Berliner Zeitung 16.08.2017
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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 190 · M ittwoch, 16. August 2017<br />
Politik<br />
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NACHRICHTEN<br />
❖<br />
Mafia in Deutschland<br />
ist stark gewachsen<br />
In den zehn Jahren seit den Mafiamorden<br />
vonDuisburgist die Zahl der<br />
Mafiosi in Deutschland offensichtlich<br />
deutlich gestiegen.Wieaus einer<br />
Antwortder Bundesregierung auf eine<br />
Kleine Anfrage der Grünen hervorgeht,<br />
schätzen die Sicherheitsbehörden<br />
die Zahl der in Deutschland<br />
lebenden Mafia-Angehörigen aktuell<br />
auf mindestens 560. Dassind etwa<br />
vier Malsoviele wie noch im Jahr<br />
2008. Tatsächlich dürften noch mehr<br />
Mafiosi in Deutschland leben: Die<br />
Zahlen leiteten sich nur aus Fällen<br />
ab,die dem Bundeskriminalamt bekannt<br />
seien, hieß es. (dpa)<br />
Schweizer Hotel fordert<br />
Juden zum Duschen auf<br />
Eine Aufforderung speziell an jüdische<br />
Gäste,sich vordem Swimmingpool-Besuch<br />
in einem SchweizerHotel<br />
zu duschen, hat für Empörung<br />
gesorgt. DasSimon-Wiesenthal-Zentrum<br />
forderte die Schließung<br />
des Hauses in Arosa sowie juristische<br />
Schritte gegen das Personal.<br />
DerKommunikationschef von<br />
Schweiz Tourismus,Markus Berger,<br />
sprach mit Bezug auf das ausgehängte<br />
Schild voneinem „bedauerlichen<br />
Einzelfall“. Juden zum Duschen<br />
aufzurufen hat historisch besondereBrisanz.<br />
Während des Holocausts<br />
hatten die Nazis dies als<br />
Vorwand genutzt, um Juden in den<br />
Gaskammernumzubringen. (dpa)<br />
Hongkonger Bürgerrechtler<br />
Howard Lam festgenommen<br />
AFP/LAM CHUN TUNG<br />
Howard Lam wird „Irreführung“<br />
der Polizei vorgeworfen.<br />
DerHongkonger Bürgerrechtler<br />
HowardLam ist am Dienstag festgenommen<br />
worden. DemMitglied der<br />
chinakritischen Demokratischen<br />
Partei werde„Irreführung“ der Polizeivorgeworfen,<br />
erklärte die Polizei.<br />
Er habe falsche Angaben zu seiner<br />
mutmaßlichen Verschleppung<br />
durch chinesische Agenten gemacht.<br />
Lam hatte Ende vergangener<br />
Woche berichtet, er sei überfallen,<br />
verschleppt und nach gewaltsamer<br />
Befragung wieder freigelassen worden.<br />
DieDemokratische Partei ist<br />
überzeugt, dass es sich bei den EntführernumAgenten<br />
aus der Volksrepublik<br />
China handelt. Lams Festnahme<br />
erfolgte nach der Veröffentlichung<br />
eines Überwachungsvideos,das<br />
ihn während seiner mutmaßlichen<br />
Verschleppung zeigen<br />
soll. Lam erklärte,eshandele sich<br />
um ein Körper-Double. (AFP)<br />
Kritik am EU-Kodex für<br />
Seenotretter im Mittelmeer<br />
Eine UN-Menschenrechtsexpertin<br />
hat den vonder EU befürworteten<br />
Verhaltenskodex für private Seenotretter<br />
im Mittelmeer scharfkritisiert.<br />
DieVereinbarung, die Italien<br />
mit mehreren Hilfsorganisationen<br />
geschlossen hat, könne zu mehr Todesfällen<br />
führen, sagte die UN-Berichterstatterin<br />
für außergerichtliche<br />
und willkürliche Hinrichtungen,<br />
Agnes Callamard, am Dienstag.<br />
UN-Berichterstatter sind unabhängige<br />
Experten, die für die Vereinten<br />
Nationen Menschenrechtssituationen<br />
untersuchen. Italien verstoße<br />
gegen seine Menschenrechtsverpflichtungen,<br />
wenn mit dem Kodex<br />
Rettungsaktionen verhindertund<br />
Todesfälle in Kauf genommen würden.<br />
(dpa)<br />
Trump verteidigt seinen<br />
Chefstrategen Bannon<br />
US-Präsident Donald Trump hat<br />
seinen umstrittenen Chefstrategen<br />
SteveBannon verteidigt. „Erist<br />
