrauch und Abhängigkeit von Opioiden<br />
bei <strong>Schmerz</strong>patienten 11<br />
Substitutionstherapie auch in der ambulanten<br />
Praxis möglich<br />
Symposiumsbericht<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie bei älteren multimorbiden Patienten 21<br />
Individuelle Therapielösungen mit<br />
digitaler Unterstützung<br />
Symposiumsbericht<br />
4
Palliativbetreuung 26<br />
Methadon – ein essenzielles Medikament in<br />
der Palliativmedizin<br />
Hans-Jörg Hilscher<br />
Neues aus Praxis und Theorie 42<br />
Behandlung des Burnout-Syndroms<br />
nach Trang<br />
Trang-Xuan Nguyen<br />
News 44<br />
Deutscher Förderpreis für <strong>Schmerz</strong>forschung<br />
und <strong>Schmerz</strong>therapie ausgeschrieben<br />
Chancen der medizinischen Cannabistherapie nutzen 32<br />
Gute Erfahrungen vor allem in der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie<br />
Symposiumsbericht<br />
News 45<br />
Analgetika-Warnhinweis-Verordnung am<br />
1. Juli <strong>2018</strong> in Kraft getreten<br />
Alphabetisches Verzeichnis der Autoren 46<br />
Pro domo 47<br />
Impressum 47<br />
Opiatabhängigkeit 36<br />
Novellierung von BtMVV und ärztlichen<br />
Richtlinien zur Opiatsubstitutionstherapie<br />
Ulrich Bohr<br />
5
SCHMERZMEDIZIN HEUTE<br />
Kräfte bündeln für eine bessere<br />
<strong>Schmerz</strong>versorgung<br />
Trotz einiger Erfolge in den letzten Jahren ist die Versorgung von <strong>Schmerz</strong>patienten in Deutschland immer<br />
noch nicht zufriedenstellend. Im Rahmen des 29. <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtags trafen sich im Frühjahr <strong>2018</strong><br />
erstmals die Präsidenten der drei großen <strong>Schmerz</strong>gesellschaften Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin<br />
(DGS) e. V., Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der <strong>Schmerz</strong>- und Palliativmedizin<br />
in Deutschland (BVSD) e. V. und Deutsche <strong>Schmerz</strong>gesellschaft (DSG) e. V. mit dem Ziel gemeinsam<br />
an Lösungen zu arbeiten. Verbesserungen können nur dann eintreten, wenn die deutschen Fachgesellschaften<br />
ihre Kräfte bündeln, an einem Strang ziehen und miteinander in einem engen Dialog stehen.<br />
CONFERENCES<br />
Sich trotz aller Differenzen auf die Gemeinsamkeiten<br />
zu besinnen und sich unabhängig von Verbandsgrenzen<br />
für eine bessere <strong>Schmerz</strong>versorgung<br />
einzusetzen – das war in Deutschland jahrelang<br />
nicht möglich. Zu unterschiedlich ist die Entstehungsgeschichte<br />
der mit der <strong>Schmerz</strong>medizin<br />
befassten Fachgesellschaften, zu unterschiedlich<br />
auch die Schwerpunkte in ihrer Arbeit und die Art<br />
der Umsetzung. Nun sollen in einer gemeinsamen<br />
Initiative sowohl die Interessen der Patienten als<br />
auch der Ärzte nachhaltiger vertreten werden,<br />
auch auf politischer Ebene.<br />
Mit einer Stimme sprechen<br />
„Wichtig ist, dass wir trotz unserer unterschiedlichen<br />
Herangehensweisen nach Außen hin mit<br />
einer Stimme sprechen und unsere gemeinsamen<br />
Ziele mit gebündelter Kraft verfolgen“, erklärte<br />
der DGS-Präsident Dr. Johannes Horlemann. Auch<br />
der Präsident der Deutschen <strong>Schmerz</strong>gesellschaft<br />
Prof. Dr. Martin Schmelz begrüßt den gemeinsamen<br />
Vorstoß: „Jeder Mensch hat das Recht auf<br />
eine angemessene <strong>Schmerz</strong>linderung. Gemeinsam<br />
können wir die Herausforderungen meistern und<br />
die <strong>Schmerz</strong>versorgung verbessern.“<br />
Die dringendsten Aufgaben, darin waren sich<br />
alle drei Präsidenten bei dieser ersten Bestandsaufnahme<br />
einig, liegen in der Verbesserung der<br />
<strong>Schmerz</strong>versorgung in der Breite und in der Sicherung<br />
der Praxen bzw. des Nachwuchses durch eine<br />
attraktivere Gestaltung des Fachgebiets. Dazu<br />
gehört unter anderem, die Arbeit in diesem Fachgebiet<br />
besser zu entlohnen, bürokratische Hürden<br />
bei Zulassungen und Prüfungen abzubauen und<br />
eine Bedarfsplanung einzufordern.<br />
„Die Sicherung der Bedarfsplanung funktioniert<br />
nur über den Facharztstatus“, ist sich BVSD-Präsident<br />
Prof. Dr. Joachim Nadstawek sicher. Wie auch<br />
in der Palliativmedizin besteht schon lange die<br />
Forderung nach einem eigenen Facharzt, der die<br />
Zersplitterung der Fachgebiete aufhebt. Hier gilt es<br />
laut Privatdozent Dr. Michael Überall, Präsident der<br />
Deutschen <strong>Schmerz</strong>liga e. V., auch Vorurteile abzubauen.<br />
„<strong>Schmerz</strong>therapeuten nehmen niemandem<br />
die Patienten weg, sie behandeln diejenigen, bei<br />
denen andere mit ihrem Teilgebiet nicht mehr weiterkommen.<br />
Da werden wir auch an unserer Kommunikation<br />
arbeiten müssen.“<br />
„Schaut mehr auf den Menschen“<br />
Mehr individualisierte, nicht nur evidenzbasierte<br />
Therapie für <strong>Schmerz</strong>patienten wünscht sich<br />
Prof. Dr. Rita Süssmuth. So das Fazit der Bundestagspräsidentin<br />
a. D. und ehemaligen Bundesgesundheitsministerin<br />
in ihrer Eröffnungsrede zum<br />
29. <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtag in Frankfurt. Der<br />
Fortschritt in der Medizin habe dafür gesorgt, den<br />
Menschen immer kleinteiliger zu durchleuchten.<br />
Auf der Strecke geblieben sei dabei der Mensch in<br />
seiner Gesamtheit. Den Patienten täte es gut, wenn<br />
die Behandlung weg von der rein evidenzbasierten<br />
Medizin wieder stärker hin zur individualisierten<br />
6
SCHMERZMEDIZIN HEUTE<br />
Prof. Dr. Rita Süssmuth<br />
Bundestagspräsidentin a. D.<br />
Medizin ginge. Man soll ruhig einmal die vorgegebenen<br />
Pfade verlassen und neue Wege einschlagen,<br />
auch wenn es eventuell mal ein Irrweg sei: „Daraus<br />
lernen Sie, und das ist gut!“ Ein Beispiel dieser<br />
„neuen Wege“ führte zurück in die Anfänge der<br />
Hospizbewegung Mitte der 1980er-Jahre. „Einen<br />
Ort für Menschen zu schaffen, die nicht Zuhause<br />
sterben können, das war damals ja völlig neu. Und<br />
dann hat man dort diesen Menschen die Hand<br />
gehalten. Das war garantiert nicht evidenzbasiert<br />
oder standardisiert, aber es hat geholfen!“ Manchmal<br />
müsse man eben einfach handeln.<br />
Eine flächendeckende Bedarfsplanung in der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie hält Rita Süssmuth für unerlässlich.<br />
Wenn die Lösung in der Einführung des<br />
Facharztes für <strong>Schmerz</strong>medizin liegt, sollte dieser<br />
entsprechend eingefordert werden. Ein weiterer<br />
Wunsch ist, die Kosten-Nutzen-Relation nicht nur<br />
aus ökonomischer Sicht zu betrachten. „Es kann<br />
nicht sein, dass in sogenannte austherapierte Menschen<br />
kein Geld mehr investiert wird.“ Der Nutzen,<br />
wie etwa bessere Lebensqualität, sei bei kranken<br />
Menschen nun einmal nicht ökonomisch zu messen.<br />
Das „Kosten-Stoppschild“ gehöre abgebaut<br />
– vor allem in der Politik. Wichtig in dem Zusammenhang<br />
auch: „Therapie heißt nicht nur Medikamente,<br />
wir haben vielleicht zu hohe Erwartungen<br />
in die Forschung und die Medizin“, so Süssmuth.<br />
Doch <strong>Schmerz</strong>en und Leid lindern könnten ganz<br />
viele Maßnahmen: Bewegungstherapie etwa, oder<br />
Kunst- und Musiktherapie. „Hier wünsche ich mir<br />
mehr Offenheit und Austausch: Man kann nur vonund<br />
miteinander lernen.“<br />
Rita Süssmuth war von 1988 bis 1998 Präsidentin<br />
des Deutschen Bundestags und von 1985<br />
bis 1988 Bundesministerin für Familie, Frauen,<br />
Jugend und Gesundheit. Zuvor war sie Professorin<br />
für Erziehungswissenschaften an den Universitäten<br />
Bochum und Dortmund und Direktorin des<br />
Forschungsinstituts „Frau und Gesellschaft“ in<br />
Hannover.<br />
Redaktion: Rüdiger Zart<br />
Quelle: Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin e.V.<br />
CONFERENCES<br />
7
INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN<br />
Periphere Neurostimulation am Nervus<br />
suprascapularis bei chronischen<br />
neuropathischen Schulterschmerzen mithilfe<br />
eines extrakorporalen Stimulators<br />
Markus Geuting, Löwenstein<br />
In Deutschland klagen etwa 6–10 % der allgemeinen Bevölkerung über chronische neuropathische <strong>Schmerz</strong>en<br />
[1]. Die Bedeutung der peripheren Nervenstimulation (PNS) als Behandlungsmöglichkeit nach Ausschöpfung<br />
der konservativen Therapie nimmt dabei zu. Eine neue Technik ermöglicht nun eine minimalinvasive Lösung<br />
für die periphere Nervenstimulation, wobei lediglich die Elektrode implantiert wird und die Stimulation nur<br />
noch von extrakorporal durch einen externen Stimulator erfolgt. Eine Patientin mit chronischen, neuropathischen<br />
Schulterschmerzen links profitierte von diesem neuartigen Therapiekonzept durch Implantation<br />
einer Neurostimulationselektrode an den Nervus suprascapularis.<br />
CONFERENCES<br />
Die Patientin stellte sich 2016 mit Zustand nach<br />
Trauma im Halswirbelsäulenbereich und der linken<br />
Schulter vor und klagte im Verlauf über Dauerschmerzen<br />
in der linken Schulter, welche bis in den<br />
linken Arm ausstrahlten. Die Patientin konnte den<br />
Arm und die Schulter nicht belasten und berichtete<br />
von zeitweiser Taubheit und Sensibilitätsstörungen.<br />
Die Behandlung erfolgte im Mai 2016<br />
leitliniengerecht zunächst mit Gabapentin und<br />
zusätzlicher Physiotherapie, im September 2016<br />
zusätzlich mit Tilidin, da eine erträgliche <strong>Schmerz</strong>reduktion<br />
nicht erreicht wurde. Eine im Oktober<br />
2016 durchgeführte epidurale gepulste Radiofrequenztherapie<br />
im Zervikalbereich führte zu einer<br />
deutlichen <strong>Schmerz</strong>linderung.<br />
Die Patientin stellte sich im Januar 2017 erneut<br />
mit zunehmenden <strong>Schmerz</strong>en vor, zwischenzeitlich<br />
auch mit erheblichen Schlafstörungen. Sie<br />
berichtete davon, allenfalls zwei bis drei Stunden<br />
pro Nacht schlafen zu können. Im Rahmen des<br />
klinischen Behandlungspfades wurde im weiteren<br />
Verlauf erfolgreich eine diagnostische, sonografisch<br />
gesteuerte periphere Nervenblockade am<br />
Nervus suprascapularis links durchgeführt. Da es<br />
im Verlauf jedoch zu einer weiteren Zunahme der<br />
<strong>Schmerz</strong>intensität kam, mit Verschlechterung der<br />
Beweglichkeit, wurde die Tagesdosis Gabapentin<br />
auf 2.400 mg erhöht und zusätzlich mit Tapentadol<br />
retard in einer Tagesdosis 200 mg begonnen. Aufgrund<br />
von einsetzenden Nebenwirkungen musste<br />
die Gabe von Tapentadol retard auf eine Tagesdosis<br />
von 100 mg reduziert werden. Da eine dauerhafte<br />
<strong>Schmerz</strong>linderung nicht erreicht werden konnte<br />
und der Verlust der Arbeitsfähigkeit bei der jungen<br />
Patientin drohte, kam als weitere Therapieoption<br />
die periphere Nervenstimulation in Frage.<br />
8
INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN<br />
Realistische Therapieziele der<br />
Neuromodulation von peripheren<br />
Nerven<br />
Ziel der Neuromodulation peripherer Nerven<br />
muss es sein, eine <strong>Schmerz</strong>reduktion von mindestens<br />
50 % zu erreichen und darunter die Tagesdosis<br />
schmerztherapeutisch relevanter Medikamente<br />
deutlich zu reduzieren und im Verlauf vollständig<br />
ausschleichen zu können. Ein weiterer ganz wichtiger<br />
Aspekt ist das Wiedererlangen und Erhalten der<br />
Arbeitsfähigkeit der Patienten sowie eine Verbesserung<br />
der Beweglichkeit, der Schlafqualität und<br />
der gesamten Lebensqualität.<br />
Abbildung 1: Externer Puls-Transmitter als Impulsgenerator<br />
mit implantierter Elektrode (StimRouter, Firma Bioness)<br />
und Fernbedienung zur Einstellung der gewünschten<br />
Stimulation durch die Patientin (mit freundlicher<br />
Genehmigung der Firma Bioness).<br />
Extrakorporale Neuromodulation<br />
Bei der Neuromodulation werden nervale Strukturen<br />
reversibel beeinflusst, z. B. durch elektrische Stimulation<br />
von einzelnen Nerven oder auch komplexen<br />
nervalen Systemstrukturen wie dem Rückenmark [2].<br />
Dabei löst die elektrische Nervenstimulation eine<br />
Parästhesie aus, welche den <strong>Schmerz</strong> „maskiert“ und<br />
von den Patienten, unter anderem, als „angenehmes<br />
Kribbeln“ umschrieben wird.<br />
Da durch die Nervenblockade bestätigt wurde,<br />
dass der Nervus suprascapularis den <strong>Schmerz</strong><br />
auslöst, wird hier eine neuartige Technik der PNS<br />
gewählt. Dabei kommt ein Verfahren zum Einsatz,<br />
welches ohne implantierbaren Impulsgenerator<br />
auskommt und die Stimulation über galvanische<br />
Induktion an die implantierte Elektrode überträgt<br />
(Abb. 1).<br />
Die 15 cm lange Stimulationselektrode wurde<br />
unter Lokalanästhesie, ultraschallgesteuert und<br />
minimalinvasiv durch eine kleine Stichinzision an<br />
den Nervus suprascapularis implantiert. Durch das<br />
Auslösen von Kribbelparästhesien ist eine intraoperative<br />
Testung und Lagekontrolle der Stimulationselektrode<br />
während desselben Eingriffs möglich.<br />
Abbildung 2: Implantation und intraoperative Testung der<br />
Stimulationselektrode am Nervus suprascapularis links im<br />
Ultraschall-Bild.<br />
Die sonografische Kontrolle (Abb. 2) ermöglichte<br />
dabei eine exakte Elektrodenpositionierung.<br />
Nach der Implantation hat die Patientin die Möglichkeit,<br />
die im klinischen Verlauf individuell eingestellten<br />
Stimulationsprogramme selbst zu wählen<br />
und die Intensität über eine kleine Fernbedienung<br />
ihrem <strong>Schmerz</strong>zustand anzupassen. Dabei wird der<br />
Stimulator nur dann auf der Haut getragen, wenn<br />
die Stimulation eingeschaltet ist. Der externe Stimulator<br />
ist wiederaufladbar, sodass eine eventuelle<br />
Folgeoperation zum Austausch des Akkus entfällt.<br />
CONFERENCES<br />
9
INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN<br />
Initiales Patientenfeedback<br />
Zu Beginn <strong>2018</strong> konnte bei der Patientin eine<br />
erhebliche <strong>Schmerz</strong>linderung festgestellt werden. Im<br />
weiteren Verlauf konnten die Tagesdosen an Analgetika<br />
und Antikonvulsiva reduziert werden. Die Feineinstellung<br />
der Stimulation wurde dem Bedarf der<br />
Patientin angepasst, insbesondere unter dem Aspekt,<br />
einer Belastungszunahme gerecht zu werden, welche<br />
im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme<br />
aufgetreten war. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses<br />
im Juni <strong>2018</strong> zeigt sich insgesamt eine<br />
sehr stabile Gesamtsituation mit anhaltender, deutlicher<br />
<strong>Schmerz</strong>reduktion. Dabei berichtete die Patientin<br />
von einer <strong>Schmerz</strong>reduktion von VAS (visuelle<br />
Analogskala)-Score 9 auf VAS-Score 2. Die medikamentöse<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie konnte zwischenzeitlich<br />
vollständig abgesetzt werden. Weiterhin berichtete<br />
die Patientin von einer Zunahme der Beweglichkeit<br />
und Belastbarkeit, sodass eine neue Ausbildung<br />
begonnen werden konnte. Inzwischen kann die Patientin<br />
nachts wieder durchschlafen.<br />
Zusammenfassung<br />
Das neuartige minimalinvasive PNS-Verfahren<br />
konnte erfolgreich am Nervus suprascapularis<br />
links eingesetzt werden. Die extrakorporale<br />
Neurostimulation ermöglicht uns perspektivisch<br />
Markus Geuting<br />
markus.geuting@klinik-loewenstein.de<br />
chronisch-neuropathische <strong>Schmerz</strong>en an verschiedenen<br />
peripheren Nerven zu behandeln, wenn die<br />
konservative <strong>Schmerz</strong>therapie nicht ausreichend<br />
wirksam ist, nichtinvasive Verfahren ausgeschöpft<br />
sind oder sich im Rahmen der medikamentösen<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie Nebenwirkungen unter der Therapie<br />
einstellen.<br />
Referenzen<br />
1. Binder A, Baron R. The pharmacological therapy of chronic<br />
neuropathic pain. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 616–26.<br />
2. Kugler M. Neuromodulation in der <strong>Schmerz</strong>therapie.<br />
Georg Thieme Verlag, 2014: 33.<br />
CONFERENCES<br />
Welche Antwort ist richtig? Realistische Therapieziele unter Neuromodulation bei chronischen neuropathischen<br />
<strong>Schmerz</strong>en sind …<br />
1. eine <strong>Schmerz</strong>reduktion um ca. 20 %.<br />
2. ein Wiedererlangen und Erhalten der Arbeitsfähigkeit.<br />
3. eine langfristige und 100%ige Verbesserung der Beweglichkeit.<br />
4. eine kurzfristige Verbesserung der Beschwerden in Verbindung mit physikalischen Maßnahmen.<br />
Die Lösung finden Sie auf Seite 46.<br />
10
FEHLGEBRAUCH UND ABHÄNGIGKEIT VON OPIOIDEN<br />
BEI SCHMERZPATIENTEN<br />
Substitutionstherapie auch in der<br />
ambulanten Praxis möglich<br />
Die Abhängigkeit von verschriebenen Opioiden stellt auch in Deutschland ein immer größeres Problem dar.<br />
