Berliner Zeitung 16.08.2017
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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 190 · M ittwoch, 16. August 2017<br />
Berlin<br />
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NACHRICHTEN<br />
❖<br />
Mehr Fahrten auf etlichen<br />
Bus- und Tramlinien geplant<br />
Die<strong>Berliner</strong> Busse und Straßenbahnen<br />
fahren auf einigen Strecken bald<br />
öfter als bisher.Ein verbessertes Angebot<br />
mit dichteren Takten, ausgedehnten<br />
Betriebszeiten oder verlängerten<br />
Routen soll in den nächsten<br />
Wochen und Monaten auf 6Tram- sowie<br />
14 Buslinien greifen. Dazu kommt<br />
mit dem X36 eine neue Expressbuslinie<br />
zwischen Rathaus Spandau und<br />
U-Bahnhof Haselhorst. Dasgeht aus<br />
einer noch unveröffentlichten AntwortderVerkehrsverwaltung<br />
auf eine<br />
parlamentarische Anfrage des Linke-<br />
Abgeordneten Kristian Ronneburg<br />
hervor. Diemeisten Änderungen greifen<br />
zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember<br />
und betreffen die Tram-Linien<br />
M1, 37, 61 und 67 sowie die Bus-Linien<br />
X34, X49, 122, 123, 136, 140, 163,<br />
170, 172, 221, 245 und 269. (dpa)<br />
Jugendorchester-Festival<br />
startet am Sonnabend<br />
Jugendorchester aus allerWelt kommen<br />
wieder zum FestivalYoung Euro<br />
Classic in Berlin zusammen.„Hier<br />
spielt die Zukunft!“ –unter diesem<br />
Motto spielen vondiesem Sonnabend<br />
an bis 3. September im Konzerthaus<br />
junge Ensembles aus Europa,<br />
Asien und Lateinamerika, wie die<br />
Organisatoren am Dienstag mitteilten.<br />
Eröffnet wirddas Festival in seinem<br />
18. Jahr mit dem Schleswig-Holstein<br />
Festival Orchesters unter Leitung<br />
vonChristoph Eschenbach. Zu<br />
Gast sind das Bundesjugendorchester,das<br />
Gustav Mahler Jugendorchester<br />
umit Jean-YvesThibaudet am Klavier<br />
und das AsianYouth Orchestra<br />
mit Musikernaus elf Ländern. Zu den<br />
Solisten gehören der Pianist Jean-<br />
Yves Thibaudet sowie die GeigerVadim<br />
Repin und Julian Rachlin. Erstmals<br />
zu Gast ist das Cuban-European<br />
Youth Orchestra. (dpa)<br />
Es fährtein Zug nach Nirgendwo. Hinter den Gebäuden des Kabelwerks<br />
führen überwucherte alte Gleise ins grüne Dickicht.<br />
Das Graffiti-Kunstwerk„The Weird“: Mona Lisa trifft auf Surrealismus. Das fast zehn Meter breite Triptychon wäre wohl<br />
in jedem Kunstmuseum ein echter Blickfang.Der Street-Art-Künstler ist unbekannt.<br />
Kunst<br />
und Verfall<br />
Das Kabelwerk Köpenick verrottet seit 25 Jahren.<br />
Jetzt sollen Wohnungen entstehen. Schade eigentlich,<br />
denn damit geht ein Graffiti-Spielplatz verloren<br />
V ON STEFAN HENSEKE (TEXT UND FOTO)<br />
Elektro-Boarder ohne<br />
Zulassung und Führerschein<br />
Wo steckt da der Motor?<br />
Das beschlagnahmte Longboard.<br />
POLIZEI<br />
DiePolizei hat am Brandenburger Tor<br />
einen Mann gestoppt, der auf einem<br />
