22.01.2019 Aufrufe

TE KW 04

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

K ULTUR<br />

Das offizielle Telfs feierte am vorletzten Wochenende seinen<br />

großen Auftritt in Wien – begleitet von fast 700 Telfern aus<br />

den Traditionsvereinen, der Marktmusikkapelle, dem Gemeinschaftschor<br />

der Kirchenchöre, dem Männergesangverein, den<br />

Schützen. Ein Blick hinter die Kulissen.<br />

Von Lia Buchner<br />

Samstag 5:30 Uhr, ein kalter Morgen<br />

nach dem Schneechaos. Verblüffend<br />

viele Menschen sind in der<br />

Dunkelheit unterwegs, mit Gepäck<br />

und heiterer Miene. Der Begleittross<br />

fährt Bus, um sechs geht es los Richtung<br />

Osten. Die erste Kaffeepause<br />

in Mondsee entfällt wegen Stromausfall<br />

(der viele Schnee), dafür<br />

gibt’s im Bus Landjäger mit Prosecco.<br />

Am Voralpenkreuz blockiert die<br />

Marktmusik den Kaffeeausschank,<br />

ihr Bus war wohl schneller, aber<br />

jeder bekommt seinen Kaffee und<br />

die Busfahrer ihre Pause. Kurz hinter<br />

Linz gibt es die erste Schnapsl-<br />

Runde, bei St. Pölten eine Likörverkostung<br />

(Chili oder Granatapfel).<br />

In Wien fahren die Busse direkt<br />

zum Stephansdom, Generalprobe<br />

Einfach nur wunderschön<br />

Tirolerball und Festmesse im Stephansdom<br />

der Messe. Die Blasmusik ist wieder<br />

schneller und hat die Instrumente<br />

schon ausgepackt. Nach nur einer<br />

gemeinsamen Probe hat Kapellmeister<br />

Andreas Kranebitter Sorgenfalten,<br />

und ja, die Bläser sind zu laut<br />

und der Riesenchor asynchron.<br />

Aber das wird schon. Dann geht’s<br />

ins Hotel, ziemlich weit jenseits und<br />

sehr schick, und es bleiben zum Beine<br />

hochlegen, Duschen und Ballfein<br />

machen zwei knappe Stunden.<br />

Herrlich.<br />

Am Abend gibt’s im Rathauskeller<br />

Schnitzel für alle. Diesmal sind<br />

die Schützen UND die Blasmusik<br />

schneller, alle Bänke sind voller<br />

Tracht. Ein schönes Bild, die Kellnerinnen<br />

sind hingerissen („So viel<br />

stramme Wadln“). Beim landesüblichen<br />

Empfang im Arkadenhof des<br />

Berührende Momente beim Trompetensolo im Dom. Einfach nur wunderschön.<br />

Rathauses (großes Kino mit Fahnen,<br />

Salutschießen, Blasmusik, MGV)<br />

trotzt Bürgermeister Christian Härting<br />

dem schneidend kalten Wind<br />

in kurzer Lederhose, Bürgermeister<br />

Michael Ludwig friert im dicken<br />

Wintermantel und meint anerkennend<br />

„Ihr haltet‘s was aus.“ Es ist<br />

sein erster Tirolerball.<br />

Drinnen bleibt die Balleröffnung<br />

traditionell prächtig mit Fahneneinzug<br />

der Vereine. Eine besonders<br />

schöne Idee sind die drei Banner<br />

mit den Flaggen aller in Telfs lebenden<br />

Nationalitäten. Die schönsten<br />

Festdirndl und Trachten flanieren<br />

durch die Säle, in den hinteren Räumen<br />

haben die fleißigen Hände der<br />

Gemeinde einen Monatsmarkt aufgebaut,<br />

etliche Kapellen sorgen für<br />

Stimmung. Im Festsaal spielt „Gehörsturz“<br />

fast handzahm, unterhalten<br />

kann man sich trotzdem nicht.<br />

Erst recht nicht bei „Dem Land Tirol<br />

die Treue“, da geht es selbst mit<br />

chronischen Nichtsängern durch.<br />

Kurz vor Mitternacht üben die<br />

Cheerleaderinnen der Telfer Patriots<br />

nochmal ihre waghalsigen Sprünge<br />

im Marmorfoyer des Rathauses. Die<br />

Mitternachtseinlage samt Moderation<br />

von Gregor Bloéb stellt dann<br />

viele Telfer vor Rätsel: Findet Bloéb<br />

wirklich witzig, was er da sagt? Gab<br />

es keinen Soundcheck für den Mitterer-Monolog<br />

aus „1809“? Francesco<br />

Cirolini bleibt quasi unverstanden.<br />

Und hat vorher keiner gemerkt, dass<br />

gefühlte acht Minuten Theatertext<br />

verdammt lang sind für einen Ball?<br />

Entgegen aller Erwartung ist aber der<br />

Auftritt der Schleicher, Herolde und<br />

Laninger („Ohne Kostüm? Wie soll<br />

das gehen?“) sehr sehr schön. Und<br />

Kurz vor Mitternacht: Waghalsige letzte<br />

Probe der Cheerleader im Rathausfoyer.<br />

<br />

Fotos: Lia Buchner<br />

die Waghalsigkeit der Patriots und<br />

der Cheerleader-Mädchen klappt<br />

auch beim Auftritt.<br />

Ab Mitternacht gibt es Shuttlebusse<br />

zu den Hotels, sehr fein. An<br />

Ausschlafen ist aber nicht zu denken,<br />

am Sonntag ist Messe. Wieder<br />

zurück in die Stadt, Einsingen im<br />

Stephansdom, die Kirche ist rappelvoll.<br />

Bischof Hermann Glettler,<br />

Dompfarrer Toni Faber, Dekan Peter<br />

Scheiring und Pater Severin zelebrieren<br />

die Messe. Schon beim Kyrie<br />

merken alle: diesmal klappt‘s. Die<br />

Marktmusik spielt an den richtigen<br />

Stellen piano, der Chor hat viel Dynamik<br />

und Kraft. Und dann wird es<br />

doch noch richtig berührend. Das<br />

Trompetensolo ist so herzzerreißend<br />

schön, dass allen schlagartig bewusst<br />

wird: es ist der Stephansdom, wir<br />

sind dabei - und es ist einfach nur<br />

wunderschön.<br />

RUNDSCHAU Seite 24 23./24. Jänner 2019

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!