ein guter Mann, kein Rassist“, sagte<br />
Trump am Dienstag und bezeichnete<br />
den ehemaligen Chef des rechtsextremen<br />
Portals „BreitbartNews“,<br />
der zuletzt heftig in der Kritik stand,<br />
als seinen Freund. „Wir werden sehen,<br />
was mit HerrnBannon geschieht“,<br />
sagte Trump weiter und<br />
ließ die Zukunft Bannons imWeißen<br />
Haus damit im Unklaren. (AFP)<br />
V ON MARKUS DECKER<br />
Sicherheit ist wahrscheinlich das<br />
Megathema der jetzt zu Ende<br />
gehenden Legislaturperiode. Auch<br />
Linke und Grüne konnten sich dem<br />
Sog des Themas nicht entziehen.<br />
Die Überzeugung, dass Deutschland<br />
mehr Polizisten braucht, ist<br />
längst Allgemeingut.<br />
Das Unsicherheitsgefühl rührt<br />
unterschwellig vondem Gefühl des<br />
staatlichen Kontrollverlusts her,<br />
das viele Bürger im Zuge der sogenannten<br />
Flüchtlingskrise hatten.<br />
Monatelang kamen Hunderttausende<br />
über die Grenzen, deren Herkunft<br />
und Identität nicht bekannt<br />
war und bis heute nicht zweifelsfrei<br />
festgestellt werden kann.<br />
Das Unsicherheitsgefühl hat<br />
aber auch konkrete Ursachen.<br />
Deutschland erlebte im Jahr 2016<br />
insgesamt fünf Terroranschläge: in<br />
Hannover, Essen, Würzburg, Ansbach<br />
und –am19. Dezember –in<br />
Berlin. Damals kaperte der Tunesier<br />
Anis Amri einen polnischen<br />
Lkw, tötete den Fahrer und überfuhr<br />
am Breitscheidplatz elf Menschen.<br />
Amri hatte unter verschiedenen<br />
Identitäten in Nordrhein-<br />
Westfalen und Berlin gelebt, war<br />
kriminell und sollte abgeschoben<br />
werden. Dies scheiterte an fehlenden<br />
Papieren. Er wurde schließlich<br />
auf der Flucht erschossen. Es<br />
Ein starkerStaat ist das Ziel von CDU und CSU. Die<br />
Zahl der Polizisten in Bund und Ländernwollen sie<br />
noch einmal um 15 000 erhöhen. An öffentlichen Gefahrenorten<br />
möchten sie den Einsatz intelligenter Videotechnik<br />
auch zu Fahndungszwecken forcieren.<br />
Insgesamt will die Union „dafür sorgen, dass es einheitlich<br />
hohe Sicherheitsstandards in ganz Deutschland<br />
gibt“.<br />
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)<br />
möchte schließlich die Sicherheitsbehörden weiter<br />
zentralisieren. So sollen unter anderem die 16 Landesämter<br />
für Verfassungsschutz zu Außenstellen<br />
des Bundesamtes werden. Das aber lehnt neben den<br />
Ländern, die dadurch Kompetenzen verlieren würden,<br />
nicht zuletzt die CSU ab.<br />
Die Positionen zur Zuwanderungspolitik, die einen indirekten<br />
Bezug zur inneren Sicherheit haben, sind innerhalb<br />
der Union ebenfalls teilweise strittig.Eine<br />
bessere Kooperation der Sicherheitsbehörden in Europa<br />
wiederum liegt nicht allein in deutscher Hand.<br />
Gegen eine staatliche Überwachung spricht sich die<br />
Linkeaus. Sie kritisiertdie intransparente und ineffiziente<br />
Arbeit der Geheimdienste und fordert, keine V-<br />
Leute mehr einzusetzen und langfristig Geheimdienste<br />
abzuschaffen. Das ist nicht zuletzt eine<br />
Schlussfolgerung aus dem NSU-Skandal und der jahrelangen<br />
Überwachung linker Abgeordneter.Der Nationalsozialistische<br />
Untergrund warvon insgesamt<br />
40 V-Leuten umgeben und blieb trotzdem über ein<br />
Jahrzehnt lang unentdeckt.<br />
Die Polizei soll nach dem Willen der Linken insgesamt<br />
bürgernaher werden und ihre Aufgabenverteilung<br />
überprüft werden.<br />
Das Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei PKK will die<br />
Linkeaufgehoben wissen. Ihr steht sie seit jeher<br />
nahe, waswiederum bei anderen Parteien für Kritik<br />
sorgt.<br />