Longboardmit Elektromotor unterwegs<br />
war.Das bis zu 40 km/h schnelle<br />
Gefährt, ein längeres Skateboard,<br />
kontrollierte er per Fernbedienung,<br />
wie die Polizei am Dienstag mitteilte.<br />
Damit habe er gegen das Gesetz verstoßen.<br />
Dassei dem 30-Jährigen aber<br />
gar nicht bewusst gewesen, als er am<br />
Sonntagabend auf dem Pariser Platz<br />
voneiner Fahrradstaffel der Polizei<br />
zum Gespräch gebeten worden sei.<br />
DemMann fehltenVersicherung,<br />
Fahrerlaubnis und Kennzeichen. Die<br />
hätte er aber benötigt, da sein E-<br />
Boardaufgrund der hohen Maximalgeschwindigkeit<br />
als Kraftfahrzeug<br />
einzustufen sei. Zudem sei so ein<br />
fahrbares Brett auch nicht für den öffentlichen<br />
Straßenverkehr zugelassen.<br />
DasE-Boardist fürs erste beschlagnahmt.<br />
Nunsoll ein technisches<br />
Gutachten erstellt werden, erst<br />
dann wirdentschieden, ob der einsichtige<br />
Fahrer sein Fahrzeug wiederbekommt.<br />
Er will für das gebrauchte<br />
Board700 Euro bezahlt haben. (BLZ)<br />
Zwischen zarten Birkenbäumchen fletscht<br />
ein böser Wolf seine großen Zähne.<br />
Der Künstler ist hier sogar mal bekannt: Noc hat<br />
„Uii, aCherry“am5.Dezember 2016 gemalt.<br />
Schaut man von der Salvador-Allende-Brücke<br />
herüber,sieht man nur<br />
noch eine grüne Wand. Bäume, Büsche,<br />
ein undurchdringliches Dickicht am<br />
Ufer der Müggelspree. Durch die Wipfel<br />
blitzt ein angeschlagenes Gebäude auf.<br />
Kaputtes Dach, offene Fensterhöhlen –<br />
das einstige KabelwerkKöpenick. Seit 25<br />
Jahren modert die Zweigstelle des VEB<br />
Kabelwerk Oberspree (KWO) vor sich<br />
hin. Graffitisprayer haben die entkernten<br />
Hallen als illegale Galerie entdeckt.<br />
Wer so wie ich in<br />
den letzten Jahren öfter<br />
durch die Friedrichshagener<br />
Straße<br />
fuhr, konnte dem Zerfall<br />
des Bauwerks, das<br />
von einer Backsteinmauer<br />
geschützt ist,<br />
zusehen. Wie erst<br />
Scheiben von Vanda-<br />
Bahnhofstr.<br />
Bahnhofstr.<br />
Berlin-Köpenick<br />
Berlin-Köpenick<br />
Seelenbinderstr.<br />
Seelenbinderstr.<br />
Friedrichsh agener Str.<br />
Friedrichsh agener Str.<br />
len eingeschlagen<br />
wurden, Teile des<br />
Dachs einfielen. Als<br />
die Oberlichter in den<br />
Hallendecken zersplitterten,<br />
die Gemäuer<br />
Wind und Wetter ausgesetzt waren,<br />
kam die Natur zurück. Erst Moos,<br />
dann Bäume. Efeu wuchert alte Metallsäulen<br />
hoch, Flieder blüht –die Hallen,<br />
in denen einst Kabel produziertwurden,<br />
haben sich in einen grünen Dschungel<br />
verwandelt.<br />
Ich kann mich noch daran erinnern,<br />
wie es war, als das Werk brummte, die<br />
Maschinen ratterten, Kabel gezogen<br />
und auf Trommeln gerollt wurden. Im<br />
Sommer 1980 habe ich hier während der<br />
Sommerferien drei Wochen als Schüler<br />
gearbeitet. Auf der anderen Straßenseite,<br />
inder Kabeltrommel-Produktion.<br />
Jeden Tagzur Mittagspause ging es rüber<br />
