November 2018 - coolibri Hamm, Unna, Hagen
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INTERVIEW<br />
R U H R G E B I E T<br />
Streiter für die City<br />
DerDüsseldorferWalter Brune hatals Architekt,Stadtplaner und Immobilien-Unternehmer einumfangreiches Gesamtwerk vorzuweisen.<br />
Kaum jemand hatdie Einzelhandelsarchitektur in Deutschlandsogeprägt,wie dermittlerweile92-Jährige. Er schufunter<br />
anderem dieKö-Galerie und Schadow-Arkaden sowienamhafte Gewerbebauten im Ruhrgebiet. Allerdings istWalter Brune auch ein<br />
leidenschaftlicher Streiterfür denErhalt derInnenstädteund stehtanvorderster Front, wenn es darum geht,Ansiedlungen vonOutlet-Centernauf<br />
der grünenWiese zu verhindern. VorOutlet-Centern warntereindrücklich. Fabian Paffendorf sprach mit ihm.<br />
Wiekamen dieShoppingcenternachNordrhein-Westfalen?Stecktengroße<br />
Warenhäuserhinterden Ansiedlungen?<br />
DieSache istanders gelaufen. Das KonzeptShoppingcenter stammte aus<br />
Amerika. DerArchitekt Victor Gruenhatte festgestellt, dass dortden großenStädten<br />
dieInnenzentrenfehlten undwennesInnenstädte gab, dominiertendie<br />
großen Bürogebäude dieStraßen.Einzelhandelgab es nur<br />
wenig, dadurchbestand einDefizit hinsichtlich derVersorgung. Gruens<br />
Idee war,dassman in denRandbereichen Stadtteilzentren gründensollte.<br />
Unter einemDachsollteeingekauft werden,Dienstleister undRestaurants<br />
dortzufindensein. So hatdas gegenEndeder 40er-Jahre angefangen.<br />
Da hatman daserste Center gebaut –und es war einriesigerErfolg. Deshalb<br />
hatder Investor noch mehr bauenwollen. Manhatte erkannt, welche<br />
Chancen es bietet,wennLäden in einemausgewogenenBranchenmix<br />
konzentriert werden.Dann haben sieallerdingsangefangen, solche Centerüberall<br />
zu bauen, wo Platzwar.Als dieBewegungnachDeutschland<br />
kam, hatman es miteinzelnen Center-Ansiedlungenversucht. DerRuhrpark<br />
in Bochum isteines dererstenBeispiele –ein offenesCenter, in dem<br />
manverschiedeneLäden undSupermärkteaneinen Platzgelegthatte.<br />
Das lief ganz gut.Den Drive, dendie ganzeSache aber in denUSA schon<br />
hatte, derwar noch nichtda.<br />
Und Siehaben denDrive dann mitdem Rhein-Ruhr-Zentrum nach<br />
Deutschlandgebracht?<br />
DieStinnes AG kamEnde der60erauf dieIdee,einealteZechenanlagebei<br />
Mülheimmit einemShoppingcenter zu bebauen. Mehrere Architekten<br />
wurdenaufgefordert, etwaszuentwerfen.Sie haben Malls geplant, die<br />
mehrere Lädenunter einemgemeinsamen Dachhatten. Der<br />
6<br />
„Das<br />
Rhein-Ruhr-Zentrum<br />
sollteeinealternative<br />
Einkaufsmöglichkeit<br />
darstellen.“<br />
Karstadt-Konzern wurdeangefragt,obersichmit einem<br />
Warenhaus daranbeteiligenwolle.Soein Center fand man<br />
interessantund Karstadt hattenochkeinHaus in Mülheim.<br />
DerKonkurrent Kaufhof war schondaund dasgab denAusschlag,dassKarstadt<br />
nachMülheim wollte. AlsBedingung<br />
setzte manjedochvoraus,dassdas WarenhausinKombination<br />
miteinem Möbelhaus insCenterkommenwürde und<br />
dass ichdie Planungdes gesamten Centersübernehmensollte. Ichhatte<br />
gerade einige Wochen zuvordie Hauptverwaltungvon Karstadt in Essen<br />
übergeben, dieich gebaut hatte. Und weil dasProjekt ohne Termin-und<br />
Kostenüberschreitungen oder Mängel realisiert wurde,brachteKarstadt<br />
mich als Vertrauensarchitektenins Gespräch. Zu derZeithatte ichbereits<br />
20 Kaufhäuserfür Karstadt gebaut.Die Stinnes-Architektenlegtenmir ihre<br />
