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Berliner Zeitung 16.08.2017

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6* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 190 · M ittwoch, 16. August 2017<br />

Politik/Wirtschaft<br />

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NACHRICHTEN<br />

❖<br />

China droht den USA bei<br />

Sanktionen mit Reaktion<br />

China und die USA steuernauf einen<br />

Handelskonflikt zu: DieRegierung<br />

in Peking drohte den Vereinigten<br />

Staaten am Dienstag mit Gegenmaßnahmen,<br />

sollte eine vonUS-<br />

Präsident Donald Trump angeordnete<br />

Untersuchung des chinesischen<br />

Umgangs mit geistigem Eigentum<br />

zu Sanktionen führen. China<br />

werdenicht „tatenlos herumsitzen“,<br />

teilte das Handelsministerium<br />

in Peking mit. Trump hatte am Montag<br />

seinen Handelsbeauftragten RobertLighthizer<br />

damit beauftragt,<br />

Chinas Handelspraktiken genauer<br />

zu prüfen und dabei insbesondere<br />

den Umgang Pekings mit geistigem<br />

Eigentum zu beleuchten. (AFP)<br />

Pauschalreisen verteuern<br />

sich zur Hauptreisezeit<br />

ZurHauptreisezeit sind Pauschalreisen<br />

wieder deutlich teurer geworden.<br />

DasStatistische Bundesamt registrierte<br />

für den Juli eine Steigerung<br />

von14,7 Prozent im Vergleich<br />

zum Vormonat Juni, in dem noch<br />

deutlich weniger Menschen ihren<br />

Haupturlaub angetreten haben. Für<br />

Reisen ins Ausland mussten die Verbraucher<br />

sogar 15,4 Prozent mehr<br />

bezahlen, während Reisen innerhalb<br />

Deutschlands nur 5,6 Prozent<br />

teurer wurden, berichtete das Amt<br />

am Dienstag. (dpa)<br />

Radiologen verdienen fast<br />

fünfmal so viel wie Neurologen<br />

PA/WESTEND61<br />

Radiologen erzielen mit ihrer Praxis pro Jahr<br />

im Schnitt einen Ertrag von 850 000 Euro.<br />

MitimSchnitt 850 000 Euro Praxis-<br />

Reinertrag im Jahr sind Radiologen<br />

unter Deutschlands Ärzten die mit<br />

dem höchsten Einkommen, mit<br />

weitem Abstand gefolgt vonAugenärzten<br />

(370 000 Euro)und Orthopäden<br />

(310 000 Euro). Dieses Zahlen<br />

hat das Statistische Bundesamt ermittelt<br />

und am Dienstag veröffentlicht.<br />

„Am niedrigsten fiel der<br />

durchschnittliche Reinertrag mit<br />

180 000 Euro bei den Praxen der<br />

Fachgebiete Neurologie,Psychiatrie<br />

und Psychotherapie,Kinder-und<br />

Jugendpsychiatrie,Psychosomatische<br />

Medizin und Psychotherapie<br />

aus“, so die Statistiker.Praxen von<br />

Allgemeinmedizinernkamen im<br />

schnitt auf 227 000 Euro.Fast drei<br />

Viertel ihrer Einnahmen verdienten<br />

die Ärzte mit Patienten der Gesetzlichen<br />

Krankenversicherung. (dpa)<br />

Jobcenter verhängen wieder<br />

mehr Sanktionen<br />

DieJobcenter haben vonJanuar bis<br />

Ende April315 155 neue Sanktionen<br />

gegen Hartz-IV-Empfänger ausgesprochen.<br />

Dassind 3,6 Prozent<br />

mehr als im Vorjahreszeitraum. Die<br />

Bundesagentur für Arbeit (BA) bestätigte<br />

am Dienstag einen entsprechenden<br />

Bericht der Bild-<strong>Zeitung</strong>.<br />

Allein im Aprilgab es demnach<br />

85 418 neue Strafen, davon allein<br />

13 692 in Berlin. Diemeisten (rund<br />

67 000) wurden wegen Meldeversäumnissen<br />

verhängt. Im Schnitt<br />

wurden den Betroffenen die Leistungen<br />

um 109 Euro gekürzt. (AFP)<br />

Hang zur Glühlampe trotz<br />

Verbots ungebrochen<br />

Fünf Jahrenach der vollständigen<br />

Umsetzung des EU-Glühlampenverbots<br />

ist die Liebe der Deutschen<br />

