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Fachmagazin für den Spielwarenfachhandel
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INTERVIEW<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />
schiedet hat. Welche Rolle spielen die<br />
Bielefelder noch in Ihrem Geschäftsmodell?<br />
I.H.: Der Großhandel, ob nun über Spiel<br />
& Spaß oder heute VEDES, ist kein Thema<br />
für uns, weil wir die Nähe zum Produkt<br />
und Hersteller suchen und brauchen,<br />
also direkt einkaufen. Es gibt<br />
andere Bereiche, die wir gerne nutzen<br />
wie Delkredere, Dienstleistungen, Werbung,<br />
Beleuchtung, Hilfe bei Versicherungen<br />
oder Rechtshilfe. Wir sind mit<br />
der Zusammenarbeit sehr zufrieden.<br />
Der Spielzeughandel, besonders einige<br />
Filialisten stehen unter Druck. Die<br />
Reaktionen lauten hier in der Schlossstraße:<br />
mindestens 20 % auf Playmobil,<br />
Lego, Schleich & Ravensburger.<br />
Freut man sich, solche Wettbewerber<br />
vis-à-vis zu haben?<br />
I.H.: Man braucht Mut zum Preis, wie<br />
bereits gesagt, aber natürlich ärgert<br />
mich das auch. In solchen Fällen räume<br />
ich meine Ware ins Lager, warte ab,<br />
bis die Konkurrenz ihre fünf Stück verkauft<br />
hat, und hole danach mein Ware<br />
wieder raus.<br />
Preiskämpfe machen Sie also nicht<br />
mit?<br />
I.H.: Nur in geringem Umfang und im<br />
Rahmen des Möglichen. Unser Vorteil<br />
ist, dass wir viele Dinge haben, die<br />
andere nicht haben und die nicht im<br />
Preisfokus stehen.<br />
M.H.: Wir würden sogar gerne noch um<br />
1.500 m 2 vergrößern, aber man lässt<br />
uns nicht.<br />
I.H.: Wir können es nicht umsetzen,<br />
weil das Gebäude unter Denkmalschutz<br />
steht.<br />
»Geiz ist geil hat unsere<br />
Gesellschaft in einer Form<br />
verändert, die viele überhaupt<br />
nicht erkennen.«<br />
MANFRED HERPOLSHEIMER<br />
Inhaber Werken Spielen Schenken<br />
Und Filialisieren ist kein Thema?<br />
M.H.: Das haben wir aufgegeben.<br />
I.H.: Meinen Vater vergleiche ich gerne<br />
mit einem Basketballspieler, der mit<br />
einem Bein fest auf dem Boden steht,<br />
aber das andere Bein hin und her bewegt.<br />
Werken Spielen Schenken war<br />
immer das Standbein, die anderen<br />
Läden oder die Filiale in Spandau das<br />
Spielbein.<br />
Spielwarenhändler fordern häufig,<br />
dass der stationäre Fachhandel als<br />
Gesicht der Marken anders gestellt<br />
werden muss. Haben die Kollegen<br />
recht?<br />
M.H.: Ohne uns gäbe es die Marken gar<br />
nicht. Früher wurde man mit 2 Prozent<br />
dafür belohnt, dass man ein Schaufenster<br />
besaß. Das wäre z. B. ein Weg,<br />
uns zu unterstützen.<br />
I.H.: Die Zahl der individuellen Vereinbarungen<br />
werden mehr. Das ist auch<br />
richtig, denn ich präsentiere hier nicht<br />
nur die Ware. Wir brauchen die Unterstützung<br />
der Industrie in Zukunft sicherlich<br />
mehr, gerade angesichts der<br />
sich verändernden Handelslandschaft.<br />
Wer trägt die Schuld an der Situation<br />
des Spielzeughandels: die Discounter,<br />
die Drogeriemärkte, das Internet, die<br />
Hersteller und Lieferanten, der Fachhandel<br />
womöglich selbst?<br />
I.H.: Es ist die Summe aus allen Faktoren.<br />
Natürlich ärgert es mich, wenn<br />
ich sehen muss, dass irgendwelche<br />
Markenartikel im Supermarkt auftauchen.<br />
Selbst wenn es spezielle Produkte<br />
sein sollten, ist das kein Argument,<br />