Betroffene <strong>Schmerz</strong>patienten, bei denen der Opioidgebrauch aus dem Ruder läuft, brauchen keine moralische<br />
Empörung, sondern spezielle Therapieangebote, betonten Experten auf einem Symposium während des Deutschen<br />
<strong>Schmerz</strong>- und Palliativ-Tages <strong>2018</strong> in Frankfurt am Main. Eine Substitutionsbehandlung mit Buprenorphin/Naloxon<br />
kann in vielen Fällen eine Möglichkeit sein, das Problem wieder in den Griff zu bekommen.<br />
Die Zahlen aus den USA sind alarmierend: Etwa<br />
60.000 Drogentote gab es im Jahr 2016 – davon<br />
waren etwa ein Viertel auf verschriebene „legale“<br />
Opioide zurückzuführen, berichtete Oliver Emrich<br />
aus Ludwigshafen/Rhein. Ganz so schlimm ist die<br />
Situation in Europa und Deutschland nicht. Im europäischen<br />
Drogenbericht 2017 wird aber über einen<br />
zunehmenden missbräuchlichen Konsum legaler<br />
synthetischer Opioide berichtet und in 17 europäischen<br />
Ländern wiesen mehr als 10 % der Patienten,<br />
die eine spezielle Drogentherapie antreten, primär<br />
ein Problem mit anderen Opioiden als Heroin.<br />
Neue Praxisleitlinie<br />
Substitutionsbehandlung<br />
Jeder <strong>Schmerz</strong>therapeut wird aber wahrscheinlich<br />
Patienten mit Opioid-Fehlgebrauch oder<br />
-Abhängigkeit kennen, die in keiner Drogenstatistik<br />
a<br />
auftauchen, sagte Dr. Emrich. Auch wenn es keine<br />
belastbaren Daten gibt, muss man davon ausgehen,<br />
dass etwa 3 % der Patienten unter einer Langzeitverordnung<br />
von Opioiden zur <strong>Schmerz</strong>therapie<br />
einen „ungünstigen Verlauf“ mit Fehlgebrauch,<br />
Abhängigkeit und Suchtverhalten entwickeln. Um<br />
diesen abhängig gewordenen <strong>Schmerz</strong>patienten<br />
gezielt helfen zu können, wurde von der Deutschen<br />
Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>therapie (DGS)<br />
eine Praxisleitlinie zur Substitutionsbehandlung<br />
entwickelt [1].<br />
Toleranz von psychischer<br />
Abhängigkeit unterscheiden<br />
Unterschieden werden muss bei Opioidgebrauch<br />
zwischen Toleranz als zunächst nur physischem<br />
Phänomen und der psychischen Abhängigkeit,<br />
erklärte der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Bei der Toleranz-<br />
b<br />
Abbildung 1: Buprenorphin – unterschiedliche Wirkung an den Opioidrezeptoren: Opioidvollagonist: relativ geringe Rezeptorabdeckung [5, 6] (a),<br />
Opioidpartialagonist: bis zu 95 % Rezeptorbelegung durch Buprenorphin [7] (b). Ab 16 mg sind fast alle Opioidrezeptoren belegt [7].<br />
11
FEHLGEBRAUCH UND ABHÄNGIGKEIT VON OPIOIDEN<br />
BEI SCHMERZPATIENTEN<br />
EDUCATION<br />
POMI (Prescription Opioid Misuse Index)<br />
1. Nehmen Sie regelmäßig mehr Medikation<br />
d. h. höhere Dosierungen ein als Sie verschrieben<br />
bekommen haben? Ja/Nein<br />
2. Nehmen Sie ihre Medikation häufiger als<br />
verschrieben ein, d. h. verkürzen Sie die<br />
Einnahmezeitpunkte?Ja/Nein<br />
3. Benötigen Sie immer früher oder häufiger<br />
Folgerezepte ihrer Medikation? Ja/Nein<br />
4. Fühlen Sie sich „high“ nach der Einnahme<br />
Ihrer Medikation oder bekommen Sie ein<br />
Rausch-Gefühl?Ja/Nein<br />
5. Nehmen Sie oder nahmen Sie Ihre <strong>Schmerz</strong>medikation,<br />
weil Sie verstimmt oder aufgeregt<br />
waren oder um andere Symptome als<br />
<strong>Schmerz</strong> zu beeinflussen oder zu beseitigen?<br />
Ja/Nein<br />
6. Mussten Sie oder müssen Sie mehrere Ärzte<br />
aufsuchen, die Ihnen Ihre <strong>Schmerz</strong>mittel<br />
verschreiben, um mehr <strong>Schmerz</strong>mittelrezepte<br />
zu bekommen?<br />
Ja/Nein<br />
Schon bei einer einzigen mit einem Ja beantworteten<br />
Frage, besteht der Verdacht auf einen<br />
Opioid-Fehlgebrauch bzw. eine Abhängigkeit [2].<br />
entwicklung handelt es sich um eine pharmakodynamische<br />
Adaptation, der eine Sensibilisierung<br />
der Neuromatrix zugrunde liegt. Meist kommt es<br />
unter einer Langzeit-Opioidtherapie zu einer langsamen<br />
Sensibilisierung des Opioidrezeptor-Systems,<br />
die im Verlauf Dosissteigerungen notwendig<br />
macht, um die gleiche <strong>Schmerz</strong>linderung wie am<br />
Anfang zu erzielen.<br />
Von psychischer Abhängigkeit – der alte Begriff<br />
„Sucht“ wurde verlassen – wird gesprochen, wenn<br />
es zu einer Änderung des Einnahmezwecks und den<br />
für eine Substanzmissbrauchsstörung typischen<br />
Verhaltensänderungen gekommen ist. Hierzu stehen<br />
verschiedene Screeningtools zur Verfügung,<br />
von denen POMI (Prescription Opioid Misuse Index)<br />
am gebräuchlichsten ist. Er beruht auf einem Fragebogen<br />
mit sechs einfachen Fragen, der vom<br />
Patienten selbst ausgefüllt werden kann [2] (siehe<br />
Kasten).<br />
Als weitere mögliche Hinweise nannte Dr. Emrich<br />
viele Verordner (die oft nichts voneinander wissen),<br />
häufiger Wunsch nach Dosissteigerungen und ein<br />
inadäquater häufiger Rezeptwunsch.<br />
Qualifizierte Substitutions behandlung<br />
mit Buprenorphin<br />
Alternativ zur schrittweisen Dosisreduktion im<br />
Rahmen einer „strukturierten Opioidtherapie“ wird<br />
in der Leitlinie neben der ambulanten bzw. stationären<br />
Entzugsbehandlung eine qualifizierte Substitutionsbehandlung<br />
mit langwirksamen Opioiden<br />
aufgeführt.<br />
Gute Erfahrungen hat Dr. Emrich hier mit<br />
Buprenorphin (Suboxone®) gemacht, das im Vergleich<br />
zu Methadon eine deutliche größere therapeutische<br />
Breite aufweist [3].<br />
Hohe Sicherheit durch<br />
Wirkmechanismus<br />
Buprenorphin wirkt als Partialagonist am<br />
μ-Opioid-Rezeptor und verfügt über eine hohe<br />
Rezeptoraffinität. Bei einer Dosis von 16 mg<br />
Buprenorphin pro Tag sind ca. 95 % der μ-Opioid-<br />
Rezeptoren belegt, was zu Analgesie und Anticraving<br />
führt (Abb. 1). Durch den partiellen<br />
Antagonismus der Substanz kommt es dagegen bei<br />
der Atemdepression zu einem Ceiling-Effekt, was<br />
zum hohen Sicherheitsniveau der Substanz beiträgt.<br />
Wegen der gleichzeitigen antagonistischen<br />
Eigenschaften am -Rezeptor wirkt Buprenorphin<br />
weniger sedierend und dysphorisch.<br />
Als weiteren Vorteil in der Praxis nannte der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapeut die hohe Lipophilie der Substanz<br />
mit langsamer Freisetzung aus dem Fettgewebe.<br />
Daraus resultiert dosisabhängig eine lange<br />
12
FEHLGEBRAUCH UND ABHÄNGIGKEIT VON OPIOIDEN<br />
BEI SCHMERZPATIENTEN<br />
Wirkdauer von bis zu 72 Stunden, was eine alternierende<br />
Verabreichung alle zwei bis drei Tage<br />
ermöglicht. So lassen sich bei der Substitutionsbehandlung<br />
z. B. Wochenenden sehr gut überbrücken.<br />
Fehlgebrauch und Abhängigkeit<br />
möglichst im Vorfeld verhindern<br />
Opioide sind in der <strong>Schmerz</strong>therapie bei vielen<br />
Patienten unverzichtbar, bergen aber immer das<br />
Risiko der Abhängigkeitsentwicklung, betonte auch<br />
Dr. Patric Bialas aus Homburg/Saar. Wichtig ist es<br />
daher, die Gefahr einer möglichen Entwicklung in<br />
Richtung Abhängigkeitserkrankung und Fehlgebrauch<br />
möglichst schon im Vorfeld zu erkennen<br />
und entsprechend entgegenzuwirken. Dazu gehören<br />
die regelmäßige Überprüfung der Diagnose,<br />
Indikation und <strong>Schmerz</strong>qualität, eine mögliche<br />
Verordnung von Koanalgetika (z. B. bei neuropathischem<br />
<strong>Schmerz</strong>), die Erfassung von häufigen<br />
psychiatrischen Komorbiditäten (z. B. Depression)<br />
sowie Risikofaktoren wie früherer Drogenkonsum,<br />
Alkoholmissbrauch und Rauchen. Bei jedem Verdacht<br />
auf einen Fehlgebrauch sollten die Patienten<br />
offen darauf angesprochen und entsprechende<br />
Therapieangebote gemacht werden.<br />
Motivation der Patienten ist bei<br />
Substitution entscheidend<br />
Wichtigste Voraussetzung für die Therapie der<br />
behandlungsbedürftigen Abhängigkeit von Opioiden<br />
ist die Sicherstellung der Motivation des<br />
Pa tienten mit gemeinsamem Abwägen der Vor- und<br />
Nachteile von Entzug und Substitution, betonte<br />
der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Für den ambulanten substitutionsgestützten<br />
Entzug muss ein Antrag auf<br />
Bewilligung bei der zuständigen KV gestellt werden.<br />
Dazu muss der Arzt die Qualifikation „suchtmedizinische<br />
Grundversorgung“ aufweisen – oder<br />
konsiliarisch bei bis zu zehn Patienten pro Praxis<br />
mit einem Suchtmediziner zusammenarbeiten.<br />
Am Tag vor Therapiebeginn soll der Patient dann<br />
seine übliche Opioid-Dosis weglassen, so dass er<br />
am Morgen mit deutlichen Entzugserscheinungen<br />
in die Praxis kommt. Der Patient bekommt dann<br />
2-4 mg Buprenorphin – nach einer Stunde wird<br />
dann eine weitere Tablette gegeben, bis keine Entzugserscheinungen<br />
mehr bestehen (max. 8 mg am<br />
ersten Tag). Dafür bleibt der Patient an diesem Tag in<br />
der Praxis unter Beobachtung. Am Folgetag erfolgt<br />
eine weitere Dosisbeurteilung (ggf. bis 16 mg/d).<br />
Danach müssen sich die Patienten jeden Tag in der<br />
Praxis vorstellen und bei zufriedenstellender Stabilisierung<br />
kann eine langsame Dosisreduktion und<br />
auch eine Herabsetzung der Dosierungshäufigkeit<br />
auf alle zwei oder drei Tage erfolgen [4].<br />
Bericht: Maria Weiß<br />
Referenzen<br />
1. DGS-Praxisleitlinien. Substitutionsbehandlung bei Opioid<br />
fehlgebrauch in der <strong>Schmerz</strong>therapie; Verfügbar unter:<br />
http://dgs-praxisleitlinien.<br />
2. Turk DC et al. Predicting opioid misuse by chronic pain<br />
patients: a systematic review and literature synthesis. Clin<br />
J Pain 2008; 24(6): 497–508.<br />
3. Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen;<br />
Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung<br />
Opiatabhängiger. Verfügbar unter: https://www.<br />
bas-muenchen.de/fileadmin/documents/pdf/Publikationen/BAS_Substitutionsleitfaden_2011_final_110107.pdf<br />
(Stand September 2016).<br />
4. Fachinformation Suboxone (Stand November 2015).<br />
5. Lambert DG et al. Coutin Educ Anaesth Crit Core Pain;<br />
2014; 4 (6): 181.<br />
6. Freye E et al. Opioide in der Medizin. 8. Auflage, Springer<br />
Medizin Verlag, 2010.<br />
7. Zubieta J et al. Neuropsychopharmacalogoy 2000; 23 (3):<br />
326–34.<br />
Quelle: Symposium „DGS-Praxisleitlinie zur Opioidabhängigkeit“<br />
am 09.03.<strong>2018</strong> anlässlich des Deutschen <strong>Schmerz</strong>- und<br />
Palliativtages <strong>2018</strong> in Frankfurt am Main, unterstützt durch<br />
INDIVIOR Deutschland GmbH.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der INDIVIOR Deutschland<br />
GmbH.<br />
EDUCATION<br />
13
DAS ANOA-KONZEPT<br />
Subgruppenspezifische Psychotherapie<br />
multifaktorieller <strong>Schmerz</strong>- und<br />
Funktionserkrankungen des<br />
Bewegungssystems<br />
Wolfgang Ritz, Sommerfeld<br />
Patienten mit chronischen <strong>Schmerz</strong>en des Bewegungssystems weisen eine Vielzahl körperlicher und psychischer<br />
Beeinträchtigungen auf. Der <strong>Schmerz</strong> ist häufig Resultat eines individuellen Chronifizierungsprozesses,<br />
der Ärzte und Therapeuten vor die Frage stellt, welche dieser Einflussfaktoren die Hauptfaktoren der aktuellen<br />
Beeinträchtigung sind. Wir finden häufig typische Befundkonstellationen von Strukturpathologien,<br />
funktionspathologischen Befunden und psychischen Einflussfaktoren. Das Zusammenwirken dieser Befunde<br />
kann in der Regel nur in einer interdisziplinären Diagnostik identifiziert werden.<br />
CONFERENCES<br />
Durch eine multiprofessionale Diagnostik von<br />
Orthopäden, Neurologen, Funktionsmedizinern<br />
und Fachleuten verschiedener Psychodisziplinen<br />
(schmerzmedizinisch ausgebildete Psychiater,<br />
Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten)<br />
können Einzelbefunde bewertet und in ihrem Zusammenwirken<br />
beurteilt werden. Aus diesen Befundkonstellationen<br />
lassen sich behandlungsrelevante<br />
Subgruppen bilden, die in einer orthopädischen<br />
Komplexbehandlung befundorientierte therapeutische<br />
Schwerpunktsetzungen ermöglichen.<br />
Grundzüge des ANOA-Konzepts<br />
Die ANOA ist eine medizinisch-wissenschaftliche<br />
Vereinigung von Kliniken, die sich auf stationäre<br />
Komplexbehandlungen multifaktorieller<br />
<strong>Schmerz</strong>- und Funktionserkrankungen des Bewegungssystems<br />
spezialisiert haben. Die ANOA ist der<br />
Auffassung, dass nur im Rahmen einer ganzheitlichen<br />
Betrachtung eine über die Akutbehandlung<br />
hinausgehende nachhaltig wirksame Behandlungsstrategie<br />
erarbeitet werden kann. Mediziner<br />
und Psychologen der ANOA haben Therapiekonzepte<br />
entwickelt, die explizit nichtoperative Elemente<br />
orthopädischer Behandlungen wie z. B.<br />
Physiotherapie und manuelle Medizin mit wissenschaftlich<br />
fundierten schmerzmedizinischen<br />
Methoden wie z. B. interventionelle und medikamentöse<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie und Methoden der speziellen<br />
<strong>Schmerz</strong>psychotherapie kombinieren. Das<br />
ANOA-Konzept beschreibt eine befundorientierte<br />
14
DAS ANOA-KONZEPT<br />
Morphologischer Befund<br />
Neuromuskuläre Funktionsstörung<br />
Inadäquate Bewältigung<br />
Belastungsreaktionen<br />
Psychopathologie<br />
Psychovegetative Funktionsstörung<br />
Psychosozialer Faktor<br />
Komplexbehandlung des Bewegungssystems in<br />
klinischen Pfaden mit definierten subgruppenspezifischen<br />
therapeutischen Schwerpunktsetzungen.<br />
Jeder ANOA-Behandlungspfad bildet eine spezielle<br />
Methodenkombination zur Erreichung individuell<br />
festgelegter therapeutischer Zielstellungen ab. Die<br />
Behandlung erfolgt multimodal im multiprofessionellen<br />
therapeutischen Team unter ärztlicher<br />
Leitung.<br />
Das ANOA-Konzept beschreibt vier komplextherapeutische<br />
Behandlungspfade, von denen die<br />
ANOA-Hauptpfade 1 und 2 näher betrachtet werden<br />
sollen (Abb. 1).<br />
ANOA-Pfad 1: Neuroorthopädischfunktionelle<br />
Komplexbehandlung<br />
Im neuroorthopädisch-funktionellem Behandlungspfad<br />
werden Patienten behandelt, deren<br />
<strong>Schmerz</strong>syndrome auf überwiegend funktionspathologischen<br />
Befundkonstellationen zurückzuführen<br />
sind. Die Ursachen dieser Funktionspathologien<br />
sind vielfältig und reichen von orthopädischen<br />
Strukturpathologien über Funktionsstörungen<br />
des neuromuskulären Systems bis zur Störung<br />
der Energiebereitstellung und der neuronalen<br />
Steuerung, einschließlich psychischer Störungsmuster.<br />
Chronische Funktionspathologien mit<br />
Krankheitsrelevanz können aus Sicht des Autors<br />
auch als Funktionserkrankung des Bewegungssystems<br />
verstanden werden. Funktionserkrankungen<br />
des Bewegungssystems sind in dieser Sichtweise<br />
gesundheitliche Störungen, bei denen komplexe<br />
Funktionspathologien des Bewegungssystems<br />
Hauptfaktoren anhaltender Funktions-, Aktivitäts-<br />
und Partizipationsbeeinträchtigungen oder<br />
chronischer <strong>Schmerz</strong>en vorliegen. Orthopädische<br />
Strukturpathologien und psychische Faktoren können<br />
beteiligt sein und müssen in der Behandlung<br />
mitberücksichtigt werden.<br />
Funktionspathologie<br />
Funktionserkrankung des<br />
Bewegungssystems<br />
ANOA-Pfad 1: Orthopädischfunktionelle<br />
Komplextherapie<br />
ANOA-Pfad 2: Multimodale<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie mit funktionellen und<br />
psychotherapeutischen Schwerpunkten<br />
Im ANOA-Pfad 2 erfolgt eine multimodale<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie mit funktionellen und schmerzpsychotherapeutischen<br />
Schwerpunkten. Behandelt<br />
werden Patienten mit multifaktoriellen <strong>Schmerz</strong>syndromen<br />
des Bewegungssystems, bei denen die<br />
zentralisierte <strong>Schmerz</strong>störung Hauptfaktor der<br />
Beeinträchtigung ist. Sie weisen in der Regel eine<br />
Kombination morphologischer, funktionspathologischer<br />
und psychischer Befunde auf. Psychische<br />
Faktoren können dysfunktionale Bewältigungsstrategien,<br />
emotionale Belastungsreaktionen,<br />
Anpassungs- und Belastungsreaktionen oder<br />
psychopathologische Störungen sein. Häufig sind<br />
psychosoziale Faktoren beteiligt, die als operante<br />
Verstärker wirken.<br />
Spezielle subgruppenspezifische<br />
<strong>Schmerz</strong>psychotherapie im ANOA-<br />
Konzept<br />
Die Psychotherapie im ANOA-Konzept ist eine<br />
Anwendung der speziellen <strong>Schmerz</strong>psychotherapie.<br />
Spezielle <strong>Schmerz</strong>psychotherapie beinhaltet<br />
die Diagnostik und Behandlung psychischer<br />
Merkmale, Ursachen und Auswirkungen von<br />
<strong>Schmerz</strong>empfindungen und das Zusammenwirken<br />
schmerzrelevanter psychischer und somatischer<br />
Zentralisierter <strong>Schmerz</strong><br />