zu der hellen Birneweiterhin ungebrochen.<br />

In einer am Dienstag veröffentlichten<br />

Umfrage des Instituts<br />

Publiplikator für den Anbieter lekker<br />

Energie gaben 50 Prozent der<br />

Haushalte an, weiterhin Glühlampen<br />

zu nutzen, 45 Prozent verneinten<br />

das.Bei immerhin 14 Prozent<br />

derjenigen, die sie noch nutzen,<br />

brennen mehr als acht herkömmliche<br />

Glühbirnen im Haushalt. Das<br />

Glühlampenverbot war durch eine<br />

EU-Verordnung aus Gründen der<br />

Energieeffizienz und des Umweltschutzes<br />

schrittweise in Kraft gesetzt<br />

worden. (AFP)<br />

Vonden Schwierigkeiten einer Trennung<br />

Großbritannien will Handelsschranken zur EU vermeiden. Brüssel reagiert verhalten<br />

V ON SEBASTIAN BORGER<br />

LONDON. Die britische Regierung<br />

von Premierministerin<br />

Theresa Maymöchte nach dem EU-<br />

Austritt für bis zu drei Jahre weiter<br />

der europäischen Zollunion angehören,<br />

gleichzeitig aber eigene Freihandelsverträge<br />

mit Drittländern<br />

vereinbaren. Dies geht aus einem<br />

Arbeitspapier hervor, das am Montag<br />

vom zuständigen Brexit-Ministerium<br />

in London vorgelegt wurde.<br />

Minister David Davis kündigte an,<br />

die Vorschläge Ende des Monats in<br />

die nächste Verhandlungsrunde mit<br />

Brüssel einzubringen. Die Einigung<br />

über eine entsprechende Übergangsfrist<br />

sei „im beiderseitigen Interesse“.<br />

DasVerhandlungsmandat der 27<br />

verbleibenden EU-Mitglieder für<br />

Brexit-Chefunterhändler Michel<br />

Barnier sieht Gespräche über das<br />

zukünftige Verhältnis zu Großbritannien<br />

erst nach Klärung akuter<br />

Probleme vor. Dazu gehören der<br />

Status von mehr als drei Millionen<br />

EU-Bürgern auf der Insel sowie gut<br />

einer Million Briten auf dem Kontinent,<br />

die Höhe britischer Zahlungen<br />

in die Gemeinschaftskasse sowie<br />

die Vermeidung von Grenzkontrollen<br />

zwischen Irland und der britischen<br />

Provinz Nordirland.<br />

Erst auf ihrem Gipfel im Oktober<br />

wollen die Staats- und Regierungschefs<br />

je nach Fortschritt der Verhandlungen<br />

grünes Licht für die Besprechung<br />

weiterer Themenfelder<br />

V ON MARTIN GEHLEN<br />

Sechs Wochen lang schwieg Katars<br />

Emir. Dann wandte sich<br />

Scheich Tamim bin Hamad Al-<br />

Thani per Fernsehansprache an<br />

seine Landsleute. Man sei offen für<br />

den Dialog mit den Nachbarn am<br />

Golf, aber nicht bereit, sich deren<br />

Diktat zu unterwerfen, erklärte der<br />

37-jährige Herrscher und kündigte<br />

an, man werde auf internationaler<br />

Ebene seine „Ressourcen an Soft-<br />

Power“ einsetzen. Sich mit spektakulären<br />

sportlichen, wirtschaftlichen<br />

oder politischen Initiativen in<br />

die Schlagzeilen zu bringen, das verstand<br />

das superreiche Emirat schon<br />

immer sehr gut. Mitdieser Strategie<br />

machte es über Jahre seine internationale<br />

Statur deutlich größer,als es<br />

die 300 000 Staatsbürger eigentlich<br />

hergeben.<br />

Doppeltes Kalkül<br />

Gleichzeitig will die Führung in<br />

Doha aber auch bei der Hard-Power<br />

nachlegen, um sich besser gegen<br />

eine mögliche Invasion zu schützen.<br />

DasLand beherbergt den wichtigsten<br />

US-Militärstützpunkt in der<br />

Golfregion sowie eine kleine türkische<br />

Basis. Schon während der diplomatischen<br />

Krise 2014, als seine<br />

vier innerarabischen Kontrahenten<br />

Brexit-Minister David Davis lässt sich nicht entmutigen: Zu Verhandlungen gehöre auch „konstruktive Zweideutigkeit“, sagt er.<br />