denn letztendlich wird hier ein Bedarf<br />
auf diesem Weg gedeckt. Und dass wir<br />
zum verlängerten Arm der Industrie<br />
werden, ist auch nicht in Ordnung.<br />
Was dürfen wir uns darunter vorstellen?<br />
I.H.: Beispiel Lego. Denen muss ich jeden<br />
Monat den Wareneinsatz melden,<br />
damit die disponieren können, was sie<br />
mir geben wollen. Wir werden faktisch<br />
kontingentiert. Man nimmt mir zwar<br />
das Risiko als Unternehmen damit ab,<br />
aber es wird bestimmt, was ich einkaufe.<br />
Dabei können die aus dem fernen<br />
Dänemark gar nicht beurteilen, wie<br />
der Markt hier überhaupt tickt. Irgendwann<br />
sind wir wirklich Fachverkäufer,<br />
die nur noch ins Fach greifen und verkaufen.<br />
Was muss denn anders werden, wenn<br />
es besser werden soll?<br />
M.H.: Das kann ich Ihnen sagen! Wir<br />
müssten die Gesellschaft ändern. Geiz<br />
ist geil hat unsere Gesellschaft in einer<br />
Form verändert, die viele überhaupt<br />
nicht erkennen. Es ist ein ganz wesentlicher<br />
Grund, warum es die Preistreiberei<br />
gibt.<br />
AUF EINEN BLICK<br />
Das 1968 vom gelernten Werkzeugmacher<br />
Manfred Herpolsheimer<br />
gegründete Spielzeug- und Bastelgeschäft<br />
„Werken Spielen Schenken“,<br />
das seit 1974 am „Bierpinsel“<br />
in der Steglitzer Schlossstraße auf<br />
inzwischen 2.500 m 2 Kinder und<br />
Erwachsene mit gut 200.000 Artikeln<br />
versorgt, zählt zu den letzten<br />
Dinos im Spielwarenhandel. Das<br />
Unternehmen beschäftigt rund 43<br />
Mitarbeiter und leistet sich aus<br />
Überzeugung „Profilierungssortimente“,<br />
die wirtschaftlich kaum<br />
Sinn ergeben. Ein entscheidender<br />
Erfolgsfaktor ist laut Ingo Herpolsheimer,<br />
Sohn des Firmengründers<br />
und studierter Informatiker, die<br />
EDV. Dafür verzichtet Ingo Herpolsheimer,<br />
Freund binären Denkens,<br />
auf Omnichannel, weil es in<br />
einer Straße, in der es von Kunden<br />
nur so wimmelt, keinen Sinn<br />
ergibt. Die dritte Generation steht<br />
bereits in den Startlöchern.<br />
Auf 50 Jahre blickt Ihr Geschäft zurück.<br />
Wie haben Sie gefeiert und steht<br />
die dritte Generation schon in den<br />
Startlöchern?<br />
I.H.: Gefeiert haben wir eher auf kleiner<br />
Flamme mit unseren Kunden. Ein<br />
wenig Entertainment für die Kinder, ein<br />
paar besondere Angebote, ein Gewinnspiel,<br />
aber kein großes Tamtam. Ja, in<br />
der Tat, meine Tochter, die ihr Wirtschaftsabitur<br />
machen wird, freut sich,<br />
jede Woche hier arbeiten zu können<br />
und den Laden zu übernehmen.<br />
Was ist da schiefgelaufen? Angeblich<br />
will die Jugend doch keinen Einzelhandel!<br />
I.H.: Erstens: Vielleicht merkt meine<br />
Tochter ja noch, dass Einzelhandel<br />
kein Zuckerschlecken ist. Zweitens: Ich<br />
zwinge sie ja nicht. Drittens: Die Herpolsheimer<br />
standen schon immer für<br />
Anderssein und da kann der Spielwarenhandel<br />
noch so maulen und meckern,<br />
wie er will, für uns ist das Glas grundsätzlich<br />
halb voll und nicht halb leer.<br />
Manche Experten rechnen mit einem<br />
Plusminusnull-Jahr. Was sagt man<br />
hier? Was anderes?<br />
I.H.: Werken Spielen Schenken hatte<br />
im Vorjahr den besten Umsatz ever.<br />
Das jedes Mal zu toppen, kann und darf<br />
man nicht erwarten. Ich lasse das in aller<br />
Ruhe auf mich zukommen. Mit ein<br />
wenig Glück erreichen wir das Vorjahr.<br />
Mein Herren, wir bedanken uns für<br />
das Gespräch.