Chronische <strong>Schmerz</strong>störung im<br />
Bewegungssystem<br />
ANOA-Pfad 2: Multimodale<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie<br />
Abbildung 1: ANOA-Konzept, klinische Pfade 1 und 2.<br />
CONFERENCES<br />
15
DAS ANOA-KONZEPT<br />
ANOA-Pfad 1: Orthopädisch-funktionsorientierte Komplexbehandlung<br />
OPS 8-977<br />
Schwerpunkt Stabilisation<br />
Schwerpunkt Mobilisation<br />
Schwerpunkt ATL<br />
+<br />
Psychoedukation<br />
und Entspannung<br />
ANOA-Pfad 2: Multimodale <strong>Schmerz</strong>therapie als orthopädischpsychotherapeutische<br />
Komplexbehandlung OPS 8-918<br />
Schwerpunkt psychosomatische Orthopädie, individualisiert<br />
Schwerpunkt vegetative<br />
Regulation<br />
Psychoedukation<br />
und Entspannung<br />
Verhaltenstherapeutisches Rückenintensivprogramm<br />
Abbildung 2: Subgruppenspezifische Psychotherapie nach ANOA-Konzept.<br />
Sana Kliniken Sommerfeld.<br />
+<br />
Faktoren. Sie ist eine speziell auf <strong>Schmerz</strong> und<br />
seine multifaktoriellen Chronifizierungsprozesse<br />
ausgerichtete psychotherapeutische Behandlung.<br />
Im ANOA-Konzept werden psychotherapeutische<br />
Methoden subgruppenspezifisch kombiniert,<br />
damit sie indikationsbezogen, befundgerecht und<br />
effizient durchgeführt werden können (Abb. 2).<br />
Die spezielle <strong>Schmerz</strong>psychotherapie im ANOA-<br />
Pfad 1 beinhaltet Psychoedukation und Entspannung.<br />
Psychoedukative Methoden vermitteln den<br />
Doppelcharakter von <strong>Schmerz</strong> als Sinnes- und<br />
Gefühlserlebnis und informieren über den Zusammenhang<br />
von Morphologie, Nozizeption, neuromuskuläre<br />
Funktionen des Bewegungssystems und<br />
psychischen Einflussfaktoren bei akuten <strong>Schmerz</strong>en<br />
und chronischen <strong>Schmerz</strong>störungen. Der Umgang<br />
mit <strong>Schmerz</strong>, Stress und psychosozialen Belastungen<br />
wird thematisiert, Grundlagen psychologischer<br />
und psychophysiologischer Wahrnehmungs- und<br />
Entspannungsverfahren (Atementspannung, progressive<br />
Entspannung, autogenes Training) werden<br />
vermittelt, in Entspannungsgruppen wird<br />
intensiv geübt. Zielstellung ist die Aufklärung<br />
über <strong>Schmerz</strong> und die Risiken der <strong>Schmerz</strong>chronifizierung,<br />
die Vermittlung von Möglichkeiten<br />
zur <strong>Schmerz</strong>bewältigung und die Förderung des<br />
Selbstwirksamkeitserlebens. Die Psychotherapie<br />
betont Selbstverantwortung und Selbstfürsorge<br />
und die Entwicklung positiver gesundheitsbezogener<br />
Einstellungs- und Verhaltensweisen.<br />
Im ANOA-Pfad 2 werden Psychoedukation<br />
und Entspannung erweitert mit einer Behandlung<br />
in Kleingruppen und psychotherapeutischen<br />
Einzelgesprächen. In den Gruppen werden<br />
Tabelle 1: ANOA Konzept subgruppenspezifische Psychotherapie des Bewegungssystems.<br />
Psychotherapie Subgruppe 1 (OPS 8-977)<br />
Indikation orthopädisch-funktioneller Schwerpunkt<br />
Somatische Hauptdiagnosen + F54, Z- und MASK-P-Diagnosen<br />
Themenzentrierte orthopädische <strong>Schmerz</strong>psychotherapie:<br />
funktionsbezogen – motivierend – aktivierend<br />
Psychoedukation „<strong>Schmerz</strong> verstehen und bewältigen”<br />
Selbstfürsorge und Entspannung<br />
Psychotherapie Subgruppe 2 (OPS 8-918)<br />
lndikation Multimodale <strong>Schmerz</strong>therapie<br />
<strong>Schmerz</strong>bezogene Hauptdiagnosen: F45.41, F45.40, F45.1, F34.1,<br />
F41 etc.<br />
Spezielle orthopädische <strong>Schmerz</strong>psychotherapie:<br />
funktionsbezogen – psychosomatisch – psychotherapeutisch<br />
Spezielle <strong>Schmerz</strong>psychotherapie: Psychoedukation, Entspannung+<br />
Psychotherapie in Kleingruppen und Einzelgesprächen<br />
CONFERENCES<br />
Themenbereiche:<br />
• <strong>Schmerz</strong>entstehung,<br />
• <strong>Schmerz</strong>bewältigung<br />
• Stress und <strong>Schmerz</strong><br />
• Selbstachtsamkeit<br />
• Entspannung und Bewegung<br />
Motivation zur positiven Aktivität, Kompetenzen im Umgang mit<br />
Stress & <strong>Schmerz</strong>, Erweiterung sozialer Kompetenzen,<br />
Entwicklung der Selbstfürsorge<br />
• Fokussierte psychotherapeutische Einzelgespräche unter Einbeziehung<br />
spezieller schmerzpsychotherapeutischer Methoden<br />
• Verhaltenstherapeutische Gruppen bei angstmotivierter Vermeidung<br />
von Bewegung und Belastung<br />
Psychosomatisches Krankheitsverständnis, Wahrnehmung<br />
psychischer Anteile im <strong>Schmerz</strong>, Fokussierung der psychischen<br />
Problematiken für weiterführende Behandlungen, Beratung über<br />
psychotherapeutische Möglichkeiten, ggf. Einleitung einer psychotherapeutischen<br />
Behandlung<br />
16
DAS ANOA-KONZEPT<br />
schmerzpsychotherapeutische Inhalte unter verhaltenstherapeutischen<br />
Aspekten bearbeitet. In<br />
den psychotherapeutischen Einzelgesprächen werden<br />
individuelle Zusammenhänge von <strong>Schmerz</strong> und<br />
Emotionalität (Stimmungen, Angst, Depression,<br />
Belastungsreaktionen etc.) hergestellt und schmerzrelevante<br />
Problem- und Konfliktreaktionen, ggf.<br />
auch biographische Aspekte behandelt. Durch die<br />
Individualisierung kann die spezielle Motivationsund<br />
Ressourcenlage der Betroffenen berücksichtigt<br />
werden. <strong>Schmerz</strong>kranke mit psychopathologischen<br />
Störungsmustern weisen häufig schmerzrelevante<br />
Einschränkungen der Affektwahrnehmung auf oder<br />
sind in ihrer emotionalen Introspektions- und Reflexionsfähigkeit<br />
beeinträchtigt. Häufig geht es auch<br />
um Angst und schmerzrelevante affektive Beeinträchtigungen.<br />
Die Individualisierung der schmerzpsychotherapeutischen<br />
Behandlung ermöglicht<br />
dann eine individuelle Fokusbildung für weiterführende<br />
psychotherapeutische Behandlungen.<br />
Im verhaltenstherapeutischen Rücken-Intensivprogramm<br />
erfolgt eine befundorientierte<br />
multimodale Komplextherapie, die durch ein interdisziplinäres<br />
Team von Ärzten, Psychologen und Therapeuten<br />
durchgeführt wird. Hier werden Patienten<br />
behandelt, die bei Angst vor <strong>Schmerz</strong> Bewegung<br />
und Belastung vermeiden oder mit dysfunktionalem<br />
Durchhalte- und Belastungsverhalten ihre <strong>Schmerz</strong>en<br />
verstärken. Die Behandlungsziele liegen nicht<br />
alleine in einer <strong>Schmerz</strong>reduktion und Funktionsverbesserung.<br />
Es wird angestrebt, dass die Patienten<br />
eine Einsicht in Problemzusammenhänge erhalten<br />
und stabile Verhaltenskompetenzen zur Selbsthilfe<br />
und Problemveränderung entwickeln (Tab. 1).<br />
Zusammenfassung<br />
Dipl.-Psych. Wolfgang Ritz<br />
wolfgang.ritz@sana-hu.de<br />
Das ANOA-Konzept beschreibt eine befundorientierte<br />
Komplexbehandlung des Bewegungssystems<br />
in klinischen Pfaden mit definierten subgruppenspezifischen<br />
therapeutischen Schwerpunktsetzungen.<br />
Die psychotherapeutischen Be handlungsanteile<br />
erfolgen subgruppenspezifisch und sind schmerzpsychotherapeutisch<br />
orientiert. Die Psychotherapie<br />
im ANOA-Pfad 1 ist eine themenzentrierte<br />
orthopädische <strong>Schmerz</strong>psychotherapie: funktionsbezogen,<br />
motivierend und entspannend. Sie betont<br />
die Selbstverantwortung und Selbstfürsorge im<br />
Umgang mit <strong>Schmerz</strong> und Funktionsstörungen<br />
des Bewegungssystems. Psycho therapeutische<br />
Behandlungen im ANOA-Pfad 2 erweitern und<br />
individualisieren die schmerzpsychotherapeutischen<br />
Behandlungen und Zielstellungen. Sie<br />
berücksichtigen neben schmerzrelevanten Verhaltensmustern<br />
auch psychopathologische Einflussfaktoren<br />
und Verlaufstendenzen. Häufig geht es<br />
um eine individuelle Motivations- und Fokusbildung<br />
für weiterführende psychosomatische oder<br />
psychotherapeutische Behandlungen.<br />
Referenz<br />
1. Niemier K et. al. <strong>Schmerz</strong>erkrankungen des Bewegungssystems<br />
– Multimodale interdisziplinäre Komplexbehandlung.<br />
DeGruyter Verlag, Berlin und Boston, <strong>2018</strong>.<br />
CONFERENCES<br />
17
CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ<br />
AWMF-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz<br />
– Was wird anders?<br />
Kerstin Engel, Kremmen-Sommerfeld<br />
Die S2k-Leitline spezifischer Kreuzschmerz ist registriert unter „AWMF Registernummer: 033-051“ [1]. Die<br />
Erstellung der Leitlinie erfolgte unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische<br />
Chirurgie (DGOOC) unter Beteiligung weiterer 14 wissenschaftlicher medizinischer Gesellschaften.<br />
Die Leitlinie wurde in Ergänzung der „Nationalen VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“<br />
(NVL NSKS) im Sinne einer gesamtkonzeptionellen Grundlage für die Behandlung von Kreuzschmerzen<br />
entwickelt. Die neue Leitlinie enthält Anhaltspunkte für spezifische Ursachen von Kreuzschmerzen und<br />
Empfehlungen für entsprechende Therapieansätze.<br />
CONFERENCES<br />
In der Nationalen VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz<br />
(NVL KS) 2010 wurden Kreuzschmerzen<br />
ohne Hinweis auf red flags als nichtspezifisch definiert.<br />
Das trifft auf zirka 97 % der Kreuzschmerzen<br />
zu! Neben nichtspezifischen Kreuzschmerzen<br />
und Kreuzschmerzen, welche durch red flags<br />
bedingt sind, gibt es eine Reihe weiterer Ursachen<br />
für Kreuzschmerzen, die heute auf der Basis von<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrung<br />
identifizierbar sind. In der vollständig überarbeiteten<br />
Version der NVL KS, welche im Mai 2017 als<br />
Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer<br />
Kreuzschmerz (NVL NSKS) veröffentlicht wurde,<br />
ist dementsprechend der Anteil nichtspezifischer<br />
Kreuzschmerzen auf „Kreuzschmerzen, für die<br />
keine spezifische Ursache gefunden wurde“ einge-<br />
18
CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ<br />
grenzt worden. Daraus erwuchs die Notwendigkeit<br />
der Entwicklung einer Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz<br />
(LL SKS).<br />
Wahrnehmung der Wertigkeit<br />
der somatischen Funktion in der<br />
Pathogenese von Kreuzschmerzen<br />
Gesamtstrategie bei der Behandlung<br />
von Kreuzschmerzen<br />
Diese Leitlinie wurde „in Ergänzung der Nationalen<br />
Versorgungsleitlinie nichtspezifischer<br />
Kreuzschmerz“ entwickelt. „Bei der Diagnostik und<br />
Therapie von Kreuzschmerzen ist eine strukturierte<br />
Vorgehensweise im Sinne einer Gesamtstrategie<br />
wichtig.“, erklärt Professor Kladny, Generalsekretär<br />
der Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und<br />
Unfallchirurgie (DGOU) und Mitautor der neuen<br />
Leitlinie. Für die praktische Umsetzung bedeutet<br />
dies, dass zu Beginn der Diagnostik und Behandlung<br />
von Kreuzschmerzen zunächst die NVL NSKS<br />
gilt, „sofern sich nicht eindeutige Hinweise auf<br />
eine spezifische Ursache ermitteln lassen“ [2].<br />
Sobald sich Hinweise auf in der LL SKS aufgeführte<br />
spezifische Ursachen ergeben, soll diese Leitlinie<br />
zur Anwendung gelangen.<br />
Als spezifische Ursachen für Kreuzschmerzen<br />
sind morphologische Entitäten und Funktionsentitäten<br />
in der Leitlinie enthalten (Tab. 1).<br />
Tabelle 1: Spezifische Ursachen für Kreuzschmerzen in<br />
der Leitlinie.<br />
Bezüglich psychosozialer Entitäten wird auf<br />
andere, bereits vorhandene Leitlinien verwiesen.<br />
Auf die Beachtung psychischer Komorbidität bei<br />
Diagnostik und Behandlung spezifischer Kreuzschmerzen,<br />
„insbesondere vor der Indikation zur<br />
Durchführung operativer Maßnahmen“ wird ausdrücklich<br />
hingewiesen.<br />
Des Weiteren sind folgende, in der Präambel der<br />
Leitlinie verankerte Aspekte, die für die diagnostische<br />
und therapeutische Herangehensweise von<br />
besonderer Bedeutung sind, hervorzuheben:<br />
„Bei der Diagnosestellung von Patienten mit<br />
spezifischen Kreuzschmerzen ist eine ausführliche<br />
<strong>Schmerz</strong>analyse [5, 6] erforderlich. Diese umfasst<br />
Gespräch, Befragung, klinisch-orthopädische, kli-<br />
Morphologische<br />
Entitäten<br />
Funktionale<br />
Entitäten<br />
• lumbales Facettensyndrom/Spondylarthrose<br />
• Discogenes Lumbalsyndrom bis Osteochondrosis<br />
vertebralis<br />
• axiale Spondylarthritis<br />
• Morbus Baastrup<br />
• Spinalkanalstenose<br />
• Spondylose und Spondylolisthesis<br />
• Bandscheibenvorfall<br />
• myofasziale Dysfunktion als spezifische<br />
Ursache für Kreuzschmerzen<br />
• hypomobile segmentale Dysfunktion<br />
der LWS (Blockierung) als spezifische<br />
Ursache von Kreuzschmerzen<br />
In der neuen Leitlinie sind somit als spezifische<br />
Ursachen für Kreuzschmerzen neben morphologischen<br />
Entitäten zwei somatische Funktionsentitäten<br />
enthalten. Ärzte und Therapeuten mit<br />
manualmedizinischer Ausbildung wissen um die<br />
Unverzichtbarkeit einer gezielten Funktionsuntersuchung<br />
des Bewegungssystems und damit der<br />
manuellen Medizin für Diagnostik und Behandlung<br />
von Rückenbeschwerden [3]. Darüber hinaus ist die<br />
Bedeutung arthromyofaszialer Funktionsstörungen<br />
für die Entstehung von Kreuzschmerzen bisher<br />
weder hinreichend bekannt, noch breit genug anerkannt.<br />
Der Eingang der myofaszialen Dysfunktion<br />
sowie der hypomobilen segmentalen Dysfunktion<br />
als Entitäten in die LL SKS stellt eine Grundlage zur<br />
Verbesserung dieser Situation dar [4].<br />
Ausführliche <strong>Schmerz</strong>analyse<br />
aufgrund multifaktorieller Genese<br />
von Kreuzschmerzen erforderlich<br />
CONFERENCES<br />
19
CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ<br />
nisch-neurologische, schmerzpalpatorische und<br />
funktionspalpatorische Untersuchung und geeignete<br />
Laboruntersuchungen sowie bildgebende<br />
Verfahren [1]. Ziel ist es, durch geeignete Diagnosemaßnahmen<br />
unter Detailkenntnis der Struktur<br />
und Funktion und unter Berücksichtigung aller<br />
bekannten modulierenden Faktoren eine zeitnahe<br />
diagnostische Zuordnung der Störung und eine<br />
entsprechende Therapie zu ermöglichen.“ [1].<br />
Damit wird die Notwendigkeit des ärztlichen –<br />
anamnestischen – Gespräches und einer umfassenden<br />
klinischen Untersuchung im Rahmen einer<br />
„ausführlichen <strong>Schmerz</strong>analyse“ unterstrichen.<br />
Beides ist im klinischen Alltag leider nicht mehr<br />
selbstverständlich. Ferner geht daraus neben der<br />
Wahrnehmung der Wertigkeit der somatischen<br />
Dr. med. Kerstin Engel<br />
kerstin.engel@sana-hu.de<br />
CONFERENCES<br />
Tabelle 2: Multifaktorielle Genese von Erkrankungen am<br />
Bewegungssystem.<br />
Strukturpathologie<br />
Funktionspathologie<br />
Psychologische Einflussfaktoren<br />
Soziale Risikofaktoren<br />
Neurophysiologische Mechanismen<br />
Multifaktoriell<br />
bedingte<br />
Erkrankung<br />
Funktion für den spezifischen Kreuzschmerz die<br />
Beachtung der multifaktoriellen Genese hervor<br />
(Tab. 2). Diese Aspekte bilden eine wichtige Grundlage<br />
für eine gezielte und zugleich umfassende,<br />
befundgerechte Behandlung [7].<br />
Referenzen<br />
1. Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz. Verfügbar unter<br />
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-051.html<br />
(Letzter Zugriff 01.03.<strong>2018</strong>).<br />
2. Chenot JF, Greitemann B, Kladny B et al. Clinical practice<br />
guideline: Non-specific low back pain. Dtsch Arztebl Int<br />
2017; 114: 883–90.<br />
3. Tilscher H. Konservative Orthopädie und Manuelle Medizin.<br />
Man Med <strong>2018</strong>; 56: 2–3.<br />
4. Engel K, Seidel W, Niemier K, Beyer L. Die myofasziale Dysfunktion<br />
in der S2k-Leitline spezifischer Kreuzschmerz.<br />
Manuelle Medizin <strong>2018</strong>. Man Med <strong>2018</strong>; 56: 215–21.<br />
5. Locher H. Die <strong>Schmerz</strong>analyse bei <strong>Schmerz</strong>en am Bewegungsorgan<br />
und Ableitung einer rationalen Differentialtherapie.<br />
Praxisrelevante Assessments auf dem Boden<br />
grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse. Orthop Praxis<br />
2010; 46: 57–74.<br />
6. Locher H-A, Grifka J, Casser H-R, Strohmeier M. Spezielle<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie der Halte- und Bewegungsorgane.<br />
Thieme Verlag, 2010. <br />
7. Niemier K, Seidel W, Psczolla M et al. <strong>Schmerz</strong>erkrankungen<br />
am Bewegungssystem. De Gruyter, Berlin, <strong>2018</strong>.<br />
20
SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />
Individuelle Therapielösungen mit<br />
digitaler Unterstützung<br />
In der <strong>Schmerz</strong>medizin steht man vor großen Herausforderungen: Immer häufiger müssen ältere Menschen mit<br />
zahlreichen Komorbiditäten und Medikationen behandelt werden, bei denen ein sehr individuelles Vorgehen erforderlich<br />
