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Fachmagazin für den Spielwarenfachhandel

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22<br />

INTERVIEW<br />

<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />

schiedet hat. Welche Rolle spielen die<br />

Bielefelder noch in Ihrem Geschäftsmodell?<br />

I.H.: Der Großhandel, ob nun über Spiel<br />

& Spaß oder heute VEDES, ist kein Thema<br />

für uns, weil wir die Nähe zum Produkt<br />

und Hersteller suchen und brauchen,<br />

also direkt einkaufen. Es gibt<br />

andere Bereiche, die wir gerne nutzen<br />

wie Delkredere, Dienstleistungen, Werbung,<br />

Beleuchtung, Hilfe bei Versicherungen<br />

oder Rechtshilfe. Wir sind mit<br />

der Zusammenarbeit sehr zufrieden.<br />

Der Spielzeughandel, besonders einige<br />

Filialisten stehen unter Druck. Die<br />

Reaktionen lauten hier in der Schlossstraße:<br />

mindestens 20 % auf Playmobil,<br />

Lego, Schleich & Ravensburger.<br />

Freut man sich, solche Wettbewerber<br />

vis-à-vis zu haben?<br />

I.H.: Man braucht Mut zum Preis, wie<br />

bereits gesagt, aber natürlich ärgert<br />

mich das auch. In solchen Fällen räume<br />

ich meine Ware ins Lager, warte ab,<br />

bis die Konkurrenz ihre fünf Stück verkauft<br />

hat, und hole danach mein Ware<br />

wieder raus.<br />

Preiskämpfe machen Sie also nicht<br />

mit?<br />

I.H.: Nur in geringem Umfang und im<br />

Rahmen des Möglichen. Unser Vorteil<br />

ist, dass wir viele Dinge haben, die<br />

andere nicht haben und die nicht im<br />

Preisfokus stehen.<br />

M.H.: Wir würden sogar gerne noch um<br />

1.500 m 2 vergrößern, aber man lässt<br />

uns nicht.<br />

I.H.: Wir können es nicht umsetzen,<br />

weil das Gebäude unter Denkmalschutz<br />

steht.<br />

»Geiz ist geil hat unsere<br />

Gesellschaft in einer Form<br />

verändert, die viele überhaupt<br />

nicht erkennen.«<br />

MANFRED HERPOLSHEIMER<br />

Inhaber Werken Spielen Schenken<br />

Und Filialisieren ist kein Thema?<br />

M.H.: Das haben wir aufgegeben.<br />

I.H.: Meinen Vater vergleiche ich gerne<br />

mit einem Basketballspieler, der mit<br />

einem Bein fest auf dem Boden steht,<br />

aber das andere Bein hin und her bewegt.<br />

Werken Spielen Schenken war<br />

immer das Standbein, die anderen<br />

Läden oder die Filiale in Spandau das<br />

Spielbein.<br />

Spielwarenhändler fordern häufig,<br />

dass der stationäre Fachhandel als<br />

Gesicht der Marken anders gestellt<br />

werden muss. Haben die Kollegen<br />

recht?<br />

M.H.: Ohne uns gäbe es die Marken gar<br />

nicht. Früher wurde man mit 2 Prozent<br />

dafür belohnt, dass man ein Schaufenster<br />

besaß. Das wäre z. B. ein Weg,<br />

uns zu unterstützen.<br />

I.H.: Die Zahl der individuellen Vereinbarungen<br />

werden mehr. Das ist auch<br />

richtig, denn ich präsentiere hier nicht<br />

nur die Ware. Wir brauchen die Unterstützung<br />

der Industrie in Zukunft sicherlich<br />

mehr, gerade angesichts der<br />

sich verändernden Handelslandschaft.<br />

Wer trägt die Schuld an der Situation<br />

des Spielzeughandels: die Discounter,<br />

die Drogeriemärkte, das Internet, die<br />

Hersteller und Lieferanten, der Fachhandel<br />

womöglich selbst?<br />

I.H.: Es ist die Summe aus allen Faktoren.<br />

Natürlich ärgert es mich, wenn<br />

ich sehen muss, dass irgendwelche<br />

Markenartikel im Supermarkt auftauchen.<br />

Selbst wenn es spezielle Produkte<br />

sein sollten, ist das kein Argument,<br />

denn letztendlich wird hier ein Bedarf<br />