Überwachungskameras sollen für mehr Sicherheit an öffentlichen Orten sorgen. Einige Parteien sehen das kritisch.<br />
Diese diffuse Angst<br />
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•<br />
Bei der Polizei in Bund und Ländernwill die SPD<br />
15 000 neue Stellen schaffen. Genau wie CDU und<br />
CSU möchten die Sozialdemokraten auch die Videoüberwachung<br />
ausweiten. Zugleich legen sie mehr Wert<br />
auf bessere Prävention, um das Abdriften junger<br />
Leute in den Extremismus zu verhindern. Dazu<br />
müsse der Bund Maßnahmen in Städten und Gemeinden<br />
fördern, um die Entstehung sozialer Brennpunkte<br />
zu verhindern, heißt es.<br />
Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in<br />
Nürnberg existiertbereits eine Beratungsstelle Radikalisierung,die<br />
mit Beratungsstellen in den Ländern<br />
kooperiert. An sie können sich Eltern, Freunde oder<br />
Kollegen wenden, wenn junge Menschen in den Islamismus<br />
abzudriften scheinen.<br />
Der Einbau einbruchshemmender Fenster und Türen<br />
soll nach dem Willen der Sozialdemokraten noch<br />
stärkerstaatlich gefördertwerden. Solche baulichen<br />
Maßnahmen gelten als bester Schutz gegen Einbrüche,<br />
weil sie abschreckend wirken.<br />
„Wir Freie Demokraten fordernHaushaltspriorität<br />
für Polizei und Justiz“, steht im FDP-Programm. „Für<br />
diese beiden klassischen Hoheitsaufgaben des<br />
Staates muss deutlich mehr Geld zur Verfügung stehen.“<br />
Auch möchten die Liberalen die Sicherheitsbehörden<br />
„von Nebensächlichkeiten entlasten“, damit<br />
sie sich auf den Schutz von Leib, Leben und Eigentum<br />
der Bürgerinnen und Bürger konzentrieren können.<br />
Bei Straftaten ohne Geschädigte sei zu prüfen, ob<br />
eine Strafverfolgung überhaupt notwendig sei.<br />
Das ständig wachsende Verwaltungs- und Wirtschaftsstrafrecht<br />
will die FDP in den Blick nehmen. „Dieser<br />
Trend ist zu stoppen und möglichst umzukehren.“<br />
Überwachungsmaßnahmen wie der Vorratsdatenspeicherung<br />
stehen die Liberalen ähnlich kritisch gegenüber<br />
wie die Grünen. Darin sind sie die alte<br />
Rechtsstaatspartei geblieben.<br />
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GETTY IMAGES/MICHELE TANTUSSI<br />
In Zeiten von Terror,Kriminalität und Cyberspionage ist kaum ein Thema so präsent wie das der Sicherheit<br />
folgte Ende Juli der Anschlag von<br />
Ahmad A. in Hamburg.<br />
In eine ähnliche Kategorie fällt<br />
die Kölner Silvesternacht von 2015<br />
auf 2016, während derer es am<br />
Hauptbahnhof dutzendfach sexuelle<br />
Übergriffe von Migranten gab.<br />
Zwischenzeitlich zugenommen hat<br />
auch die Alltagskriminalität, besonders<br />
der Einbruchsdiebstahl.<br />
Soziale Verunsicherung<br />
Manche Beobachter glauben unterdessen,<br />
dass die Angst vor Verbrechen<br />
in Wahrheit eine Angst vor<br />
der Globalisierung und der damit<br />
einhergehenden sozialen Verunsicherung<br />
ist. Denn die Angst hat<br />
stärker zugenommen als die Kriminalitätsraten,<br />
die zum Teil sogar gesunken<br />
sind. Und esfällt auf, dass<br />
Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte<br />
im Sicherheitsdiskurs so gut<br />
wie gar keine Rolle spielten.<br />
In jedem Fall war das Thema zuletzt<br />
so beherrschend wie kein anderes.<br />
Daraus folgt eine massive<br />
Aufstockung der Sicherheitsbehörden.<br />
Fielen seit dem Jahr 2000 nach<br />
Angaben der Polizei-Gewerkschaft<br />
16 000 Polizeistellen weg, so sollen<br />
nun 12 000 neue geschaffen werden.<br />
Auch der Bundesnachrichtendienst<br />
und das Bundesamt für Verfassungsschutz<br />
werden gestärkt.<br />
Zugleich wurden jede Menge<br />