geben. Barnier hatte sich zuletzt im<br />

Juli skeptisch über die bisherigen<br />

britischen Lösungsvorschläge geäußert.<br />

Hingegen behauptete Davis<br />

am Dienstag auf der BBC, die Partner<br />

hätten „erheblichen Fortschritt“<br />

gemacht: „Wir kommen unglaublich<br />

gut voran.“ Allerdings sei das für<br />

Außenstehende nicht immer erkennbar,<br />

schließlich gehöre zuVerhandlungen<br />

auch „konstruktive<br />

Zweideutigkeit“.<br />

Erste Reaktionen aus Brüssel fielen<br />

negativ aus.Der vonLondon gewünschte„reibungslose<br />

Handel“ sei<br />

außerhalb Binnenmarkt und Zollunion<br />

nicht möglich, bekräftigte ein<br />

Sprecher der Kommission. Ins gleiche<br />

Horn stieß Belgiens Ex-Premier<br />

GuyVerhofstadt, den das EU-Parlament<br />

als Chefunterhändler benannt<br />

hat: „Gleichzeitig innerhalb und außerhalb<br />

der Zollunion zu sein“ sei<br />

ebenso unrealistisch wie das Konzept<br />

von„unsichtbaren Grenzen“.<br />

Das 13-seitige Arbeitspapier bildet<br />

die Grundlage für weitere Diskussion<br />

mit den betroffenen Branchen.<br />

Es soll im Herbst in ein Weißbuch<br />

und ein neues Zollgesetz<br />

münden. Es gehe darum, unnötige<br />

Störungen des EU-Handels zu minimieren.<br />

Dieser macht knapp die<br />

Hälfte der britischen Handelsströme<br />

aus: Im vergangenen Jahr<br />

exportierten mehr als 200 000 britische<br />

Unternehmen Waren und<br />

Dienstleistungen im Wert von 230<br />

Mrd Pfund (253 Mrd Euro) in die 27<br />

Partnerländer, der Import in die<br />

„Gleichzeitig innerhalb<br />

und außerhalb der Zollunion<br />

zu sein ist ebenso<br />

unrealistisch wie das<br />

Konzept von<br />

unsichtbaren Grenzen.“<br />

Guy Verhofstadt, Chefunterhändler<br />

des EU-Parlaments<br />

Löcher in der Boykottmauer<br />

umgekehrte Richtung betrug 290<br />

MrdPfund (319 MrdEuro).<br />

An dieser aus Sicht Europas positiven<br />

Handelsbilanz haben die britischen<br />

EU-Feinde stets ihre Zuversicht<br />

geknüpft, Brüssel werde der<br />

Insel weit entgegenkommen. Brexit-Minister<br />

Davis schlug in diese<br />

Kerbe, indem er in seinen Medieninterviews<br />

mehrfach auf einen<br />

kürzlichen Besuch bei Bayerns Ministerpräsident<br />

Horst Seehofer in<br />

München hinwies.Die dortansässigen<br />

Industrieunternehmen wie<br />

BMW und Siemens hätten größtes<br />

Interesse daran, den Handel über<br />

den britischen Kanal im bisherigen<br />

Umfang zu erhalten. Der Automobilbauer<br />

hat kürzlich angekündigt,<br />

die Tochterfirma Mini werde auch<br />

ihr neues, elektronisches Modell im<br />

angestammten Oxforder Werk<br />

bauen. Motoren und Batterien dazu<br />

sollen aus BMW-Fabriken auf dem<br />

Kontinent kommen.<br />

Erst am Wochenende hatte die<br />

Regierung ihren Kurs auf einen harten<br />

Brexit einschließlich Austritt aus<br />

Binnenmarkt und Zollunion im<br />

März 2019 bekräftigt. Dass jetzt<br />

überhaupt von Übergangsregelungen<br />

die Rede ist, wird inLondon als<br />

Sieg der Brexit-Skeptiker um Finanzminister<br />

Philip Hammond und<br />

Wirtschaftsminister Greg Clark gewertet.<br />

Ihnen hatten die Lobbyisten<br />

der betroffenen Firmen eindringlich<br />

die Gefahren eines abrupten<br />

Austritts aus Binnenmarkt und Zollunion<br />

vorAugen geführt.<br />

Der politische und wirtschaftliche Druck von Katars Gegnern zeigt kaum Wirkung. Das Land hält mit Fußball-Deals und Visa-Erleichterungen dagegen<br />

