Neue Szene Augsburg 2019-02
Stadtmagazin für Augsburg
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GERILLTES<br />
Botschaft<br />
MUSIK VERÄNDERT NICHTS<br />
(Tapete Records/Indigo)<br />
„Zwischen den Jahren“ ist definitiv<br />
mein Lieblingssong des Monats. Die<br />
erste Begegnung mit der Botschaft<br />
hatte ich durch ihre Single „Sozialisiert<br />
in der BRD“, die beim <strong>Augsburg</strong>er<br />
KUS-Label erschien. Kurz darauf zündeten<br />
sie mit „Reproduktionsfunktion“<br />
auf der KUS-Compilation erneut ein<br />
Popfeuerwerk. Klar, dass diese Herren<br />
aus Hamburg kommen und ich frage<br />
mich, ob es die Band ohne Jochen<br />
Distelmeyer jemals so gegeben hätte.<br />
Auch die 70er-Soft-Rock-Formation<br />
Steely Dan erscheint mir wie eine Fata<br />
Morgana. Hier verschmelzen Ton und<br />
Wort zu einer herrlichen Symbiose<br />
und was bleibt, sind zehn lockerleichte<br />
Popsongs mit Tiefgang und Seele.<br />
Yacht-Rock par excellence! (ws)<br />
<br />
Dream Theater<br />
DISTANCE OVER TIME<br />
(InsideOut Music)<br />
Lange Haare, virtuose Gitarren und<br />
eine Bandgeschichte, die bis zurück<br />
in die 80er reicht: Dream Theater<br />
haben das Zeug zur Kultband, doch<br />
mit einem verstaubten Ehrenplatz im<br />
CD-Regal geben sich die exzentrischen<br />
Metal-Akademiker nicht zufrieden.<br />
Auf ihrem mittlerweile 15. Studioopus<br />
bezeugt bereits das bestechend minimalistische<br />
Cover Art von Hugh Syme,<br />
wohin die Reise geht: Dream Theater<br />
haben den Sprung in ein neues Zeitalter<br />
nicht nur gemeistert, sondern dabei<br />
einen regelrechten Salto Mortale hingelegt.<br />
Doch auch Altbewährtes wird<br />
nicht verleugnet: Die charakteristische<br />
Allianz aus progressivem Riffing und<br />
epischer Melodik bleibt zur Freude der<br />
Fans zeitlos. (ah)<br />
<br />
Ouzo Bazooka<br />
TRANSPORTER<br />
(Stolen Body Records)<br />
Die Champions des Psych-Rock aus<br />
dem Nahen Osten kehren mit „Transporter“<br />
zurück! Nach zwei Jahren auf<br />
Welttournee gingen Ouzo Bazooka vor<br />
Inspiration nur so sprudelnd zurück<br />
ins Studio, um ihre wohl bis heute<br />
beste Arbeit aufzunehmen. Verdächtig<br />
nach einer Mischung aus verbotenen<br />
Substanzen und Selbstgebrautem<br />
riechend, schafft es „Transporter“<br />
mühelos, viele Dinge zu sein, die sich<br />
eigentlich widersprechen müssten. Die<br />
Platte ist psychedelisch und zugänglich,<br />
abenteuerlustig und freigeistig,<br />
aber gleichzeitig gefüllt mit Hymnen,<br />
die nur darauf warten, entdeckt zu<br />
werden. Aber entscheidet selbst, wenn<br />
die Bazookas am 01.03. im <strong>Augsburg</strong>er<br />
City Club einkehren. (max)<br />
<br />
Soen<br />
LOTUS<br />
(Silver Lining Music)<br />
Soen haben sich seit ihrem Debut Cognitive<br />
2004 von einer Quasi-Coverband der<br />
<strong>Szene</strong>gurus Tool zu einer echten Hausnummer<br />
