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CMS Stiftungsmagazin RADAR Nr. 6: Wie wohnen im Alter?

Dieses RADAR vermittelt Ihnen einen Überblick über Forschungsresultate zum Thema «Leben und Wohnen im Alter, lässt Expertinnen und Experten zu Wort kommen – und hat sechs ganz unterschiedliche Menschen aus drei Generationen zu ihren Vorstellungen befragt.

Dieses RADAR vermittelt Ihnen einen Überblick über Forschungsresultate zum Thema «Leben und Wohnen im Alter, lässt Expertinnen und Experten zu Wort kommen – und hat sechs ganz unterschiedliche Menschen aus drei Generationen zu ihren Vorstellungen befragt.

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Strategie<br />

UNSER ENGAGEMENT<br />

FÜRS ALTER<br />

NICHT WENIGER,<br />

ABER ANDERS<br />

Die <strong>Alter</strong>ssiedlungen der Christoph Merian<br />

Stiftung (<strong>CMS</strong>) waren einst Pionierprojekte.<br />

Das ist lange her. Seither hat sich vieles<br />

verändert: Das Durchschnittsalter der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner ist deutlich<br />

höher. Die Anforderungen an die Betreuung<br />

älterer Menschen sind gestiegen. Und auch<br />

die Vorstellungen und Bedürfnisse älterer<br />

Menschen, wie sie leben und <strong>wohnen</strong> möchten,<br />

haben sich gewandelt. Die <strong>CMS</strong> hat den<br />

Betrieb ihrer traditionellen <strong>Alter</strong>ssiedlungen<br />

einer kompetenten, lokalen Partnerinstitution<br />

übergeben: dem Bürgerspital Basel.<br />

Im Interesse vor allem der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner. Ein Rückblick und Ausblick.<br />

Seit den 1950er-Jahren engagiert sich die <strong>CMS</strong> in<br />

Wohnprojekten für ältere Menschen. Sie leistete nach<br />

dem Krieg <strong>im</strong> <strong>Alter</strong>swohnungsbau sogar eigentliche<br />

Pionierarbeit. 1954 errichtete sie eine erste <strong>Alter</strong>ssiedlung<br />

an der Rheinfelderstrasse mit 95 Wohnungen für<br />

rund hundert Personen. Die Mietzinse waren moderat<br />

und betrugen damals zwischen CHF 63.– und 68.– pro<br />

Monat. Weitere <strong>Alter</strong>ssiedlungen folgten: 1960 die<br />

<strong>Alter</strong>ssiedlung Gellertfeld, 1966 die <strong>Alter</strong>ssiedlung<br />

Albert Schweitzer-Strasse und 1981 schliesslich die<br />

<strong>Alter</strong>ssiedlung Friedrich Oser-Strasse. Darüber hinaus<br />

übernahm die Stiftung den Betrieb der <strong>Alter</strong>ssiedlung<br />

Basler Dybli von der gleichnamigen Stiftung in Riehen<br />

und den Dalbehof von der Sevogel-Stiftung an der<br />

Kapellenstrasse.<br />

Mit dem wachsenden Wohlstand stieg gleichzeitig<br />

der individuelle Raumbedarf. Bereits in den 1980er-<br />

Jahren reagierte die Stiftung darauf und legte die kleinen<br />

Einz<strong>im</strong>merwohnungen (einst ohne Warmwasser)<br />

zu komfortableren Zweiz<strong>im</strong>merwohnungen zusammen.<br />

So halbierte sich das Wohnungsangebot an der Rheinfelderstrasse<br />

und <strong>im</strong> Gellertfeld. Der Dalbehof sowie<br />

die Friedrich Oser-Strasse berücksichtigten bereits bei<br />

der Erstellung das Bedürfnis nach mehr Wohnraum.<br />

Danach geschah dreissig Jahre lang wenig bei den<br />

<strong>Alter</strong>ssiedlungen, auch jenen der <strong>CMS</strong>. Veränderungen<br />

gab es hingegen <strong>im</strong> klassischen <strong>Alter</strong>she<strong>im</strong>bereich in<br />

der Schweiz und auch in Basel: Weil ältere Menschen<br />

in <strong>im</strong>mer höherem <strong>Alter</strong> in ein He<strong>im</strong> übersiedelten,<br />

begannen <strong>Alter</strong>she<strong>im</strong>e zusätzlich Pflegeleistungen<br />

anzubieten und wurden zu kombinierten <strong>Alter</strong>s- und<br />

Pflegehe<strong>im</strong>en. Die <strong>Alter</strong>ssiedlungen der <strong>CMS</strong> funktionierten<br />