ist. Auf einem Symposium während des <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages <strong>2018</strong> in Frankfurt diskutierten Experten,<br />
wie man diesen Patienten am besten gerecht wird und was moderne digitale Lösungen dazu beitragen können.<br />
Zweiundsechzig Prozent der über 65-jährigen<br />
GKV-Patienten haben mindestens drei Erkrankungen<br />
– und oft sind es wesentlich mehr, sagte der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapeut Dr. Johannes Horlemann aus<br />
Kevelaer. Dementsprechend lang ist die Liste ihrer<br />
Medikamente, wenn man alle Einzelerkrankungen<br />
leitliniengerecht behandeln würde. Polypharmazie<br />
(dauerhaft mehr als fünf Medikamente) ist daher bei<br />
älteren Menschen eher die Regel als die Ausnahme.<br />
Herausforderung Polypharmazie<br />
Ärzte stehen hier häufig vor einem Dilemma.<br />
Die einzelnen Leitlinien widersprechen sich oft,<br />
Medikationspläne sind intransparent, und selbst<br />
wenn man sich große Mühe zur Reduktion gibt,<br />
bleibt es bei zahlreichen Medikamenten mit dementsprechend<br />
hohem Risiko für Interaktionen und<br />
Nebenwirkungen.<br />
Individuelle Ziele und Prioritäten als<br />
Maßstab<br />
Eine gewisse Hilfe bietet hier die DEGAM-<br />
Leitlinie „Multimorbidität“ [1]. Der Paradigmenwechsel<br />
ist hier, dass stets die Patientenpräferenz<br />
sowie persönliche Werte und Lebensziele und<br />
nicht die leitliniengerechte Behandlung einzelner<br />
Erkrankungen im Vordergrund stehen sollten.<br />
Vorrangig ist die Abwendung gefährlicher Verläufe<br />
– dazu gehört die Vermeidung krankheitsbedingter<br />
Komplikationen (Stürze, Exsikkose),<br />
unerwünschter Arzneimittelwirkungen und vermeidbarer<br />
Belastungen durch die Therapie sowie<br />
die Thematisierung eines drohenden Autonomieverlustes.<br />
Maßgeblich sind immer die individuellen<br />
Ziele und Prioritäten des alten Menschen,<br />
die den persönlichen Nutzen definieren, betonte<br />
Dr. Horlemann.<br />
EDUCATION<br />
21
SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />
EDUCATION<br />
Therapieversuch mit Opioiden in<br />
vielen Fällen gerechtfertigt<br />
Das gelte auch für die <strong>Schmerz</strong>therapie. Multimorbidität<br />
ist fast immer auch mit chronischen<br />
<strong>Schmerz</strong>en verbunden, die adäquat behandelt<br />
werden müssen, ohne den Patienten zusätzlich zu<br />
gefährden. Dazu sind auch im Alter häufig Opioide<br />
notwendig, die nach der LONTS-Leitlinie [2]<br />
bei allen Formen von chronischen <strong>Schmerz</strong>en indiziert<br />
sein können. Da es keine Prädiktoren für das<br />
Ansprechen gibt, ist ein individueller Therapieversuch<br />
bei chronischen <strong>Schmerz</strong>en immer gerechtfertigt<br />
– das gilt für neuropathische <strong>Schmerz</strong>en<br />
genauso wie für Rücken- oder Gelenkschmerzen.<br />
Gerade bei älteren Menschen sind Opioide oft<br />
weniger toxisch als nichtsteroidale Antirheumatika<br />
(NSAR), sagte der <strong>Schmerz</strong>therapeut. Wichtig sei in<br />
dieser Altersgruppe die Beachtung der Regel start<br />
low – go slow – das bedeutet, dass man mit der<br />
halben Erwachsenendosis beginnt und die Erhaltungsdosis<br />
bei einem Drittel liegen sollte.<br />
Interaktionen und Verträglichkeit<br />
beachten<br />
Neben der Dosierung ist aber auch die Wahl des<br />
am besten geeigneten Opioids von Bedeutung,<br />
betonte Dr. Horlemann. Hydromorphon weist<br />
hier im Vergleich zu anderen Opioiden gerade bei<br />
älteren multimorbiden Patienten ein besonders<br />
günstiges Profil auf: Da es nicht über Cytochrom<br />
P450 verstoffwechselt wird, ist das Interaktionspotenzial<br />
gering und die relativ kurze Halbwertzeit<br />
gewährleistet eine gute Steuerbarkeit bei geringem<br />
Kumulationsrisiko [3]. Nicht umsonst wird<br />
Hydromorphon daher auch in der Praxisleitlinie<br />
Tumorschmerz aufgrund pharmakologischer Vorteile<br />
in der Verträglichkeit als Präferenzsubstanz<br />
genannt, sagte der <strong>Schmerz</strong>therapeut [4].<br />
Auch hier sind aber Unterschiede zwischen<br />
den verschiedenen Hydromorphon-Präparaten<br />
zu beachten: Die 24-h-retard-Formulierung von<br />
Hy dro morphon (z. B. Hydromorphon Aristo long<br />
4 mg Retardtabletten) gewährleistet bei einmal<br />
täglicher Einnahme gleichmäßige Wirkspiegel und<br />
dadurch eine ausreichende Analgesie über 24 Stunden<br />
[3]. <strong>Schmerz</strong>spitzen und ein schmerzbedingt<br />
gestörter Nachtschlaf können so vermieden werden.<br />
Praxis-Register <strong>Schmerz</strong> liefert<br />
Real-World-Daten<br />
Wie praxisrelevant sind solche Unterschiede<br />
in der Opioidanwendung aber tatsächlich? Real-<br />
World-Daten können dabei helfen, die Differenzialtherapie<br />
mit WHO-Stufe-3-Opoiden zu<br />
optimieren, sagte Privatdozent Dr. Michael Überall<br />
aus Nürnberg. Wichtige Einblicke in den Alltag der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie biete das bundesweite interaktive<br />
„PraxisRegister <strong>Schmerz</strong>". 129 <strong>Schmerz</strong>zentren mit<br />
372 <strong>Schmerz</strong>therapeuten und zahlreichen anderen<br />
Fachdisziplinen nehmen hier bereits teil. Pro Quartal<br />
werden im Mittel mehr als 189.000 Behandlungsfälle<br />
eingeschlossen – von knapp 950.000 Patienten<br />
stehen Komplettdokumentationen zur Verfügung.<br />
Jede zweite Opioid-Verordnung ist<br />
problematisch<br />
Anhand der Therapie mit WHO-Stufe-3-Opioiden<br />
stellte Dr. Überall dar, welche Auswertungsmöglichkei<br />
ten die anonymisierten Registerdaten bieten.<br />
In etwa der Hälfte der 24.379 ausgewerteten<br />
Fälle (51,2 %) gaben die Ärzte Probleme mit der<br />
Opioid ver ordnung an. Das betraf vor allem Morphin<br />
(80,6 %) und Fentanyl-Pflaster (72 %). Am<br />
wenigsten Pro bleme bereiteten Hydromorphon<br />
(33,9 %) und Buprenorphin (39,6 %). Das spiegelte<br />
sich auch in einer geringeren Zahl an Therapieab-<br />
22
SCHMERZTHERAPIE BEI ÄLTEREN MULTIMORBIDEN PATIENTEN<br />
Praxisregister <strong>Schmerz</strong> – Querschnittanalyse (Stand 28.02.<strong>2018</strong>)<br />
Anzahl Nennungen (n)<br />
175.000<br />
150.000<br />
125.000<br />
100.000<br />
417.044<br />
Spannweite (Minimum-Maximum): 1-20<br />
51,5 %<br />
Probleme bzgl.<br />
Opioidverordnungen?<br />
75.000<br />
50.000<br />
25.000<br />
0<br />
WHO-1WHO-2WHO-3 MREL ADD AED TRIP OTP<br />
Therapiealternativen<br />
Bei: Hydromorphon 33,9 %<br />
Buprenorphin 39,6 %<br />
Oxycodon 49,1 %<br />
Fentanyl 72,0 %<br />
Morphin 80,6 %<br />
Abk.: MREL, Muskelrelaxans; ADD, anti-depressant drug; AED, anti-epileptic drug; TRIP, Triptane; OTP, opioid treatment program [5].<br />
ja<br />
nein<br />
Abbildung 1: Bei jeder zweiten Opioidverordnung gibt es Probleme.<br />
brüchen wider sowie in einer stärkeren Reduktion<br />
der <strong>Schmerz</strong> intensität und weniger schmerzbedingten<br />
Be einträchtigungen im Alltag. Auch bei<br />
allgemeinem Wohlbefinden, Lebensqualität und<br />
schmerzbeding ten Einschränkungen der Lebensqualität<br />
schnitt Hydro morphon deutlich besser ab<br />
als die anderen Stufe-3-Opioide [5].<br />
Pharmakokinetik an <strong>Schmerz</strong>profil<br />
anpassen<br />
Eine weitere Möglichkeit des <strong>Schmerz</strong>-Registers<br />
ist die Auswertung von 24-Stunden-<strong>Schmerz</strong>profilen.<br />
Anhand der grafischen Darstellung lasse<br />
sich hier auf den ersten Blick erkennen, wie die<br />
<strong>Schmerz</strong>problematik über 24 Stunden verteilt ist<br />
und welche Patienten in besondere Weise von einer<br />
sicheren 24-Stunden-Galenik profitieren würden.<br />
Digitale Möglichkeiten nutzen<br />
Das <strong>Schmerz</strong>register bietet aber mehr als reine<br />
Datenerfassung und Dokumentation, betonte<br />
Dr. Überall. Neben den Möglichkeiten der Versorgungsforschung<br />
ist über eine sichere Verbindung<br />
auch eine vertrauensvolle Kommunikation zwischen<br />
Ärzten und Patienten sowie über das iDoc-<br />
Life®-System eine digitalisierte Unterstützung bei<br />
der Anamneseerhebung und -auswertung möglich.<br />
Eine Möglichkeit zur digitalisierten Patientenkommunikation<br />
bietet auch Coliquio flex, wie der<br />
Begründer der Ärzteplattform Coliquio Felix Rademacher<br />
darstellte. Hier wird vom Arzt ausgewählten<br />
Patienten die Möglichkeit geboten, über<br />
sichere Verbindungen Fragen an ihren vertrauten<br />
Arzt über E-Mail zu stellen, die dieser dann innerhalb<br />
von 48 Stunden beantwortet. Anders als bei<br />
Videosprechstunden müssen Arzt und Patient hier<br />
nicht gleichzeitig online sein, und der Arzt kann<br />
selbst bestimmen, wann er sich mit den Patienten-Anfragen<br />
beschäftigt. Für den Patienten ist<br />
der Arzt dadurch oft besser erreichbar als über den<br />
Telefonkontakt in der Praxis, und der Arzt hat die<br />
Möglichkeit, Bagatellfälle und dringliche Anliegen<br />
zu unterscheiden.<br />
Bericht: Maria Weiß<br />
Quelle: Symposium „<strong>Schmerz</strong>medizin 2020plus – Digitalen<br />
Fortschritt nutzen, analoge Individualität bewahren“ anlässlich<br />
des <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages am 09.03.<strong>2018</strong> in Frankfurt<br />
am Main.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Aristo Pharma GmbH<br />
Referenzen:<br />
1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin<br />
(DEGAM); S3-Leitlinie Multimorbidität;<br />
AWMF-Register-Nr. 053-047, Stand 02/2017<br />
2. Leitlinie „Opioide, Langzeitanwendung zur Behandlung bei<br />
nicht tumorbedingten <strong>Schmerz</strong>en“, AWMF-Register-Nr.<br />
145-003, Stand 01/2015<br />
3. Fachinformation Hydromorphon Aristo long 4 mg Retardtabletten;<br />
Stand: April 2015<br />
4. DGS PraxisLeitlinie Tumorschmerz, Version 2.0, Stand 2014<br />
5. Überall MA, Müller-Schwefe GHH, data on file<br />
EDUCATION<br />
23
Mehr Zeit fürs Leben: NOMOS Glashütte hat für Ärzte ohne Grenzen Sondermodelle gebaut.<br />
Sie können mit diesen limitierten Klassikern beim Helfen helfen – 100 Euro einer jeden Uhr<br />
gehen an Menschen in Not. Mehr: nomos-glashuette.com
PALLIATIVBETREUUNG<br />
Methadon – ein essenzielles Medikament<br />
in der Palliativmedizin<br />
Hans-Jörg Hilscher, Iserlohn<br />
Methadon weist gegenüber den Opiaten mit ihrem teils hochkomplexen Stoffwechsel ebenso wie im Vergleich<br />
zu transdermalen Opioidsystemen viele Vorteile auf. Die Referenzsubstanz Morphin zum Beispiel<br />
braucht eine funktionierende Leber, die viele Palliativpatienten, unter anderem wegen Metastasen oder<br />
Zytostaseschäden, nicht mehr haben, um in die eigentliche Wirksubstanz Morphin-6-Glucuronid verstoffwechselt<br />
zu werden.<br />
CONFERENCES<br />
Bei der Umwandlung in das aktive (analgetisch<br />
wirksame) Morphin-6-Glucuronid [1] entsteht<br />
leider auch die neurotoxische Substanz Morphin-<br />
3-Glucuronid, die epileptogen ist (Jackson-Anfälle)<br />
[2] und für die bisweilen auftretende Hyperalgesie<br />
verantwortlich ist [3, 4]. Ausscheidungsorgan<br />
für die Glucuronide aller Opiate also auch von<br />
Oxycodon und Hydromorphon ist die Niere, ein<br />
in der Palliationssituation häufig nicht verlässliches<br />
Organ. Ursachen für Niereninsuffizienz bei<br />
Palliativpatienten gibt es viele: Alter, Zytostatikatherapie,<br />
Exsikkose, Diabetes und nicht zuletzt die<br />
Kachexie. Glucuronide haben des Weiteren häufig<br />
Wirkungen wie Steroidhormone auf Sexualfunktionen<br />
und die Regulation der Glucose. Sie<br />
bewirken Dysphorien und erzeugen so den „grantelnden<br />
Pa tienten“. Neuerdings werden Opiatnebenwirkungen<br />
oft mit Cannabinoiden maskiert,<br />
was aber auch zur Erweiterung des Nebenwirkungsspektrums<br />
der Opiate um das der Cannabinoide<br />
führt. Toxische Stoffwechselprodukte von<br />
Hydromorphon und Oxycodon, eben jene Glucuronide,<br />
kumulieren in der Langzeittherapie. Der<br />
unter allen Opiaten/Opioiden durch µ-Rezeptoren<br />
in der Hypophyse vermittelte Hypogonadismus<br />
wird durch sie verstärkt [5].<br />
26
PALLIATIVBETREUUNG<br />
Enteral retardierte Opiate<br />
Die enterale Retardierung der Opiate ist vielen<br />
Störungen unterworfen und fragil gegenüber Alkohol<br />
sowie dem versehentlichen Zerkauen, was beides<br />
zu Intoxikationen führen kann. Der Effekt des<br />
Dosedumping (extrem schnelle Resorption retardierter<br />
Medikamente) scheint für alle Retardpräparate<br />
durch die gleichzeitige Aufnahme von Alkohol<br />
auslösbar zu sein [6, 7]. Die dramatische atemdepressorische<br />
Wirkung der somit rasch anflutenden<br />
Substanz Oxycodon wird in den USA in Kombination<br />
mit Midazolam zu Hinrichtungszwecken<br />
missbraucht [8], der Kick der bei dieser schnellen<br />
Resorption auftritt führte zur dortigen Opiatepidemie.<br />
Jeden Tag sterben in den USA 170 Menschen<br />
an Oxycodon und Fentanyl. Die Zahlen der<br />
durch Methadon zu Tode kommenden Menschen<br />
sind hingegen seit Jahren rückläufig, da Methadon<br />
keinen „Kick“ auslöst. Trotz dieser erschreckenden<br />
Bilanz wird in Deutschland die Verwendung von<br />
Fentanyl, Oxycodon und Hydromorphon für sicherer<br />
erachtet als die von Methadon. Fentanyl ist aus den<br />
„verbrauchten“ Pflastern leicht durch Kochen oder<br />
Alkohol zu extrahieren. Alle Pflaster haben Restinhalte<br />
von 10–70 %, was der absoluten Menge von<br />
7–17 mg bei einem 75 µg/h Pflaster entspricht. Das<br />
sind 840–2.040 mg Morphinäquivalent und 80 mg<br />
Methadonäquivalent (~160 Tropfen).<br />
Die langsame Freisetzung der enteral retardierten<br />
Opiate über die volle Länge des Darms führt<br />
zu hohen Konzentrationen dieser obstipierenden<br />
Substanzen im gesamten Lumen. Kombinationen<br />
mit Opiatantagonisten, die auf diese Weise das<br />
Problem der Obstipation lösen wollen, führen zu<br />
weiteren, leider oft nicht beachteten Problemen.<br />
Der First-Pass-Effekt des zu laxierenden Zwecken<br />
hinzugefügten Naloxons in der Leber klappt oft<br />
nicht – z. B. bei durch Metastasen oder anderweitig<br />
geschädigter Leber (siehe oben). Es kommen<br />
also Agonist sowie Antagonist gleichzeitig in den<br />
großen Kreislauf und es kann so keine Analgesie<br />
entstehen.<br />
Methadon – aktueller Stand<br />
Dr. med. Hans-Jörg Hilscher<br />
info@pkdnil.de<br />
Methadon weist derartig komplexe Probleme<br />
trotz gegenteiliger Beschreibungen in den<br />
deutschsprachigen Lehrbüchern nicht auf. Diese<br />
Lehrbücher beziehen sich auf Erkenntnisse aus<br />
Hochdosisstudien aus den 50ern und 60ern des<br />
letzten Jahrhunderts. Auch die darin vielfach<br />
beschriebene starke atemdepressorische Wirkung<br />
ist nicht anders als bei anderen Opiaten/Opioiden<br />
und setzt erst ein, wenn eine über die vollständige<br />
Analgesie hinausgehende, also zu hohe Dosierung,<br />
verwendet wird. Erst seit der Australier Ayonrinde<br />
sich 2000 erneut dem Thema des Methadons in der<br />
(Tumor-)<strong>Schmerz</strong>therapie widmete, entstanden<br />
neue Daten und eine verlässliche Umrechnungstabelle<br />
[9] (Tab. 1, Abb. 1).<br />
Die Plasmahalbwertszeit von Methadon liegt bei<br />
idealen 20–24 Stunden. Die vielfach beschriebenen<br />
CONFERENCES<br />
27
PALLIATIVBETREUUNG<br />
CONFERENCES<br />
Tabelle 1: Umrechnungstabelle analgetische Potenz<br />
Morphin /Methadon zur Interpolation<br />
(mod. nach [9]).<br />
Morphindosis<br />
Morphin mg<br />
3200<br />
3000<br />
2800<br />
2600<br />
2400<br />
2200<br />
2000<br />
1800<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
C<br />
200<br />
O<br />
A<br />
B<br />
-10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110<br />
Methadon mg<br />
Morphin zu<br />
Methadon<br />
D<br />
Abbildung 1: Graph nach Äquivalenztabelle von Ayonrinde [9]<br />
zur besseren Interpolation.<br />
ewig langen Ausscheidungszeiten (teils mehr als<br />
72 Stunden) basieren auf seiner hohen Lipophilie<br />
und der damit verbundenen Depotbildung in ZNS<br />
und vor allem in der Lunge (150-fache des Plasmaspiegels)<br />
sowie in Fettgewebe und Muskulatur. Es<br />
bildet sich ein Fließgleichgewicht aus, ohne welches<br />
eine jahrzehntelange Substitutionsbehandlung<br />
wegen der vielfach kolportierten Kumulationsgefahr<br />
immer tödlich enden müsste. Methadon wird<br />
kompetitiv renal und hepatisch ausgeschieden, als<br />
EDDP (2–Ethyl–1,5–dimethyl–3,3–diphenyl-pyrrolidin)<br />
oder eben als Methadon [10]. Interaktionen<br />
mit Medikamenten, die den enzymatischen Abbau<br />
über Cytochrom P450 (CYP) in EDDP blockieren,<br />
haben deswegen auch nur marginale klinische<br />
Effekte, da in diesem Fall die Ausscheidung des<br />
nicht metabolisierten Methadons ansteigt. Alkalischer<br />
Urin ist ein Exkretionshindernis für den<br />
renalen Weg, aber in der Palliativmedizin ein sehr<br />
unwahrscheinliches Geschehen, da die Patienten<br />