entwickelt. Mit dem neusten<br />
Release Lotus scheint die Entwicklung<br />
der Band nun in einer Art pubertären<br />
Phase angekommen zu sein. Denn was<br />
machen die breitschultrigen Schweden<br />
im Video zur Single Martyrs da in knappem<br />
Lederrock und Insta-Makeup? Sie<br />
erzählen eine Geschichte über Selbstfindung<br />
in einer komplizierten Welt - mit<br />
einer Ernsthaftigkeit, die man sonst nur<br />
aus Teen-Klassikern wie Linkin Parks<br />
Numb und anderen Evergreens aus<br />
der Rockfabrik kennt. Zumindest hält<br />
sich die Band an die pubertäre Maxime:<br />
Probiere dich aus, auch wenn andere den<br />
Kopf schütteln. (ah)<br />
<br />
ALBUM DES MONATS<br />
LIEBLINGS MUSIK<br />
Yann Tiersen<br />
ALL<br />
(Mute)<br />
Yann Tiersen: Ein Name, der Lune de Miel-Touristen beim Eiffelturm-Selfie mit Sofortbildkamera ein Funkeln in<br />
die Augen zaubert. Leute mit empfindlichen Gehörgängen dagegen zeigen sich weniger euphorisch - was sicherlich<br />
auch mit dem Siegeszug des frei bespielbaren Klaviers durch die Innenstädte zu tun hat. Doch Yann Tiersen kann<br />
mehr als nervige Crême-Brulée-Balladen aus dem Soundtrack zu „Die Fabelhafte Welt der Amélie“. Auf seinem<br />
neuen Studioalbum gibt es statt Pariser Nostalgie frischen Wind von der Atlantikküste mit Ambient-Tracks für<br />
Gummistiefelwetter. Retoure à la nature? Nicht für Mastermind Tiersen, bei dem fernes Mövenkreischen gleich<br />
im Opener auf Hintergrundlärm vom Flughafen Berlin-Tempelhof trifft. Dann plötzlich zieht die Nacht auf über<br />
Tiersens heimatlichem Nordseeidyll Ouessant und feine Klaviermelodien verschwimmen in schwerem Distortion<br />
Sound. Das ist Musik wie eine Urgewalt, der ehemalige Nouvelle Chanson-Klimperer setzt über zu den wirklich<br />
großen Emotionen. Einziger Wermutstropfen: Bei sphärischem Gesang und Vogelgezwitscher überschreiten besonders<br />
tragende Songs wie Koad schnell die Grenze zur Quasi-Meditationsmusik. Solange die Sitar dabei im Schrank<br />
bleibt, zumindest aus meiner Sicht, durchaus zu verzeihen. (ah)<br />
DIE NERVEN<br />
FAKE<br />
(GLITTERHOUSE<br />
RECORDS)<br />
„Melodiöser Post-Punk vom<br />
Neckar mit Horn, Lichthupe<br />
und Bleifuß immer auf<br />
der Überholspur. Ich find’<br />
niemals zu mir selbst.“<br />
(max)<br />
DIE TÜREN<br />
EXOTERIK<br />
(STAATSAKT/CAROLINE<br />
INTERNATIONAL)<br />
„Die hier pinkeln gegen<br />
den Wind. Abgefahrener<br />
Scheiß zwischen Postpunk,<br />
Krautrock und Psychedelic!<br />
Ja! (ws)“<br />
MONO<br />
NOWHERE NOW<br />
HERE (TEMPORARY<br />
RESIDENCE LIMITED)<br />
„Musik zum Schäfchenzählen<br />
im Weltraum. Klingt<br />
nach Kitsch? Sie liegen<br />
falsch, mein Freund...“ (ah)<br />
ADIR JAN NEEDED<br />
LEYLA<br />
(TRIKONT/INDIGO)<br />
„Der Kreuzberger hat ein<br />
tolles Album eingespielt,<br />
zwischen Abend- und<br />
Morgenland, mit tollen<br />
Melodien, Rhythmen, viel<br />
Gefühl und Grenzen<br />
sprengend.“ (cs)