zum ersten MalihreBotschafter abzogen,<br />

kaufte Katar Kriegswaffen im<br />

Wert von24Milliarden Dollar.Diesmal<br />

legt das Emirat noch eins drauf,<br />

hielt Manöver ab mit der US-Marine<br />

und türkischen Truppen. Im Juni<br />

bestellte es beim Pentagon 36 F-15<br />

Kampfjets und kaufte sieben Kriegsschiffe<br />

in Italien, alles zusammen<br />

für weitere18Milliarden Dollar.<br />

Und das doppelte Kalkül zeigt<br />

Wirkung. Mitseiner geschickt inszenierten<br />

Kombination von Soft-<br />

Power und Hard-Power gelang es<br />

Katar,gut zwei Monate nach Beginn<br />

der Blockade durch Saudi-Arabien,<br />

Bahrain, die Emirate und Ägypten<br />

den härtesten Druck abzuwehren,<br />

erste Löcher in den Boykottmauer<br />

zu schlagen und seine Gegner international<br />

in die Defensive zubringen.<br />

Bisher spektakulärster Coup war<br />

der Rekordwechsel des brasilianischen<br />

Stürmerstars Neymar da Silva<br />

Santos vom FCBarcelona zu Paris<br />

Saint-Germain. Katars 260 Millionen<br />

Dollar Transfer,der teuerste der<br />

Fußballgeschichte, bewegt seitdem<br />

die Sportwelt. Auch Bayern München,<br />

deren Mannschaft regelmäßig<br />

zu Trainingslagernnach Katar fährt,<br />

gab am Montag bekannt, in der<br />

nächsten Saison auf den Trikotärmel<br />

für den Hamad-Flughafen von<br />

BAHRAINB Golf von<br />

Bahrain<br />

SAUDI-<br />

ARABIEN<br />

Persisch-arabischer<br />

KATAR<br />

Doha<br />

Golf<br />

25 km<br />

BLZ/GALANTY<br />

GETTY IMAGES/DAN KITWOOD<br />

Doha zu werben. Undsokann Katar<br />

inmitten der Krise der Sportwelt signalisieren,<br />

nur keine Aufregung, alles<br />

geht weiter wie gewohnt –auch<br />

die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft<br />

2022. Im Fußball-Business,<br />

lautet die Botschaft, ist das<br />

Emirat nach wie vorvoll am Ball.<br />

Buhlen um die Gunst Europas<br />

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•<br />

KONSERVATIVE<br />

Einer von der<br />

Hinterbank<br />

V ON SEBASTIAN BORGER<br />

LONDON. Jacob Rees-Mogg ist<br />

der Sohn reicher Eltern, besuchte<br />

das feine Internat Eton und<br />

die Elite-Uni Oxford. In der Öffentlichkeit<br />

tritt er nie anders als im Anzug<br />

auf und spricht mit dem gelangweilt-näselnden<br />

Tonfall der britischen<br />

Oberklasse.Verheiratet ist der<br />

Katholik mit einer Gräfin; diese hat<br />

ihm bisher sechs Kinder geschenkt,<br />

aber vom Windelwechsel versteht<br />

der 48-Jährige nichts, „das würde<br />

die Kinderfrau<br />

nicht gutheißen“.<br />

Ein Toff also,<br />

wie die Engländer<br />

Mitglieder ihrer<br />

exzentrischen<br />

Oberschicht in<br />

liebevoller Verachtung<br />

nennen,<br />

ein feiner Pinkel.<br />

PA/NICK ANSELL<br />

Beruflich dient Jacob Rees-Mogg<br />

der gelernte Börsenmakler<br />

seit 2010 der Wählerschaft<br />

in der südwestenglischen<br />

Grafschaft Somerset als Abgeordneter<br />

im Londoner Unterhaus.Schwulenehe<br />

und Abtreibung lehnt er ab,<br />

vomKlimawandel will er nichts wissen,<br />

und natürlich setzte sich der<br />

eingefleischte EU-Feind für den<br />

Brexit ein.<br />

Es gibt auf den Hinterbänken aller<br />

Fraktionen solche Einzelgänger,<br />

deren spleeniges Auftreten ihre<br />

häufig kuriosen oder rundweg reaktionären<br />

Meinungen abmildert.<br />

Rees-Mogg ist nun in die Schlagzeilen<br />

geraten, weil er weitergehende<br />

Ambitionen zu haben scheint. Mit<br />

Hilfe mehrerer Fangruppen auf den<br />

vermeintlich sozialen Medien gelang<br />

ihm ein erstaunlicher Coup:<br />

Die einflussreiche Website Conservative<br />