F<br />
E<br />
Methadondosis in<br />
Prozent Morphin<br />
≤ 100 mg 3 zu 1 33,3<br />
101 bis 300 mg 5 zu 1 20,0<br />
301 bis 600 mg 10 zu 1 10,0<br />
601 bis 800 mg 12 zu 1 8,3<br />
801 bis 1000 mg 15 zu 1 6,7<br />
≥ 1001 mg 20–30 zu 1 5,0–3,3<br />
meist katabol, d. h. azidotisch sind. Schwankende<br />
Wirkspiegel, die die sogenannten „Durchbruchsschmerzen“<br />
bei den enteral retardierten Opiaten<br />
durchlassen, sind schon nach zwei Tagen nicht<br />
mehr vorhanden, es tritt ein steady state ein. Die<br />
mentalen Einschränkungen (das Gefühl, den Kopf<br />
nicht frei zu kriegen), die von Opiaten hervorgerufen<br />
werden, sind nicht vorhanden, im Gegenteil,<br />
adrenerge, noradrenerge und serotoninerge Effekte<br />
machen wach und reduzieren Depressionen. Patienten<br />
beschreiben den Effekt durch die Rotation<br />
auf Methadon als ein „Wachwerden“. Dies ist ein<br />
Grund, warum die serotoninergen Antidepressiva<br />
unter Methadon in reduzierter Dosis gegeben werden<br />
sollten (Cave! serotoninerges Syndrom).<br />
Methadon ist die einzige chirale Substanz unter<br />
den Opioiden/Opiaten und besteht somit aus<br />
zwei Wirksubstanzen nämlich Dextromethadon<br />
(D-Methadon) und Levomethadon (L-Methadon,<br />
L-Polamidon R) bei gleicher Strukturformel.<br />
Levomethadon gehört zu den stärksten<br />
µ-Agonisten die ambulant zur Verfügung stehen,<br />
nur Fentanyl ist potenter, aber wegen der kurzen<br />
Wirkdauer nur als transdermales Retardsystem verfügbar,<br />
welches ein vorhandenes Unterhautfettgewebe<br />
und eine funktionierende kapilläre Perfusion<br />
der Haut erfordert. Beides sind Voraussetzungen,<br />
die der Palliativpatient im Laufe der Zeit immer<br />
weniger bietet, was vor allem in der Terminalphase<br />
zu sicherlich nicht mehr ausreichender Analgesie<br />
führt. In der Tabelle sind die Äquivalenzdosen von<br />
Methadon zu Fentanylpflastern angegeben.<br />
Bewährt hat sich (mittlerweile mehrere hundert<br />
Mal) beim Wechsel von transdermalen Systemen<br />
sowie parenteralen Applikationsformen auf orales<br />
Methadon das folgende Vorgehen: Um 17.00 Uhr<br />
Pflaster abnehmen bzw. Pumpe, Infusomat oder<br />
Perfusor abstellen, dann um 20.00 Uhr mit der<br />
halben errechneten Tagesäquivalenzdosis beginnen<br />
und im Rhythmus 8.00 Uhr/20.00 Uhr fort-<br />
28
PALLIATIVBETREUUNG<br />
fahren, schmerzadaptierte Änderungen nach oben<br />
oder unten in Schritten von 5–10 Tropfen morgens<br />
und abends (Tab. 2). Eine Rescuemedikation wäre<br />
bis 2 x 10 Tropfen sublingual [11, 12] zusätzlich,<br />
dann Tagesdosisanpassung!<br />
Tabelle 2: Äquivalenzdosen Fentanyl TTS / Methadon.<br />
12 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 10 Tr. Methadon<br />
25–50 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 20–25 Tr. Methadon<br />
75–100 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 30–35 Tr. Methadon<br />
125–175 µg Fentanyl TTS ~ 2 x 40–50 Tr. Methadon<br />
Die µg-Angaben bedeuten jeweils einschließlich beider<br />
Pflastergrößen<br />
Vorteile des Razemates<br />
Dextromethadon, das bei der Methadonsynthese<br />
zu 50 % mit Levomethadon zusammen entsteht, ist<br />
ein hocheffektives Antitussivum (wie viele Patienten<br />
mit pulmonalen Affektionen werden von Husten<br />
gequält!) sowie ein NMDA-Rezeptor-Antagonist<br />
ähnlich dem Ketamin [13]. Dies bedeutet, dass diese<br />
rechtsdrehende Substanz zwei weitere Vorteile in<br />
das Paket Methadonrazemat einbringt: Methadon<br />
ist gut gegen neuropathische <strong>Schmerz</strong>en wirksam<br />
und blockiert über den NMDA-Rezeptor die Downregulation<br />
der µ-Rezeptoren, bzw. hebt sie bereits<br />
bei der ersten Anwendung auf. So wird die Toleranzentwicklung<br />
unmöglich und beim Wechsel von<br />
anderen reinen µ-Agonisten auf Methadon antagonisiert.<br />
Die vielzitierte QT-Zeitverlängerung die über<br />
die Herg-Kanäle vermittelt wird, wird erst bei Dosen<br />
über 100 mg Methadon pro Tag feststellbar. Dies<br />
entspricht 2 x 100 Tropfen! bzw. über 3 g Morphin.<br />
Das bedeutet, dass 90 % aller Tumorschmerzpatienten<br />
ohne kardiale Nebenwirkungen therapiert<br />
werden können [14]. Die Apoptoseinduktion über<br />
diese Kanäle ist aber bereits in Dosen unter dieser<br />
Grenze feststellbar [15, 16].<br />
Einer der großen Vorteile dieses Razemates (chirale<br />
Mischung) ist, dass sie transmucosal wirksam<br />
ist, also nicht geschluckt werden muss, sondern<br />
bis zum letzten Atemzug buccal verabreicht werden<br />
kann. Dies ermöglicht eine sichere Analgesie<br />
bis zum Tod. Sollten Durchbruchsschmerzen, die<br />
unter diesem Regime selten sind, auftreten, kann<br />
jederzeit mit demselben Medikament reagiert werden.<br />
Durch die rasche transmucosale Resorption<br />
tritt eine Analgesie mit zirka fünf Minuten ähnlich<br />
schnell ein wie bei nasalem Fentanyl, welches am<br />
liegenden Patienten kaum zu applizieren ist. Ein<br />
ideales Medikament für die Tumorschmerztherapie,<br />
die von den deutschen Onkologen wohl nicht<br />
ausreichend beherrscht wird [17–20].<br />
Nebenwirkungen<br />
••<br />
Bis auf die Obstipation verschwinden alle Nebenwirkungen<br />
in Tages- bis Wochenfrist. Als Abführmittel<br />
stehen Macrogol und Natriumpicosulfat<br />
auf die Dauer zur Verfügung (bei schweren Fällen:<br />
drei Esslöffel Mannitol in 100 ml Rotwein<br />
gemischt mit 100 ml Orangensaft).<br />
••<br />
Übelkeit entsteht durch Triggerung des Brechzentrums<br />
im Hirn. Dies kann meist vollständig<br />
durch Levomepromazin blockiert werden. Das<br />
Hirn gewöhnt sich meist nach 14 Tagen an die<br />
Anwesenheit von Methadon.<br />
••<br />
Benommenheit und Schwindel müssen manchmal<br />
für ein paar Tage toleriert werden.<br />
••<br />
Alpträume können bei allen Opioiden/Opiaten<br />
lästig werden.<br />
••<br />
Verwirrtheit ist kein Zeichen für eine Nebenwirkung<br />
oder Überdosierung. Dafür gibt es in der analgetischen<br />
Therapie immer eine andere Ursache.<br />
••<br />
Muskelzuckungen und unerträgliche Müdigkeit<br />
sind Zeichen von zu hoher Dosis. Bei Kombination<br />
mit Pregabalin auftretendes Muskelzucken<br />
ist meist Folge des Pregabalins.<br />
CONFERENCES<br />
29
PALLIATIVBETREUUNG<br />
CONFERENCES<br />
Methadon und Tumoren<br />
Methadon und Tumoren sind ein Thema, seit<br />
Frau Dr. Friesen 2007 ihre Beobachtungen der<br />
µ-Rezeptor vermittelten Apoptoseinduktion sowie<br />
der ebenfalls dadurch vermittelten intrazellulären<br />
Konzentrationssteigerung von Zytostatika an multiplen<br />
Tumorzellen veröffentlichte. Tumorzellen<br />
sind laut diesen Arbeiten mit µ-Rezeptordichten<br />
versehen, die um 100–1.000-mal höher sind als die<br />
gesunder Zellen [21]. Nicht nur ich sehe Tumorpa<br />
tienten, die unter Methadon länger und besser<br />
leben als unter retardiertem Morphin, auch die<br />
größte Studie, die es dazu gibt von Krebs et al. von<br />
der US-Behörde Department of Veterans Affairs,<br />
sieht das mit Signifikanz an fast 30.000 Patienten<br />
[22]. Opiate scheinen darüber hinaus Tumorpromotoren<br />
zu sein [23].<br />
Durch Zufall stieß ich auf einen Effekt, der seit<br />
zehn Jahren für mich eine Crux in der Palliativmedizin<br />
erträglicher gestaltet. Eine Kombination<br />
aus 0,2 mg MTX/kg Körpergewicht oral pro Woche<br />
mit vorausgehender Supplementierung von 5 mg<br />
Folsäure über drei Tage (Mucositisprophylaxe)<br />
sowie 8 mg Dexamethason, 25 mg Spironolacton<br />
und 10 mg Torasemid am Morgen, lassen maligne<br />
Ergüsse wie Aszites etc. verschwinden, wenn nicht<br />
schon mit dem Albuminablassen (Punktion) begonnen<br />
wurde. Das onkotische Defizit, das entsteht,<br />
wenn einmal mehrere Liter eiweißhaltiger Erguss<br />
abgelassen wurde, ist nicht mehr kompensierbar.<br />
Alles natürlich unter einer Gabe von ca. 2 x 10 mg<br />
Methadon (entspricht 2 x 20 Tropfen der Rezeptur).<br />
Glioblastome sind unter der Wirkverstärkung<br />
durch Methadon nebenwirkungsfreier und effektiver<br />
durch eine sogenannte metronomische Therapie<br />
mit Temozolomid angehbar, d. h. man gibt täglich<br />
ein Dreißigstel der monatlichen Kumulativdosis der<br />
Standardtherapie (Stupp), was meist so um 60 mg/<br />
Tag liegt, eventuell mit einmal wöchentlicher Gabe<br />
von 40 mg Lomustin kombiniert. Tabelle 3 zeigt<br />
mein Aufdosierungsschema.<br />
Tabelle 3: Mein Aufdosierungsschema.<br />
8:00 Uhr 20:00 Uhr<br />
Tag 1 5 Tr. 5 Tr.<br />
Tag 2 10 Tr. 10 Tr.<br />
Tag 3 15 Tr. 15 Tr.<br />
Ab Tag 4 20 Tr. 20 Tr.<br />
• Wenn 2 x 20 Tr. gut vertragen werden, individuelle Steigerung<br />
auf 2 x 25–35 Tr.<br />
• Wichtig ist für die ersten 14 Tage eine begleitende<br />
Antiemese mit 2 Tr. Levomepromazin 15 Min. vor dem<br />
Methadon.<br />
• Bei nicht ausreichender antiemetischer Wirkung von<br />
Levomepromazin und/oder Inappetenz anderer Ursache<br />
4 mg Dexamethason morgens für 7–10 Tage.<br />
Rechtliche Aspekte<br />
Methadon ist in Deutschland nicht als Fertigarzneimittel<br />
zur <strong>Schmerz</strong>therapie im Handel. Möchte<br />
man dieses Arzneimittel dennoch verschreiben,<br />
muss der Arzt zur Rezeptur greifen. Auf das Betäubungsmittelrezept<br />
(BtM-Rezept) gehört dann Folgendes:<br />
••<br />
Methadonhydrochlorid 1g<br />
••<br />
Kaliumsorbat 0,14 g<br />
••<br />
Zitronensäure wasserfrei 0,07 g<br />
••<br />
Aqua purificata ad 100 ml in Pipettenflasche<br />
(wichtig für konstante Tropfengröße!)<br />
••<br />
gemäß schriftlicher Anweisung<br />
Erläuterungen: Ein Gramm Methadonhydrochlorid<br />
ist das Racemat aus 500 mg Levomethadon und<br />
500 mg Dextromethadon. Eine Pipettenflasche ist<br />
wichtig für die konstante Tropfengröße.<br />
Alle Fertigarzneimittel mit dem razemischen<br />
Methadon sind in der Bundesrepublik nur mit der<br />
Indikation Drogenersatztherapie zugelassen, was<br />
bedeutet, dass man zur Verschreibung dieser Spezifikationen<br />
die Zulassung zur Drogenersatztherapie<br />
der zuständigen KV braucht. Da Methadon<br />
30
PALLIATIVBETREUUNG<br />
zur Tumorschmerztherapie seit Mitte 2017 von der<br />
WHO als essenzielles Medikament gelistet ist [24]<br />
und die Bundesopiumstelle kein Hindernis für diese<br />
Indikation sieht, ist die Verordnung des Razemates<br />
zur <strong>Schmerz</strong>therapie auch kein Off-Label-Use. Die<br />
Indikation einer Rezeptur ergibt sich aus der Indikation<br />
der Grundsubstanz, siehe dazu WHO. Jeder<br />
Arzt in Deutschland und Österreich ist zur Verordnung<br />
der Rezeptur berechtigt.<br />
Patienten dürfen nach 14 Tagen konstanter Therapiedosis<br />
wie unter anderen Opiaten/Opioiden ein<br />
KFZ führen. Innerhalb des Schengenraums sollte ein<br />
Opioidausweis mitgeführt werden, außerhalb eine<br />
Notwendigkeitsbescheinigung des Gesundheitsamtes<br />
nach Artikel 75 des Schengener Abkommens.<br />
Referenzen<br />
1. Klimas R, Mikus G. Morphine-6-glucuronide is responsible<br />
for the analgesic effect after morphine administration: a<br />
quantitative review of morphine, morphine-6-glucuronide,<br />
and morphine-3-glucuronide. Br J Anaesth 2014;<br />
113(6): 935–44.<br />
2. Smith MT. Neuroexcitatory effects of morphine and hydromorphone:<br />
evidence implicating the 3-glucuronide metabolites.<br />
Clin Exp Pharmacol Physiol 2000; 27(7): 524–8.<br />
3. Freye E. Opioide in der Medizin. 7. Auflage, Springer Medizin<br />
Verlag, Heidelberg, 2008: 132.<br />
4. Christrup LL. Morphine metabolites. Acta Anaesthesiol<br />
Scand 1997; 41(1 Pt 2): 116–22.<br />
5. Hashiguchi Y, Molina PE, Abumrad NN. Morphine-3-glucuronide:<br />
hyperglycemic and neuroendocrine potentiating<br />
effects. Brain Res 1995; 694(1-2): 13–20.<br />
6. Retardierte Opioide: Dose dumping durch Alkohol? DAZ<br />
2008; 17: 62.<br />
7. Retardierte Opioide und das Alkohol-Interaktionsrisiko.<br />
DAZ 2010; 32: 26.<br />
8. Wikipedia Dennis McGuire (Mörder). Verfügbar unter<br />
https://de.wikipedia.org/wiki/Dennis_McGuire_<br />
(M%C3%B6rder) [Letzter Zugriff: 12.09.18].<br />
9. Ayonrinde OT, Bridge DT. The rediscovery of methadone<br />
for cancer pain management. Med J Aust 2000; 173(10):<br />
536–40.<br />
10. Kluschke M, Bruggmann P, Falcato L. Methadon und Stereochemie.<br />
Arud Zentren für Suchtmedizin. Evaluation<br />
und Forschung. Info 02/.2011.<br />
11. Reisfield GM, Wilson GR. Rational use of sublingual opioids<br />
in palliative medicine. J Palliat Med 2007; 10(2): 465–75.<br />
12. Hagen NA, Moulin DE, Brasher PM et al. A formal feasibility<br />
study of sublingual methadone for breakthrough cancer<br />
pain. Palliat Med 2010; 24(7): 696–706.<br />
13. Patentanmeldung DE69837387T2 13.12.2007 EP Veröffentlichungsnummer<br />
0001003494 Titel (d)-Methadon,ein<br />
nicht-opioides <strong>Schmerz</strong>mittel.<br />
14. Stallvik M, Nordstrand B, Kristensen Ø et al. Corrected QT<br />
interval during treatment with methadone and buprenorphine<br />
– relation to doses and serum concentrations. Drug<br />
Alcohol Depend 2013; 129(1-2): 88–93.<br />
15. Wang H, Zhang Y, Cao L et al. HERG K+ channel, a regulator<br />
of tumor cell apoptosis and proliferation. Cancer Res<br />
2002; 62(17): 4843–8.<br />
16. Katchman AN, McGroary KA, Kilborn MJ et al. Influence of<br />
opioid agonists on cardiac human ether-a-go-go-related<br />
gene K(+) currents. J Pharmacol Exp Ther 2002; 303(2):<br />
688–94.<br />
17. Tumorpatienten bei <strong>Schmerz</strong>therapie unterversorgt. Verfügbar<br />
unter: https://www.aerztezeitung.de/medizin/<br />
krankheiten/krebs/article/945554/online-befragungzeigt-tumorpatienten-schmerztherapie-unterversorgt.<br />
html [Letzter Zugriff 12.09.18].<br />
18. Tumorschmerz, lass nach! Medical Tribune 53. Jahrgang<br />
Nr. 20, 18. Mai <strong>2018</strong>.<br />
19. Mercadante S, Casuccio A, Fulfaro F et al. Switching from<br />
morphine to methadone to improve analgesia and tolerability<br />
in cancer patients: a prospective study. J Clin Oncol<br />
2001; 19(11): 2898–904.<br />
20. Hanks GW, Conno F, Cherny N et al. Expert Working Group<br />
of the Research Network of the European Association for<br />
Palliative Care. Morphine and alternative opioids in cancer<br />
pain: the EAPC recommendations. Br J Cancer 2001;<br />
84(5): 587–93.<br />
21. Friesen C, Roscher M, Alt A et al Methadone, commonly<br />
used as maintenance medication for outpatient treatment<br />
of opioid dependence, kills leukemia cells and overcomes<br />
chemoresistance. Cancer Res 2008; 68(15): 6059–64.<br />
22. Krebs EE, Becker WC, Zerzan J et al. Comparative mortality<br />
among Department of Veterans Affairs patients prescribed<br />
methadone or long-acting morphine for chronic pain.<br />
Pain 2011; 152(8): 1789–95.<br />
23. Singleton PA, Moss J, Karp DD et al. The mu opioid receptor:<br />
A new target for cancer therapy? Cancer 2015;<br />
121(16): 2681–8.<br />
24. WHO updates Essential Medicines List with new<br />
advice on use of antibiotics, and adds medicines<br />
for hepatitis C, HIV, tuberculosis and cancer. Verfügbar<br />
unter: http://www.who.int/news-room/<br />
detail/06-06-2017-who-updates-essential-medicineslist-with-new-advice-on-use-of-antibiotics-and-addsmedicines-for-hepatitis-c-hiv-tuberculosis-and-cancer<br />
[Letzter Zugriff 12.09.18].<br />
CONFERENCES<br />
31
CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />
Gute Erfahrungen vor allem in der<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie<br />
Abbildung 1: Makroaufnahme<br />
einer Cannabisblüte<br />
EDUCATION<br />
Die medizinische Anwendung von Cannabis bietet vielen Patienten mit chronischen Erkrankungen und<br />
<strong>Schmerz</strong>en Linderung bei in der Regel sehr guter Verträglichkeit. In Kanada wird Cannabis bereits seit<br />
vielen Jahren vor allem in der <strong>Schmerz</strong>therapie erfolgreich eingesetzt. Dr. Caroline MacCallum aus Vancouver<br />
berichtete auf einem Seminar während des DGS Kongresses in Frankfurt/Main von ihren langjährigen<br />
Erfahrungen und gab Tipps für die Anwendung der verschiedenen Cannabisprodukte.<br />
Mit Entdeckung des endogenen Cannabinoidsystems<br />
Anfang der 1990er-Jahre hat das Interesse<br />
an der medizinischen Anwendung von<br />
Cannabis stark zugenommen. Identifiziert wurden<br />
die beiden Cannabinoid-Rezeptoren CB1<br />
und CB2 sowie verschiedene Endocanna binoide,<br />
die selektiv an diese Rezeptoren binden. Die<br />
Re zeptoren lassen sich in unterschiedlicher Verteilung<br />
im ganzen Körper nachweisen, wobei<br />
CB1 vor allem auf die Zellen des ZNS lokalisiert<br />
32
CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />
ist, CB2 dagegen vorwiegend auf die Zellen des<br />
Immunsys tems.<br />
Das Endocannabinoid-System verfügt über vielfältige<br />
Interaktionen mit anderen Transmittersystemen<br />
und ist an der Regulation zahlreicher<br />
