Neue Szene Augsburg 2019-02
Stadtmagazin für Augsburg
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KULTUR<br />
Brechtfestival für<br />
Städtebewohner*innen – 22.<strong>02</strong>. bis 03.03.<br />
Beim Brechtfestival dreht sich in diesem Jahr alles um das Leben in der Großstadt. Ausgangspunkt des Programms mit dem Titel<br />
„Brechtfestival für Städtebewohner*innen“ ist ein zehnteiliger Gedichtzyklus von Bertolt Brecht aus den Jahren 1926/27 mit dem<br />
Namen „Aus einem Lesebuch für Städtebewohner“. Brecht, der erst von <strong>Augsburg</strong> nach München und in den 20er Jahren dann nach<br />
Berlin zog, war vom Leben in der Großstadt sehr fasziniert. Und insbesondere Berlin war damals ja ein heißes, manchmal auch<br />
hässliches Pflaster, wie wir spätestens seit „Babylon Berlin“ alle wissen. Seine Stadt-Erfahrungen sind Teil seines Werks. Das Brechfestival<br />
<strong>2019</strong> setzt sich damit auseinander und begibt sich vom 22.<strong>02</strong>. bis 03.03. auf die Spuren der Kräfte, die das Gesicht der<br />
neuen Städte gestalten. Mit 11 Theaterproduktionen, 6 Literaturveranstaltungen, der Langen Brechtnacht am 01. März mit Gispert zu<br />
Knyphausen, Dota., Gustav, Lets Eat Grandma, Get Well soon u.a. Am 23.<strong>02</strong>. ist ein feierlicher Showdown in der Soho-Stage. Dann<br />
treffen Singer-Songwriter und Bands aufeinander, die dem Open Call gefolgt sind und ein „Lied für <strong>Augsburg</strong>“ geschrieben haben.<br />
Brecht für das 21. Jahrhundert:<br />
Performance, Kollektive & brennende Themen<br />
Das besondere beim diesjährigen Festival sind die vielen außergewöhnlichen<br />
Theaterformate und Gastspiele von Gruppen, die – wie auch Brecht seinerzeit<br />
– mit kollektiven Arbeitsweisen experimentieren. Darunter befinden<br />
sich einige der erfolgreichsten Regie-Kollektive aus dem deutschsprachigen<br />
Raum. Zum Beispiel „She She Pop“ – DAS internationale Aushängeschild<br />
des experimentellen Theaters made in Germany. Die aktuelle Produktion<br />
„Oratorium – Kollektive Andacht zu einem wohlgehüteten Geheimnis“<br />
durchleuchtet kritisch die Frage des (Privat-)Eigentums (<strong>02</strong>.03./03.03.). Ein<br />
wirklich sehr spezielles Erlebnis, bei dem man mit einem Gefühl den Theaterraum<br />
verlässt, als habe man auf einen Schlag – ähnlich wie bei einer Party,<br />
wo man eigentlich kaum jemanden kannte und dann am Ende mit lauter<br />
netten Leuten in der Küche ins Gespräch kommt – ganz viele Erfahrungen<br />
mit anderen Menschen geteilt.<br />
In „Böse Häuser“ von Turbo Pascal (24.<strong>02</strong>. und 25.<strong>02</strong>.) wird der Zuschauersessel<br />
durch ein Paar Wollsocken ersetzt. Per Bluetooth-Kopfhörer bekommt<br />
das Publikum von mehreren Performern unterschiedliche Gedanken-Anordnungen<br />
und Mitmachaufforderungen direkt auf die Ohren. Das theatrale<br />
Gedankenexperiment geht der Frage nach: Wie gehen wir mit denen um,<br />
die es anders sehen? Inspiriert von Brechts „Mahagonny“ haben andcompany<br />
& Co. eine Performance entwickelt, welche die sozialistischen Anfänge des<br />
Internets unter die Lupe nimmt. „Colonia Digital – The Empire feeds back!“<br />
ist ein Training für die schwindelerregende Komplexität der Gegenwart<br />
(27./28.<strong>02</strong>.). Die Eins-zu-Eins-Performance „Antigone::Comeback“ der Gruppe<br />
„Raum+Zeit“ schickt die Zuschauer*innen einzeln und ausgestattet mit einer<br />
VR-Brille auf eine Zeitreise ins Jahr 1948 zu einer Theater-Probe mit Brecht<br />
und Helene Weigel...<br />
des ausgehenden 20. Jahrhunderts, der den Blick auf die andere Seite der gesellschaftlichen<br />
Schere richtet: „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace<br />
