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DOMINIQUE AEGERTER<br />
klagt jedenfalls: «Wir haben vor diesen<br />
Tests in Jerez ja kaum 100 Runden richtig<br />
fahren können …» Aber nun seien die Maschinen<br />
da.<br />
Immer mehr wird klar: Er ist eben<br />
auch in eine grandiose «Commedia<br />
dell’arte» gerutscht. In ein italienisches<br />
Töff-Volkstheater. Das macht die Sache<br />
nicht einfacher. MV Agusta ist ein magischer<br />
Name. Mit dem italienischen Fabrikat<br />
ist Giacomo Agostini in den 1960erund<br />
frühen 1970er-Jahren der beste Fahrer<br />
aller Zeiten geworden. Mit noch mehr<br />
Siegen als Valentino Rossi.<br />
Ist Dominique Aegerter<br />
also MV-Agusta-Werksfahrer?<br />
Ach was. Kratzt<br />
man den Lack ab, kommt<br />
die alte Forward-Mannschaft<br />
hervor.<br />
KULTMARKE MV AGUSTA<br />
Aber MV Agusta, im Hauptgeschäft Helikopter-Hersteller,<br />
trat vor mehr als 40<br />
Jahren von der grossen Töff-Bühne ab.<br />
Nur der magische Klang des Namens ist<br />
geblieben. Diese Magie müsste doch wieder<br />
zu beleben und zu Geld zu machen<br />
sein! So dachten ein paar schlaue «Töff-<br />
Generäle» durchaus logisch. Also haben<br />
sie die Marke MV Agusta wiederbelebt.<br />
Nun ist es nicht so einfach, sich einen<br />
Platz auf der grossen Bühne zurückzuerobern.<br />
Eine Höllenmaschine für die Königsklasse<br />
MotoGP zu bauen, ist unmöglich.<br />
Dazu sind nur die grossen Werke wie<br />
Honda, Yamaha, Ducati oder Suzuki in<br />
der Lage, die für so ein Projekt über eine<br />
Hundertschaft von Ingenieuren und Spezialisten<br />
sowie jahrelange Erfahrung im<br />
Rennsport plus viel, viel Geld verfügen.<br />
Deshalb erfolgt das MV-Agusta-Comeback<br />
«nur» in der Moto2-WM. In der<br />
zweitwichtigsten Weltmeisterschaft gibt<br />
es auch schon ordentlich Publizität, alle<br />
bekommen den gleichen Motor und die<br />
gleichen Reifen geliefert und man muss<br />
«nur» noch ein Fahrgestell bauen.<br />
Der Italiener Giovanni Cuzari ist seit<br />
2009 mit überschaubarem Erfolg im Töff-<br />
Zirkus. Er steht hinter dem Comeback von<br />
MV Agusta. Deshalb heisst sein Team nun<br />
etwas sperrig «MV Agusta Idealavoro Forward<br />
Racing Team». Die Anschubfinanzierung<br />
kommt offenbar von einem russischen<br />
Oligarchen.<br />
Ist Dominique Aegerter also MV-Agusta-Werksfahrer?<br />
Ach was. Kratzt man den<br />
Lack ab, kommt darunter Cuzaris alte<br />
Forward-Mannschaft mit der kessen<br />
Teammanagerin Milena Körner und Cheftechniker<br />
Mauro Noccioli hervor. Mit ihm<br />
versteht sich Dominique Aegerter gut. «Er<br />
ist ruhig und bleibt auch in der Hektik<br />
gelassen.»<br />
UNTERSCHIEDLICHE ERINNERUNGEN<br />
Die Schwierigkeiten von MV Agusta waren<br />
vorhersehbar. Eigentlich hätte der<br />
Schweizer Eskil Suter das neue Fahrwerk<br />
bauen sollen. Eigentlich. Aber inzwischen<br />