Prozesse beteiligt, berichtete die Expertin. Dazu<br />
gehören <strong>Schmerz</strong>, Appetit, Schlaf-Wach-Rhythmus,<br />
psychische Prozesse, Immunfunktionen und<br />
vieles mehr. Dies erkläre das breite therapeutische<br />
Spektrum von Cannabis. So werden unter anderem<br />
analgetische, antispastische, antiemetische, antiinflammatorische<br />
und neuroprotektive Wirkungen<br />
beschrieben.<br />
Cannabinoide wirken analgetisch, angstlösend,<br />
antidepressiv und antiemetisch. THC ist darüber<br />
hinaus ein Muskelrelaxans und für das euphorische<br />
„High“-Gefühl verantwortlich. CBD werden<br />
dagegen antiinflammatorische und antipsychotische<br />
Wirkungen zugeschrieben. Bei Anwendung<br />
von überwiegend CBD-haltigen Pflanzen bleibt<br />
das typische High-Gefühl aus – die euphorisierende<br />
Wirkung von THC wird zudem durch CBD<br />
ausgebremst. Je nach Indikation und Bedürfnissen<br />
des Patienten sollte die Pflanze mit dem am besten<br />
geeigneten THC/CBD-Verhältnis zur Anwendung<br />
kommen.<br />
Produkte aus der Gesamtpflanze am<br />
effektivsten<br />
Hauptsächlich gehen diese Wirkungen auf die in<br />
der Blüte der weiblichen Pflanze (Abb. 1) enthaltenen<br />
Cannabinoide zurück, deren Hauptvertreter<br />
Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD)<br />
sind. Darüber hinaus enthält die Cannabispflanze<br />
aber noch mehr als 400 weitere Substanzen, die<br />
im Sinne eines „Entourage“-Effektes zur Gesamtwirkung<br />
der Pflanze beitragen. Deswegen würde<br />
sie in der Therapie immer aus der Gesamtpflanze<br />
hergestellte Produkte gegenüber synthetischen<br />
Cannabinoiden bevorzugen, betonte Dr. MacCallum.<br />
Der Effekt sowie die Verträglichkeit seien hier<br />
nach ihrer Erfahrung deutlich besser, weshalb auch<br />
die meisten Patienten die pflanzlichen Produkte<br />
bevorzugen würden.<br />
Unterschiedliches Wirkspektrum von<br />
THC und CBD<br />
Für eine individuelle Therapie sei es wichtig, die<br />
Wirkungen von THC und CBD zu kennen, die in sehr<br />
unterschiedlichen Konzentrationen in den verschiedenen<br />
Cannabissorten enthalten sind. Beide<br />
Gute Evidenz bei verschiedenen<br />
Krankheitsbildern<br />
Sehr gute Evidenz aus randomisierten klinischen<br />
Studien gibt es für Cannabis für die Behandlung<br />
chronischer neuropathischer <strong>Schmerz</strong>en, oft<br />
schmerzhafter Spastiken bei multipler Sklerose (MS)<br />
und chemotherapieinduzierter Übelkeit [1]. Aber<br />
auch bei vielen anderen Indikationen wie Epilepsie,<br />
Tic-Symptomatik beim Tourette-Syndrom, Morbus<br />
Parkinson, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei<br />
HIV/AIDS oder chronischen <strong>Schmerz</strong>en bei Tumorerkrankungen,<br />
rheumatischen Erkrankungen oder<br />
Fibromyalgie lohne sich nach ihrer Erfahrung ein<br />
Versuch – vor allem, wenn herkömmliche Medikamente<br />
keinen ausreichenden Effekt gezeigt haben,<br />
betonte die Referentin. Cannabis sei in der Regel<br />
keine First-Line-Therapie, sondern komme nur zum<br />
Einsatz, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft<br />
sind. „Keine Evidenz“ bedeute hier letztendlich<br />
nur, dass die Studienlage heute noch nicht ausreicht<br />
– nicht aber, dass die Substanz nicht wirkt,<br />
sagte Dr. MacCallum. Ein positiver Nebeneffekt von<br />
Cannabis in der <strong>Schmerz</strong>therapie sei die mögliche<br />
Einsparung von Opioiden, die im Mittel bei 30 %<br />
liegt [2].<br />
EDUCATION<br />
33
CHANCEN DER MEDIZINISCHEN CANNABISTHERAPIE NUTZEN<br />
EDUCATION<br />
Inhalative oder orale Applikation<br />
Neben der Wahl der Pflanze mit dem für den<br />
Patienten am günstigsten THC/CBD-Verhältnis<br />
komme es auch auf den Applikationsweg an. Vom<br />
Cannabis-Rauchen – oft zusammen mit Tabak –<br />
riet die Expertin ab, da die Lungenbelastung mit<br />
Kohlenmonoxid (CO) und Karzinogenen bei den<br />
hohen Verbrennungstemperaturen von 600 °C<br />
hoch ist. Mit einem Vaporisator werden die Cannabisblüten<br />
dagegen bei deutlich niedrigeren Temperaturen<br />
(180–210 °C) verdampft, wodurch sehr<br />
wenig bis gar kein CO frei wird. Die Wirkung sei<br />
zudem wesentlich effektiver und der Substanzverbrauch<br />
geringer.<br />
Vorteil der Inhalation sei vor allem der schnelle<br />
Wirkeintritt innerhalb von 5–10 Minuten, was insbesondere<br />
Patienten mit akuten <strong>Schmerz</strong>- oder<br />
Übelkeitsattacken zugute kommt. Eine Alternative<br />
ist die orale Anwendung von Cannabisextrakten<br />
auf Ölbasis. Hier setzt die Wirkung erst nach<br />
60–180 Minuten ein – hält dann aber über 6–8<br />
Stunden an [3].<br />
Start low – go slow<br />
Bei der Dosierung empfahl die Expertin die<br />
Vorgehensweise start low – go slow. Hohe THC-<br />
Dosierungen zu Beginn der Therapie sollten<br />
– wenn möglich – vermieden werden, da hier<br />
ein größeres Nebenwirkungspotenzial besteht.<br />
Es sollte zuerst ein überwiegend CBD-haltiges<br />
Pflanzenprodukt angewandt werden und erst bei<br />
unzureichender Wirkung der THC-Gehalt langsam<br />
hochtitriert werden . Die Sorge, dass die Patienten<br />
immer höhere Dosen brauchen, sei unbegründet:<br />
Nach ihrer Erfahrung bleiben die Patienten bei<br />
medi zinischer Cannabis therapie über viele Jahre<br />
bei der einmal gefundenen individuellen Dosierung.<br />
Gute Verträglichkeit und geringe<br />
Toxizität bei medizinischer<br />
Indikation<br />
Bei therapeutischer Anwendung und einschleichender<br />
Dosierung ist Cannabis in der Regel sehr<br />
gut verträglich, berichtete die Expertin. Todesfälle<br />
durch Cannabis sind nicht bekannt, und bei richtiger<br />
Indikationsstellung und Beachtung relativer<br />
Kontraindikationen wie positiver Suchtanamnese<br />
sei auch das Abhängigkeitspotenzial gering. Zentrale<br />
Nebenwirkungen ließen sich meist durch<br />
Reduktion des THC-Anteils in den Griff bekommen.<br />
Dabei müsse den Patienten vermittelt werden, dass<br />
Cannabis auch ohne „High-Gefühl“ therapeutisch<br />
wirken kann. Wie bei allen anderen zentral wirksamen<br />
Medikamenten auch, müssen mögliche<br />
Einschränkungen bei der Fahrtüchtigkeit berücksichtigt<br />
werden.<br />
Bericht: Maria Weiß<br />
Referenzen:<br />
1. The Health Effects of Cannabis and Cannabinoids – The<br />
Current State of Evidence and Recommendations for<br />
Research; National Academic Press (US); 2017; ISBN-<br />
13: 978-0-309-45304-2ISBN-10: 0-309-45304-6; doi:<br />
10.17226/24625.<br />
2. Nielsen S, Sabioni P, Trigo JM et al. Opioid-sparing effect<br />
of cannabinoids: a systematic review and meta-analysis.<br />
Neuropsychopharmacology 2017; 42(9): 1752–65.<br />
3. MacCallum CA, Russo EB. Practical considerations in<br />
medical cannabis administration and dosing. Eur J Intern<br />
Med <strong>2018</strong>; 49: 12–9.<br />
Quelle:<br />
Fokusseminar „Neue methodische Ansätze in der Cannabis-<br />
Therapie“ anlässlich des <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages am<br />
10.03.<strong>2018</strong> in Frankfurt am Main.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Spektrum Cannabis GmbH.<br />
34
neurowoche<br />
<strong>2018</strong><br />
30. Oktober – 3. November <strong>2018</strong><br />
Berlin (Messe Berlin, Eingang Süd)<br />
91. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie<br />
44. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie<br />
63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für<br />
Neuropathologie und Neuroanatomie<br />
Jetzt online<br />
anmelden!<br />
www.neurowoche.org
OPIATABHÄNGIGKEIT<br />
Novellierung von BtMVV und ärztlichen<br />
Richtlinien zur Opiatsubstitutionstherapie<br />
Ulrich Bohr, Berlin<br />
Mit Wirkung zum 2. Oktober 2017 sind umfangreiche Änderungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung<br />
(BtMVV) in Kraft getreten. Durch mehr Rechtssicherheit für substituierende Mediziner und die<br />
Gewinnung von mehr Ärzten, die die Substitutionstherapie abgeben, will der Gesetzgeber zur Verbesserung<br />
der Versorgung von Substitutionspatienten beitragen. Mit den BtMVV-Änderungen wurden die gesetzlichen<br />
Regelungen zur substitutionsgestützten Behandlung bei Opioidabhängigkeit grundlegend überarbeitet und<br />
an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft angepasst.<br />
CONFERENCES<br />
Im Rahmen der Gesetzesnovellierung wurden<br />
auch bundesrechtliche Regelungen zu Sachverhalten,<br />
die ärztlich therapeutische Bewertungen<br />
betreffen, von der BtMVV in die Richtlinienkompetenz<br />
der Bundesärztekammer (BÄK) überführt.<br />
Gleichzeitig wurde die Richtlinie der Bundesärztekammer<br />
zur substitutionsgestützten Behandlung<br />
Opioidabhängiger entsprechend der gesetzlichen<br />
Vorgaben überarbeitet.<br />
Gesundheitliche und soziale Effekte<br />
Die substitutionsgestützte Behandlung ist<br />
heute bei der Opioidabhängigkeit unbestritten<br />
die Therapie der ersten Wahl. Bereits Anfang der<br />
1990er-Jahre wurde gezeigt, dass eine Substitutionstherapie<br />
die Mortalität bei Opioidabhängigen<br />
deutlich reduzieren kann: Bei Patienten, die sich<br />
in einer Substitutionstherapie befanden, war die<br />
36
OPIATABHÄNGIGKEIT<br />
Sterblichkeit wesentlich geringer als die 63-fach<br />
erhöhte Sterblichkeit von Abhängigen ohne Substitutionstherapie<br />
oder die 55-fach erhöhte<br />
Sterblichkeit von Abhängigen, die ein Substitutionsprogramm<br />
wegen Regelverletzungen verlassen<br />
mussten [1]. Durch die inzwischen deutlich<br />
verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bei HIV-<br />
Infektion oder Virushepatitiden ist der Unterschied<br />
bei der Sterblichkeit heute noch deutlicher.<br />
Neben den gesundheitlichen Vorteilen kann<br />
eine Substitutionsbehandlung auch die sozialen<br />
Folgen einer Opioidabhängigkeit massiv abmildern.<br />
So zeigte die PREMOS-Studie unter anderem<br />
auch eine deutlich gebesserte soziale Integration<br />
sowie geringe Kriminalitätsraten bei substituierten<br />
Pa tienten [2].<br />
Derzeit leben in Deutschland etwa 150.000 bis<br />
200.000 Opioidabhängige. Trotz der offensichtlichen<br />
Vorteile der Substitutionstherapie sind aber<br />
nur etwa 40−50 % der Opioidabhängigen in einer<br />
Substitutionsbehandlung, und die Zahl der Substitutionspatienten<br />
ist mit 78.800 seit Jahren weitgehend<br />
unverändert. Selbst in Großstädten sind<br />
Therapieplätze knapp. Trotz des hohen Bedarfs an<br />
Therapieplätzen hat die Zahl der substituierenden<br />
Ärzte in Deutschland in den letzten Jahren stetig<br />
abgenommen (Rückgang der meldenden substituierenden<br />
Ärzte um 5 % bei einer geschätzten<br />
Unterversorgung) [3].<br />
Die bisherigen gesetzlichen Regelungen aus<br />
dem Jahr 2001 waren in vielen Punkten restriktiv<br />
und nicht mehr zeitgemäß. Häufig kamen substituierende<br />
Ärzte in Situationen, in denen sie sich<br />
entscheiden müssten, ob sie sich an ein veraltetes<br />
Gesetz halten oder nach dem aktuellen Stand der<br />
medizinischen Forschung ethisch korrekt handeln<br />
sollten. Insbesondere in Bundesländern mit eher<br />
strenger Auslegung der BtMVV konnte aus medizinischer<br />
Sicht korrektes Verhalten durchaus zum<br />
Verlust der Approbation führen.<br />
Dr. med. Ulrich Bohr<br />
bohr@praxiszentrum-kaiserdamm.de<br />
Das Recht folgt der Wissenschaft<br />
Nach einem mehrjährigen Prozess der politischen<br />
Meinungsbildung und des Dialogs zwischen<br />
Fachverbänden und Gesetzgeber wurde am 22. Mai<br />
2017 eine Neuregelung der Substitution beschlossen<br />
und der bisherige § 5 der BtMVV, welcher<br />
die Substitution regelt, komplett ersetzt [4]. Das<br />
Gesetz trat mit der Bekanntmachung der „Richtlinie<br />
der Bundesärztekammer zur Durchführung der<br />
substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger“<br />
im Bundesanzeiger am 2. Oktober 2017 in<br />
Kraft [5].<br />
Die wichtigsten Änderungen im Detail<br />
Überführung der ärztlich therapeutischen<br />
Regelungs inhalte von der BtMVV in die<br />
Richtlinienkompetenz der Bundes ärztekammer<br />
Ärztlich therapeutische Inhalte werden nicht länger<br />
durch ein Gesetzgebungsverfahren bestimmt.<br />
Seit dem Inkrafttreten des neuen Substitutionsgesetztes<br />
ist es Aufgabe der Bundesärztekammer,<br />
die Substitutionsbehandlung in einer Richtlinie<br />
CONFERENCES<br />
37
OPIATABHÄNGIGKEIT<br />
CONFERENCES<br />
entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen<br />
Wissenschaft zu regeln. Wie eine sinnvolle<br />
Substitutionstherapie auszusehen hat, wird also<br />
zukünftig nicht mehr politisch-juristisch definiert,<br />
sondern medizinisch-wissenschaftlich.<br />
Durch die Überführung von ärztlich-therapeutischen<br />
Inhalten wird außerdem die Rechtssicherheit<br />
für substituierende Ärzte verbessert. Eine Substitutionsbehandlung<br />
entsprechend der Richtlinie der<br />
BÄK wird in jedem Fall als rechtskonform definiert.<br />
Darüber hinaus erlaubt die neue Gesetzgebung in<br />
medizinisch begründeten Einzelfällen auch Abweichungen<br />
von der Richtlinie. In solchen Fällen muss<br />
eine fundierte Begründung dokumentiert oder eine<br />
fundiert begründende Zweitmeinung (zum Beispiel<br />
über die Beratungskommission der zuständigen<br />
Ärztekammer) eingeholt und dokumentiert werden.<br />
Ausweitung der Legaldefinition für die<br />
Substitutionsbehandlung<br />
Im bisherigen § 5 der BtMVV war lediglich die<br />
Verschreibung eines Substitutionsmittels bei<br />
Opiat abhängigkeit vorgesehen. Die Legaldefinition<br />
wurde jetzt dahingehend ausgeweitet, dass<br />
die Substitutionstherapie nicht nur für Abhängige<br />
gilt, die durch den Missbrauch von aus Schlafmohn<br />
gewonnenen Substanzen abhängig wurden, sondern<br />
auch Patienten legal behandelt werden, die<br />
durch den Missbrauch von synthetisch hergestellten<br />
Sub stanzen mit morphinähnlicher Wirkung<br />
abhängig wurden.<br />
Präzisierung zur Anwendung der strengen<br />
Bestimmungen zur Substitutionsbehandlung<br />
Der Gesetzgeber betont im neuen Substitutionsparagraphen<br />
ausdrücklich, dass ein Missbrauch<br />
vorliegen muss. Im Umkehrschluss gilt der Substitutionsparagraph<br />
nicht für opioidabhängige<br />
Pa tienten, die durch erlaubt erworbene Opioide<br />
ohne Missbrauch abhängig wurden.<br />
Der neue Substitutionsparagraph<br />
(§ 5 BtMVV) wird angewendet bei Opioidabhängigkeit<br />
infolge:<br />
• Missbrauch von erlaubt erworbenen Opioiden<br />
Beispiel: missbräuchliche Anwendung von<br />
ärztlich verordneten Opioiden<br />
• Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder<br />
erlangten Opioiden<br />
Beispiel: Missbrauch von auf dem Schwarzmarkt<br />
erworbenen Opioiden<br />
§ 5 BtMVV wird nicht angewendet bei<br />
Pa tienten, die durch die Anwendung von<br />
erlaubt erworbenen Opioiden ohne Missbrauch<br />
abhängig wurden, also zum Beispiel im Rahmen<br />
einer ärztlich verordneten <strong>Schmerz</strong>therapie.<br />
Solche Patienten können auch weiterhin<br />
außerhalb der strengen Regelungen des Substitutionsparagraphen<br />
durch nicht suchttherapeutisch<br />
spezialisierte Ärzte behandelt werden.<br />
Anpassung der Therapieziele für die<br />
Substitutions behandlung<br />
Bisher war das gesetzlich definierte Hauptziel der<br />
Substitutionsbehandlung die schrittweise Wiederherstellung<br />
der Betäubungsmittelabstinenz.<br />
Tatsächlich erreichen nur weniger als 4 % der<br />
Pa tienten eine stabile Abstinenz. Zudem hat sich<br />
herausgestellt, dass eine zu hohe Abstinenzorientierung<br />
gefährlich ist, weil sie die Patienten auf<br />
vielfältige Weise destabilisieren kann und ebenfalls<br />
das Sterberisiko erhöht [2]. Es war also längst überfällig,<br />
die gesetzlich definierten Therapieziele an<br />
die Realität und die medizinischen Bedürfnisse der<br />
Patienten anzupassen.<br />
Ausweitung der Konsiliarregelung und<br />
Vereinfachungen bei der Vertretung<br />
Prinzipiell darf jeder Arzt, der die Zusatzweiterbildung<br />
„Suchtmedizinische Grundversorgung“ oder<br />
38
OPIATABHÄNGIGKEIT<br />
Ziele der substitutionsgestützten<br />
Behandlung :<br />
• Sicherstellung des Überlebens<br />
• Stabilisierung und Besserung des Gesundheitszustandes<br />
• Unterstützung der Behandlung somatischer<br />
und psychischer Begleiterkrankungen<br />
• Reduktion riskanter Applikationsformen von<br />
Opioiden<br />
• Reduktion des Konsums unerlaubt erworbener<br />
oder erlangter Opioide<br />
• Reduktion des Gebrauchs weiterer Suchtmittel<br />
• Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder<br />
erlangten Opioiden<br />
• Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit<br />
bedingten Risiken während einer<br />
Schwangerschaft sowie während und nach<br />
der Geburt<br />
• Verbesserung der gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität<br />