thematisiert den an seinem Wohlstand zugrunde gehenden Menschen der<br />
westlichen (urbanen) Welt.<br />
Natürlich sind auch lokale Akteure beim Brechtfestival dabei. Das Staatstheater<br />
<strong>Augsburg</strong> ist mit einer Brecht-Premiere am Programm beteiligt (23.<strong>02</strong>.).<br />
Die „Baal“-Inszenierung der Regisseurin Mareike Mikat unterzieht den Text<br />
einem Stresstest aus dem Blickwinkel der Gegenwart – eine theatrale Tour de<br />
Force zwischen Konzert, Rausch und Selbstvernichtung. In <strong>Augsburg</strong> kommt<br />
Baal mit Band auf die Bühne und wird von der Schauspielerin Natalie Hünig<br />
verkörpert. Das Junge Theater <strong>Augsburg</strong> arbeitet mit „Home is where the<br />
heart is“ die deutsch-amerikanische Stadtgeschichte auf. In der Nachkriegszeit<br />
war <strong>Augsburg</strong> einer der größten US-amerikanischen Militärstandorte in<br />
Deutschland. 20 Jahre nach Schließung der letzten US-Kaserne richtet das<br />
Bürgerbühnenstück den Blick auf das Zusammenleben in der ehemaligen<br />
Garnisonsstadt, Premiere ist am 22.<strong>02</strong>.<br />
„Electronic City“ von Falk Richter spielt in einem elektronischen Metropolis,<br />
einer globalen Stadt, die von der universalen Dienstleistungsindustrie beherrscht<br />
wird. Am Sensemble Theater feiert die Inszenierung von Sebastian<br />
Seidel am 22.<strong>02</strong>. Premiere. Eigens für das Brechtfestival richtet das <strong>Augsburg</strong>er<br />
Ensemble Bluespots Productions mit „Shitty City“ einen 10-tägigen theatralen<br />
Parcours durch die Stadt <strong>Augsburg</strong> ein, der die 10 Gedichte aus dem<br />
„Lesebuch“-Zyklus an 10 verschiedenen Orten in <strong>Szene</strong> setzt. Auf Einladung<br />
des Brechtfestivals befasst sich das theter Ensemble mit einem weiteren Gesellschaftsanalytiker<br />
und -kritiker des 20. Jahrhunderts: Rainer Werner Fassbinder.<br />
Unter der Leitung von Leif Eric Young geht es in der Neuinszenierung von<br />
„Anarchie in Bayern“ um die gesellschaftliche Kraft von Bedrohungsszenarien.<br />
Premiere ist am 28.<strong>02</strong>.<br />
Theater-Gastspiele und<br />
<strong>Augsburg</strong>er Beiträge in der<br />
ganzen Stadt<br />
Zur Festivaleröffnung am 22.<strong>02</strong>.<br />
ist das Berliner Ensemble mit<br />
dem Dokumentar-Theater „Auf<br />
der Straße“ der Regisseurin Karen<br />
Breece zu Gast. Das Stück geht<br />
der Frage nach, was es bedeutet,<br />
in Deutschland arm zu sein,<br />
und widmet sich dem Thema<br />
Obdachlosigkeit. Zum Finale<br />
des Festivals trifft am 03.03. ein<br />
hochkarätig besetztes Ensemble<br />
auf einen der brillantesten Texte<br />
Zwischen Disco und Hochhaus:<br />
Lyrik und Literatur zum Leben in der Großstadt<br />
Am 23.<strong>02</strong>. ist Lyrik-Tag mit Brunch in der Stadtbücherei. Unter dem Titel „Von<br />
diesen Städten wird bleiben: der durch sie hindurchging, der Wind!“ setzen<br />
Nancy Hünger, Ulrich Koch, Kathrin Schmidt, Daniela Seel, Ulf Stolterfoht<br />
und Raphael Urweider ihre eigenen Werke ins Verhältnis zu ausgewählten<br />
Gedichten von Brecht. Inspiriert von Brechts Städte-Gedichten präsentieren<br />
Björn Gögge, Felix Römer, Leticia Wahl und Jule Weber beim Poetry-Slam<br />
am 26.<strong>02</strong>. ihre Texte, der Hamburger Journalist und Fernseh-Reporter Michel<br />
Abdollahi moderiert das poetische Kräftemessen.<br />
Während bei anderen Autoren Zitate von schmeichelnden Pressekritiken auf<br />
dem Cover zu lesen sind, schmückt sich Dirk Bernemans Buch „Asoziales<br />
Wohnen“ mit Credits von namhaften Musikern wie Philip Boa und Jörkk<br />
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