neue Gesetze erlassen. So gibt es<br />
2017<br />
Bundestagswahl<br />
FAKTENCHECK<br />
Washat die Bundesregierung erreicht?<br />
Und waswollen die Parteien?<br />
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ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.<br />
Die Sicherheitsbehörden<br />
dürfen auf Computer<br />
Spähsoftwareaufspielen, um beim<br />
Verdacht auf schwere Straftaten<br />
und nach richterlicher Genehmigung<br />
Messenger-Dienste überwachen<br />
und Festplatten auslesen zu<br />
können. Terroristische Gefährder<br />
können leichter in Haft genommen<br />
werden. Polizisten, Retter<br />
und Feuerwehrleute werden strafrechtlich<br />
besser vor tätlichen Angriffen<br />
geschützt. Auch wurde die<br />
Mindeststrafe bei Einbruchdiebstählen<br />
erhöht. Bei Flügen von<br />
und nach Deutschland sind die<br />
Airlines verpflichtet, Daten ihrer<br />
Passagiere, wie Name, Kreditkartennummer<br />
oder Angaben zu Mitreisenden<br />
an das Bundeskriminalamt<br />
weiterzuleiten. Den internationalen<br />
Terrorismus will man damit<br />
ebenso bekämpfen wie die<br />
organisierte Kriminalität. VonCyber-Attacken<br />
betroffene Behörden<br />
und Unternehmen können Hilfe<br />
von einer staatlichen Eingreiftruppe<br />
anfordern.<br />
Dabei ist das alles nur ein Teil<br />
der beschlossenen Maßnahmen.<br />
Und das nächste Projekt ist schon<br />
im Gange – das Pilotprojekt Gesichtserkennung<br />
am <strong>Berliner</strong><br />
Bahnhof Südkreuz. Denn klar<br />
scheint: Sicherheit kann es nie genug<br />
geben. Oder?<br />
„Freiheit ist ohne Sicherheit nicht zu haben“, heißt<br />
es im Programm der Grünen. „Die Einsparungen der<br />
vergangenen Jahre waren ein schwerer Fehler.“ Gemeint<br />
ist damit vor allem der Personalabbau bei der<br />
Polizei. Das ist ein neuer Ton. Denn lange stand die<br />
Partei den Sicherheitsbehörden eher skeptisch gegenüber.<br />
Auch Videoüberwachung „an Orten mit hoher Kriminalitätsbelastung“<br />
ist für die Grünen kein Tabu mehr.<br />
Die Kritik an der Vorratsdatenspeicherung und anderen<br />
aus Sicht der Partei überbordenden Überwachungspraktiken<br />
wie der Gesichtserkennung bleibt<br />
allerdings.<br />
In jedem Fall möchten die Grünen die Polizei personell<br />
und materiell gut ausstatten. Sie wissen, dass<br />
sie auf dem Feld der inneren Sicherheit wenig gewinnen,<br />
aber viel verlieren können. Dies gilt vor allem für<br />
die Debatten um die Kölner Silvesternächte 2015<br />
und 2016. So möchte die Partei zumindest keine Angriffsfläche<br />
mehr bieten.<br />
Eine Änderung des Strafgesetzbuches fordertdie<br />
AfD: Volljährige Täter sollen nach dem Erwachsenenstrafrecht<br />
verurteilt, die Strafmündigkeit bereits auf<br />
12 Jahre gesenkt werden. Bislang gelten in der deutschen<br />
Rechtsprechung Täter erst ab 14 Jahren als<br />
strafmündig.Bei jüngeren Täternwird, auch aus psychologischer<br />
Sicht, davon ausgegangen, dass sie die<br />
Folgen der Tatnicht vollständig überblicken und die<br />
Konsequenzen nicht zur Genüge einschätzen können.<br />
Vorallem die Zuwanderung möchte die Partei begrenzen.<br />
Ihre Losung lautet: „Ausweisung,Abschiebung<br />
und Ausbürgerung“. Der Anteil von Ausländern<br />
gerade im Bereich der Drogen- und Gewaltkriminalität<br />
sei erheblich, beklagt die AfD.Darauf müsse der<br />
Staat reagieren. Spitzenkandidat Alexander Gauland<br />
stellte schon vor Wochen klar,innere Sicherheit sei<br />
das Wahlkampfthema Nummer eins.<br />
Es<br />
reicht<br />
nicht<br />
Umwelthilfe rechnet mit<br />
Fahrverboten für Diesel-Pkw<br />
V ON STEVEN GEYER<br />
Fahrer von Diesel-Fahrzeugen<br />