• Reduktion der Straffälligkeit<br />
• Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und<br />
am Arbeitsleben<br />
Die aufgeführten Ziele sind nicht konsekutiv zu<br />
verstehen<br />
eine gleichwertige Qualifikation erworben hat,<br />
eine Substitutionstherapie durchführen. Außerdem<br />
dürfen im Rahmen der Konsiliarregelung<br />
auch Ärzte ohne suchtmedizinische Qualifikation<br />
behandeln, wenn sie sich zu Beginn der Behandlung<br />
mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt<br />
abstimmen und sicherstellen, dass sich der Patient<br />
zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal<br />
in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten<br />
Arzt vorstellt. Ein suchtmedizinisch nicht<br />
qualifizierter Arzt darf bis zu zehn Substitutionspatienten<br />
versorgen, früher waren es nur maximal<br />
drei Substitutionspatienten. Die Ausweitung der<br />
Konsiliarregelung soll helfen, die medizinische Versorgung<br />
von Substitutionspatienten in ländlichen<br />
Bereichen sicherzustellen. Im Zusammenhang mit<br />
der Gesetzesnovellierung wurde von der kassenärztlichen<br />
Bundesvereinigung mit der GOP 01960<br />
jetzt auch erstmals eine Abrechnungsziffer für die<br />
konsiliarische Untersuchung und Beratung der Substitutionspatienten<br />
in den EBM aufgenommen.<br />
Substituierende Ärzte können sich vertreten lassen.<br />
Wenn möglich, soll der substituierende Arzt dabei<br />
möglichst von einem suchtmedizinisch qualifizierten<br />
Arzt vertreten werden. Muss er von einem suchtmedizinisch<br />
nicht qualifizierten Arzt vertreten werden,<br />
ist die Vertretung zeitlich begrenzt. Die Diamorphinsubstitution<br />
ist von der Konsiliarregelung und der<br />
Vertretungsregelung ausdrücklich ausgenommen.<br />
Erweiterung des Personenkreises, der<br />
Substitutions mittel zum unmittelbaren<br />
Verbrauch überlassen darf<br />
Wie bisher darf neben dem substituierenden Arzt<br />
auch das von ihm eingesetzte medizinische Personal<br />
in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist, dem<br />
Patienten das Substitutionsmittel zum unmittelbaren<br />
Verbrauch überlassen. Durch die Gesetzesnovellierung<br />
darf jetzt auch in Einrichtungen, wo der substituierende<br />
Arzt nicht selbst tätig ist, unter bestimmten<br />
Voraussetzungen Substitut abgegeben werden.<br />
Einrichtungen, die als geeignet angesehen werden,<br />
sind im Wesentlichen stationäre Einrichtungen der<br />
medizinischen Rehabilitation, Gesundheitsämter,<br />
Hospize, ambulante Pflegedienste, auf die ambulante<br />
Palliativversorgung spezialisierte Einrichtungen,<br />
Apotheken, Krankenhäuser und staatlich anerkannte<br />
Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe. Der Personenkreis,<br />
der dem Patienten das Substitutionsmittel<br />
überlassen darf, ist auf medizinisches, pharmazeutisches<br />
oder pflegerisches Personal begrenzt. Der<br />
substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das<br />
CONFERENCES<br />
39
OPIATABHÄNGIGKEIT<br />
CONFERENCES<br />
Personal fachgerecht eingewiesen wird. Zudem ist<br />
mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung zu<br />
treffen, in welcher u.a. festgelegt wird, wer in der<br />
Einrichtung für die Substitution verantwortlich ist<br />
und wie erforderliche Kontrollen durch den substituierenden<br />
Arzt durchgeführt werden.<br />
Rechtliche Flexibilisierung der Take-home-<br />
Regelung<br />
Grundsätzlich soll dem Patienten das vom Arzt<br />
verschriebene Substitutionsmittel zum unmittelbaren<br />
Verbrauch überlassen werden (kontrollierte<br />
Einnahme). Abweichend davon kann das Substitutionsmittel<br />
zur eigenverantwortlichen Einnahme<br />
verordnet werden (Take-home-Verschreibung).<br />
Im Gesetz werden zwei Arten der Take-home-<br />
Verschreibung unterschieden. Die „Zwei-Tage-<br />
Regelung“ zur Take-home-Verschreibung und die<br />
„Sieben-Tage-Regelung“. Die Sieben-Tage-Regelung<br />
gilt ausdrücklich nur für Patienten, die sich in<br />
einer stabilen Substitutionsbehandlung befinden,<br />
während die Zwei-Tage-Regelung keine besonderen<br />
Kriterien für die Anwendung vorgibt, also im<br />
Prinzip für alle Substitutionspatienten gilt.<br />
Bei der Zwei-Tage-Regelung kann die Take-home-<br />
Verschreibung für bis zu zwei aufeinanderfolgende<br />
Tage oder für das Wochenende erfolgen. Die Verschreibung<br />
kann auf die für fünf Tage benötigte<br />
Menge ausgeweitet werden. Der Gesetzgeber fordert<br />
in diesem Fall als Vorbedingung, dass die Kontinuität<br />
der Substitutionsbehandlung nicht anderweitig<br />
gewährleistet werden kann und der Verlauf der<br />
Behandlung dies zulässt. Außerdem sollen Risiken<br />
der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich<br />
ausgeschlossen und die Sicherheit und Kontrolle<br />
des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt<br />
werden. Damit sind die Hürden für eine Take-home-<br />
Verschreibung für das Wochenende vergleichsweise<br />
niedrigschwellig und sind durchaus dazu geeignet<br />
substituierende Ärzte zu entlasten, die sonst jedes<br />
Wochenende arbeiten oder eine entsprechende Vertretung<br />
organisieren müssten.<br />
Ob für die Sieben-Tage-Regelung im Einzelfall<br />
eine stabile Substitution besteht, soll laut BÄK-<br />
Richtline vom behandelnden Arzt anhand folgender<br />
Kriterien beurteilt werden:<br />
••<br />
Regelmäßige Wahrnehmung der erforderlichen<br />
Arztkontakte,<br />
••<br />
abgeschlossene Einstellung auf das Substitutionsmittel,<br />
••<br />
klinische Stabilisierung des Patienten nach bisherigem<br />
Verlauf der Behandlung,<br />
••<br />
Ausschluss von Risiken einer Selbst- und Fremdgefährdung,<br />
insbesondere für ggf. im Haushalt<br />
mitlebende Kinder, soweit wie möglich,<br />
••<br />
kein Konsum weiterer Substanzen, die zusammen<br />
mit der Einnahme des Substitutionsmittels<br />
zu einer schwerwiegenden gesundheitlichen<br />
Gefährdung führen können,<br />
••<br />
Patient verstößt nicht gegen getroffene Vereinbarungen,<br />
••<br />
Patient ist psychosozial stabil.<br />
Wie bisher bleibt der Standard eine Verordnung<br />
des Substitutionsmittels in der für bis zu sieben<br />
Tage benötigten Menge.<br />
Eine wichtige Neuerung ist jedoch, dass in<br />
begründeten Einzelfällen eine eigenverantwortliche<br />
Einnahme für bis zu 30 Tage möglich ist.<br />
Ein solcher Einzelfall kann dabei medizinisch<br />
begründet sein oder dadurch, dass die Teilhabe am<br />
gesellschaftlichen Leben oder die Erwerbstätigkeit<br />
gesichert werden. Als medizinische Begründung<br />
gilt, wenn der Patient schwerwiegend erkrankt<br />
oder immobil ist. Die Neuregelung erlaubt jetzt<br />
also, dass ein Substitutionspartner für länger als<br />
sieben Tage verreisen kann. Früher mussten Substitutionspatienten<br />
für solche Reisen im Inland vor Ort<br />
einen Substitutionsarzt finden, welcher die Substitutionsbehandlung<br />
dann vertretungsweise für den<br />
entsprechenden Zeitraum übernommen hat.<br />
40
OPIATABHÄNGIGKEIT<br />
Wichtig ist, dass der Patient dem Substitutionsarzt<br />
den Sachverhalt, der eine verlängerte Takehome-Verordnung<br />
begründet, glaubhaft zu<br />
machen hat und die Verschreibung der Entscheidung<br />
und Verantwortung des behandelnden Arztes<br />
unterliegt. Ein Anspruch seitens des Patienten<br />
besteht nicht.<br />
Dokumentationspflicht<br />
Durch die Neuregelungen wird der substituierende<br />
Arzt verpflichtet, gemäß den von der BÄK<br />
bestimmten Anforderungen zu dokumentieren und<br />
die Dokumentation auf Verlangen der zuständigen<br />
Landesbehörde vorzulegen oder einzusenden. Die<br />
Anforderungen der BÄK zur Dokumentation sind<br />
mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden.<br />
Bisher ist nicht bekannt wie oft, zu welchem<br />
Anlass, in welchem Umfang und mit welcher Konsequenz<br />
die Dokumentation von der zuständigen<br />
Landesbehörde geprüft werden wird. Offensichtlich<br />
ist jedoch, dass hinsichtlich der Dokumentationspflicht<br />
besondere Anforderungen an die substitutionsgestützte<br />
Behandlung gestellt werden, die<br />
deutlich über die Anforderungen, bei der Behandlung<br />
von anderen Krankheiten hinausgehen.<br />
Fazit<br />
Durch die Überführung der ärztlich-therapeutischen<br />
Regelungsinhalte aus der BtMVV in die Richtlinienkompetenz<br />
der Bundesärztekammer wurde<br />
eine Annäherung des Substitutionsrechtes an den<br />
aktuellen Stand der Wissenschaft erreicht. Außerdem<br />
kann eine Richtlinie zukünftig leichter an medizinische<br />
Entwicklungen angepasst werden als dies im<br />
Rahmen einer gesetzlichen Regelung möglich wäre.<br />
••<br />
Die Regelungen zur Take-home-Vergabe und<br />
die erweiterten Möglichkeiten zur Sichtvergabe<br />
haben sich mehr den realen Bedürfnissen der<br />
Substitutionsbehandlung angenähert.<br />
••<br />
Für die Patienten entfallen durch die Neuregelungen<br />
bei der Take-home-Verordnung einige<br />
Hemmnisse in Bezug auf eine erfolgreiche (Re-)<br />
Integration in die Gesellschaft.<br />
••<br />
Das Abstinenzparadigma ist in den Hintergrund<br />
getreten und durch realistische und wissenschaftlich<br />
vernünftige Therapieziele ersetzt<br />
worden. Der moralische Druck auf den Suchtpatienten<br />
wurde reduziert.<br />
••<br />
Die Neuregelung der Substitutionstherapie<br />
hat die juristischen Risiken für die Behandler<br />
reduziert. Gleichzeitig haben der bürokratische<br />
Aufwand und die Anforderungen an die<br />
Dokumentationspflicht zugenommen. Um dringend<br />
benötigte Versorgungskapazitäten für die<br />
Behandlung von Opioidabhängigen zu schaffen,<br />
sind die bisherigen Verbesserungen nicht ausreichend.<br />
Wenn das politisch angestrebte Ziel,<br />
die medizinische Versorgung von Substitutionspatienten<br />
durch mehr Ärzte zu sichern, erreicht<br />
werden soll, dann muss entweder der im Vergleich<br />
zur Behandlung von anderen Erkrankungen<br />
erhöhte Aufwand reduziert werden oder es<br />
müssen andere Anreize geschaffen werden, um<br />
die erhöhten Anforderungen bei der Substitutionsbehandlung<br />
auszugleichen.<br />
Referenzen:<br />
1. Grönbladh L, Ohlund LS, Gunne LM. Mortality in heroin<br />
addiction: impact of methadone treatment. Acta Psychiatr<br />
Scand. 1990 Sep; 82(3): 223−227.<br />
2. Langer K, Wittchen H U, Bühringer G, Rehm J T. PREMOS-<br />
STUDIE: Die Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger:<br />
Grundlagen, Versorgungssituation und Problembereiche.<br />
Suchtmed 2011; 13(5): 202–212.<br />
3. Bericht der Bundesopiumstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel<br />
und Medizinprodukte (BfArM) zum Substitutionsregister,<br />
Januar <strong>2018</strong>. https://www.bfarm.de<br />
4. Entschließung zur Dritten Verordnung zur Änderung<br />
der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom<br />
12.05.2017. Bundesrat, Drucksache 222/17 (Beschluss).<br />
5. Bekanntmachung der Richtlinie nach § 5 Absatz 12 Satz 1<br />
bis 3 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung.<br />
BAnz AT 02.10.2017 B1.<br />
CONFERENCES<br />
41
NEUES AUS PRAXIS UND THEORIE<br />
Behandlung des Burnout-Syndroms<br />
nach Trang<br />
Trang-Xuan Nguyen, Göttingen<br />
Nahezu 8 % der Erwerbstätigen haben das Gefühl, an einem Burnout zu leiden. Deshalb wächst die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass Menschen mit Burnout-Symptomen auch Ärzte außerhalb des Bereiches Psychiatrie<br />
oder Psychosomatik konsultieren. Schätzungen zufolge sind etwa 10 % aller Arbeitnehmer, die in Risikoberufsgruppen<br />
arbeiten, vom Burnout-Syndrom betroffen. 20–30 % aller Personen in solchen Berufen sollen<br />
gefährdet sein, am Burnout-Syndrom zu erkranken. Zuverlässige Zahlen gibt es im Grunde aber nicht.<br />
CONFERENCES<br />
Typische Symptome der Burnout-Erkrankung sind<br />
Überforderung, Müdigkeit, keine Erholungsphasen<br />
mehr, nachlassende Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen,<br />
Nervosität. Das alles führt zu vermehrten<br />
Fehlern im Alltags- und Berufsleben, die<br />
persönliche Unzufriedenheit wächst, die Belastbarkeit<br />
schwindet. Der Betroffene zieht sich immer<br />
mehr zurück, vernachlässigt soziale Kontakte,<br />
Unzufriedenheit und Gleichgültigkeit bestimmen<br />
immer mehr den Alltag.<br />
Dazu kommen psychosomatische Beschwerden,<br />
Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme<br />
und häufig auch Rückenschmerzen, obwohl<br />
keine organischen Störungen vorliegen.<br />
Problem für den Patienten ist dabei, die Probleme<br />
selbst zu erkennen. Nur wenige Menschen können<br />
ihren eigenen Erschöpfungszustand selbst diagnostizieren.<br />
Diese Ursachen selbst zu beseitigen, zum<br />
Beispiel durch Stressbewältigung mit Verringerung<br />
der Arbeitsbelastung, mehr Sport, mehr Ruhezeiten,<br />
besseres Schlafen, mehr Urlaub, können nur die<br />
wenigsten selbst umsetzen. Auch Beistand von Kollegen<br />
oder Familie hilft häufig nicht. Auf Verständnis<br />
der Vorgesetzten können die Wenigsten hoffen.<br />
Abhilfe kann durch Heilungsmethoden wie Akupunktur<br />
und/oder therapeutische Lokalanalgesie<br />
kommen. Die Kombinationstherapie nach Trang<br />
sollte anfangs möglichst kurz hintereinander, am<br />
besten im wöchentlichen Rhythmus erfolgen.<br />
Wenn eine Besserung eingetreten ist, verlängert<br />
man den Behandlungsabstand auf 4–6 Wochen, bis<br />
die Heilung eingetreten ist. Danach macht man die<br />
Behandlung nach eigenem Ermessen zum Erhalt<br />
des Erreichten.<br />
Prof. h.c. der VRC Dr. med. Trang-Xuan Nguyen<br />
dr.trang.nguyen@t-online.de<br />
Die Akupunktur wird an die individuellen Bedürfnisse<br />
des Patienten angepasst und kann schon kurzfristig<br />
zu einer deutlich spürbaren Beruhigung und<br />
Kräftigung führen. Alle den Burnout begleitenden<br />
Beschwerden können mit Akupunktur behandelt,<br />
gebessert und oft auch gänzlich geheilt werden.<br />
Unterstützend hilft die gezielte lokale Leitungsanästhesie<br />
des Ganglion stellatum. Von diesem gehen<br />
sympathische Fasern zur Versorgung von Kopf, Hals,<br />
Armen, Herz und Lunge aus. Eine Stellatumblockade<br />
wird zur Lösung arteriovenöser Krämpfe (Gefäßspasmen)<br />
angewendet, da Blutgefäße sympathisch<br />
innerviert werden. Durch diese Blockade kommt es<br />
zu einer Vasodilatation im gesamten Einzugsgebiet,<br />
zu einer verminderten Schweißsekretion (Anhidrosis)<br />
und einem Horner-Syndrom. Letzteres ist ein Zeichen<br />
für die erfolgreiche Durchführung der Blockade.<br />
42
NEUES AUS PRAXIS UND THEORIE<br />
Kanüle<br />
Bei Migräne und halbseitigem Kopfschmerz<br />
findet sie gleichfalls Anwendung. Weiterhin bei<br />
Beschwerden nach einem Schädel-Hirn-Trauma,<br />
Osteochondrose der Halswirbelsäule, Periarthritis<br />
des Schultergelenkes (Frozen Shoulder) sowie Trigeminus-<br />
und Zosterneuralgie. Eine chirurgische<br />
Ausschaltung des Ganglion stellatum ist das letzte<br />
Mittel der Wahl bei einem Morbus Raynaud.<br />
Therapeutische Lokalanalgesie nach<br />
Trang<br />
Die von mir vorgeschlagene Therapie ist die therapeutische<br />
Lokalanalgesie (TLA) nach Trang. Eine<br />
Einstichtechnik mit fächerförmiger Infiltration zur<br />
Blockade von Ganglion stellatum und Plexus cervicalis<br />
C1–C7 und Th1 sowie Nervus accessorius ohne<br />
CT- oder Röntgen-Durchleuchtung und ohne Ultraschall<br />
zur Behandlung von Migräne, Fazialisparese,<br />
Post-Zoster-Neuralgie im HWS- und Schädelbereich,<br />
Zahnbeschwerden, Trigeminusneuralgie,<br />
Konzentrationsstörung, Tinnitus aurium, Morbus<br />
Menière, Hörsturz, Schultergelenk- und Armbeschwerden,<br />
Tic nervosa, Blepharospasmus usw. und<br />
gegen die Kopfleere bei Burnout-Syndrom (Abb. 1).<br />
Patienten und Statistik<br />
Insgesamt wurden 65 Patienten im Alter zwischen<br />
30 und 70 Jahren behandelt:<br />
••<br />
18 Patienten mit sehr gutem Ergebnis (27,69 %),<br />
••<br />
30 Patienten mit gutem Ergebnis (46,15 %),<br />
••<br />
15 Patienten nicht so gutes Ergebnis (23,08 %),<br />
••<br />
2 Patienten haben die Behandlung auf eigenen<br />
Entschluss abgebrochen (23,07 %).<br />
Fazit<br />
Die Daten zeigen, dass diese Behandlungsmethodik<br />
zu einem guten Ergebnis führt. Das gute<br />
Abbildung 1: Kontrastmittelausbreitung im Verlaufsgebiet von<br />
Plexus cervicalis (C1–C4) und Plexus brachialis (C5–C7/Th1)<br />
sowie Nervus auricularis magnus. Nervus occipitalis minor, alle<br />
HWS-Spinalnerven und Rami communicantes, den gesamten<br />
HWS-Grenzstrang sowie Nervus accessorius mit der fächerförmigen<br />
Einstichtechnik nach TRANG.<br />
Ergebnis mit meiner Kombinationstherapie, welches<br />
international so nicht zu finden ist, sollte<br />
eingesetzt werden, um mehr Patienten mit Burnout-Syndrom<br />