auf diesem Weg gedeckt. Und dass wir<br />

zum verlängerten Arm der Industrie<br />

werden, ist auch nicht in Ordnung.<br />

Was dürfen wir uns darunter vorstellen?<br />

I.H.: Beispiel Lego. Denen muss ich jeden<br />

Monat den Wareneinsatz melden,<br />

damit die disponieren können, was sie<br />

mir geben wollen. Wir werden faktisch<br />

kontingentiert. Man nimmt mir zwar<br />

das Risiko als Unternehmen damit ab,<br />

aber es wird bestimmt, was ich einkaufe.<br />

Dabei können die aus dem fernen<br />

Dänemark gar nicht beurteilen, wie<br />

der Markt hier überhaupt tickt. Irgendwann<br />

sind wir wirklich Fachverkäufer,<br />

die nur noch ins Fach greifen und verkaufen.<br />

Was muss denn anders werden, wenn<br />

es besser werden soll?<br />

M.H.: Das kann ich Ihnen sagen! Wir<br />

müssten die Gesellschaft ändern. Geiz<br />

ist geil hat unsere Gesellschaft in einer<br />

Form verändert, die viele überhaupt<br />

nicht erkennen. Es ist ein ganz wesentlicher<br />

Grund, warum es die Preistreiberei<br />

gibt.<br />

AUF EINEN BLICK<br />

Das 1968 vom gelernten Werkzeugmacher<br />

Manfred Herpolsheimer<br />

gegründete Spielzeug- und Bastelgeschäft<br />

„Werken Spielen Schenken“,<br />

das seit 1974 am „Bierpinsel“<br />

in der Steglitzer Schlossstraße auf<br />

inzwischen 2.500 m 2 Kinder und<br />

Erwachsene mit gut 200.000 Artikeln<br />

versorgt, zählt zu den letzten<br />

Dinos im Spielwarenhandel. Das<br />

Unternehmen beschäftigt rund 43<br />

Mitarbeiter und leistet sich aus<br />

Überzeugung „Profilierungssortimente“,<br />

die wirtschaftlich kaum<br />

Sinn ergeben. Ein entscheidender<br />

Erfolgsfaktor ist laut Ingo Herpolsheimer,<br />

Sohn des Firmengründers<br />

und studierter Informatiker, die<br />

EDV. Dafür verzichtet Ingo Herpolsheimer,<br />

Freund binären Denkens,<br />

auf Omnichannel, weil es in<br />

einer Straße, in der es von Kunden<br />

nur so wimmelt, keinen Sinn<br />

ergibt. Die dritte Generation steht<br />

bereits in den Startlöchern.<br />

Auf 50 Jahre blickt Ihr Geschäft zurück.<br />

Wie haben Sie gefeiert und steht<br />

die dritte Generation schon in den<br />

Startlöchern?<br />

I.H.: Gefeiert haben wir eher auf kleiner<br />

Flamme mit unseren Kunden. Ein<br />

wenig Entertainment für die Kinder, ein<br />

paar besondere Angebote, ein Gewinnspiel,<br />

aber kein großes Tamtam. Ja, in<br />

der Tat, meine Tochter, die ihr Wirtschaftsabitur<br />

machen wird, freut sich,<br />

jede Woche hier arbeiten zu können<br />

und den Laden zu übernehmen.<br />

Was ist da schiefgelaufen? Angeblich<br />

will die Jugend doch keinen Einzelhandel!<br />

I.H.: Erstens: Vielleicht merkt meine<br />

Tochter ja noch, dass Einzelhandel<br />

kein Zuckerschlecken ist. Zweitens: Ich<br />

zwinge sie ja nicht. Drittens: Die Herpolsheimer<br />

standen schon immer für<br />

Anderssein und da kann der Spielwarenhandel<br />

noch so maulen und meckern,<br />

wie er will, für uns ist das Glas grundsätzlich<br />

halb voll und nicht halb leer.<br />

Manche Experten rechnen mit einem<br />

Plusminusnull-Jahr. Was sagt man<br />

hier? Was anderes?<br />

I.H.: Werken Spielen Schenken hatte<br />

im Vorjahr den besten Umsatz ever.<br />

Das jedes Mal zu toppen, kann und darf<br />

man nicht erwarten. Ich lasse das in aller<br />

Ruhe auf mich zukommen. Mit ein<br />

wenig Glück erreichen wir das Vorjahr.<br />

Mein Herren, wir bedanken uns für<br />

das Gespräch.

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