Home hatte Zehntausende<br />

konservativer Aktivisten nach ihrem<br />

bevorzugten Nachfolger der glücklosen<br />

Premierministerin Theresa<br />

May gefragt. In der Kandidatenliste<br />

tauchte Rees-Mogg nicht einmal<br />

auf; dennoch erreichte der Toff sensationell<br />

hinter Brexit-Minister David<br />

Davis den zweiten Platz, weit vor<br />

Platzhirschen wie Außenminister<br />

Boris Johnson oder Finanzressortchef<br />

Philip Hammond.<br />

Vonder Sunday Times auf den erstaunlichen<br />

Erfolg angesprochen<br />

wiegelte der Hinterbänkler ab:<br />

Sollte er seinen Hutinden Ring werfen,„würde<br />

mir mein Hutrasch wieder<br />

entgegenfliegen“, teilte Rees-<br />

Mogg mit. Solcherlei Nicht-Dementis<br />

geben der Gerüchteküche natürlich<br />

erst recht Auftrieb. Daran<br />

ändert auch nichts, dass sich der<br />

Konservative stets loyal zu seiner<br />

Parteichefin Theresa Maybekennt.<br />

Doch obwohl er keinerlei Ansinnen<br />

äußert, warnen schon einflussreiche<br />

Kolumnisten von Links und<br />

Rechts vordem beinahe undenkbaren<br />

Rechtsrutsch, den eine Wahl<br />

Rees-Moggs zum Parteichef symbolisieren<br />

würde.<br />

Gleiches gilt für die Wirtschaft. Vor<br />

vierWochen kündigte Doha an, man<br />

wolle seine Gasproduktion um 30<br />

Prozent auf 100 Millionen Tonnen<br />

pro Jahr steigern. Der fette Auftrag<br />

ging an den französischen Energieriesen<br />

Total. Obendrein hob das<br />

Emirat für 80 Nationen die Visapflicht<br />

auf und spendierte erstmals<br />

der kleinen Zahl seiner meist europäischen<br />

Edel-Gastarbeiter eine<br />

unbefristete Aufenthaltserlaubnis<br />

plus gewisse soziale Wohltaten. Das<br />

berüchtigte, entrechtende Kafala-<br />

System jedoch, was alle Golfstaaten<br />

gleichermaßen praktizieren, bleibt<br />

für die asiatischen Arbeiter auf den<br />

WM-Baustellen weiterhin in Kraft.<br />

Politisch buhlen die Kontrahenten<br />

am Golf vorallem um die Gunst der<br />

Vereinigten Staaten und Europas,<br />

auch hier konnte Katar punkten. Bei<br />

der Welthandelsorganisation und<br />

der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation<br />

legte das Emirat Beschwerde<br />

ein, auch das erzeugte<br />

erste Risse in der Boykottfront. Eine<br />

Eskalation der Wirtschaftssanktionen<br />

scheint vomTisch. In einem gemeinsamen<br />

Schreiben an Tillerson<br />

sagten Saudi-Arabien und seine drei<br />

Verbündeten zu, US-Firmen würden<br />

keine Nachteile erleiden, wenn<br />

sie mit Doha Geschäfte machen.<br />

Ähnliche Zusicherungen machte<br />

das Quartett offenbar auch gegenüber<br />

Brüssel. Zudem erklärten sich<br />

die Blockade-Nationen bereit, neun<br />

Luftkorridorefür Qatar Airways wieder<br />

freizugeben, die der Fluglinie<br />

teureUmwege ersparen.<br />

Eine offene Flanke dagegen<br />

bleibt die Lebensmittelversorgung.<br />

Bis zum Ausbruch der Krise importierte<br />

das Emirat gut die Hälfte seiner<br />

Waren auf dem Landweg aus<br />

den Nachbarstaaten. Die nun entstandenen<br />

Lücken müssen teilweise<br />

durch kostspielige Importe per<br />

Flugzeug geschlossen werden, was<br />

den Staatshaushalt belastet. Nach<br />

Angaben der Zentralbank sanken<br />

die Währungsreserven Katars seit<br />

Anfang Juni um 30 Prozent auf 24<br />

Milliarden Dollar. Der heimische<br />

Staatsfonds allerdings, der die Gaseinnahmen<br />

verwaltet und anlegt,<br />

hat 180 Milliarden Dollar flüssig, mit<br />

denen sich die Kasse der Zentralbank<br />

jederzeit auffüllen lässt.

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