Plänevor.Mit einemShoppingcenter wieich es aus Amerikakannte,<br />
hattedas nichts zu tun. So wiedie Lädenverteiltwaren,wäre dasProjekt<br />
eine Totgeburtgewesen. Zu jenerZeithatte ichauf der5th Avenue in New<br />
York eingemeinsames Büro mitdem weltbekanntenArchitektenMarcel<br />
Breuer. Dadurchkannte ichdie amerikanischeShoppingcenter-Szene<br />
quasiaus demEffeff. So kamich an Bord.Das Rhein-Ruhr-Zentrum sollte<br />
70 000 Quadratmeter groß werden.Was folgte,warenintensive Verhandlungenmit<br />
derNRW-Landesregierung wegender Genehmigungdes Baus.<br />
Manwurde sich einig, unterder Voraussetzung, dass dasCenterander<br />
Autobahn gebaut werden sollte,die Autobahn auch dieHaupteinfallsquelle<br />
fürKundenseinmüsste. DerGedankewar,dassdas Center eine alternative<br />
Einkaufsmöglichkeit fürdas gesamteRuhrgebiet sein würde.So<br />
wurde es genehmigt,geplant undgebaut. 1973 wurdedas Center eröffnet–unddas<br />
lief ohne Probleme wiedie Feuerwehr!<br />
Eigentlich dochalles bestens, oder?<br />
Nein. Nach zwei Jahren kamich wieder einmal nach Mülheimund warauf<br />
derSchlossstraße unterwegs. Da war kein Ladenmehr. DieErklärung<br />
war,dassdie Idee mitder Autobahneinfahrt fürdas Rhein-Ruhr-Zentrum<br />
geplatzt war. DieLeute aus Essenund Mülheimkauften nurnochindem<br />
Center ein, wasdie MülheimerInnenstadtkaputtund leer machte. Da habe<br />
ichzumir gesagt:„Mensch,WalterBrune!DubistdochArchitekt und<br />
Städteplaner,duwillst denMenschendochschöneStädtebauen.Dubist<br />
doch keinStädte-Kaputt-Planer!“ Da schwor ichmir,nie wieder so etwas<br />
zu machen!<br />
Aber trotzdemhaben Siespäter weitereCenterwie dieSchadow-Arkaden<br />
und dieKö-GalerieinDüsseldorfgebaut.<br />
Ichhabeimmer wiederdarüber nachgedacht,dassdiese Funktion der<br />
Center,konzentriertHandel, Dienstleitungund Gastronomiezusammenzuführen,<br />
dieInnenstädte belebenkönnte. Schließlich bekamich dieAufträgevon<br />
Karstadt nicht, weil ichschöneFassadenbaute,sondern weil<br />
meineRaumkonzeptegut waren, dieUmsätzepro Quadratmeter Verkaufsflächestimmten<br />
da.Wenndie Eingänge gut platziert<br />
sind,die Rolltreppen an denrichtigen Stellensind, schafft<br />
manes, dieLeute festzuhalten.Die rennen dann nicht hier<br />
rein,daraus –die bleiben!Ich hattedadas Feelingfür.Deshalb<br />
bekamich dieAufträgevon Karstadt schneller, als ich<br />
daszuleisten vermochte. MeineIdee war,genau dasindie<br />
Innenstädtezubringen. DieLeute solltennicht mehr aufdie<br />
grüneWiese zumShopping,sondern in ihrerInnenstadtdas<br />
vorfinden, wassie brauchten. Fürsoein Center hatteich mir gewünscht,<br />
aufder Düsseldorfer Kö zu bauen. Tatsächlich bekamich ein12000 QuadratmetergroßesGrundstückauf<br />
derKönigsallee.Alsohabeich dieKö-<br />
Galeriegebaut. DieKöwar zu derZeitfür Gastronomiebetriebenicht mehr<br />
bezahlbar, beibis zu 300 D-Mark proQuadratmeter –alsohabeich die<br />
Gastronomenindie Galeriegeholt.Die Menschenwollennicht immernur<br />
einkaufen,die wollen auch gemütlich einenKaffeetrinkenoderwas essen.<br />
DieSache mitden Parkplätzenlöste ichdadurch,dassich vier Geschossetief<br />
ausheben ließ,sodass1000 Autostellplätzerealisiert werdenkonnten.Die<br />
Kö-Galerie hattebeimSortimentnicht dieHighlightsder<br />
Königsallee zu bieten,aberergänzendeAngebote. Es gabAnbieter, die<br />
preiswerterwaren. Siewollten an derKöLäden haben,aberkonnten die<br />
sonstigenMietennicht bezahlen.Plötzlichwar dieKönigsallee voller Le-