ins Hauptgebäude, indie Kantine. Eine<br />
Bulette gab es für 30 Pfennig, Mittagessen<br />
ab 80 Pfennig.<br />
Das Kabelwerk Köpenick blickt auf<br />
eine lange Historie zurück. Im vorigen<br />
Jahr wäre esander Zeit gewesen, den<br />
100. Geburtstag zu feiern. 1916 wurde<br />
der Grundstein gelegt, erbaut wurde das<br />
Werk von Julius Vogel und seinen Söhnen,<br />
später hieß es C.J. Vogel Draht- und<br />
Kabelwerk AG. 1939<br />
Kabelwerk<br />
200 m<br />
Salvador-Allende-Str.<br />
Salvador-Allende-Str.<br />
BLZ/REEG<br />
übernahm Siemens<br />
die Fabrik, in der DDR<br />
wurde es Außenstelle<br />
des KWO.<br />
Wo früher Kabel<br />
gerollt wurden, trollen<br />
sich jetzt Graffiti-<br />
Künstler. Das fast<br />
zehn Meter breite Triptychon<br />
„The Weird“<br />
wäre wohl in jedem<br />
Kunstmuseum ein<br />
Blickfang: Mona Lisa<br />
und Dali verschmelzen<br />
zu echter Street<br />
Art. Zwischen zarten Birkenbäumchen<br />
fletscht ein böser Wolf seine Zähne, ein<br />
riesiger gelber Knochenfisch zieht majestätisch<br />
seine Bahnen.<br />
Die Graffiti werden bald Geschichte<br />
sein. Denn das Gelände hat wieder eine<br />
Zukunft. Im Frühjahr kaufte die Deutsche<br />
Wohnen die 70 000 Quadratmeter,<br />
plant mehr als 1000 Wohnungen. Pförtnerhäuschen<br />
sowie die großen Gebäude<br />
am Eingang stehen unter Denkmalschutz,<br />
bleiben erhalten. An das Gelände<br />
wirdein Uferweganschließen, der<br />
öffentlich zugänglich sein soll.<br />
Unter der Hallendecke eine Kanzel,<br />
von der aus die Produktion gesteuertwurde.<br />
Es sieht fast so aus, als würde der Knochenfisch<br />
dem Mädchen im Hintergrund auflauern.<br />
Gericht: Signaltasten<br />
sind unzumutbar<br />
EinTaxiunternehmen hat voneinem<br />
Mitarbeiter verlangt, sich beimWarten<br />
auf Fahrgäste alle drei Minuten<br />
per Signaltaste zu melden. Dasist<br />
aber nicht rechtens,wie das Arbeitsgericht<br />
am Dienstag mitteilte.Indem<br />
Taxi ertönte beimWarten alle drei Minuten<br />
ein Signal. Drückte der Fahrer<br />
dann innerhalb vonzehn Sekunden<br />
nicht eine entsprechende Taste,wurde<br />
seine Standzeit vomTaxameter<br />
nicht als Arbeitszeit, sondernals unbezahlte<br />
Pausenzeit erfasst. Derklagende<br />
Taxifahrer fand dies unzumutbar.<br />
Das Unternehmen war nur bereit,<br />
die erfasste Arbeits- und Bereitschaftszeit<br />
zu vergüten. DasGericht<br />
hat dem Taxifahrer nun überwiegend<br />
Recht gegeben. Standzeiten<br />
und sonstige Zeiten, in denen ein<br />
Fahrer bereit ist, einen Auftrag auszuführen,<br />
seien Arbeitsbereitschaft<br />
oder Bereitschaftsdienst und deshalb<br />
mindestlohnpflichtig. (dpa)<br />
Efeu rankt sich die alten Stützpfeiler empor,immer mehr Bäume eroberndie fußballfeldgroße<br />
Halle, in der früher Kabel produziertwurden.<br />
Die beiden Backsteingemäuer des Kabelwerks Köpenick stehen unter Denkmalschutz.<br />
Sie werden Teil der 1000 Wohnungen, die hier gebaut werden.