dagegen weiterhin als Teil des regulären Vermietungsgeschäfts.<br />

Ab 2010 begann sich abzuzeichnen, dass die Ausstattung<br />

der <strong>CMS</strong>-<strong>Alter</strong>ssiedlungen den aktuellen<br />

Anforderungen der <strong>im</strong>mer älteren Bewohnerinnen und<br />

Bewohner zum Teil nicht mehr genügte: In den 276<br />

Wohnungen lebten mittlerweile 300 Bewohnerinnen<br />

und Bewohner mit einem Durchschnittsalter von 84<br />

Jahren. Dies zwang die Stiftung zum Handeln, <strong>im</strong><br />

betrieblichen wie <strong>im</strong> baulichen Bereich. Zum einen<br />

wollte sie die <strong>Alter</strong>ssiedlungen mit dem gemeinsam mit<br />

der Age-Stiftung entwickelten Konzept ‹Avantage›<br />

nach den Ansätzen der Gemeinwesenarbeit weiterentwickeln,<br />

zum anderen realisierte sie mit einem altersgerechten<br />

Neubau an der Wettsteinallee ein Vorzeigeprojekt<br />

und unterzog in den Jahren 2013 bis 2014 die<br />

<strong>Alter</strong>sresidenz Dalbehof einer aufwendigen Sanierung.<br />

Dringend nötige Standortbest<strong>im</strong>mung<br />

Der Bedarf älterer Menschen generell und einzelner<br />

Mieterinnen und Mieter der <strong>CMS</strong>-Siedlungen nach mehr<br />

(Zusatz-)Betreuung, mehr Service und auch Pflege<br />

stieg unterdessen kontinuierlich. Dies bewog die <strong>CMS</strong><br />

2017 zu einer Standortbest<strong>im</strong>mung. Sie beauftragte<br />

Roland Wormser, einen ausgewiesenen <strong>Alter</strong>s- und<br />

Organisationsexperten, mit einer umfassenden Analyse<br />

(siehe Seite 4). Diese zeigte klar auf, dass Zustand und<br />

Ausrichtung der <strong>CMS</strong>-<strong>Alter</strong>ssiedlungen in der heutigen<br />

Form aktuellen und künftigen Anforderungen an Wohnen<br />

in (hohem) <strong>Alter</strong> nicht mehr genügten. Weder<br />

bezüglich Betreuung noch bezüglich Service und Pflege<br />

oder baulicher Ausstattung: Die <strong>CMS</strong>-Immobilien aus<br />

den 1950er- bis 1980er-Jahren sind nicht durchgehend<br />

barrierefrei. Es fehlen zum Beispiel vereinzelt Lifte.<br />

Nasszellen und Küchen sind nicht überall altersgerecht.<br />

Zudem liegen zwei der Siedlungen an schlecht erschlossenen<br />

Orten auf dem Bruderholz – was <strong>im</strong> Widerspruch<br />

steht zu den heutigen Vorstellungen von altersgerechtem<br />

‹Wohnen <strong>im</strong> <strong>Alter</strong>›: Mobilität und Einkaufen sind<br />

für gehbehinderte Menschen schwierig bis unmöglich.<br />

Die Analyse hat zudem auch aufgezeigt, dass klassische<br />

<strong>Alter</strong>ssiedlungen ohne Pflegeangebote ausgedient<br />

haben.<br />

Was also tun? Mit einem historisch gewachsenen,<br />

veralteten Modell weitermachen als auf diesem Gebiet<br />

nicht spezialisierte Förderstiftung? Nein. Die <strong>CMS</strong> hat<br />

deshalb entschieden, ihre <strong>Alter</strong>ssiedlungen nicht selber<br />

weiterzuführen, sondern einen kompetenten, verläss-<br />

lichen Partner zu suchen, der über eine hervorragende<br />

Fachkompetenz <strong>im</strong> <strong>Alter</strong>sbereich verfügt.<br />

Zukunftsweisende Kooperation<br />

Mit dem Bürgerspital Basel hat sie ihn gefunden. Das<br />

Bürgerspital, eine Institution der Bürgergemeinde und<br />

wie die <strong>CMS</strong> eine renommierte öffentlich-rechtliche<br />

Basler Institution, hat eine fundierte Erfahrung <strong>im</strong><br />

<strong>Alter</strong>sbereich. Es betreibt bereits sechs <strong>Alter</strong>szentren<br />

und ist damit in Basel der grösste Anbieter. Die <strong>CMS</strong><br />

wird dem Bürgerspital per März 2019 den Betrieb von<br />

vier ihrer sechs <strong>Alter</strong>ssiedlungen übergeben (Basler<br />

Dybli, Dalbehof, Gellertfeld, Wettsteinpark). Die Liegenschaften<br />

selber bleiben <strong>im</strong> Besitz der <strong>CMS</strong>. Wo nötig,<br />