so schnell wie möglich zu heilen und<br />
die Therapiekosten zu reduzieren. Andere Behandlungsmethoden,<br />
die heute bei Burnout angewendet<br />
werden, wie Psychotherapie, führen, bei 20<br />
Sitzungen (was meistens nicht ausreicht, um einen<br />
Erfolg zu erzielen) zu Kosten von ca. 1.700 Euro.<br />
Ein Burnout kann jeden treffen. In Deutschland<br />
lag die Prävalenz im Jahr 2015 bei 4,2 % für die<br />
Altersgruppe 18 bis 65 Jahre. In dieser Altersgruppe<br />
bedeutet das bei einer Gesamtbevölkerungszahl<br />
von 51,55 Millionen Menschen, dass 2,2 Millionen<br />
an einem Burnout erkrankt sind. Bei durchschnittlichen<br />
Behandlungskosten von 1.700 Euro pro Patient<br />
entstehen hier Kosten für unser Gesundheitssystem<br />
von 3,740 Milliarden Euro.<br />
Die Anwendung der therapeutischen Lokalanalgesie<br />
in Kombination mit Akupunktur könnte<br />
eine schnellere Heilung bei deutlich geringeren<br />
Kosten bedeuten. Geld, dass – wie wir alle wissen<br />
– an anderen Stellen des Gesundheitssystems<br />
dringend gebraucht wird, wie zum Beispiel in der<br />
Altenpflege.<br />
CONFERENCES<br />
43
NEWS<br />
Deutscher Förderpreis für<br />
<strong>Schmerz</strong>forschung und <strong>Schmerz</strong>therapie<br />
ausgeschrieben<br />
Als Versorgergesellschaft verleiht die Deutsche<br />
Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin e.V.<br />
(DGS) seit 1986 zusammen mit der Deutschen<br />
<strong>Schmerz</strong>liga e.V. (DSL) jährlich den Deutschen<br />
<strong>Schmerz</strong>preis – Deutscher Förderpreis für<br />
<strong>Schmerz</strong>forschung und <strong>Schmerz</strong>therapie. Mit<br />
ihm werden Persönlichkeiten ausgezeichnet,<br />
die sich durch wissenschaftliche Arbeiten über<br />
Diagnostik und Therapie akuter und chronischer<br />
<strong>Schmerz</strong>zustände verdient gemacht oder die<br />
durch ihre Arbeit oder ihr öffentliches Wirken<br />
entscheidend zum Verständnis des Problemkreises<br />
<strong>Schmerz</strong> und den davon betroffenen Patienten<br />
beigetragen haben.<br />
Der Förderpreis in Höhe von 5.000 Euro wird<br />
im Rahmen des Deutschen <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages<br />
in Frankfurt/Main verliehen und im Jahr<br />
2019 gemeinsam von der DGS, der größten deutschen<br />
Gesellschaft praktisch tätiger <strong>Schmerz</strong>therapeuten,<br />
und der DSL, der bundesweit größten<br />
Selbsthilfeorganisation chronisch schmerzkranker<br />
Menschen und ihrer Angehörigen, erstmals ohne<br />
kommerzielle Unterstützung der pharmazeutischen<br />
Industrie gestiftet. Nominierungen und<br />
Bewerbungen müssen bis spätestens 30.11.<strong>2018</strong><br />
bei der Geschäftsstelle eingereicht werden. Die<br />
Wahl erfolgt durch eine unabhängige Jury und den<br />
wissenschaftlichen Beirat.<br />
ist die Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin<br />
(DGS) e.V., der Preis wird gemeinsam mit der Deutschen<br />
<strong>Schmerz</strong>liga (DSL) e.V. verliehen. Der Preis<br />
wurde von dem Limburger Pharmaunternehmen<br />
Mundipharma gestiftet. „Wir freuen uns sehr, den<br />
Menschen, Arzt und persönlichen Freund zu ehren,<br />
der in den letzten 30 Jahren die <strong>Schmerz</strong>medizin<br />
in Deutschland und über die Grenzen hinaus entscheidend<br />
geprägt hat“, sagte Dr. med. Johannes<br />
Horlemann, DGS-Präsident, in seiner Laudatio. Dr.<br />
Gerhard H. H. Müller-Schwefe, von 1997 bis <strong>2018</strong><br />
Präsident der Deutschen Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin<br />
e.V., trug und trägt durch sein herausragendes<br />
Engagement entscheidend dazu bei, dass<br />
sich die <strong>Schmerz</strong>medizin als Fachdisziplin in<br />
Deutschland zunehmend als Versorgungsstruktur<br />
etablieren konnte. Sein persönlicher ehrenamtlicher<br />
Einsatz hat die <strong>Schmerz</strong>medizin in Deutschland<br />
entscheidend geprägt und vorangebracht.<br />
Quelle: Deutsche Gesellschaft für <strong>Schmerz</strong>medizin e.V.<br />
CONFERENCES News<br />
Deutscher <strong>Schmerz</strong>preis <strong>2018</strong><br />
Für sein herausragendes Engagement für die<br />
Sache der <strong>Schmerz</strong>medizin ist Dr. med. Gerhard H. H.<br />
Müller-Schwefe mit dem Deutschen <strong>Schmerz</strong>preis<br />
– Deutscher Förderpreis für <strong>Schmerz</strong>forschung und<br />
<strong>Schmerz</strong>therapie ausgezeichnet worden. Der Preis<br />
wurde am im Rahmen des Deutschen <strong>Schmerz</strong>- und<br />
Palliativtages im März <strong>2018</strong> in Frankfurt am Main<br />
überreicht. Wissenschaftlicher Träger des Preises<br />
44
NEWS<br />
Analgetika-Warnhinweis-Verordnung am<br />
1. Juli <strong>2018</strong> in Kraft getreten<br />
Frei verkäufliche Analgetika tragen zukünftig<br />
einen deutlich sichtbaren Warnhinweis. Die Verordnung<br />
(AnalgetikaWarnHV) erfasst rezeptfreie<br />
<strong>Schmerz</strong>mittel, die zur Behandlung leichter bis<br />
mäßig starker <strong>Schmerz</strong>en oder von Fieber eingesetzt<br />
werden und beispielsweise die Wirkstoffe<br />
Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac oder<br />
Acetylsalicylsäure (Aspirin) enthalten. Der verpflichtende<br />
Warnhinweis soll Verbraucher davon<br />
abhalten, die Medikamente über die empfohlene<br />
Höchstdauer hinaus einzunehmen.<br />
Umfragen zeigen einen deutlichen<br />
Missbrauch<br />
Nichtverschreibungspflichtige <strong>Schmerz</strong>mittel,<br />
sogenannte OTC-Produkte (over-the-counter)<br />
werden in Deutschland sehr häufig und oft zu<br />
lange eingenommen. Nach Angaben der Bundesvereinigung<br />
Deutscher Apothekerverbände (ABDA)<br />
wurden im Jahr 2017 insgesamt 91 Millionen<br />
Packungen OTC-Analgetika verkauft. Bei einer<br />
längerfristigen Anwendung oder Überdosierung<br />
kann es zu schweren Nebenwirkungen wie Entzündungen<br />
der Magen-Darm-Schleimhaut oder<br />
Nierenschäden kommen. Die Deutsche <strong>Schmerz</strong>gesellschaft<br />
e.V. begrüßt diesen Vorstoß. „Damit<br />
werden die Verbraucher in Bezug auf die Dosis<br />
und Anwendungsdauer auch rezeptfreier Arzneien<br />
sensibilisiert und von einer Einnahmedauer ohne<br />
ärztlichen Rat von über vier Tagen abgehalten“,<br />
sagt Professor Dr. med. Martin Schmelz, Präsident<br />
der Deutschen <strong>Schmerz</strong>gesellschaft e. V.<br />
Die Bedeutung der neuen Verordnung wird angesichts<br />
des derzeitigen Verbraucherverhaltens deutlich.<br />
Fast die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung<br />
nimmt innerhalb von vier Wochen mindestens einmal<br />
OTC-Analgetika ein. 22 % der OTC-Anwender<br />
verwendet diese Mittel länger als vier Tage. Viele von<br />
ihnen – ein Fünftel der Frauen und fast ein Drittel<br />
der Männer– lesen die Anwendungsempfehlungen<br />
nicht. Schätzungen zufolge wenden 1–3 % der Allgemeinbevölkerung<br />
täglich <strong>Schmerz</strong>mittel an. Für<br />
Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen<br />
<strong>Schmerz</strong>gesellschaft e. V., sind das alarmierende<br />
Zahlen: „Der Missbrauch von nicht verschreibungspflichtigen<br />
<strong>Schmerz</strong>mitteln ist damit sogar häufiger<br />
als derjenige von Beruhigungsmitteln. Der aus<br />
unserer Sicht längst überfällige Analgetika-Warnhinweis<br />
ist ein wichtiger Schritt für den Verbraucher-<br />
und Patientenschutz in Deutschland.“<br />
Übergangsfrist von zwei Jahren<br />
Spätestens nach einer Übergangsfrist von zwei<br />
Jahren müssen Fertigarzneimittelprodukte folgenden<br />
Hinweis tragen: „Bei <strong>Schmerz</strong>en oder Fieber<br />
ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als<br />
in der Packungsbeilage vorgegeben!“. Bei in Apotheken<br />
hergestellten Medikamenten, sogenannten<br />
Rezeptur- oder Defekturarzneimittel, ist eine<br />
Frist von zwölf Monaten vorgesehen. Dann lesen<br />
Pa tienten: „Bei <strong>Schmerz</strong>en oder Fieber ohne ärztlichen<br />
Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker<br />
oder von der Apothekerin empfohlen!“<br />
Quelle: Deutsche <strong>Schmerz</strong>gesellschaft e. V., AOK<br />
CONFERENCES News<br />
45
VERZEICHNIS DER AUTOREN<br />
Name Institution Adresse<br />
Dr. med. Ulrich Bohr Praxiszentrum Kaiserdamm Kaiserdamm 24<br />
14057 Berlin<br />
Dr. med. Kerstin Engel<br />
Markus Geuting<br />
Klinik für Manuelle Medizin<br />
Sana Kliniken Sommerfeld<br />
Klinik Löwenstein gGmbH<br />
<strong>Schmerz</strong>zentrum<br />
Waldhausstraße 44<br />
16766 Kremmen-Sommerfeld<br />
Geisshölzle 62<br />
74245 Löwenstein<br />
Dr. med. Hans-Jörg Hilscher Hagener Straße 113<br />
58642 Iserlohn<br />
Michael Kaplan<br />
Prospero Productions Partner<br />
The Leuchold, South Queensferry<br />
West Lothian, Edinburgh<br />
EH 30 9TQ, GB<br />
Dr. med. Trang-Xuan Nguyen <strong>Schmerz</strong>praxis Friedländer Weg 51<br />
37085 Göttingen<br />
Dipl.-Psych. Wolfgang Ritz Sana – Kliniken Sommerfeld Waldhausstraße 44<br />
16766 Kremmen-Sommerfeld<br />
Cogitatio-Lösung<br />
Seite 10: Lösung: 2. ein Wiedererlangen und Erhalten der Arbeitsfähigkeit<br />
ADDENDUM<br />
46
IMPRESSUM<br />
Herausgeber und Verlag<br />
The Paideia Group GmbH<br />
Dammsmühlerstr. 35, 13158 Berlin<br />
Tel.: 030 / 40 30 36 92<br />
Fax: 030 / 40 30 36 96<br />
www.thepaideiagroup.com<br />
Publishing Director<br />
Anja Lamprecht<br />
publishing@thepaideiagroup.com<br />
Redaktion<br />
Rüdiger Zart<br />
editorial@thepaideiagroup.com<br />
Art Director<br />
Sigrid Lessing<br />
print@thepaideiagroup.com<br />
Gestaltung Cover<br />
Jens Vogelsang, Aachen<br />
Infografiken, Abbildungen<br />
Sigrid Lessing<br />
Lektorat<br />
Olaf Mertensacker<br />
review@thepaideiagroup.com<br />
Druck<br />
STRUBE Druck & Medien OHG<br />
Anzeigen und Sonderdrucke<br />
Anja Lamprecht<br />
sales@thepaideiagroup.com<br />
zzt. gültige Anzeigenpreisliste<br />
Mediadaten 2019_1809-2<br />
Einzelpreis: 16,- Euro inkl. 7 % Mwst.<br />
Abonnement: 12,50 Euro inkl. 7 % Mwst. pro<br />
<strong>Ausgabe</strong><br />
Nr. 7, 6. Jahrgang, Oktober <strong>2018</strong><br />
Haftungsausschluss<br />
Diese Dokumentation enthält alle Veranstaltungsbeiträge,<br />
die bis Redaktionsschluss vorlagen. Verantwortlich<br />
für den Inhalt der im The Paideia Group<br />
Verlag veröffentlichten Beiträge ist der jeweils in<br />
den einzelnen Beiträgen genannte Autor. Die in den<br />
Beiträgen zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt in<br />
erster Linie die Auffassung der Autoren und nicht<br />
in jedem Fall die Meinung des The Paideia Group<br />
Verlages wieder. Soweit die Beiträge Dosierungen,<br />
Indikationen und Applikationsformen benennen,<br />
sollte — trotz einer sorgfältigen Recherche von<br />
Autoren, Herausgeber und Verlag — in jedem Fall<br />
vor Gebrauch oder Verordnung der genannten<br />
Medikamente der Beipackzettel mit den dort angegebenen<br />
Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen<br />
und Hinweisen auf Kontraindikationen verglichen<br />
werden. Für etwaige Abweichungen oder Unrichtigkeiten<br />
übernehmen Herausgeber und Verlag<br />
keine Haftung.<br />
Anzeigen und Industriemitteilungen<br />
Gekennzeichnete Anzeigen, Herstellerinformationen<br />
und die im Bereich „Industry“ der Dokumentation<br />
wiedergegebenen Beiträge befinden sich<br />
außerhalb der Verantwortung des Verlages. Hierfür<br />
wird keine Gewähr übernommen.<br />
Urheberrechte<br />
Diese Dokumentation genießt urheberrechtlichen<br />
Schutz. Sämtliche Nutzungsrechte liegen bei dem<br />
The Paideia Group GmbH Verlag. Jegliche Nutzung<br />
des Werks, insbesondere die Vervielfältigung,<br />
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Copyrights<br />
Titelbild: Hohlkehlchen/photocase.de, Shutterstock®<br />
Arlem Avetisyan<br />
Fotos: Seite 3 unten Martin Adam, S. 7 Rainer Unkel/<br />
vario images, S. 8 und 4 Shutterstock® Butsaya,<br />
S. 14 Shutterstock® Lightspring, S. 18 und 4 kallejipp/photocase.de,<br />
S. 26 Shutterstock® M-Foto,<br />
S. 32 und 5 Dr. Sebastian Schulz/Spektrum Cannabis<br />
GmbH 2017, S. 36 und 5 willma.../photocase; bellabrend/iStock,<br />
S. 45 und 5 Shutterstock® MyetEck.<br />
ISSN 2195-8645 Print<br />
ISSN 2197-991X Online<br />
– MAGAZIN<br />
••<br />
präsentiert Highlights von Veranstaltungen verschiedener<br />
medizinischer Fachgebiete themenspezifisch auf der Basis<br />
von Referenten beiträgen in deutscher beziehungsweise<br />
englischer Sprache,<br />
••<br />
erscheint pro Thema jeweils ein- bis zweimal pro Jahr,<br />
••<br />
verbindet die Interessen von Kongressveranstaltern, Teilnehmern<br />
und Industrie,<br />
••<br />
ist nicht mit Honorar zahlungen verbunden,<br />
••<br />
regt durch Cogitatio-Fragen zum Nachdenken „über den<br />
Tellerrand“ hinaus an,<br />
••<br />
reflektiert wissenschaftliche Inhalte in den drei Rubriken<br />
Conference, Education und Industry,<br />
••<br />
finanziert sich über Anzeigen, Sponsoring und Abonnements<br />
,<br />
••<br />
wird in zielgruppenspezifischer Auflage per Post versandt<br />
und ist mit allen <strong>Ausgabe</strong>n für medizinische Fachkreise auch<br />
digital auf www.con-nexi.de verfügbar.<br />
– RUBRIKEN<br />
CONFERENCES<br />
Beiträge und Berichte von Konferenzen wie z. B. Präsidenten-<br />
und Experten-Interviews, Statements von ausgesuchten<br />
Referenten, Basic Science, From Bench to Bedside, Arbeitsgruppensitzungen,<br />
Preisverleihungen sowie Regulatory Affairs.<br />
EDUCATION<br />
Berichte von industrieunterstützten Veranstaltungen wie z. B.<br />
Satelliten-Symposien oder Fachpressekonferenzen zu neuen<br />
Entwicklungen in der pharmazeutischen Industrie, Pro- und<br />
Contra-Debatten sowie unser Feuilleton „The Story Behind“,<br />
LeseZeichen (Kommentare zu aktuellen Studien ergebnissen),<br />
Fortbildung (Kalender) und Lösungen zu Cogitatio-Fragen der<br />
Autoren.<br />
INDUSTRY<br />
Markt- und Produktinformationen aus der pharma zeutischen<br />
und Medizintechnik-Industrie.<br />
ADDENDUM<br />
47
Hydromorphon Aristo ®<br />
4 / 8 / 16 / 32 mg Retardtabletten<br />
patientenindividuell teilbar* und titrierbar<br />
• einfache Einmalgabe<br />
• konstanter Wirkspiegel über 24 Stunden<br />
* außer 4 mg<br />
Hydromorphon Aristo ® long 4/8/16/32 mg Retardtabletten (Rp/BTM). Wirkstoff: Hydromorphonhydrochlorid. Zus.: 1 Retardtbl. enth.: 4mg/8mg/16mg/32mg Hydromorphonhydrochlorid entspr.<br />
3,55mg/7,09mg/14,19mg/28,38mg Hydromorphon. Sonst. Bestandt.: Tbl.-kern: Zucker-Stärke-Pellets (Sucrose, Maisstärke), Hypromellose, Ethylcellulose, Hyprolose, Triethylcitrat, Talkum, Carmellose-Natrium,<br />
mikrokrist. Cellulose, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), hochdisp. Siliciumdioxid; Flm.-Überzug: Polyvinylalkohol, Macrogol 4000, Talkum, 4mg-zusätzl.: Titandioxid (E 171), Eisen (III)-oxid (E 172);<br />
8mg-zusätzl.: Titandioxid (E 171); 18mg-zusätzl.: Titandioxid (E171), Eisen (III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172); 32mg-zusätzl.: Eisen (III)-oxid (E 172). Anw.: Behandlung starker <strong>Schmerz</strong>en. Gegenanz.: Überempfindlichkeit<br />
gegenüber Wirkstoff od. sonst. Bestandt., Atemdepression, schwere, chron. obstrukt. Lungenerkrankung, Koma, akutes Abdomen, paralytischer Ileus, gleichz. Gabe von Monoaminoxidase-Hemmern<br />
(MAO-Hemmer) oder wenn diese innerhalb der letzten 2 Wochen abgesetzt wurden (MAOIs). Schwangersch./Stillzeit: Anwendung nicht empfohlen. Nebenw: Häufig: Angst, Verwirrtheit,<br />
Schlaflosigkeit, Schwindel, Somnolenz, Hypotonie, vermind. Appetit, Appetitlosigkeit, Obstipation, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Pruritus, Schwitzen, Harnverhalt, verstärkter<br />
Harndrang, Asthenie. Gelegentlich: Depression, Dysphorie, Euphorie, Halluzinationen, Alpträume, Kopfschmerzen, Tremor, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Parästhesie, Miosis, Verschwommensehen,<br />
Tachykardie, Dyspnoe, Dyspepsie, Diarrhoe, Dysgeusie, Hautausschlag, Urtikaria, vermind. Libido, erektile Dysfunktion, Toleranz, Entzugserscheinungen ud. Sympt. wie Agitiertheit, Angst, Nervosität,<br />
Schlaflosigkeit, Hyperkinese, Tremor ud. gastrointest. Sympt. beinhalten. Selten: Abhängigkeit, Agitiertheit, Krampfanfälle; Sedierung, Bradykardie, Palpitationen, Atemdepression, Bronchospasmen,<br />
Gallenkolik, Erhöhung von Pankreasenzymen, Rötung des Gesichts. Sehr selten: Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließl. Schwellung im Bereich des Oropharynx), Hyperalgesie, Paralytischer<br />
Ileus, Erhöh. v. Leberenzymen, periph. Ödem. Nicht bekannt: Anaphylaktische Reaktion. Enthält Sucrose. Packungsbeilage beachten. (verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel). (Stand Juni <strong>2018</strong>).<br />
Aristo Pharma GmbH, Wallenroder Straße 8–10, 13435 Berlin.<br />
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