ist diese Zusammenarbeit beendet worden.<br />
Gewährsleute erzählen, die Rechnungen<br />
seien nicht bezahlt worden und<br />
deshalb sei Suter inzwischen wieder ausgestiegen.<br />
Se non è vero, è ben trovato.<br />
KONKURRENTEN<br />
Nun wieder gegen Tom Lüthi<br />
Nun fährt Dominique Aegerter<br />
nach einem Jahr Unterbruch<br />
wieder gegen seinen<br />
«ewigen Rivalen» Tom Lüthi<br />
(32). Der Emmentaler ist<br />
nach einem missglückten<br />
Abenteuer in der Königsklasse<br />
MotoGP in die Moto2-<br />
WM zurückgekehrt. Er hat<br />
für 2019 und 2020 einen<br />
Vertrag beim Deutschen Dynavolt-Team.<br />
Die Frage, ob<br />
er nach der frustrierenden<br />
letzten Saison (kein WM-<br />
Punkt) sein fahrerisches<br />
Selbstvertrauen wiedergefunden<br />
hat, kann bereits<br />
nach den Jerez-Tests beantwortet<br />
werden: Ja, er hat.<br />
Zwar vermochte er diese<br />
Tests nicht mehr zu dominieren<br />
wie zu seinen besten<br />
Zeiten. Aber er hat sich auf<br />
solidem Niveau (14. Rang<br />
nach den ersten Tests) etabliert.<br />
Er hat regelmässig<br />
Tom Lüthi<br />
und<br />
Dominique<br />
Aegerter.<br />
schnelle Runden gedreht.<br />
Aber den «Exploit», eine<br />
richtig schnelle Zeit, hat er<br />
nicht herausgefahren. «Das<br />
ist ein wenig schade, beunruhigt<br />
mich allerdings nicht.<br />
Ich habe diese Zeit auch<br />
nicht mit allen Mitteln gesucht.<br />
Wir haben in erster<br />
Linie viele Tests gemacht.»<br />
Es sei ihm auch darum gegangen,<br />
die Sicherheit zu<br />
finden. «Ich bin nie gestürzt.<br />
Das war mir wichtig.»<br />
KLEINE TITELCHANCEN<br />
Gegen die «wilden Jungen»<br />
Rennen zu gewinnen wird<br />
sehr schwierig. Und doch<br />
hat er im Kampf um den<br />
WM-Titel eine Chance. Wenn<br />
es ihm gelingt, regelmässig<br />
auf den vorderen Rängen zu<br />
punkten, dann kann er mit<br />
der neuen Generation mithalten.<br />
Allerdings nur dann,<br />
wenn er keinen «Nuller»<br />
schreibt. Einen Ausfall kann<br />
er nicht mehr durch eine<br />
Serie von Siegen kompensieren.<br />
Oder zugespitzt formuliert:<br />
mit einem «Nuller»<br />
sind die Titelchancen dahin.<br />
Das Verhältnis zwischen<br />
Tom Lüthi und Dominique<br />
Aegerter ist inzwischen entspannt.<br />
Zwei Kumpels, die<br />
sich gut verstehen. Die neue<br />
Lockerheit hat einen einfachen<br />
Grund: Für Tom Lüthi<br />
ist Dominique Aegerter kein<br />
ernstzunehmender Gegner<br />
mehr wie damals in den<br />
Jahren 2013 bis 2015.<br />
2013 fuhr Aegerter in der<br />
Moto2-WM auf den vierten<br />
Schlussrang und klassierte<br />
sich zum ersten und einzigen<br />
Mal im Gesamtklassement<br />
vor Tom Lüthi (6.).<br />
Was dessen Manager Daniel<br />
M. Epp zur Aussage provozierte:<br />
«Dieses Jahr ist der<br />
beste Schweizer Fahrer<br />
nicht der bestklassierte in<br />
der WM.» Nun sind die Rollen<br />
klar: oben Tom, unten<br />
Dominique.