werden von der <strong>CMS</strong> altersgerechte Umbauarbeiten<br />

vorgenommen.<br />

Unter dem Titel ‹Wohnen mit Service› garantiert das<br />

Bürgerspital neu ein umfassenderes Betreuungs-<br />

angebot, als die <strong>CMS</strong> dies bisher anbieten konnte.<br />

Neben den <strong>im</strong> Pensionspreis inbegriffenen Leistungen<br />

(wie zum Beispiel Sprechstunden, 24-Stunden-Notruf,<br />

Anlässe und vieles andere) können neu individuell à la<br />

carte zusätzliche, kostenpflichtige Leistungen des<br />

Bürgerspitals vor Ort und unkompliziert in Anspruch<br />

genommen werden (Coiffeur, Handwerker, Wäscherei,<br />

Schneiderei etc.).<br />

Die beiden schlecht erschlossenen und nicht altersgerechten<br />

<strong>CMS</strong>-<strong>Alter</strong>ssiedlungen auf dem Bruderholz<br />

(Friedrich Oser-Strasse und Albert Schweitzer-Strasse)<br />

werden nicht mehr als <strong>Alter</strong>ssiedlungen weitergeführt.<br />

Die jetzigen Bewohnerinnen und Bewohner können, so<br />

lange sie wollen, dort <strong>wohnen</strong> bleiben – oder in eine<br />

andere <strong>Alter</strong>ssiedlung umziehen. Frei werdende Wohnungen<br />

in diesen beiden Siedlungen werden künftig vor<br />

allem auch an jüngere Interessenten vermietet – was ein<br />

spannendes Zusammen<strong>wohnen</strong> von Jung und Alt<br />

ermöglicht, das auch in den Interviews in diesem <strong>RADAR</strong><br />

von allen Generationen gewünscht wird (Seiten 6-11).<br />

Für eine Übergangsphase von zwei Jahren bietet<br />

die <strong>CMS</strong> mit dem Bürgerspital überdies den Bewohnern<br />

der beiden Bruderholz-Siedlungen einen zusätzlichen<br />

mobilen Service mit Sprechstunden, Tages- und Notfallnummern<br />

und Mittagstischen an. Dieses attraktive<br />

Zusatzangebot ist gleichzeitig ein möglicherweise<br />

zukunftsweisendes Pilotprojekt: Wenn es erfolgreich ist<br />

und auch genutzt wird, prüft die <strong>CMS</strong> ein solches<br />

Angebot auch für ihre anderen Liegenschaften. Eine<br />

interne Untersuchung bei einer <strong>CMS</strong>-Liegenschaft <strong>im</strong><br />

Gellert hat beispielsweise ergeben, dass dort 38 Prozent<br />

der Bewohnerinnen und Bewohner über 75 Jahre<br />

alt sind. Da <strong>im</strong>mer mehr ältere Menschen so lange wie<br />

möglich in ihrer angestammten Wohnung bleiben und<br />

nicht in ein <strong>Alter</strong>s- und Pflegehe<strong>im</strong> wechseln möchten<br />

(vgl. die Beiträge in diesem <strong>RADAR</strong>), könnten solche<br />

mobilen <strong>CMS</strong>-Services für ältere Mieterinnen und Mieter<br />

einem grossen Bedürfnis entsprechen.<br />

Die Übergabe der <strong>CMS</strong>-<strong>Alter</strong>ssiedlungen an das<br />

Bürgerspital Basel erfordert auch neue Verträge der<br />

bisherigen Bewohnerschaft mit dem Bürgerspital, der<br />

neuen Betreiberin. Die neuen Pensionsverträge entsprechen<br />

den hohen Schweizer und Basler Standards für<br />

<strong>Alter</strong>ssiedlungen mit Service, sind seit Jahren für solche<br />

Wohnformen eigentlich üblich und bieten überdies<br />

einen noch umfassenderen Kündigungsschutz als die<br />

alten Verträge.<br />

Es bleibt noch viel zu tun<br />

Die <strong>CMS</strong> wird sich über die Kooperation mit dem Bürgerspital<br />

hinaus weiter in anderen Bereichen für die Anliegen<br />

der älteren Generation in der Stadt Basel engagieren.<br />

Auch und gerade <strong>im</strong> Förderbereich. Die Abteilung<br />

Soziales hat 2016 eine umfassende Bedarfsanalyse<br />

durchgeführt. Das Resultat: Viele sozial Benachteiligte,<br />

finanziell schlecht gestellte und vereinsamte ältere<br />

Personen, auch mit Migrationshintergrund, Menschen<br />

<strong>im</strong> hohen <strong>Alter</strong>, die sich auf Wohnungssuche begeben<br />

müssen, und pflegende Angehörige bräuchten eigentlich<br />

viel mehr Unterstützung und Hilfe. Hier klaffen noch<br />

<strong>im</strong>mer gravierende Lücken <strong>im</strong> sozialen Netz, auch in<br />

Basel. Ein Thema sind auch neue Formen von Nachbarschaftshilfe.<br />

In all diesen Bereichen wird die <strong>CMS</strong> sich<br />

weiter engagiert einsetzen.<br />

Dr. Beat von Wartburg<br />

Direktor Christoph Merian Stiftung<br />

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