müssen sich trotz der Vereinbarungen<br />
des Diesel-Gipfels zwischen<br />
Bundesregierung und Automobilbranche<br />
auf gerichtliche Fahrverbote<br />
für bestimmte Großstädte einstellen.<br />
Davon geht die Deutsche<br />
Umwelthilfe (DUH) aufgrund eigener<br />
Berechnungen aus.<br />
Dernichtstaatliche Umwelt- und<br />
Verbraucherschutzverband hat inzwischen<br />
gegen 16 deutsche Städte<br />
Klage eingereicht, weil diese die gültigen<br />
EU-Grenzwerte nicht durchsetzten.<br />
Aus Sicht der DUH ist<br />
darum unter anderem in Düsseldorf,<br />
Köln, Berlin und München ein<br />
Diesel-Fahrverbot nötig. Im Juli<br />
hatte das Verwaltungsgericht Stuttgarteinen<br />
solchen Schritt für Wagen<br />
mit einem bestimmten Stickoxid-<br />
Ausstoß in Stuttgart bereits ermöglicht.<br />
VorzweiWochen hatten zwar Politik<br />
und Industrie bei einem Spitzentreffen<br />
Maßnahmen vereinbart,<br />
die Fahrverbote abwenden sollen.<br />
So sollen rund 2,8 Millionen neuere<br />
Dieselfahrzeuge verbesserte Softwarebekommen,<br />
die Hersteller Prämien<br />
für den Umtausch eines älteren<br />
Modells gegen ein neueres zahlen<br />
und Kommunen mit Plänen für<br />
einen flüssigeren und umweltfreundlicheren<br />
Verkehr geholfen<br />
werden. Zudem werden bereits<br />
rund 2,5 Millionen Volkswagen-<br />
Fahrzeuge zurückgerufen.<br />
All das wird aber laut Umwelthilfe<br />
den Schadstoff-Ausstoß kaum<br />
senken –jedenfalls auf keinen Fall<br />
genug, um die gesetzlichen Grenzwerte<br />
einzuhalten und dadurch<br />
Fahrverbote von 2018 an zu verhindern.<br />
Immerhin sei die Abgasbelas-<br />
DPA/JAKOB GRUBER<br />
Die DUH übt weiterhin Kritik am Diesel.<br />
tung in manchen Städten doppelt so<br />
hoch wie erlaubt, sagte Jürgen<br />
Resch, Chef der DUH, am Dienstag<br />
in Berlin. Laut seinen Angaben führen<br />
die vereinbarten Maßnahmen<br />
im kälteren Winterhalbjahr zu keinerlei<br />
messbarer Verbesserung der<br />
Luft in den Städten. Im Sommerhalbjahr<br />
werde die Luftverschmutzung<br />
mit gesundheitsschädlichen<br />
Stickoxiden um weniger als fünf<br />
Prozent sinken, so Resch.<br />
Grund dafür sei, dass sich beim<br />
Diesel-Gipfel die Hersteller mit ihrem<br />
Anliegen durchgesetzt haben,<br />
Nachrüstungen an Bauteilen zu verhindern.<br />
Die Firmen hatten argumentiert,<br />
dieses Ansinnen sei uneffektiv<br />
und technisch kaum zu leisten.<br />
Auf jeden Fall wären sie für sie<br />
aufwendiger und teurer als die zugesagten<br />
Software-Updates.<br />
Diese versagen jedoch laut Umwelthilfe,<br />
wenn es um die Verringerung<br />
der Verschmutzung geht: Bei<br />
niedrigen Temperaturen – aber<br />
auch bei besonders hohen –regele<br />
die Software nämlich die automatische<br />
Abgasreinigung herunter, um<br />
den Motor zu schützen. Diese<br />
„Thermofenster“ werde es auch<br />
nach den Programm-Updates geben,<br />
betonte der DUH-Sachverständige<br />
Axel Friedrich in Berlin.<br />
Wirklich wirksam zur Senkung des<br />
Schadstoffausstoßes sei deshalb<br />
nur der Austausch von Bauteilen.<br />
Das gelte nicht nur für Autos mit<br />
den Abgas-Standards Euro 5 und<br />
Euro 6, sondern auch für ältere<br />
Euro-4-Diesel, die bereits einen Partikelfilter<br />
haben.<br />
Zudem rücke die Autobranche<br />
keineswegs vom Dieselmotor ab,<br />
wenn es um Kaufprämien für neue<br />
Fahrzeuge gehe. Statt auf diesem<br />
Wege moderne Gas- oder Elektroantriebe<br />
zu forcieren, würden lediglich<br />
neuereDiesel-Wagen angepriesen,<br />
so DUH-Chef Resch: „Nur<br />
wenn Kunden im Rahmen der Prämie<br />
konsequent Diesel vermeiden,<br />
könnte überhaupt eineWirksamkeit<br />
eintreten.“